Wir befinden uns im Jahr 123 im römisch besetzten Köln. Rainolf, jüngster Sohn des ubischen Ladenbesitzers Sigolf, wird an einem am frühen Frühlingsmorgen Zeuge einer unschönen Szene: Der römische Ädil Aulus Gemellus will eine Lieferung besten Weins erpressen, umsonst, versteht sich. Als sich Walraban, Freigelassener und Mitarbeiter Sigolfs, weigert, schlägt ihn der Ädil. Eine böse Beleidigung, aber Walraban darf sich als Bewohner einer besetzten Stadt nicht wehren. Als am Tag darauf Aulus Gemellus tot am Rheinufer aufgefunden wird, mit Walrabans Dolch mitten im Bauch, ist für alle die Sache klar: Walraban hat den Ädil umgebracht.
Rainolf ist der einzige, der Walrabans Partei ergreift. Walraban behauptet nämlich, der Dolch sei ihm in der Nacht nach dem Streit gestohlen worden, von zwei Tenkterern, mit denen er seinen Zorn über Aulus Gemellus im Met ertränkt hatte. Rainolf macht sich umgehend auf die Suche nach den beiden. Als er sie schließlich entgegen aller Hoffnung auftreibt, ist der eine tot, der andere am Sterben. Er lebt gerade noch lang genug, um seine Verfolger zu verfluchen. „Caliguals Rache wird euch vernichten!“
Mit diesen schauerlichen Worten im Ohr, stolpert Rainolf auf der Suche nach dem wahren Mörder von Aulus Gemellus ahnungslos und schnurstracks in eine Verschwörung, deren Folgen noch viel mehr Leben bedrohen als das Walrabans. Elf aufregende Tage im Frühling in Köln unter Kaiser Hadrian!
Dieser Debütroman von Ingo Gach (Jg. 1967) ist als historischer Kriminalroman angekündigt und auch in einem angesehenen Krimi-Verlag erschienen. Ein Krimi ist es aber nur bedingt, tatsächlich handelt es sich um einen recht klassischen Abenteuerroman. Ein unschuldig Angeklagter, finstere Gestalten in antik gepflasterten Gassen, böse Legionäre, gute Legionäre, Lügen und Intrigen, unterirdische Gänge, Dolche, deren scharfe Klingen im Lichtschein trüber Öllampen im Dunkel germanisch-römischer Nächte auffunkeln. Wälder voller germanisch-knorriger Eichen, luxuriös-römische Paläste, eine Gladiatorenschule, eine gemischtgermanische Orgie, eine römische Gerichtsverhandlung, tapfere germanische Maiden, vorwitzige und wunderschöne römische Prinzessinnen, duftende Gärten, stinkende Kloaken, ein nubischer Sklave und mittendrin ein jugendlicher Held - ah!
Die Geschichte hat von allem etwas, so, als wollte der Autor sicher gehen, daß auch nichts fehlt von all dem, was angeblich so sicher einen guten Unterhaltungsroman ausmacht. Damit nichts schiefgeht.
Weswegen es ziemlich schief geht.
Es ist tatsächlich zu lang, voller Unwahrscheinlichkeiten und Klischees, es schrappt mit einer gewissen Hilflosigkeit, muß man sagen, zu oft am ‚typisch germanisch’ versus ‚typisch römisch’. Bei der Beschreibung des Alltags gewinnt häufig die Freude am Belehrenden vor der Freude am echten Erzählen, daher ist sind die Elemente der Handlung nicht ausgewogen. Wesentliche Geschehnisse müssen der Leserin hin und wieder hastig gerafft hingeschoben werden, die Chance, Charaktere auszubauen, wird weitgehend vertan.
Platz gewonnen hätte man auch, wenn man jedes zweite Adjektiv gestrichen hätte, sie marschieren wieder einmal traulich Hand in Hand durch die Sätze. Daß die Sprache insgesamt modern ist, stört für einmal nicht, weil eben auch die Personen eher dem Abenteuerfilm entsprungen sind.
Der Showdown ist ziemlich gut beschrieben, die Lösung paßt grad so, ihre Herleitung hätte aber weit unheimlicher dargestellt werden können, und Hinweise darauf vor allem im Gesamtverlauf hin und wieder auftauchen sollen.
Der eigentlich Schluß ist dermaßen unwahrscheinlich, daß er schon wieder charmant ist. Robin Hood wird Gouverneur der Karibik und bekommt die Hand der Prinzessin.
Das Buch ist dennoch lesbar, hin und wieder kommt Spannung auf. Rainolf ist ein ansprechender junger Held, ohne daß man genau erklären könnte, warum. Auch die holprigsten Stellen und Ausrutscher wie ‚germanisches Naturell’ (??) hindern einen nicht, doch noch weiterzulesen, weil genügend Neugier geweckt wurde, zu erfahren, was den finsteren Bösewicht denn nun treibt. Wer er ist, wird der Leserin trotz Dunkelheit und schattenwerfender Kapuzen eigentlich schnell klar.
Ich würde das Ganze eher als Jugendroman einordnen als als Roman für versierte Leserinnen und Leser. Wer viele historische Krimis liest, wird davon enttäuscht sein, denn das Buch hält einem Vergleich mit anderen Ermittlern der römischen Antike, die sich inzwischen etabliert haben, in keiner Weise stand.
Wer aber eben die Freuden z.B. an Winterfelds Klassiker um den Schuljungen Caius hinter sich gelassen hat und nun etwas Ähnliches, aber Ausführlicheres sucht, ist mit ‚Caligulas Fluch’ ganz gut bedient.
‚Caius’ für die reifere Jugend hätte man früher gesagt.
Köln-Fans mögen dem Buch gleichfalls etwas abgewinnen, es hat Lokalkolorit. Wer sich allerdings ernsthaft für das Alltagsleben in der römischen Provinz interessiert, schließe unbedingt die Augen beim Lesen.
Der Schluß des Romans scheint auf den Beginn einer regelrechten Serie mit Rainolf und Julia (gab es eigentlich andere römische Frauenamen?) hinzudeuten. Das könnte gelingen und auch bei LeserInnen ankommen, wenn man in Zukunft all die Anfängerfehler vermeidet. Abenteuergeschichten aus dem Köln des frühen 2. Jhs. Warum nicht?