'Die zwölfte Nacht' - Seiten 071 - 170

  • In der zweiten Nacht begegnen sich Thomas und Catherine wieder und die Hingezogenheit zu einander, die schon als Kinder vorhanden war, wird zu einer ausgewachsenen Liebe. Da ich mich vor Beginn dieses Buches in die Geschichte der beiden eingelesen habe, bin ich traurig, da ich weiß, dass diese Liebe vorerst nicht sein darf. Verblüfft war ich über den plötzlichen Perspektivwechsel bzw. über eine Perspektive, mit der ich nicht gerechnet hatte: Nachdem Catherine verkündet wurde, dass sie Edwyn heiraten soll, dachte ich eigentlich, die Geschichte würde aus Catherine Sicht weitergehen. Stattdessen fand ich mich am englischen Hof wieder und wurde Zeuge der Gerichtsverhandlung zur Aufhebung der Ehe zwischen Catalina und Henry. Was für ein Schlag ins Gesicht von Catelina muss es gewesen sein, wenn der eigene Ehemann nach 20 Jahren die Ehe für ungültig erklären will. Dabei müssen sie sich am Anfang wirklich geliebt haben.
    Erst Nach der Gerichtsverhandlung geht die Geschichte wieder zurück zu Catherine und ihrer Hochzeit mit Edwyn.


    Charlie versteht es wirklich, den Leser aus der Sicht der Protagonisten fühlen zu lassen. Kochten beim Lesen die Emotionen zwischen Thomas und Catherine förmlich hoch, war die Spannung zwischen den beiden mit den Händen zu greifen, fühlen wir nun die Emotionslosigkeit Catherines im Hinblick auf ihren Mann, der für sie ein Fremder sein muss, und würden genauso wie Catherine die Hochzeitsnach am liebsten ausblenden.


    Zur Dritten Nacht:


    Catherine dämmert in ihrer Ehe vor sich hin, Lesen schickt sich nicht. Zum Glück ist Edwyn ein anspruchsloser Ehemann und zu Gewaltausbrüchen neigt er nicht. Die Ehe endet nach drei Jahren mit dem Tod von Edwyn. Da Edwyn sich nicht um das Wittum gekümmert hat, bleibt Catherine mittelos zurück. Edward nimmt sie in seinen Haushalt auf und sie trifft Tom wieder. Bei der Wiedersehensszene in der Kutsche stand mir das Wasser in den Augen, so schön :-)
    Catherine folgt Tom heimlich an den Hof nach London. Sie wird dort von Jane versteckt, die ein Leben als Hofdame Ann Boleyns führt. Was für eine Ironie. Heute Hofdame, morgen Königin...
    Die stille Jane, wie mag der König wohl auf sie aufmerksam werden?


    Tja, und die dritte Nacht endet mit Catherines Annahme des Heiratsantrages von John Neville, nachdem Catherine erkennt, dass Tom nicht gewillt ist, in absehbarer Zeit die Ehe mit ihr einzugehen. Die neue Zeit ist ihm wichtiger als Catherine.
    Ich halte Catherine für eine kluge Frau. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie den Antrag nur annimmt, um Tom eins auszuwischen. Sie weiß, dass sie sie mittellos ist und eine gefestigte Stellung braucht. Für die damalige Zeit eine ungewöhnlich selbstständige Frau.


    Ann Stanhope taucht in diesem Abschnitt wieder auf. Ich hatte mir schon gedacht, dass Toms kurzes Intermezzo mit ihr aus einem bestimmten Grund erwähnt wurde. Nun hat sie offenbar vor, Edward zu heiraten, sobald der einen Titel hat. Sie nimmt sich, was sie will - wenn sie schon mit dem falschen Geschlecht geboren wurde, wie sie sagt. Ich könnte mir vorstellen, dass Ann einen Keil zwischen die Brüder treibt. Edward, der sie heiß und innig liebt, wird seinen Bruder sicher dafür hassen, dass der ihr die Unschuld genommen und sie behandelt hat wie ein billiges Mädchen.


    Was in Tom vorgeht, darüber bin ich mir noch immer nicht sicher. Wir sehen durch die Augen von Edward, wir sehen durch die Augen von Catherine und auch durch die von Ann Stanhope. Nur Tom verschließt sich dem Leser. Ob wir im Laufe der Geschichte auch erfahren, wie es in ihm aussieht?

  • Ich hoffe, Ihr erfahrt es, Bouquineur.
    Ein bisschen.
    Ich habe mich entschieden, nur einer Seite des Paares eine Perspektivstimme zu geben, und ueber diese Entscheidung kann man ganz sicher streiten. Aber mir lag sie, ich fand es so fesselnder. Tom soll ein kleines Stueck weit verborgen bleiben, der Historie, dem Leser und mir auch.
    Zum Ausgleich war er die einzige Romanfigur, die je mit mir geredet hat.


    Ich freu mich, dass Du das Buch gern gelesen hast!
    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Sie nimmt sich, was sie will - wenn sie schon mit dem falschen Geschlecht geboren wurde, wie sie sagt. Ich könnte mir vorstellen, dass Ann einen Keil zwischen die Brüder treibt. Edward, der sie heiß und innig liebt, wird seinen Bruder sicher dafür hassen, dass der ihr die Unschuld genommen und sie behandelt hat wie ein billiges Mädchen.


    Ann ist für mich eine der interessantesten Gestalten im Buch, auch weil man ihre Gedanken lesen kann. Ich schätze sie stark und äußerst Zielbewusst ein und im Rahmen ihrer Möglichkeiten setzt sie auf ein starkes Pferd. Das es ausgerechnet mein Edward sein muss nehme ich hin, ich beneide ihn nicht, aber er wird es in seiner Liebe vielleicht gar nicht merken. Ann ist klug, sehr klug. Ich denke, das Thomas-Intermezzo wird sie für sich behalten. Vielleicht nützt es irgendwann. Im Moment nützt es nichts, da Tom alle Frauen auf diese Art behandelt (mit ein paar Ausnahmen), es scheint auch eine gewisse Normalität gewesen zu sein. Er ist ein bekannter Charmeur und andere Damen sind vielleicht sogar stolz, von ihm beunschuldet worden zu sein. So unschuldig erscheint mir keine der Frauen. Sie wissen sehr gut, wie was funktioniert. Man setzt alles ein und spielt.


    Catherine und Thomas' Entscheidung zu warten finde ich ... interessant. Ihre Liebe ist nicht nur Schwur und Eid und Leid, sondern setzt sich aus vielen kleinen Begegnungen und Verletzungen zusammen, die die seltenen Glücksmomente intensiver macht und die Liebe so vielleicht gerade tiefer. Und ehrlich, für Thomas kann ich mir keine einfache verliebt-verlobt-verheiratet-Variante vorstellen. Langeweile. Es fällt ihm ja auch nicht ein keuch zu leben wärend er wartet. Mir gefällt das. Es wirkt erwachsen und realistisch und zeigt vor allem, das Liebe und Sex mitunter nichts gemein haben. Natürlich freue ich mich mitunter diebisch, wenn der strahlende Held ganz menschlich leidet. Und dass eine äußerlich unscheinbare Dame wie Cathy die Ursache ist.


    Die Stelle mit dem Buch am Herzen war wieder eine humorvolle welche (S. 84). Wir kann man nur Lachen und Angst (in Hosenbodennähe) in einer Szene so geschickt verbinden? Ich bin beeindruckt.


    Diesmal ragte die Gerichtsszene für mich heraus (S. 112-114). Ich achte die kleine spanische Dame, Königin, die sich nicht verdrängen lässt, auch nicht mit den absonderlichsten Mitteln der hohen Herren. Noch eine starke Frau. In dem fremdbestimmten Leben der damaligen Zeit versucht sie wenigstens ein wenig ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich mag es nicht, wie die Menschen herumgeschoben werden wie Schachfiguren, seien es Frauen oder Männer. Bei Miss Fillol ist es ähnlich.

  • Zitat

    Original von Liesbett


    Diesmal ragte die Gerichtsszene für mich heraus (S. 112-114). Ich achte die kleine spanische Dame, Königin, die sich nicht verdrängen lässt, auch nicht mit den absonderlichsten Mitteln der hohen Herren. Noch eine starke Frau. In dem fremdbestimmten Leben der damaligen Zeit versucht sie wenigstens ein wenig ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.


    Das finde ich sehr gut eingefangen.
    Catalina von Aragon war eine Tochter zweier (!) regierender Monarchen, die eine vollumfassende Erziehung als Vorbereitung auf ein Leben als Monarchin oder Monarchengattin genossen hatte. Als Tochter einer Monarchin im eigenen Recht war fuer sie die Vorstellung, eine Frau - namentlich ihre Tochter Mary - koenne den Thron erben weit weniger abwegig und erschreckend als fuer die Englaender, in deren Land dieser Versuch bisher gescheitert war (Kaiserin Mathildas Einsetzung als Erbin fuehrte in den Buergerkrieg).
    Abwegig und erschreckend war fuer Catalina hingegen der Gedanke, ihre Ehe koenne fuer unchristlich erklaert oder vom Papst geloest werden, man koenne ihr und ihrer Tochter Titel und Erbrechte entziehen und sie stuende als Luegnerin da.
    Ob sie gelogen hat, ist ein bleibendes Raetsel. Ich denke: Es mag schon sein, dass sie hat ... als kaempferische Frau und Mutter, der es um das Recht und den Status ihrer Tochter ging.


    Alles Liebe von Charlie

  • "God look upon you".


    Den habe ich Cranmer sozusagen in den Mund gelegt. (Ich habe es einmal von ihm belegt gefunden und es gefiel mir so gut, dass es an ihm kleben blieb.)


    Alles Liebe von Charlie

  • ich find es ein wenig schade, dass hier gleich im ersten Posting zu einem neuen Kapital so viel über das Kapitel erzählt wird. so muss ich mich doch zurückhalten, hier schon mitzulesen. wenn das anderen auch so geht, erzählt jeder nur, was er gerade liest und empfindet, eine richtige Diskussion kann aber nicht aufkommen. könnt Ihr Euch da bitte ein bißchen zurückhalten und an die denken, die sozusagen "life" mitlesen? es soll ja auch eine Leserunde sein und nicht ein "so, ich hab alles schon gelesen und schreib jetzt nur noch rein" - das fände ich schade. so, genug Dampf abgelassen.


    ich finde es übrigens toll, wie sich die Kapitelüberschriften im Text wiederfinden. die Turteltauben hab ich in der Gans entdeckt :lache - ich bin gespannt, was die anderen Kapitel so hergeben!
    Überhaupt, das Essen! Ich koch ja selbst total gern und lese daher auch immer gern, was in anderen Ländern oder zu anderen Zeiten so gegessen wurde. da sind diese üppigen Mahlzeiten schon faszinierend, vor allem der gefüllte Puter hat es mir angetan. kennt Ihr das gefüllte Kamel aus T.C. Boyles "Wassermusik"? daran musste ich denken.

  • Sorry Queedin, aber das sehe ich anders. Ich lese in den entsprechenden Threads erst, wenn ich mit dem Abschnitt durch bin, weil ich weiß, dass hier eben auch vom Inhalt gesprochen wird. Deshalb wird hier in den Threads auch nicht gespoilert. Wenn ich jetzt auch noch jeden Inhaltsteil spoilern müsste, würde mir der Spaß vergehen.

  • Zitat

    Original von Charlie
    [quote]Original von Liesbett
    Das finde ich sehr gut eingefangen.
    Ob sie gelogen hat, ist ein bleibendes Raetsel.


    Danke.
    Die anderen glänzen ebenfalls nicht durch Wahrheit, was die Sache nicht besser, aber auch nicht schlimmer macht. Lügen gehört zum Regentenleben und das sie weder gefragt wurde, ob ihr der erste oder der zweite Mann recht ist ... Der Dispens war Hery damals recht, dann ist er auch jetzt noch recht zu halten.
    Es ist nicht nur ironisch, es ist geradezu bitter, dass zwei Frauen sterben mussten, dafür dass Elizabeth als Frau auf dem Thron bewiesen hat, dass es doch geht, einer Frau die Regierung zu überlassen.


    Mich ärgert, dass eine Frau abgeschoben werden soll, die keineswegs nur eine Tochter sondern auch eine Menge anderer Kinder geboren hat. Und mich kotzt es an, sorry des Ausdrucks wegen, aber es kotzt mich wirklich an, das Henry da was von Liebe und Gewissen schwatzt und in Wirklichkeit nur an die nächste willige Frau in seinem Bett denkt. Er beugt das Recht wie es ihm passt. Ein schlechtes Vorbild. Anne selbst will ich mal gar nichts böses.

  • Dritte Nacht:
    ein langer Abschnitt nur über Edward. Was er alles nicht ist, nicht kann und nicht leistet (S. 161). Ich liebe seine Bescheidenheit und Unsicherheit. Man möchte einen Arm um die grauen Schultern legen und sagen: he, im Geschichtsbuch bist du trotzdem gelandet.


    Bezeichnend finde ich den Satz: wenn wir nicht glücklich sein dürfen wollen wir wenigstens siegen (S. 132). Vor allem aber, dass manche sich nicht beiseite drängen lassen. Anne und Anne. Ich finde, die beiden haben einiges miteinander gemeinsam und irgendwie auch ähnliche Strategien. Es behagt mit, dass Anne den König vielleicht nicht wirklich geliebt hat, auch wenn ich mir im selben Moment kleinlich vorkomme. Sie hat hoch gesetzt und tief gefallen.

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Sorry Queedin, aber das sehe ich anders. Ich lese in den entsprechenden Threads erst, wenn ich mit dem Abschnitt durch bin, weil ich weiß, dass hier eben auch vom Inhalt gesprochen wird. Deshalb wird hier in den Threads auch nicht gespoilert. Wenn ich jetzt auch noch jeden Inhaltsteil spoilern müsste, würde mir der Spaß vergehen.



    hmmm, ich habe dann wohl ein anderes Verständnis einer Leserunde. Ich dachte, man spricht während des Lesens über die einzelnen Themen, die einem auffallen mit anderen Lesern und dem Autor. Das man erst hinterher, wenn man alles gelesen hat, nur noch in einem Posting erzählen soll, was man da gelesen hat - so als Inhaltsangabe quasi, fände ich schade und meiner Meinung nach nicht Sinn der Leserunde.



    Ich habe auch nirgends gebeten, dass gespoilert werden soll. Ich bitte einfach nur um ein wenig Zurückhaltung beim Posten. 10 min, nachdem die Threads eröffnet wurden, gleich zu Beginn eines jeden Threads eine komplette Inhaltsangabe zu geben finde ich dagegen nicht so toll. Ich würde mich eher freuen, wenn Du ein wenig mit uns mit diskutierst.

  • Das habe ich in diesem Fall ausnahmsweise so gehandhabt, weil ich das Buch schon gelesen habe. Hätte ich pro Tag einen dieser Beiträge eingesetzt, hättest Du Dich wahrscheinlich weniger daran gestört. Ich bin sehr wohl in der Lage, hier auch zu diskutieren und das tue ich auch, wenn ich interessante Aspekte finde.


    Ich lese einen Abschnitt, lasse ihn Revue passieren und stelle mir Fragen dazu. Das ist meine Art, an einer Leserunde teilzunehmen. Wenn es sehr viel Stoff ist, mache ich in einem Abschnitt auch schon mal einen Break und poste, bevor ich ihn zu Ende gelesen habe. Wenn es zu diesem Zeitpunkt bereits viele Posts gab, wie jetzt z. B. aktuell in der Lossau-Runde, vermeide ich einfach, diese dann schon zu lesen.


    Wie du schon richtig geschrieben hast - jeder hat eine andere Auffassung von einer Leserunde.

  • Ich schreibe ebenfalls erst, wenn ich die Abschnitte und den Thread gelesen habe und diskutiere nicht über das, was vielleicht noch passieren wird, sondern über interessante Aspekte, geschichtliche Entwicklungen, das drum herum etc., Personencharakter, Ecken, Kanten, Formulierungen ... Wie beim richtigen Lesen eben.
    Inhaltsangaben schreibe ich keine, empfinde es aber immer als hilfreich am Anfang des Threads eine vorzufinden um mich in der Fülle des Geschehens orientieren zu können. Und Bouqineur diskutiert sehr wohl mit, wenn sie ihre Gedanken einstellt. Inwieweit jeder sie als Anregung nimmt und darauf eingeht ist jedermans eigene Entscheidung. Ich bin jedenfalls zufrieden, so wie es läuft.

  • Ich mache das genauso wie Bouquineur. Wenn der Abschnitt 100 Seiten umfasst, lese ich sie und schreibe hinterher, was mir dabei aufgefallen ist. Wenn ich schon nach 50 Seiten poste, schreibe ich das als Überschrift. Wenn ich im selben Abschnitt schon Dinge lese, die ich noch nicht erfahren habe, stört es mich auch nicht weiter. Es ist ja noch derselbe Abschnitt.


    Außerdem muss ja irgendeiner den Anfang machen. Ob das nun nach 10 Minuten passiert oder erst nach einem Tag, ist mir dabei egal. Es entsteht für mich trotzdem eine Diskussion. Ich halte es eher für einen Vorteil einer i-Net-Leserunde, dass jeder zu einem Zeitpunkt posten und lesen kann, der für ihn passend ist.

  • Zitat

    Original von Liesbett
    Dritte Nacht:
    ein langer Abschnitt nur über Edward. Was er alles nicht ist, nicht kann und nicht leistet (S. 161). Ich liebe seine Bescheidenheit und Unsicherheit. Man möchte einen Arm um die grauen Schultern legen und sagen: he, im Geschichtsbuch bist du trotzdem gelandet.


    Liebe liebe Liesbett,
    ich wuenschte, Du haettest das gemacht.
    Dann waere er vielleicht im Geschichtsbuch ein bisschen besser weggekommen.
    Und ein bisschen gluecklicher gewesen.


    Queedin und Bouquineur, ich wuerde mich so freuen, wenn wir hier eine Einigung finden koennten - die Runde macht mir solchen Spass.


    Vielleicht waere es moeglich, dass jemand, der ueber den ganzen Abschnitt schreibt, oben drueber einen kurzen Hinweis a la VORSICHT ZUSAMMENFASSUNG schreibt?
    Ginge das?
    Waere damit beiden Seiten geholfen?


    Ich freue mich, dass das Essen gut ankommt!
    Wir haben mehrere Seminare zur Tudor-Essenszubereitung, die in Hampton Court angeboten werden, besucht, ich hab allerlei Tudor-Kraeutlein in meinem Gaertchen angebaut und meine Familie mit allerlei Zeugs beglueckt.


    Beglueckt waren die, ehrlich gesagt, nicht.
    Aber sie leben alle noch!


    Alles Liebe von Charlie

  • ich werd' die Posts von Bouqineur einfach nicht lesen, dann sollten sie mich nicht zu sehr stören. ich will ja auch keine böse Stimmung hier in der Leserunde, das hat das Buch nicht verdient.



    das mit den Kräutern interessiert mich: im ersten Abschnitt gab es ja schon Lamm in Thymiankruste (da lief mir schon das Wasser im Mund zusammen!). Gab es denn zu der Zeit Kräuter, die man heute gar nicht mehr so kennt? Ich hab auch einen kleinen Kräutergarten auf dem Balkon - aber die Betonung liegt auf "klein" - mehr als Zitronenthymian, Rosmarin, Oregano, Lavendel und Minze hat leider kleinen Platz gefunden. Sollte ich irgendwann mal einen Garten haben, wird es ein großes Kräuterbeet geben.


    letztens hab ich den Link zur Mittelalterküche irgendwo entdeckt (wahrscheinlich sogar hier?), da stehen einige interessante Sachen, auch zur Herkunft einzelner Speisen

  • Also in meinem Garten ist ziemlich viel dazugekommen, das ich direkt in Hampton Court und spaeter in Sudeley als Tudor-Nachzuechtung gekauft habe, z.B. mehrere Lavendelarten, Zitronenmelisse, ein Kraeutli das (nicht lachen ...) Good King Henry heisst (aber - wie ich gestehen muss - NICHT nach meinem Henry benannt ist), eine dunkle, koestliche Salbeiart und Koriander.


    Die Kraeuter werden eigentlich alle noch benutzt, nur dieser Good King Henry ist nicht mehr so beliebt, was schade ist, denn er schmeckt sehr gut (finde ich. Wenn Du da jetzt meine Teenager fragst, faellt die Antwort anders aus).


    Alles Liebe von Charlie

  • So, ich schreib jetzt erst mal meinen Senf und lese später was die anderen dazu zu sagen haben. :grin


    Die zweite Nacht:
    Catherine darf mit Onkel und Tante nach Hampton Court um dort die zwölfte Nacht des Christfestes zu begehen. Beim Essen sitzt der Bruder des "Königshürchens" neben Cathie, ohne dass sie das weiß. Sie sieht endlich ihre Schwester Nan wieder, die sie gleich auf die Tanzfläche zerrt. Dort tanzt sie zuerst mit Edward und beide freuen sich, sich wieder zu begegnen. Doch dann erscheint Tom auf der Bildfläche und es scheint fast, als wären sie nie getrennt gewesen. Tom macht dann noch etwas Wirbel, weil er die untreue Gattin seines Bruders wohl lautstark zur Ordnung ruft bittet aber Edward darum, eine offizielle Einladung für die Parrs nach Wulf Hall auszusprechen.
    Mir gefiel bei der Feier ein Satz auf S. 76 besonders gut: "Sie war nicht ganz siebzehn. Seine Augen waren nicht ganz braun." Herrlicher Vergleich. :lache


    Auf Wulf Hall vergeht die Zeit wie im Flug und Cathie ist glücklich wie lange nicht mehr. Tom gesteht ihr seine Liebe und es kommt zu einer der "romantischsten" Erster-Kuss-Szenen die ich je gelesen habe, wozu der Gaul auch seinen Beitrag leistet (zu Deiner Anmerkung aus Teil 1: Ja Charlie, ich finde Die zwölfte Nacht stellenweise auch sehr lustig *g*). Sehr schön finde ich den Spruch den Tom gebraucht um ihr sein Liebe und das Eheversprechen zu erklären und der dann auch ins Buch geschrieben wurde (Der Himmel ist oben, die Erde ist unten...). Ist der historisch überliefert oder hast Du den erfunden Charlie? Aber Tom kann Cathie nicht einfach so heiraten. Er müsste sie entführen und das würde seiner Familie, ihm selbst und nicht zuletzt seinem Bruder, der gerade dabei ist das Vertrauen des Königs zu erlangen, sehr schaden.


    Es kommt was kommen muss. Die Mutter hat für Cathie einen Hochzeiter ausgesucht und es gibt keine Möglichkeit dem zu entkommen. Während des Besuches wurde auch Cathie mit dem "ketzerischen" Gedankengut infiziert. Edward versucht die Ungültigkeit der Ehe des Königs mit einer Stelle aus der Bibel zu erklären. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die richtige Entsprechung in der Bibel gefunden habe, aber so wie ich das gelesen habe, bezieht sich das nur auf die Frau des Bruders, solange der noch lebt. Stirbt der Bruder jedoch kinderlos ist es im Gegenteil (laut Moses Buch 5, Kapitel 25 Vers 5-10 "Schwagerehe") die Pflicht des Schwagers, die Frau zu ehelichen und seinem Bruder einen Erben zu schenken. Also mit der Argumentation kann Edward oder Cranmer oder wer auch immer die verwenden will wohl nicht allzuviel anfangen (abgesehen davon, dass die Bibel sich selbst ja sowieso gerne immer mal wieder widerspricht).


    Der Streit des Königspaars soll vor einem Gericht geklärt werden, dass Königin Catalina jedoch als nicht für sich zutreffend anerkennt und sie verlangt eine Klärung direkt durch Rom. Das ist eine ziemlich verworrene Sache. Einerseits tut einem die Königin leid. Sie hat ihrem Gatten jahrelang als Weib gedient, hat ihm Kinder geschenkt von denen leider nur ein Mädchen überlebt hat. Und nun soll sie einfach so verstossen werden, noch schlimmer, die ganzen 20 Jahre sollen plötzlich ungültig sein. Andererseits verstehe ich auch Henry. Er braucht einen männlichen Erben, mit der Einsetzung seiner Tochter als Königin würde er einen Bürgerkrieg riskieren. Ganz vertrackte Geschichte.


    Die dritte Nacht:
    Catherine ist zwar nicht glücklich in ihrer Ehe, aber so schlecht hat sie es auch wieder nicht getroffen. Edwyn ist eher kränklich und belästigt sie nicht allzu oft mit ehelichen Pflichten. Dafür ist es ihm mit zunehmender Krankheit immer mehr egal was sie so treibt und so kann sie sich endlich an das Studium des Lateinischen machen. Bei der Familie ihres Mannes lernt sie auch John Neville kennen, der später um ihre Hand anhält. Er ist ein entschiedener Gegner der ketzerischen englischen Bibel, ebenso wie Thomas More, was Cathie zutiefst verstört. Ihr Thomas More, der das so fortschrittliche Utopia verfasst hat, soll dafür sein, dass man Menschen verbrennt, nur weil sie die Bibel in ihrer Muttersprache lesen wollen? Da zerbricht schon etwas ihr Weltbild.
    Die Abspaltung der englischen Kirche hat begonnen, Henry will sich zum Oberhaupt erklären lassen, aber noch gibt es Widerständler.


    Als Catherine schließlich mit 20 zur Witwe wird könnte es für Tom und sie wieder eine Chance geben. Aber Tom, der in den Diensten des Königs steht, braucht dessen Erlaubnis um zu heiraten und die bekommt er wohl nur, wenn er etwas mehr Geld oder Besitzungen hat, habe ich das richtig verstanden? Sie könnten auch so heiraten, wenn Tom den Dienst beim König aufgibt, aber dazu ist er zu ehrgeizig und zu abenteuerlustig. Derweil wird Doktor Cranmer zum Primas von England ernannt. Der arme Mann ist verunsicherter denn je, und gesteht sogar, dass er in Deutschland, in Nürnberg (hui, in meiner Nachbarstadt!!!) eine Gemahlin hat, wie es bei den lutherischen durchaus erlaubt ist.


    Das mit der Ernennung des Erzbischofs durch den Papst und dass er sich erst dann von ihm lossagen kann ist wirklich etwas widersprüchlich, aber gut, manchmal ist Politik eben so.


    Was ist denn "Neun-Mann-Morris", was Cranmer lieber spielen würde als Erzbischof zu sein. Vermutlich ein Brettspiel wenn ich nach dem gesagten gehe, aber ist das irgendwie ähnlich wie etwas das man bei uns kennt?


    Eine Frage noch zu Anne Boleyn. Eigentlich fast immer wenn sie irgendwo auftaucht wird extra erwähnt, dass sie "gelöstes Haar" hat. War das für die damalige Zeit ungewöhnlich oder ungehörig?


    Noch etwas undurchsichtig erscheint mir Anne Stanhope. Die Königin vertraut ihr, weil sie ehrlich zu sein scheint. Aber Anne ist eine recht tiefgründige Person, die von ihren eigenen Dämonen getrieben wird. Ich glaube, dass sie Tom nicht bekam stinkt ihr immer noch gewaltig. Aber jetzt geht es nur noch um Macht und eine Stellung am Hofe. Da kommt ihr Edward gerade recht. Er hat gute Chancen bald einen guten Posten zu bekommen und sie weiß, dass er vollkommen verrückt nach ihr ist (die arme Kate hat es doch ein wenig doll getrieben und wurde ins Kloster verbannt... dann scheidet die wohl als Patentante von Meggie aus. :gruebel). Ich kann noch nicht sagen, was ich von Anne Stanhope halte. Sie ist ein Frau die versucht das bestmögliche für sich selbst zu erreichen, sie wirkt berechnend. Aber trotzdem finde ich sie auch nicht unsympathisch. Warten wir mal ab, was sie noch für eine Rolle spielen wird und wie sie sich weiterhin verhält.


    Cranmer mag ich mittlerweile auch sehr gern. Er scheint ein sanfter weiser Mann zu sein. Verunsichert und verängstigt wie auch Edward aber sehr menschlich, das kam bei seiner offiziellen Ernennungsfeier gut raus. Traurig, dass man durch den Prolog schon weiß, wie er enden wird.


    Da Tom weiterhin nur herumplänkelt und die Familie Howard ärgert in dem er eine ihrer Töchter nach der anderen entehrt hat Cathie langsam aber sicher genug. Als man sie als "blinden Passagier" am Hof entdeckt und sie wieder nicht weiß wohin, beschliesst sie, den Antrag von John Neville anzunehmen.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda