In diesem Roman wird ein Philosophieprofessor und Spinoza-Spezialist von einem Unbekannten angesprochen, als er gerade in Straßburg vom Bahnhof auf den Vorplatz tritt. Der Ich-Erzähler will dort nur ein, zwei Tage verbringen. Von dem Fremden gefragt, ob er auch ein Hotel suche, wird der Erzähler diesen nun nicht mehr los.
Friedrich Grävenich, der Fremde, lotst den Erzähler in ein Hotel und „zwingt“ ihn dann in eine Brasserie, in der er unaufhörlich aus seinem Leben und von Musik erzählt und flaschenweise Wein trinkt. Der Erzähler schafft es nicht, sich aus der Situation zu befreien, obwohl er schon längst genug hat von diesem Friedrich, der ihn nie zu Wort kommen lässt. Seine halbherzigen Versuche, sich Friedrich zu entziehen, ignoriert dieser. Stattdessen heftet Friedrich sich dermaßen penetrant an seine Fersen, dass es spannend werden könnte...
Leider aber macht der Autor jede Spannung zunichte, indem er immer wieder mehr oder weniger interessante Gedankengänge des Erzählers einschiebt. Die Gedanken Spinozas (mit denen ich mich nicht auskenne) sollen wohl irgendwie im Zusammenhang mit der Geschichte stehen – nicht vorhandener freier Wille und so – aber dieser Zusammenhang ist dermaßen künstlich hergestellt worden, dass der Leser ihn nicht intuitiv erfasst.
Die Unfähigkeit des Erzählers, seine Meinung zu sagen – stattdessen versucht er ständig, auch in der Beziehung zu seiner Freundin, sich mit Lügen aus einer unangenehmen Situation zu befreien und ist sich dessen auch bewusst – ging mir irgendwann nur noch auf den Wecker.
Dass er sich einfach nicht wehrt, egal, wie bunt man es mit ihm treibt, war nervlich kaum auszuhalten.Wer mal „Die Blendung“ von Canetti gelesen hat, weiß, was ich meine. Diesen Roman musste ich abbrechen, weil ich dem Protagonisten ständig nur in den Allerwertesten treten wollte. Hier ist es ähnlich, aber ich habe „Endlich Stille“ dennoch zu Ende gelesen. 206 Seiten können ganz schön lang sein und das Ende: sehr schwach, das nimmt man dann mit einem Schulterzucken auch noch hin.
Ich hoffe, der Autor findet seinen Helden selber bescheuert.
Da mir ab und zu ein paar Beobachtungen ganz gut gefallen haben, die Figur des Friedrich wunderbar gelungen ist und der Roman auch vielversprechend anfing, gebe ich immerhin noch 6 von 10 Punkten.
Schön ist übrigens noch, dass ich jetzt ein neues Wort für "pinkeln" kenne: brunzen!
Gruß, Bell