Die Republik der Bäume, Sam Taylor

  • Verlag: dtv, Roman, 288 Seiten, 2008 erschienen


    Originaltitel: The Republik of trees
    Deutsch von Lutz-W. Wolff


    ISBN 978-3-423-21076-8


    Klappentext:
    Die Geschichte beginnt wie ein Märchen: Mitten im Sommer im Süden von Frankreich laufen vier Kinder davon und verstecken sich in den endlosen Wäldern. Wie ein kühler Fluss vergehen die Tage, und die wildesten Träume scheinen sich zu erfüllen. Michael steigt in die Bäume; Alex geht auf die Jagd; Louis plant eine Revolution; Michael und Isobel verlieben sich zärtlich. Doch dann erscheint Joy, und ihre Ankunft wirft einen Schatten auf die Idylle. Eifersucht, Rivalität und Machtkämpfe werden erkennbar. Und während die Hitze des Sommers in den Wäldern brütet, steigern sich die Handlungen und Gefühle zu einem unvergesslichen, schrecklichen Höhepunkt.


    Über den Autor:
    Sam Taylor, geboren 1970, war 1992 - 2001 Popkulturkorrespondent des Observer. Er lebt mit seiner Familie in Frankreich als freier Schriftsteller. Sein zweiter Roman The Amnesiac erschien 2007.


    Meine Meinung:
    In einem verhaltenen, melancholischen oft schwebenden Ton erzählt die Hauptfigur Michael von seiner Kindheit und wie er nach dem frühen Unfalltod des Vaters und Suizid der Mutter England verlässt und zusammen mit seinem Bruder Louis in einem ländlichen Teil Frankreichs bei der Tante Celine lebt.
    Michael ist ein Träumer, wie sich der erwachsene Erzähler mit Wehmut an sich selbst zurückerinnert.


    Diese Erzählhaltung funktioniert, wenn es dem Geschmack des Lesers entspricht. Das ist bei mir der Fall und daher bin ich von dem Roman schnell gefesselt.


    Michael und Louis freunden sich mit dem ungewöhnlichen Geschwisterpaar Isobel und Alex an.
    Das Dorf ist hässlich, doch das Land ist schön und wirkt beeindruckend auf den jungen Michael. Gemeinsam beschließen die 4 Jugendlichen in den Wald zu gehen, auf der Suche nach einer besseren Welt als die konventionell bürgerliche und sie wollen ihre Freiheit in der Natur unbeschwert zu genießen. Zitat Seite 41: „So begannen die grünen Tage, die Tage der Unschuld.“


    Es entsteht ein neues Gefühl der Wahrnehmung der Umgebung, irgendwie unwirklich, wie in einem Traum und die Zeit verschwimmt.
    Das verdeutlicht der Autor durch einen einfachen, aber effektiven Stil, da er den unschuldigen, aber auch genauen und intelligenten Blick des Jungen einfängt.


    Michael verliebt sich in die ein paar Jahre ältere Isobel. Sein erste tief empfundene Liebe, die er sehr sinnlich wahrnimmt und die der sexuell provozierenden Isobel schmeichelt, sie aber nicht ganz ernst nimmt.
    Alex ist inzwischen von der Jagd und Louis fatalerweise durch ein Buch von Jean Jacques Rousseau von der perfekten Gesellschaft und von der französischen Revolution fasziniert.


    Schon früh ist spürbar, dass diese Idylle nicht anhalten kann und eine düstere Bedrohung ist ab Teil 2 zu erwarten. Erstaunlich, dass sie sich durch eine weitere Jugendliche erfüllt, aber durch sie ist das Gleichgewicht gestört. Mit dem Mädchen Joy, das die extremen Ansichten zur Realisation bringt, endet der entspannte Zustand und die ernste Zeit beginnt.


    Natürlich hat dieses Buch über Jugendliche seine Vorbilder. Das Gefühl der Freiheit erinnert an The Beach, Herr der Fliegen kommt einen in den Sinn und am meisten J.G.Ballards antiutopistische Romane.
    Diese Nähe zu sehr bekannten Originalen und eine gewisse Vorhersehbarkeit sind ein wenig das Problem des Romans, dem bei so guten Ansätzen eine Konsequenz in Eigenständigkeit besser gestanden hätte. An den Erfolg der Utopie ist für den Leser schon schnell schwer zu glauben, die Spannung nimmt ab der Hälfte des Romans etwas ab. Interessant zu beobachten ist die Entwicklung aber durchgängig, auch wenn sie vielleicht am Ende ins Leere läuft. Und die Kehrseite der Zivilisationskritik ist vollkommen glaubwürdig und nachvollziehbar beschrieben.


    Das Buch selbst ist es, das einen so hohen Maßstab fordert, da es weit über den Durchschnitt eines Erstlingswerks anzusiedeln ist. Lesenswert und empfehlenswert, aber noch ist der Autor nicht an seine Grenze gestoßen und auf nachfolgende Werke darf man gespannt sein.