Kleine Feder McAbony
Autor: Eran Kroband
OT: Little Feather McAbony
Übersetzerin aus dem Englischen: Irmela Erckenbrecht
ISBN: 3596179505
"Eine wundersame Geschichte, die die Menschen bezaubert und nachhaltig verändert", steht auf dem Klappentext. Ich sage: Eine Geschichte zu schön um wahr zu sein.
Ein schottischer Treck wird von Indianern überfallen. Dabei löst sich ein Steinschlag - der einzige Ausgang des Tales wird verspart. Schotten und Indianer müssen sich vertragen, gründen die Stadt Loneliville, diese wird in der Jetzt-Zeit durch ein Missgeschick von einer amerikanischen Bombe dem Erboden gleich gemacht. Als einziger überlebt Little Feather McAbony.
Das ist die Vorgeschichte. Schnell stellt sich heraus, das Kleine Feder kein gewöhnlicher Junge ist und seine Geschichet mit dem "großen Knall" kauft ihm niemand ab, Sheriff George samt Gattin Georgia, die ihn adoptieren, verlegen aus Unwissenheit die Herkunft des Jungen einfach mal nach Australien.
In seiner indianisch-schottischen Sonderlichkeit verzaubert Kleine Feder die Menschen, mit einfachen Lebensweisheiten, kleinen Sprüchen. Der vormals trinksüchtige Reverend hält ihn gar für den Messias. So nimmt die Geschichte ihren Lauf, beinhaltet den Wahlkampf eines Gouverneurs, warzenfüßige Cheyenne, ein paar nette Szenen, eine Kirchenneugründung, einen einäugigen Kobold und eine seltsame Fernsehsendung.
Kleine Feder ist sympathisch. Seine Sprüche sind kleine Lebensweisheiten, naiv und manchmal klug. Das einzige Problem ist, dass man dem Buch die Wirkung nicht abnimmt. Zu schön und zu ausufernd entwickelt sich alles, es wirkt nicht mehr glaubwürdig. Personen ändern sich innerhalb von Momenten, man meint, ein Messias hätte nicht besser sein können. Dabei bemüht sich der Autor um einen kindlichen Schein, Bilderbuchcharaktere George und Georgia, Don und Donna, ein großväterlicher General, zwei belämmerte abergläubisch-heidnische Religionsfanatikerinnen und einen bösen Ex-Reverend. Das wäre nichts schlimmes, der kleine Prinz - die Messlatte für jedes kindlich-naive Weltverbesserungsbuch (abwertend gegenüber diesem, nicht gegenüber dem kleinen Prinzen) - tut dies auch. Dort passt aber die Mischung, hier nicht. Machtgeile Produzenten, böse Kriminelle, satirische und humorige Elemente verbunden mit der naiven Lebensweisheit eines Indianerjungens ergeben alles, nur kein "nachhaltig veränderndes" Buch.
Das heißt nicht, dass das Buch grottenschlecht ist, kleine Feder ist sympathisch - trotz der Unglaubwürdigkeit bleibt die Handlung interessant, die Charaktere sind gelungen in ihrer Klischeehaftigkeit, stellenweise ist das Buch lustig (z.B. in der Mediensatire). Aber es überzeugt nicht. Vor allem, da man am Ende das Gefühl hat, der Autor wusste sich nicht mehr anders zu helfen. Dennoch ist es eine Art Wohlfühlbuch, da man sich wünscht, dass alles so einfach funktionieren würde.
Der Autor, Eran Kroband, 1966 in Tel Aviv geboren, studierte in den USA und lebt nun mit seiner Frau in Frankreich.
Fazit
Ein Möchtegern-Weltverbesserungsbuch, das zwar ganz nett ist, aber mehr nicht. Ich empfehle stattdessen den kleinen Prinzen - oder Platon und das Alte Testament, die in Loneliville zur Grundausbildung der Indianer-Schotten gehörten (das Neue Testament hat die Ziege gefressen).
6/10 Punkten
bartimaeus