Hier kann zu den Kapiteln 21 - 24 geschrieben werden.
'Wilde Schwäne' - Kapitel 21 - 24
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Das Beispiel mit der herrenlosen Socke in Kapitel 21 ist doch bezeichnend, oder? Nach außen hui, innen pfui - da drängen sich natürlich Parallelen zum heutigen China auf... Vielleicht nicht in dieser Dimension, aber aus westlicher Sicht liegt da doch bzgl. Menschenrechte einiges im Argen - vorsichtig ausgedrückt. Aber nach außen hin schön wirtschaftliche Verbindungen und Diplomatien pflegen... bäh.
Jung Chang auf dem Land - diese Kapitel fand ich sehr interessant, bislang hat man ja von dem von Mao so viel gepriesenen Landleben und Bauerndasein nicht viel mitbekommen. Natürlich ist dieses Leben kein bisschen beneidenswert, das wissen natürlich auch Mao und Konsorten, sonst hätte man sie ja wohl selbst auf Feldern wiedergefunden, aber so hält man die Leute natürlich klein und dumm. Wer körperliche Schwerstarbeit leistet, ist zu erschöpft, um über seine Situation nachzudenken.
Mao erscheint mir immer mehr wie der Teufel persönlich - seine Art die Menschen zu foltern, nein, foltern zu LASSEN, denn es gibt ja genügend, die ihre sadistische Ader liebend gerne ausleben, hat nicht mehr viel menschliches - wieder kommen Assoziationen zu den Nazis hoch.
Diese Zuteilung von Wohnungen ist mir schon mehrmals im Buch aufgefallen, doch jetzt wird die Unfreiheit der Menschen so richtig deutlich: Was für ein Aufwand, den Wohnsitz zu wechseln!! Und was daran alles hängt - unfassbar!
Wie schön, dass es trotzdem doch noch Menschen gibt, die freundlich und hilfsbereit sind und die Jung unterstützen - das hat mir den Glauben an die Menschheit zurückgegeben, nein im Ernst, natürlich weiß ich, dass nicht alle Menschen sadistische, durch und durch böse Verräter sind, aber wie JaneDoe schon im letzten Abschnitt sagte, die andauernden Denunziationen und Ängste, in denen die Familie lebt, ist so furchtbar, dass man gar nicht noch mehr davon lesen mag.
Der Tod der Großmutter hat mich traurig gemacht, diese kämpferische alte Dame! Was ich aber nicht verstanden habe, ist die Szene, wo sie erklärt, woher ihre Schmerzen kamen. Sie berichtet von einer Anklageversammlung, auf der sie misshandelt wurde. Aber "In Wirklichkeit hatte es keine Anklageversammlung gegeben. Aber diese Vorstellung verfolgte meine Großmutter bis zum letzten Atemzug." (S. 502/503 in der Ausgabe von 1993). Weiter unten dann "Die schlimmste Angst war die Angst um ihre Tochter. Es war, als spürte sie an ihrem eigenen Körper all die Schmerzen, die ihrer Tochter zugefügt wurden. Und das kostete sie das Leben." (S. 503). Das habe ich nicht kapiert - hat sie sich die Anklageversammlung mit der Misshandlung nur ausgedacht?
Der Brief des Vaters an seine Frau hat mich sehr berührt. Hoffentlich nutzt er die Chance, die sie ihm ganz sicher geben wird - wenn sie ihre gesundheitlichen Probleme gut übersteht.
In Kapitel 24 werden Kapokbäume erwähnt, diese Bäume sind wirklich eindrucksvoll! Ich habe sie leider noch nie "in echt" gesehen, sondern nur in einer Dokumentation, bei wikipedia gibt es ein Bild in vollem Grün und hier eines mit Blüten.
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Zitat
Original von milla
Das Beispiel mit der herrenlosen Socke in Kapitel 21 ist doch bezeichnend, oder? Nach außen hui, innen pfui - da drängen sich natürlich Parallelen zum heutigen China auf... Vielleicht nicht in dieser Dimension, aber aus westlicher Sicht liegt da doch bzgl. Menschenrechte einiges im Argen - vorsichtig ausgedrückt. Aber nach außen hin schön wirtschaftliche Verbindungen und Diplomatien pflegen... bäh.Ja, das habe ich auch sofort gedacht. Alles nur schöner Schein.
Zitat[i]Der Tod der Großmutter hat mich traurig gemacht, diese kämpferische alte Dame! Was ich aber nicht verstanden habe, ist die Szene, wo sie erklärt, woher ihre Schmerzen kamen. Sie berichtet von einer Anklageversammlung, auf der sie misshandelt wurde. Aber "In Wirklichkeit hatte es keine Anklageversammlung gegeben. Aber diese Vorstellung verfolgte meine Großmutter bis zum letzten Atemzug." (S. 502/503 in der Ausgabe von 1993). Weiter unten dann "Die schlimmste Angst war die Angst um ihre Tochter. Es war, als spürte sie an ihrem eigenen Körper all die Schmerzen, die ihrer Tochter zugefügt wurden. Und das kostete sie das Leben." (S. 503). Das habe ich nicht kapiert - hat sie sich die Anklageversammlung mit der Misshandlung nur ausgedacht?
Ich habe das so verstanden, daß die Szene der Anklageversammlung sich nur in ihrer Phantasie abgespielt hat. Vielleicht hat sie keine rationale Erklärung für diese starken Schmerzen gehabt und sich so ihre eigene zusammen phantasiert.
In Kap. 21 schleichen sich ganz leise erste Zweifel an Mao bei Chang ein. Und die Brüder machen das, was Jugendlichen ohne Perspektive tun, die auch sonst nichts zu tun haben: der eine kauft und verkauft Ware auf dem Schwarzmarkt (meistens Bücher) und der andere schließt sich einer Gang an.
15 Millionen Kinder werden landverschickt. Meine Güte, was für Dimensionen das sind. Und die Bauern auf dem Land leben noch im Mittelalter. Ohne Maschinen, ohne Strom, ohne jeglichen Komfort. Das Leben dort gibt Chang den Rest und sie lehnt Mao nun vollkommen ab. Nichts ist mehr übrig von der einstigen Verherrlichung.
Wenn die Chinesen nicht so viele gewesen wären, dann hätten sie sich vermutlich selbst ausgerottet. Mühe gegeben haben sie sich ja.Den Zusammenhalt der Chang-Familie finde ich übrigens immer wieder erstaunlich. Sonst wäre der Vater verrückt geworden, wer weiß, ob und wie die Mutter das Gefängnis überstanden hätte.
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Zitat
Original von JaneDoe
Ich habe das so verstanden, daß die Szene der Anklageversammlung sich nur in ihrer Phantasie abgespielt hat. Vielleicht hat sie keine rationale Erklärung für diese starken Schmerzen gehabt und sich so ihre eigene zusammen phantasiert.
Ja, das macht Sinn, danke!ZitatOriginal von JaneDoe
Das Leben dort gibt Chang den Rest und sie lehnt Mao nun vollkommen ab. Nichts ist mehr übrig von der einstigen Verherrlichung.
Eigentlich - und das beschreibt sie ja auch sehr gut - pure Ironie. Landverschickung mit dem Ziel, das Gedankengut zu verfestigen und die Menschen noch enger an Mao und seine Ideen zu binden und das Ergebnis ist Unverständnis, Ablehnung und Hass. -
Die Chinesen müssen doch komplett irre im Kopf gewesen sein von dem ganzen Hin und Her.
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Ich habe heute erst diesen Abschnitt beendet, mußte mal kurz einen Krimi lesen, denn das Buch berührt mich sehr und läßt mich gedanklich nicht los.
Es ist für mich fast nicht vorstellbar was die Menschen alles mitmachen mußten, wie gut geht es uns heute und wir meckern ständig.
Nur ein Beispiel von vielen: Sie konnten nicht dort wohnen wo sie wollten, sondern es wurde vorgeschrieben Stadt oder Land. Die Essensgutscheine gab es dann entsprechend nur am Einsatzort und nicht am tatsächlichen Aufenthaltsort. Die Registrierbücher und die damit verbundene Bürokratie bei einem Wohnortwechsel, alles Sachen, die ganz weit weg von unserer/meiner Vorstellungskraft sind.
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Ich hatte zwei Sachen noch vergessen zu erwähnen
1. Die Bilder bei Wikipedia waren sehr schön, vor allem von dem Baum in voller Blüte
2. Das Kapitel endet ja mit dem Jahr 1971. Mir war bis dato nicht bekannt, daß es selbst in diesen Jahren mit der Bildung in China dermaßen schlecht stand. War euch das bekannt?
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Zitat
Original von Richie
2. Das Kapitel endet ja mit dem Jahr 1971. Mir war bis dato nicht bekannt, daß es selbst in diesen Jahren mit der Bildung in China dermaßen schlecht stand. War euch das bekannt?
Nein, mir auch nicht. Apropos Bildung: Mich würde mal interessieren, wie es im Gegensatz dazu HEUTE aussieht. Aber wenn man sich nur mal die Internet-Situation so betrachtet, scheint mir die (politische) Bildung immer noch ziemlich eingeschränkt, was meint ihr? -
Soweit ich informiert bin, sind die Informationen, die die Chinesen über das Internet bekommen, sehr dürftig. Viele Seiten sind gesperrt. Kein Google, kein Wikipedia, kein CNN, keine ausländischen Tageszeitungen etc.
Und am liebsten wäre es der chinesischen Führung immer noch, die Welt würde an der Chinesischen Mauer enden.
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Sehe ich genauso. Ich muß wieder auf die Olympischen Spiele zurückkommen. Da sieht man ja, wie sie sich ausländischen Journalisten gegenüber verhalten und wie es mit deren Freiheiten ist.
Ich könnte mich da jeden Tag aufregen, was der Welt da vorgegaukelt wird. Vorher habe ich noch nie gehört, daß bei Olympischen Spielen "Klatscher" engagiert wurden, da war es ein begeistertes Publikum, das die Ränge gefüllt hat. Das nur ein Punkt von vielen.