Gertrud Koch - Edelweiß. Meine Jugend als Widerstandskämpferin

  • Titel: Edelweiß. Meine Jugend als Widerstandskämpferin
    Autorin: Gertrud Koch
    Aufgeschrieben von: Regina Carstensen
    Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag
    Erschienen: Februar 2006
    Seitenzahl: 256
    ISBN-10: 3499620936
    ISBN-13: 978-3499620935
    Preis: 8.90 EUR


    In diesem Lande lebt man leider gemeinhin mit der Annahme, dass der Widerstand gegen das Naziregime mit den Verschwörern des 20. Juli 1944 begann und mit ihnen auch endete. Dabei taugen gerade diese Leute nicht zur Beschreibung des vielfältigen Widerstandes gegen die Nazis. Sie handelten als bereits alles sich auf die Götterdämmerung vorbereitete, als Deutschland den Krieg bereits verloren hatte. Aber es gab auch Menschen, die Widerstand leisteten, als die deutsche Wehrmacht an allen Fronten von Sieg zu Sieg eilte.


    Gertrud Koch gehörte zu den Widerstandskämpferinnen, die nie Gegenstand einer Gedenkfeier waren, die nicht aus egoistischen Motiven handelten, sondern deren Motiv die echte Sorge um die Menschen war. Standesdenken war nicht das Motiv für ihr Engagement.


    In einfachen aber sehr eindringlichen Worten schildert die 1924 geborene Gertrud Koch zuerst ihre Kindheit, dann ihre Jugend während des Dritten Reiches. Der Vater, ein einfacher Arbeiter und Kommunist, aber sehr belesen, die Mutter eine Apothekerin, schafften es dem Mädchen ihre Werte zu vermitteln. Gerechtigkeit und die Liebe zu den Menschen waren die Werte die das Mädchen prägten. Ihr Vater wurde im Jahre 1942 durch die Nazis im KZ Esterwege ermordet.


    Gertrud Koch gehörte zu den Gründern der „Edelweiß-Gruppe“. Ein Gruppe junger Menschen die sich nicht durch die Nazis vereinnahmen ließen, die vielmehr im Untergrund gegen das braune Regime agierten. Doch sie wurden verraten und der Nazistaat schlug mit aller Härte zurück. Doch Gertrud Koch überstand Folter und Demütigungen. Viele ihrer Weggefährten verloren ihr Leben und auch Gertrud Koch überlebt nur durch einen Irrtum. Irrtümlich wurde sie aus der Haft entlassen und floh dann mit ihrer Mutter aus Köln, die Stadt ihrer Kindheit und Jugend.


    Erst im Juni 2005 wurden die „Edelweißpiraten“ als Widerstandskämpfer anerkannt. Ein echter Skandal, der aber kaum in das Bewusstein der Menschen geriet. Aber Deutschland hatte ja schon immer erhebliche Probleme damit, seine Nazivergangenheit vernünftig aufzuarbeiten. Da entblödeten sich irgendwelche Bundespräsidenten nicht über das „in deutschem Namen begangene Unrecht“ zu lamentieren. Es waren Deutsche die diese Verbrechen begangen. Die Formulierung "in deutschem Namen" verharmlost und verniedlicht nur. Aber Verharmlosen und Verniedlichen war ja gerade auch in dieser Beziehung schon immer das Steckenpferd unserer politischen Chefkaste.


    Gertrud Koch hat viel mehr für Deutschland getan als viele von denen die immer um den 20. Juli herum gefeiert werden. Ein beeindruckendes, ein wirklich lesenswertes Buch. Die bewegende Geschichte eines außergewöhnlichen Mädchens.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich gebe zu, dass ich von Gertrud Koch bisher nichts gehört habe. Aber ich denke, man tut der 20.Juli-Gruppe ein bißchen Unrecht, wenn man ihnen vorwirft, sie hätten zu spät gehandelt. Einerseits war das Attentat vom Juli 44 nicht das erste und dann ist da noch der Umstand, dass die Gruppe ja auch nach dem Krieg nicht begeistert gefeiert, sondern auch lange Zeit danach noch als Verräter und Verbrecher beschimpft wurden. Auch ihnen wurde erst eine verspätete Anerkennung zuteil. Hinzu kommt noch, dass ein Attentat zu Beginn des Krieges oder auch davor aus Hitler wohl eher eine Heldenfigur mit Märtyrerstatus gemacht hätte.


    Es ist spekulativ, wie die Geschichte sich entwickelt hätte, wäre der Widerstand früher erfolgreich gewesen. Wichtig ist rückblickend aber doch, dass es neben den blind hinter den Ideologen herrennendem Volk noch Menschen gab, die sich unerschrocken gegen dieses Unrecht aufgelehnt haben.

  • Die "Edelweiss-gruppe" ist mir durchaus ein Begriff, nur leider habe ich mich noch nicht eingehend mit ihr bzw. in diesem Fall mit Gertrud Koch beschäftigt. Das wird sich Dank dieser Rezi ändern. Danke Voltaire.
    Leider ist es so das sich viele Menschen in unserem Land - wenn überhaupt -"nur" mit den Verschwörern von 1944 oder den Geschwistern Scholl auseinandergesetzt haben (meinen Respekt diesen Menschen!, sie haben etwas getan!), aber ich freue mich das ich hier bei den Eulen über andere wichtige Personen der Zeitgeschichte lese und das diese dadurch nicht in Vergessenheit geraten.
    Die Geschichte können wir nicht ändern, aber wir können an Menschen erinnern die sich dem Regime entgegengestellt haben!