Konstanze von Schulthess: Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg

  • Kurzbeschreibung (Amazon)
    Ihr Mann wurde hingerichtet. Ihre Kinder wurden verschleppt. Sie ist schwanger und muss Gefängnis, Verhöre und KZ über-stehen. Nina, die Witwe des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg, verliert am 20. Juli 1944 alles, was sie liebt: ihren Mann, ihre Kinder, ihre Familie, ihre Existenz. Während der Haftzeit bringt sie ihr fünftes Kind zur Welt: Konstanze. Eben jener Konstanze, heute Konstanze von Schulthess, gelingt mit diesem Buch die Biografie einer stillen Heldin, die unbeirrbar und unbeugsam alle Schicksalsschläge meistert. Mit Menschlichkeit, Wertebewusstsein und einer beeindruckenden Aufrichtigkeit, die jetzt endlich aus der ganz persönlichen Perspektive der Tochter gewürdigt wird…


    Über den Autor (Amazon)
    Konstanze von Schulthess ist die jüngste Tochter Nina Schenk Gräfin von Stauffenbergs, der Ehefrau des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Konstanze von Schulthess kam 1945 im Gefängnis zur Welt, wo ihre Mutter nach dem Attentat des Ehemannes inhaftiert saß. Die Nachkriegszeit verlebte sie im Kreis ihrer Familie im Haus der Großmutter in Lautlingen und in Bamberg. Nach ihrer Ausbildung als Wochenpflegerin heiratete sie 1967, bekam 4 Kinder und zog nach Zürich, wo sie noch heute mit ihrem Mann lebt.


    Ich habe diesem Buch 3 von 5 Punkten gegeben, weil mir das gewisse Etwas gefehlt hat.


    Nach dem Lesen hatte ich nicht das Gefühl, dass mir Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg nahe gebracht wurde. Sie blieb mir fern und fremd, ich habe nicht wirklich mit gelitten und eher augenrollend über die adligen Gepflogenheiten gelesen. Die Contenance zu bewahren, stand dieser Familie über allem und es ist Konstanze von Schulthess auch wichtig gewesen, dies deutlich zu machen. Ob nun zu Recht oder nicht, bei mir hinterließ dies ein Gefühl von Kälte. Da wird seitenweise beschrieben, wie die Familie über den russischen Hochadel in den Besitz einer dreireihigen Perlenkette kam, aber wie schrecklich das Jahr der Sippenhaft und die Trennung von ihren vier Kindern für Nina nun wirklich waren, kann man nur erahnen. Man weiß, dass es schrecklich war, aber es wird ohne viel Gefühl beschrieben.


    Interessant auf alle Fälle die Auszüge der Aufzeichnungen der Mutter, die die Autorin von Schulthess einfließen lässt. Interessant, was die Mutter von den Biographien über ihren Mann hielt und was sie von ihrer eigenen Darstellung im Film von Jo Baier hielt.


    Dieses Buch ist trotz meiner Kritik oben sehr lesenswert, weil man a) natürlich sehr viel "Insiderwissen" über den privaten Claus Schenk Graf von Stauffenberg erhält und b) natürlich auch über die Zeit nach dem gescheiterten Attentat, die Sippenhaft, von der die gesamte weitläufige Familie betroffen war und wie sich gegen Kriegsende jegliche Struktur, auch die Isolation von "Nina Schenk", auflöste.


    Einen tollen Einblick geben die privaten Fotos, insbesondere wenn man versucht, sich in die Zeit zu versetzen und zu verstehen.


    Das Buch lässt sich leicht lesen, was ich wiederum sehr angenehm fand. Man merkt, dass hier die Tochter und kein professioneller Historiker geschrieben hat.


    Dass ich dieses Buch vergangene Woche gelesen habe, ist mehr Zufall als Absicht. Aber zusammen mit der im Moment ja leicht zugänglichen Literatur und TV-Dokus über den 20. Juli bekommt man einen sehr guten Einblick in die Ereignisse… soweit dies halt heute noch möglich ist.

  • Danke für die Rezi :wave
    Da ich bis jetzt nur über Claus Schenk Graf von Stauffenberg gelesen habe, wird es für mich Zeit die Biographie seiner Frau zu lesen, welche mich schon länger interessiert.
    Höchste Zeit also mir das Buch zu besorgen.

  • Ich lese es gerade, bin aber leider aus Zeitmangel noch nicht durch. Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass zuviel Standesdünkel verarbeitet wird, allerdings war die Perlenkette auch noch nicht dran. Im Gegenteil, ich fand es schon bedrückend beschrieben, wie Nina in totaler Ungewissheit über das Schicksal der restlichen Familie ihre Haftzeit erlebt. Bin gespannt, ob sich der Eindruck noch ändert.

  • Ich habe heute auch schon einige Seiten gelesen und finde bis jetzt schon, dass mir Nina in gewisser Weise nahe gebracht wurde.
    Es wurde ja auch beschrieben, dass sie sich gezwungen hat, während der Haft nicht ihre Contenance zu verlieren.
    Zudem war sie wohl auch kein Mensch, der seine Gefühle ständig offen gezeigt hat.

  • Ich habe das Buch heute beendet und es hat mir ausgesprochen gut gefallen.
    Eben diese angesprochene und anerzogene Contenance und der eiserne Wille, niemals die Haltung zu verlieren, haben mMn ausschlaggebend dazu beigetragen, dass Nina diese Zeit überhaupt so "gut" überstanden hat.
    Sie war oder wurde ja auch irgendwie zur Einzelgängerin, gewohnt, Entscheidungen zu treffen und vieles alleine durchzustehen.
    Dieses Verhalten hat ja sie bis zu ihrem Tod beibehalten.


    Auch die Geschichte um die "Perlen der Anna Iwanowna" fand ich keineswegs unwichtig, spielt diese Kette doch eine grosse Rolle im Leben der Frauen der Familie.
    Und immerhin war die Kette ja der Lohn dafür, dass Anna "den Kopf des enthaupteten Thronfolgers Alexej Petrowitsch wieder angenäht hat". :grin


    Sehr gut gefallen haben mir die Fotos, ich habe sie mir lange betrachtet und versucht, mir die einzelnen Personen vorzustellen.


    Im Grossen und Ganzen kann ich das Buch auf jeden Fall empfehlen, jeder, der sich für Biographien und die Geschichte um die Familie Stauffenberg interessiert, wird sich gewiss nicht langweilen.


    Ich gebe dem Buch 9 von 10 Punkten.

  • Danke für den Buchtip und die Rezension, Uert.


    Ich hab mir den Titel notiert. Die Geschichte interessiert mich sehr - kommt mir aber auch als Geschenkvorschlag gerade recht!


    Schön, dass man bei den Büchereulen auf die unterschiedlichsten Themen aufmerksam gemacht wird.




    Schönen Sonntag an alle :wave


    Helene Luise Köppel





    NEU: "Die Affäre Calas", Thriller
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  • So, die Stelle mit der Perlenkette habe ich jetzt auch gelesen. Für mich war die nicht zu lang und vor allen Dingen auch nicht unwichtig. Ich kann Rosenstolz da nur zustimmen. So wird die Charakterisierung Ninas erst durch solche Nebengeschichten rund und vollständig.

  • Ich fand die Biographie der Tochter sehr liebevoll, auch die Anekdoten aus der Familie runden das ganze Leben der Nina voll ab, man bekommt einen Eindruck, warum und wieso alles so gelaufen ist. Gut geschrieben. Viele Bilder drin. Kann ich nur empfehlen.

  • Ich kann mich bei der Bewertung kaum zwischen 7 und 8 Punkten entscheiden. Ein großes Plus sind die vielen Bilder. Damit hat man gleich einige Gesichter zum Text, sodass die Biografie eingehender ist. Einen besonderen Fokus auf die Frauen der Widerständler des Dritten Reichs zu legen, fand ich auch mehr als nötig. Frei nach dem Motto, hinter jedem starken Mann steht eine noch stärkere Frau ;-), findet oftmals die Leistung der Familie kaum Beachtung.


    Bei knapp über 200 Seiten empfand ich keine Längen im Text. Die Beschreibungen der Verwandten bot ein besseres Verständnis für die Charakterbildung von Frau von Stauffenberg. Die Wahrung der Contenance während ihrer Haft stellte für mich keine Gefühlskälte, sondern eher der verzweifelte Versuch, während der grausamen Zeit nicht zu viele seelische Schäden zu nehmen, dar. Ihr war stets die Verantwortung für ihre Kinder bewusst.

  • Nina wurde mir in diesem Buch sehr Nahe gebracht. So bedrückend ihr Weg auch war, so musste ich doch auch oft über ihre Art lachen. Die bilder dazu waren super. Ich musste auch zwischendurch immer mal wieder drin Blättern. Ich habe bis jetzt noch nichts über die Frauen hinter den Widerstanskämpfern gelesen und kann jetzt umso mehr verstehen das sich Nina so darüber aufregt, dass man die Frauen gern als dummes Heimchen gesehen hat. Was ich jedoch nicht so ganz nachvollziehen kann ist das sie das Risiko eingegangen ihre gesamte Familie so zu gefährden. Aber wer weiß wie ich in diesen Zeiten reagiert hätte.


    9 Punkte.

  • Wer Menschen kennt, die dieser Generation entstammen, weiß, daß diese ein ganz anderes Pflichtbewußtsein und eine ganze Menge Selbstdisziplin haben. Trotzdem verstehe ich nicht, wie jemand aus politischen Gründen bereit sein kann, seine ganze Familie zu opfern: die schwangere Ehefrau kam erst ins Gefängnis, später ins KZ. Ebenso wie sämtliche Verwandten, einschließlich der Schwiegereltern, Ninas Mutter starb im KZ. Die Kinder kamen ins Heim, es bestand jederzeit die Gefahr, daß sie getrennt unter falschem Namen zur Adoption freigegeben werden. Widerstand hin oder her, niemals hätte ich meine Kinder bewußt derart in Gefahr gebracht.


    Die Biographie Nina Schenks wird erzählt von ihrer Tochter Konstanze - eben jenem Kind, das erst nach dem Tod des Vaters in der Haft zur Welt kam. Nina war eine bemerkenswerte Frau, die auch schon während ihrer Ehe durch die häufige berufliche Abwesenheit ihres Mannes viel auf sich gestellt war. Sie unterstützte ihren Mann bei seinen Widerstandsplänen und wußte um das Risiko. Mit viel Selbstdisziplin überstand sie die Haft und die Ungewißtheit, was aus ihrer Familie und besonders ihren Kindern geworden war. Nach der Haft bemühte sie sich, ein "normales" Leben aufzubauen, erneut geheiratet hat sie jedoch nicht wieder.
    Die Erzählweise der Tochter, die auf Berichten der Mutter beruht, ist angenehm flüssig. Trockene Daten wie Geburts-, Einschulungs- oder Sterbedatum sucht man hier vergeblich. Im Vordergrund steht die Person Nina Schenks und immer wieder, wie ein Schatten, der von Claus Schenk. Da werden Familienanekdoten eingestreut und auch die eingefügten Photos sind sehr interessant. Trotzdem kam mir Nina Schenk nicht nahe, zu fremd war mir ihr Verhalten.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Meine Meinung


    Mitleid und Bedauern, diese beiden Begriffe charakterisieren wohl am ehesten, was das Buch in mir ausgelöst hat.


    Mein Mitgefühl galt Nina Schenk von Stauffenberg, dem Menschen, zu dem sie durch Geburt, Erziehung und Standesbewusstsein sowie Schicksal wurde. Haltung, Pflichterfüllung, Loyalität, Disziplin, die verinnerlichten Begriffe waren sicherlich Stützpfeiler, an denen sie sich in der Zeit nach dem 20. Juli 1944 festhalten konnte - vermutlich aber auch während der Zeiten ihrer Ehe, in denen sie alleine mit Haus und Kindern samt Personal war -, scheinen mir aber auch gleichzeitig eine Barriere gewesen zu sein, „sich trösten zu lassen“, wie es die Autorin auf Seite 212 selbst bemerkt. Manches, unter anderem die für mich doch etwas andere Art der Trauerbewältigung, nämlich die Jagd nach jedem einzelnen abhanden gekommenen Stück aus dem Familienbesitz wurde dadurch letztlich in irgendeiner Weise erklärlich. Größere Mühe hatte ich, mein Mitleid in die richtige Bahn zu lenken, als es um die Beschreibung der Inhaftierung der Porträtierten und ihrer Unterbringung in einem KZ ging. Um es so zu sagen: Mein Mitleid gilt jedem, ob Mann, ob Frau, ob Kind, ob Greis, der in die Fänge der Nazis geriet. Nina Schenk von Stauffenberg hatte in gewisser Weise Glück: Sie wurde nicht gefoltert, nicht vergewaltigt, sie wurde gar vor den vorrückenden Russen in Sicherheit gebracht. Leid kann und darf man nicht gegen Leid aufrechnen; dass das eigene Erlittene für Nina Schenk von Stauffenberg eine Zäsur sondergleichen war, hat die Autorin mehr als deutlich zu verstehen gegeben.


    Mit einiger Verwunderung habe ich die Schilderungen über die ehelichen Verhältnisse der Stauffenbergs gelesen. Die Autorin betont immer wieder, wie sehr sich die Eheleute einig gewesen seien, selbstverständlich hätten sie sich geliebt. Das zu bezweifeln steht mir nicht zu, allerdings drängte sich mir zunehmend die Frage auf, wo die Liebe der beiden zueinander sich einzureihen hatte, besonders dann, wenn ich an Stauffenbergs (unbedingt gewünschte) militärische Karriere und seine eindeutige Position zu Heer und Offizierstum denke. Hinterfragt werden darf sicherlich, ob die Porträtierte ihrem Mann „eine ebenbürtige Partnerin“ (Seite 85) sein konnte, wenn man die – und von der Autorin immer wieder erwähnte - zur damaligen Zeit und wohl in einigen Adelsfamilien übliche(n) Auffassung(en) zu Ehe und Pflicht berücksichtigt. Zudem beschlich mich hin und wieder ein leiser Zweifel, wenn ich zu lesen bekam, was sie alles nicht wusste und wie desinteressiert er an Dingen des Haushalts war. Ein bloßes Eingeweihtsein in (Teile) seine(r) Gedanken und unbedingte Loyalität zum Ehepartner würde ich aus meiner heutigen Sicht jedenfalls nicht unter diesem Begriff einordnen.


    Interessant war das Buch für mich jedenfalls an den Stellen, an denen die Porträtierte ihre Sicht auf die Dinge (wohl von der Autorin zum Teil wörtlich zitiert) erläutert. Ihre Klage über manche Ansicht einiger Historiker, z. B. in Bezug auf die zeitliche Verortung Stauffenbergs Zugehörigkeit zur Opposition resp. Widerstand, ist verständlich: Wo, wenn nicht hier, sollte Platz dafür sein? Schade fand ich in diesem Zusammenhang, dass die Tochter die Aufzeichnungen ihrer Mutter nicht – eventuell kommentiert – komplett veröffentlicht hat, zumal sie selbst diese in ihrem Vorwort (Seite 9) ein „unschätzbares Zeitdokument“ nennt. So subjektiv diese auch sein mögen: Die sie Schreibende hätte ihr eigenes Handeln, ihre Gefühle und ihre Haltung der Leserin mit eigener Stimme vortragen können. Man kann freilich nur mutmaßen, ob das, was sie und wie sie es wahrnahm, für sich hätte wirken dürfen oder ob Nina Schenk von Stauffenberg ebenfalls immer wieder darauf hätte hinweisen müssen, wie „unmenschlich groß“ (so Seite 79) und ähnliches mehr die Belastungen, die Zustände und anderes gewesen sein müssen.


    Ja, Nina Schenk von Stauffenberg war wohl ein bemerkenswerter Mensch, wobei: Ich habe mich gefragt, ob es am Porträt oder an der Porträtierten lag, dass ich sie nur als solchen wahrnehmen konnte. Sie ist mir nicht besonders nahe gekommen, andererseits: Wäre ihr wohl je in den Sinn gekommen, anderes zu wollen, hätte sie solches Ansinnen angesichts ihrer Haltung nicht eher abgelehnt?


    Die Contenance der geneigten Leserin jedenfalls musste hin und wieder einer argen Prüfung standhalten, was maßgeblich an der Wortwahl der Autorin lag, an dem, was ihr wichtig zu erwähnen schien. Als eine „Liebeserklärung“ (Seite 12) an und über ihre Mutter habe ich das Buch durchaus wahrgenommen; darüber hinaus bin ich geneigt, dieses Buch auch als eine Liebeserklärung an eine untergegangene adelige Welt anzusehen, für die auch das Ehepaar Stauffenberg stand. Mit Interesse und mich immer wieder an ihre Subjektivität erinnernd habe ich gelesen, wie sie ihren Vater darstellt, was sie über ihn berichtet, mit welchen Worten sie ihn zitiert – und mit welchen eben nicht. Es würde aber wohl ihrer Intention entgegenstehen, etwas anderes zu erwarten.


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  • Ich :write bei Rosenstolz - mich hat das Buch sehr beeindruckt und ich kann es jedem empfehlen, der etwas zu dieser Thematik lesen möchte.
    Allerdings hätte ich einen Stammbaum hilfreich gefunden.
    9 von 10 Punkten

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)