'Große Erwartungen' - Kapitel 52 - 59

  • Was will uns so ein Buch heute sagen? Verstehen wir die Anspielungen, die moralischen Kernaussagen überhaut noch? Ich bin gerade fertig geworden und weiß noch nicht so recht...

  • Zitat

    Original von beowulf
    Was will uns so ein Buch heute sagen? Verstehen wir die Anspielungen, die moralischen Kernaussagen überhaut noch? Ich bin gerade fertig geworden und weiß noch nicht so recht...


    Hmm, da bin ich mir auch nicht sicher. Aber ohne die Anmerkungen wären viele Anspielungen an mir vorbeigegangen.



    Gestern Abend hab ich das Buch durchgelesen.
    Die Beschreibung des Flusses und der Schiffe habe ich nur überflogen +gähn+
    Schade, dass die Flucht dank Compeyson nicht geklappt hat, ich hätte Pip und Provis ein gemeinsames Happy End gegönnt. Naja, aber schön, dass Pip seine Meinung über Provis gänzlich geändert hat.
    Joe und Biddy haben geheiratet.. und wie beowulf gesagt hat, am Ende bleibt Pip ohne Mädchen.

  • Irgendwie hat mir dieser letzte Abschnitt jetzt wohl am wenigsten gefallen.
    Ich fand es zum Beispiel völlig bekloppt von Pip in diese offensichtliche Falle zu laufen indem er dem Brief folgte. Wieso hat er Herbert nicht die Wahrheit geschrieben, der wusste doch sowieso über alles bescheid? Für mich ist dieser komplette Handlungsstrang von Anfang bis Ende nicht nachvollziehbar. Vermutlich sollte er nur dazu dienen, die Schuld von Orlick an Mrs. Joes Verletzung aufzuklären und eine Verbindung mit Compeyson herzustellen.
    Dann weiß ich nicht so genau, wieso Pip am Verlust von Orlicks Stelle schuld sein soll, vielleicht hab ich da ja was überlesen. Meinte er die beim Schmied oder die bei Miss Havisham?


    Die Flucht auf der Themse war zwar gut geplant (und von Dickens sogar richtig nachgespielt worden), aber an einigen Stellen doch etwas langatmig. Sie misslingt leider zudem und Provis wird verhaftet. Compeyson findet dabei sein jämmerliches Ende, und Provis wird es immerhin erspart die Ausführung seiner Todesstrafe noch miterleben zu müssen. Kurz vor seinem Ende enthüllt ihm Pip das Geheimnis um sein Kind und er kann zufrieden sterben. Die zum Schluß hin sehr enge Verbindung zwischen Pip und Provis hat mir gut gefallen. Eine der Aussagen, die ich dem Roman zu entnehmen vermeine ist die, dass auch Sträflinge nicht von Geburt an Verbrecher sind. Provis war ein kleines hilfloses Kind, dass nichts anderes kannte als das Gefängnis, und dort ständiger Gast war, da er stehlen musste um nicht zu verhungern. In seinem Herzen aber ist er kein schlechter Mensch, der das Bedürfnis hat an ihm gewirkte gute Taten zu vergelten. Auch über die anderen Häftlinge erwähnt Dickens, dass sie nicht ohne Freundlichkeit waren. Er widerspricht somit der These vom verkommenen Subjekt das bis in die tiefeste Seele schlecht ist. Auch das sind Menschen. Mir scheint die Darstellung der Urteilsverkündung für die 32 Häftlinge sogar als eine Art Appell gegen die Todesstrafe, aber das mag Einbildung sein.


    Ansonsten würde ich als eine weitere Aussage des Romans sehen: Nicht was Du hast macht dich zu einem guten Menschen, sondern das was du tust und wie Du dich anderen, vor allem niederer gestellten, Menschen gegenüber benimmst. Das muss Pip auf sehr schmerzhafte Weise lernen.


    Nach Provis Tod wird Pip schwer krank (vermutlich ein Nervenfieber) und Joe reist an um sich um ihn zu kümmern. Mit Besserung seiner Gesundheit wird auch die Distanz zu Joe immer größer und gerade als Pip sich vorgenommen hat, ganz ehrlich mit ihm zu reden, ist dieser abgereist (das war sehr vorhersehbar). Pip fasst den Entschluss nach Hause zu fahren, dort Biddy einen Antrag zu machen und in Frieden mit ihr zu leben. Doch er kommt zu spät, just an dem Tag als er anreist, hat sie Joe geehelicht (das kam auch nicht ganz unerwartet). Pip ist froh, sich diesbezüglich nicht geäußert zu haben und nimmt das Angebot von Herbert an, als Schreiber in seiner Außenstelle zu arbeiten (welche Ironie, nachdem er dafür sorgte, dass Herbert in die Firma kam). Miss Havisham ist in der Zwischenzeit gestorben und hat das meiste ihres Vermögens Estella hinterlassen, aber auch Matthew Pocket bedacht, nachdem Pip für ihn gesprochen hat.
    Was ich nicht mehr erwartet hätte trifft doch noch ein: Wir erfahren den Namen von Pips Schwester: Georgianna Maria, nach ihrer Mutter.


    Das letzte Kapitel spielt 11 Jahre später. Pip ist zu Besuch bei Joe und Biddy die nun zwei Kinder haben. Er scheint sich mit seinem Junggesellendasein abgefunden zu haben (ist aber dennoch erstaunlich gut über Estellas Situation informiert). Dann kommt wieder etwas, das mir "Magenschmerzen" bereitet. Zum ersten mal seit 11 Jahren ist Pip bei den Ruinen von Miss Havishams Haus und zufällig genau in diesem Moment taucht Estella auf, geläutert und mit Gefühlen bedacht. Obwohl er sie verheiratet wähnt und der Schlusssatz ja nur eine "Ahnung" von Pip ist, sind sich die Dickens-Kenner offenbar einig, dass es sich hier um ein Happy End handelt und Pip und Estella zusammenbleiben (so zu entnehmen dem Nachwort der Reclam-Ausgabe). Also ich weiß ja nicht... :gruebel
    Noch dazu fände ich das urspüngliche Ende, dass im Anhang der Reclam-Ausgabe steht, eigentlich auch passender. Schade dass man nicht weiß, ob Dickens den Schluß auf Druck von außen oder durch eigenen freien Entschluss geändert hat.


    Sehr interessant fand ich im Nachwort die Erwähnung, dass es für Miss Havisham offenbar ein reales Vorbild gab. Leider wird darauf nicht näher eingegangen. :-( Da hätte ich auf mehr Info gehofft.


    "Große Erwartungen" war eine Lektüre die ich sehr genossen habe, nicht zuletzt wegen Dickens' wunderbarer Sprache und Ausdrucksweis, des unterschwelligen Humors und der eigentümlichen, ungewöhnlichen Charaktere. Zum Schluß hin lies die Geschichte zwar für meinen Geschmack etwas nach, aber trotzdem zähle ich dieses Werk zu den besten Klassikern die ich bisher gelesen habe.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Leider muss ich gestehen, dass das Buch zum Ende hin ziemlich abgenommen hat. Natürlich nicht an Umfang, sondern an...ja, was war es eigentlich? :gruebel
    Ich muss erstmal noch ein wenig nachdenken, bevor ich meine schlussendliche Rezension verfasse.

  • An die Leute, mit der Reclam - Ausgabe. Welcher Schluss gefällt euch besser. In der ersten Fassung gab es ja nur 58 Kapitel und ein anderes Ende, wenn auch mit ähnlichem Ergebnis.
    Ich muss sagen, dass mir der 2. besser gefallen hat. Kapitel 59 war mir ein wenig zu kitschig, auch wenn ich das sonst sehr gern habe. Außerdem fand ich Estellas Darstellung mit wenigeren Worten viel klarer ausgedrückt, als es darum ging, dass sie doch endlich gelernt hat, zu fühlen.

  • Zitat

    Original von Aconite
    An die Leute, mit der Reclam - Ausgabe. Welcher Schluss gefällt euch besser. In der ersten Fassung gab es ja nur 58 Kapitel und ein anderes Ende, wenn auch mit ähnlichem Ergebnis.
    Ich muss sagen, dass mir der 2. besser gefallen hat. Kapitel 59 war mir ein wenig zu kitschig, auch wenn ich das sonst sehr gern habe. Außerdem fand ich Estellas Darstellung mit wenigeren Worten viel klarer ausgedrückt, als es darum ging, dass sie doch endlich gelernt hat, zu fühlen.


    Welches Ende meinst Du denn jetzt mit dem zweiten? ?( Das mit, oder das ohne das 59. Kapitel? Denn eigentlich ist das zweite ja das mit dem 59. aber im gleichen Atemzug schreibst Du, dass Du das nicht so gut findest, ich bin verwirrt. ^^;


    Ich hatte ja glaub ich schon geschrieben, dass mir das "Originalende", sprich, das wo sie eben nicht zusammenkommen besser gefällt. Ist irgendwie konsequenter find ich.

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  • Jetzt hast du mich ertappt. :grin


    Als ich damals die Beiträge zu dem Kapitel durchgeschaut habe, wollte ich nicht alles lesen, weil mir noch ein Stück vom Schluss + dem Original-Ende fehlte.


    So wie du es geschrieben hast, gefiel mir auch das Original-Ende, also das Anhängsel. :lache
    Das Nachwort lese ich noch so nebenbei, aber wo im Ende kann man denn rauslesen, dass Estella und Pip zusammenbleiben. Ich bin kein Dickens-Kenner, daher sehe ich nichts in dieser Richtung, aber die wahren 'Fans' wissen vielleicht um Dickens Schwäche für Romantik.
    Da stand doch auch, dass Estella wahrscheinlich ein Abbild seiner neuen Frau war. Daher vielleicht auch die Assoziation einer Beziehung. Ich weiß es nicht.

  • Aconite
    Tja, ich bin mir ja bei dem vermuteten Happy Ende auch nicht so sicher, aber herausgelesen wird es über den letzten Satz, bei dem er nicht den Schatten einer weiteren Trennung sieht (hab grad Buch nicht vor mir). Und auch der Satz liegt noch in einer anderen Fassung vor wo es noch deutlicher ist (steht alles im Nachwort unter "Happy End"). Ich war da zwiegespalten, weil sie ja auch sagt: Wir wollen Freunde bleiben, auch wenn wir uns jetzt trennen (wie gesagt, wieder nicht wörtlich). Und er meinte ja etwas weiter vorn, dass sie schon wieder verheiratet wäre. Da werd ich einfach nicht schlau draus. Aber ich bin ja auch kein Dickens-Kenner. :grin


    Mich hat ja allein schon dieser Mega-Zufall geägert. Er ist das erste mal seit 11 Jahren bei dem Haus, sie auch und beide GENAU ZUM GLEICHEN ZEITPUNKT. Das war dann einfach zuviel des Guten für mich. :rolleyes

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  • Estella hat bestimmt gelogen und lebt seit 11 Jahren in der Nähe ihres Erbes und kommt jeden Tag dort hin. :lache


    Vielleicht hat Dickens sich einen Spaß draus gemacht, seine Leser zu verwirren. Ohne aber das Nachwort gelesen zu haben, stände für mich fest, dass Pip und Estella nichts weiter miteinander zu tun hatten und jeder seiner eigenen Wege nachging. So verwirrt mich das dann auch. Im www habe ich nach weiteren Informationen gesucht und auch einen Essay mit dem vielversprechenden Titel Charles Dickens' "Great Expectations": Original Versus Contemporary Ending gefunden, aber die verlangen 10USD dafür, um ihn lesen zu dürfen. :pille
    Was mir allerdings immer wieder auffällt, ist, dass in vielen Klassikern die, die einen wunderbaren Partner haben könnten, ihn nicht haben wollen. Lieber nehmen sie sich einen Schlägertypen. Das grenzt doch schon fast an Selbstkasteiung. :gruebel
    Aber ohne diese Charaktere wären die Bücher wahrscheinlich auch nicht das, was sie heute sind.

  • Zitat

    Original von Aconite
    Estella hat bestimmt gelogen und lebt seit 11 Jahren in der Nähe ihres Erbes und kommt jeden Tag dort hin. :lache


    *g* Das wirds sein. Jeden Tag in der verzweifelten Hoffnung: Irgendwann muss er doch mal kommen und dann tu ich so als wär ich gaaaaaaaaaaaaaanz zufällig da.


    Zitat

    Original von Aconite
    Was mir allerdings immer wieder auffällt, ist, dass in vielen Klassikern die, die einen wunderbaren Partner haben könnten, ihn nicht haben wollen. Lieber nehmen sie sich einen Schlägertypen. Das grenzt doch schon fast an Selbstkasteiung. Grübeln
    Aber ohne diese Charaktere wären die Bücher wahrscheinlich auch nicht das, was sie heute sind.


    Vermutlich hat das was mit der Vewandtschaft von Thanatos- und Eros-Trieb zu tun *tut jetzt scheinheilig so als hätte sie davon Ahnung* :grin

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  • Meine Ausgabe hat kein erklärendes Nachwort, ich muß mich also mit dem Text zufriedengeben :-).
    Aber der letzte Satz "... sah ich keinen Schatten einer neuerlichen Trennung von ihr." deutet für mich auf ein Happyend hin. Mir persönlich hätte es am besten gefallen, wenn sie nach einer Aussprache freundschaftlich getrennte Wege gegangen wären.


    Eine der wunderbarsten und rührendsten Szenen im Buch ist für mich die, als Joe Pip gesund pflegt, seine Schulden bezahlt und dann wieder verschwindet.
    Ich habe mich sehr gefreut, daß er und Biddy geheiratet haben.


    Pip hat eine lange Reise machen müssen, bis er erkannt hat, was im Leben wirklich wichtig ist.


    Dickens wunderbare Sprache und sein Humor, die Darstellung seiner Charaktere mit ihren teils verschrobenen Eigenarten sind ein großer Lesegenuss.
    Dieses Buch gehört auch zu meinen Lieblingsklassikern.

  • Hm... :gruebel
    Ich bin mit dem Buch erst vorgestern in Budapest fertig geworden... ich konnte damit nicht so recht was anfangen, irgendwie hat sich mein verständnis für Pip schon in den ersten kapiteln - als er dem häftling das essen und die feile statt der polizei bringt - erschöpft... liegt aber vielleicht daran, dass ich den grössten teil meiner kindheit von einem polizisten erzogen wurde, und volles vertrauen in den schutz durch die polizei habe...


    Wo ich Pip ein zweites mal aus meinem verständniskreis entlassen musste, war dabei, als er geld von einem unbekannten gönner angenommen hatte. :wow Das hätte ich wenn überhaupt, dann nur sehr wiederwillig getan, und ich hätte auch das geld nie angerührt, sondern angespart, damit ich es wieder zurückgeben kann, falls es eines tages unannehmbare konsequenzen haben sollte, denn ich hätte der angelegenheit nie getraut, um mich mit diesem geld wohl genug zu fühlen, um es zu mehr als meinem nackten überleben zu verwenden...


    Endgültig unten durch war er bei mir in dem moment, als er dann mit dem geld aus unbekannter quelle auch noch schulden gemacht hat... :rolleyes


    Die beschreibung des Mr Pip hat mich zu stark an einen meiner mieter erinnert, den ich jetzt gerichtlich aus meiner wohnung entfernen muss, weil er vor lauter sich das volle leben geben nichtmal in der lage ist, die betriebskosten zuerstatten, geschweigedenn seine mietschulden des letzten jahres zu begleichen...
    :fetch irgendwo hört sich da alles auf, ich fühle einzig mit Mr Pips gläubigern


    :bonk :pilleBesonders haarsträubend fand ich, als er das geld nicht mehr wollte, nachdem er wusste von wo es kam, und aus welchem motiven heraus es gegeben wurde. - Und dass er es ob seines über den verhältnissen lebens dringendst brauchte. In dem fall hätt ich es dankend und freudig angenommen.
    (nicht zu vergessen... mein häftling hätte nie einen anlass bekommen, mir geld geben zu wollen, denn er hätte von mir anfangs keine feile - und schon gar nicht mein abendbrot sondern gleich die polizei gekriegt)


    Hier offenbarte sich Mr Wemmick mit seinem hang zum portable property als mein wahrer seelenfreund; :knuddel er ist die figur, die ich neben Joe und Biddy am sympathischsten fand, und mit der ich etwas anfangen kann, samt seinem 'ancient P' und seiner Liebsten aus zwielichtigen verhältnissen.


    :gruebelDer interessanteste und vielschichtigste charakter in meinen augen - aber ganz und gar nicht sympathisch - war Mr Jaggers. Aus dem und seinen motiven wurde ich bis zum schluss nie schlau.


    :rolleyesDass Pip sich nie von der unsympathischen Estella lösen kann, finde ich absolut unverständlich. Jemand der so wie er in saus und braus lebt, und so oft ausgeht muss doch jemanden finden, mit dem sich eine neue beziehung auszahlt... anscheinend nicht.


    Auch waren mir die vielen zufälle in dem buch zu konstruiert. Das ende war voraussehbar und schlicht und ergreifend langweilig, mal davon abgesehen, dass ich mich für Joe und Biddy gefreut habe, denn die waren die einzigen sympathie-träger am anfang und haben irgendwie von beginn an zusammengehört.


    Joe's selbstlosigkeit fand ich rührend. Ich als ziehvater/schwager hätte Pip vermutlich dort gelassen, wo der pfeffer wächst: das ausladende benehmen, kein einziger retour-besuch, nö, das läuft unter grober undank. Ich bin mühlviertler, die sind angeblich stur und nachtragend: alles, was ich mir bei der nachricht, mein ziehson liege in schulden und im sterben gedacht hätte, wär gewesen: 'tja, war absehbar: verrecke, mein sohn'... wenn ich ihm dann doch geholfen hätte, dann nur einzig aus dem motiv heraus ihn zu demütigen, und mir einen scheinheiligenschein aufzusetzen, und mir in die brust zu klopfen, und mir sagen zu können, wie toll ich doch bin, dass ich mir das gefallen lassen hab...
    Aber Joe scheint keine solchen gedanken zu haben... und dass er sich Biddy geschnappt hat, bevor Pip sie fragen konnte... grossartig... :-] hätte es Pip ihm gesagt, der mann wär glatt im stand gewesen, auf sie zu verzichten...


    Wegen derselben Mühlviertler unversöhnlichkeit, mit der ich Pip behandelt hätte, hätt ich auch Estella am schluss einen fußtritt gegeben, aber ich lege den letzten satz mit dem '... I saw no shadow of another parting from her.' als happy end aus... für mich absolut unverständlich. :unverstanden


    Einzig interessant und von mir schnell gelesen waren die kurzen stellen, wo Pip seinen häftling verstecken will und sich verfolgt wähnt. Das erinnerte mich etwas an Sherlock Holmes oder Father Brown, und war interessant, bis man erfuhr, dass es Orlick war. Ja, der abschnitt hat mir wirklich gut gefallen :-]


    :help Ich hatte leider die complete and unabridged version davon, und die langen pathetischen moral- und philosophie-reden in sehr komischem englisch - vor allem, wenn sie von Joe oder dem Gönner stammten, nervten mich gehörig, da hätte man gut die hälfte streichen können. Aber dem Autor war das offenbar wichtig. Ich hab sie mir nur schwer ausdeutschen können, und wurde mit den umständlcihen dialekt-formulierungen und auch den dargelegten ideen extrem ungeduldig, und konnte damit nichts anfangen. :unverstanden


    'You air' statt 'you are' hing mir beim dritten mal aus dem hals heraus.
    Ich mag es überhaupt nicht, wenn man sich über die aussprache und den dialekt von figuren lustig macht, und dafür wörter verwendet, die zwar so ausgesprochen wurden, aber nicht die wörter waren, die der sprecher gemeint hatte. Diese sprachwitzeleien sind zwar typisch englisch, aber mir mangelt es in dieser beziehung völlig an humor und verständnis, ich finde es eher so geschmacklos, wie die römische sitte, sich über körperliche gebrechen lustig zu machen, die mir die römische komödie und satire ziemlich verleidet hat... :nono it's definitively NOT amusing


    Amusing daran waren gelegentliche details, spitzzüngige betrachtungen 'verschrobenheiten von nebencharakteren', wie Jane Doe sagte, so wie das raised by hand, oder auch episoden wie der John gegen schluss, der sich die kleider von den angeschwemmten leichen stiehlt... ;-)


    Zwischendurch überwog leider mein unverständnis für den hauptcharakter, mein nicht-nachvollziehen-wollen des reifungsprozesses... - etwa wollte ich ihm gar nicht abnehmen, dass er plötzlich - just als sein gönner auftaucht - bücher liest, wo er doch zuvor behauptet hatte, dass bildung in seiner ausbildung vernachlässigt worden sei... - Pip hat mich als charakter nie überzeugt, und seine 'läuterung' erschien mir zu pathetisch.


    Amusing war, vor allem, dass ich dank Jasper Fforde wusste, woran Miss Havisham - eine figur mit der ich noch weniger als mit Pip und seinem gönner anfangen konnte, weil mir ihre lebensphilosophie und der daraus entstandene wahn unverständlich blieb - wirklich gestorben ist: man veranstaltet eben keine autorennen mit auffrisierten prototypen... :chen

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Inhaltlich gibt es für mich hier nichts hinzuzufügen.


    "Charles Dickens verschafft allen seinen Figuren ein Happy End, auch wenn das nicht immer logisch scheint."(frei zitiert nach dem Vorwort meiner Ausgabe!)


    Zum Ende steht allerdings im, von einem anderem Autor verfassten, Nachwort, das Charles Dickens das Ende seines Buches auf Empfehlung eines gewissen Bulwer Lytten, in das versöhnlichere Ende umschrieb. Wie war denn nun das ursprüngliche Ende? Fehlte da einfach nur Kapitel 59 oder gab es noch einen weiteren Unterschied?


    Ehrlich gesagt ich kann mit Beiden leben. Warum sollte einer Estella nicht auch ein wenig Glück vergönnt sein und Pip, der endlich begriffen hat worum es im Leben wirklich geht.

  • Heute habe ich nun Beowulf's Rat befolgt, und in der Buchhandung gemütlich das ursprüngliche Ende gelesen. Obwohl ich mit dem 2. Ende nicht wirklich unzufrieden war, erschien mir die ursprüngliche Version in sich stimmiger, zwar ohne Happy End,aber doch hoffnungsvoll!