Dea Birkett - Jella

  • Amazon-Beschreibung
    Die Welt entdecken, zur See fahren - reine Männersache? Nicht für Dea Birkett. Sie heuert auf der "Minos" an, als einzige Frau unter lauter rauen Kerlen, denen sie rasch beweist, dass sie seetüchtig, wind- und wetterfest ist. Nachdem Dea Birkett auf den Spuren von Mary Kingsley durch Westafrika unterwegs war, will sie nun mit einem Frachtschiff nach England zurückkehren - wie Mary Kingsley in den 1890er Jahren. Da Passagiere offiziell auf der "Minos" nicht erlaubt sind, wird Dea Birkett als Mitglied der Crew eingetragen. Als einzige Frau an Bord wird sie nach anfänglicher Skepsis langsam von der Schiffsbesatzung akzeptiert. "Jella" nennen die Matrosen sie schon bald, was im Seefahrerjargon so viel wie "kleiner Junge" bedeutet.


    Das Buch war interessant, zweifellos. Ich habe es auch innerhalb von nur wenigen Tagen gelesen. Aber was mich bei den Büchern von Dea Birkett (diesem und "Schlange im Paradies") stört: Ich habe das Gefühl, die Autorin will zu sehr gefallen.


    Hier wie auch im anderen Buch dringt sie in Lebensräume anderer Menschen ein... und sich meiner Meinung manchmal auf. Ich habe das Gefühl, sie nimmt sich wichtiger als die Menschen, über die sie eigentlich schreiben möchte und überschreitet unsichtbare Grenzen, bei dem Versuch, von ihnen angenommen zu werden.


    Bsp. Seite 242 "Ich sah mich selbst als Bote einer anderen Welt. Auch ich hatte eine Mission und zwar eine noch viel höhere als Kanonikus Peters". Solche abgehobenen Ansichten ärgern mich mitunter etwas.


    Dennoch war das Buch sehr interessant. Auf der Schulnotenskala würde ich eine 3 geben (Punktabzug wegen Snobismus der Autorin - sonst sehr gut).

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Widersprüchliche Gefühle für Afrika


    Die Autorin
    Dea Birkett ist in Südengland aufgewachsen und hat in Edinburgh, London und in den USA studiert. "Jella: A Woman at Sea in a Man's World" - ihr erstes Reisebuch - wurde mit dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie ein Buch über die winzige "Bounty-Insel" Pitcairn in der Südsee (dt. unter dem Titel "Schlange im Paradies"), in dem sie den Nachfahren der tahitianischen "Ehefrauen" der legendären Bounty-Meuterer nachspürt. Die Autorin lebt in Folkstone und London.


    Inhalt
    "Die Suche nach Stille und Einsamkeit, die uns Europäer antreibt, wird in Afrika als Krankheit oder psychische Störung behandelt." (S. 81)


    "Das ist Jella", wird die Frau im weißen Arbeitsoverall vorgestellt, wenn jemand an Bord der Minos kam. Da auf der Strecke von Lagos nach Liverpool längst keine Passagiere mehr transportiert werden, muss die merkwürdige Person ja eine Bezeichnung erhalten. Jella bedeutete kleiner Junge, Lehrling, Schiffsjunge. Umständehalber war die Autorin zum Matrosen ernannt worden und bekam wie die Mannschaft an Bord eine Wache zugeteilt. Dea Birkett war auf den Spuren Mary Kingsleys durch Afrika gereist und wollte Kingsley weiter nahebleiben, indem sie an Bord eines Frachtschiffes nach England zurückkehrte. Der Kapitän, der sich unter der einzelnen Passagierin eine ältere Missionarin vorgestellt hatte, wies Dea Birkett die leerstehende Lotsenkabine neben seiner Kabine zu. Birkett erzählt ihre Erlebnisse auf der Minos nicht linear. Das Schiff, das Holz, Kakaobohnen und ein paar leere Container geladen hat, nimmt auch kleinere Fuhren von einem afrikanischen Hafen Kameruns und Liberias zum nächsten an. So wird an Bord regelmäßig auf das Eintreffen des Lotsen, eines Vertreters der Hafenbehörde oder das Löschen der Ladung gewartet. In diesen Wartezeiten schweifen Deas Gedanken zurück zu ihren Erlebnissen in Westafrika. Sie hat jetzt die Seiten gewechselt, meint Afrika gegen die Vorurteile der Mannschaft verteidigen zu müssen. Für die Männer ist die Küste, an der das Schiff entlangfährt, nur eine endlose Kette von Mangrovensümpfen, für Dea Birkett das Land, das Mary Kingsley erforschen wollte.


    Ohne Mannschaftsgrad wird Dea als Eindringling an Bord gesehen; besonders dass sie in der Kabine neben dem Kaptän wohnt und nicht auf dem Offiziersdeck, scheinen ihr die Männer übelzunehmen. Vorsichtig nähern sich beide Seiten während der langen Fahrt einander an. Dea entdeckt die romantische Ader der Offiziere, die besondere Sternbilder oder einzelne Delphine für alle anderen per Lautsprecher ansagen. Der "Matrose" lernt einen Sextanten zu benutzen, stöbert in der Schiffsbibliothek und entdeckt, dass es das, von dem an Bord Anekdoten erzählt werden, bei der Handelsmarine seit 20 Jahren nicht mehr gibt. Am Ende der Reise wird die Minos nach Belgien verkauft werden. Dea hat eine der letzten Fahrten auf dieser Route mitgemacht. Nach Monaten auf See fällt es der Autorin schwer, wieder in ihrem alten Leben Fuß zu fassen. Ihr Partner hat wirklich Grund, auf Deas neue Geliebte, das Meer, eifersüchtig zu sein.


    Fazit
    Ein zitiertes aktuelles Ereignis weist darauf hin, dass Dea Birketts Fahrt auf der Minos 1985 stattgefunden haben könnte. Ein Reisebericht, der nicht nur für die Autorin gewohnte Bezugspunkte wie Zeit, Herkunft und Heimat neu justiert, sondern auch für die Leser.


    8 von 10 Punkten