'Die zwölfte Nacht' - Seiten 171 - 264

  • Vierte Nacht:


    Sehr schön finde ich, dass auch dieser Abschnitt wieder mit einem Brief von Nan an Catherine beginnt. Die Idee, auf diese Art zu schildern, was in den vergangenen Jahren passiert ist, finde ich sehr gut :-)


    Catherine nervt mich in diesem Abschnitt ein wenig mit ihrer Jammerei. Sie hätte es wesentlich schlechter treffen können. Sie hat einen Mann, der nichts von ihr verlangt, darf lesen und Latein lernen. Die Kinder sind ihr auch gewogen und doch bedauert sie sich ständig selbst. Ihr Entschluss war wohl doch nicht so überlegt wie ich dachte.


    Nun beantwortet sich auch meine Frage, wie der König auf Jane aufmerksam wird. Als sie dreckverschmutzt vor ihm steht, nachdem sie die Tauben gefüttert hat. Sie muss wie ein Kind auf ihn gewirkt haben. Vielleicht zieht diese kindliche Unschuld ihn an. Optisch und vom Wesen her muss sie das krasse Gegenteil von Anne Boleyn gewesen sein.


    Henry der Mann mit den zwei Gesichtern. Die Szene zwischen ihm, den Seymours und John Neville fand ich sehr interessant. Die Freundlichkeit in Person, aber sobald John Neville den Raum verlässt, wird er aggressiv und lässt seine Wut auch an Jane aus. Er duldet keine Einmischung. Dafür, dass er später sagen wird, Jane sei die Frau, die er am meisten geliebt habe, erstaunt mich sein Verhalten ihr gegenüber.


    Fünfte Nacht:


    Hier zeigt Catherine wieder Stärke, als die den Haushalt ihres Mannes wieder zusammenhält, als der in London über Wochen festgehalten wird. Das ist die Catherine, die mir gefällt.
    Ihr Mann kehrt als Greis zurück und doch hält Catherine sich an Ihr Gelübde, das sie Gott gegeben hat: lässt Gott ihn heimkehren, wird sie die Ehe, die ja nie vollzogen wurde, vollziehen. Die Freuden der Liebe findet sie auch hier nicht. Das muss eine Qual für jemanden sein, der die Leidenschaft kennt.


    Edward und Anne verlieren ihren Sohn und zerbrechen daran fast. Die beiden haben für die damalige Zeit eine ungewöhnliche Bindung an ihr Kind. Wie ungewöhnlich, das geht aus Edwards Gedanken hervor: An seine Kinder band man sich gefühlsmäßig nicht, da diese mit großer Wahrscheinlichkeit eh starben. Ob sich Anne je für ihren Mann erwärmen wird? Welche Ziele verfolgt sie? (Lt. Wiki haben die beiden 9 Kinder gehabt, so gleichgültig kann er ihr dann eigentlich doch nicht gewesen sein).


    Die stille Jane bringt den lang ersehnten Thronfolger zu Welt und stirbt wenige Tage danach an Kindbettfieber. Catherine erfährt davon erst, als sie in London ankommt und dem Trauerzug begegnet. "Lehr mich fliegen, Jane". Der Satz, der Catherine ihr ganzes Leben begleitet hat, die Verzweiflung, die geliebte Freundin nie wieder zu sehen, treibt mir die Tränen in die Augen. Ich trauere mit Catherine, Tom und Edward um die stille, liebe Jane.

  • Um Jane hab ich auch sehr getrauert.
    Und tu's immer noch manchmal.
    Sie hat mich sehr beeindruckt.


    Ich glaube (wohlgemerkt ist alles, was ich darueber sage, immer nur meine Interpretation, ein Schluss, den ich auf dem Boden meiner Recherche ziehe. Letzten Endes musste ich in allen Einzelpunkten entscheiden, welchen Historikern ich folge und welchen nicht. Andere Schluesse muessen deshalb nicht falsch sein!), man kann durchaus sagen, dass Henry Jane geliebt hat. Nach Art eines Renaissance-Herrschers eben, dem beigebracht wurde, sich ihm zu widersetzen sein Verrat und seine Herrschaft ueber andere sei gottgewollt.
    Sein Ausfall gegen sie waehrend der Pilgrimage of Grace ueberraschte jedoch auch die ihm Nahestehenden, denn allgemein bestand der Eindruck, sie habe einen maessigenden Einfluss auf ihn. Ein weiterer Ausfall dieser Art ist nicht bekannt.
    Er wuenschte, neben ihr begraben zu werden. Sie - nicht die derzeitige Ehefrau - liess er auf das dynastische Portraet malen. Von ihr sprach er bis zum Tod.


    Alles Liebe von Charlie

  • Das Catherine mit dieser Heirat einen Fehler begangen hat merkt sie schon auf der Reise in den ungeliebten Norden- dahin, wo die Köpfe noch vernagelt scheinen und ein Spruch wie denken befreit unglaublich klingt, auch wenn ihr Gemahl sie Latein lernen lässt wie seine Tochter und sie zwar Mutterstelle bei den Kindern einnimmt, die Ehe mit Lord Latimer aber lange unvollzogen bleibt und auch als das dann letztlich geschieht von Seiten Catherines als Gnadenakt zur Heilung eines Kranken, nicht als Liebesakt zu verstehen ist. Das Vater unser als Taktgeber für einen Sexualakt hätte damals schon - wäre irgendjemand dieser Gedanke zu Ohren gekommen- für einen flammenden Abgang gereicht- und zwar nicht im Sinne von petit mort, sondern schlicht mort flambé. Ich bin mir nicht im Klaren wie wankelmütig Henry tatsächlich in der Religionspolitik tatsächlich war und ob die Entscheidungen machtpolitische Ursachen hatten oder charakterliche Unsicherheit bedeuteten. Die Pilgrimage of Gace wurde ja deutlich nicht als Pilgerfahrt, sondern als echter Aufstand verstanden mit Hinrichtung von allem, was nicht rechtzeitig verduftet war...


    Janie war ja nett, aber mir fehlt sie nicht, ein blasses Mädchen, das gerade noch sclau genug war erkennen zu könne, dass sie dumm ist und darüberhinaus ist sie das klassische Beispiel für eine Verknüpfung mit der Vergangenheit ohne Sinn und Verstand. More wusste wozu er stand und wofür und kannte auch die Konsequenzen, er verdient Respekt, Jane wußte nicht was sie tat sie glaubte ohne Freiheit.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Ich bin jetzt auch so weit. Dann wollen wir mal... :grin


    Vierte Nacht:
    Diesmal hatte ich das erste mal etwas Probleme mit dem Zeitsprung. Es ist so viel passiert was dann ganz knapp in dem Brief abgehandelt wurde. Ich war mir z.B. nicht sicher, ob die Ehe des Königs jetzt schon für ungültig erklärt worden war, oder ob Catalina zuvor starb (oder hab ich da was überlesen?). Dann werden Fisher und More aufs Schafott geführt, weil sie Elizabeth nicht die Treue schwören wollen. Also irgendwie weiß Henry doch nicht was er will. Erst muss unbedingt ne neue Frau her wegen männlichem Erben, dann ist Anne sogar wieder schwanger, aber es muss trotzdem Elizabeth von allen als Thronfolgern anerkannt werden. Sehr eigenartig.


    Zwischenfrage: Was ist eigentlich ein "Papist"? Ist das jemand der papsttreu ist?


    Das kalte nordische Land sagt Jane gar nicht zu und obwohl es ihr diesmal im Vergleich zu ihrer ersten Ehe sogar noch besser geht (Latimer überlässt es ihr, ob sie überhaupt den körperlichen Vollzug der Ehe will, er sieht über vieles hinweg was ihn eigentlich stört und was er als ketzerisch verdammt, alle auf dem Hof inkl. Kinder erkennen sie als die neue Frau des Herrn an) und sie sich immer wieder sagt "es könnte schlimmer sein", scheint sie diesmal mehr zu leiden als das letzte mal. Vielleicht, weil diese Ehe ihr eigener freier Entschluss war. Zwar durch Trotz getrieben, aber frei. Sie kann die Schuld nur sich selbst und vielleicht noch Tom geben.


    Edward hat seine Annie geheiratet und ist überglücklich. Sie hat damit auch eines ihrer Ziele erreicht. Das nächste Ziel ist dann natürlich der Erbe. Mein bisheriger Eindruck von ihr: Ehrgeizig, aber nicht skrupellos. Die große Liebe ist Edward wohl nicht für sie, aber sie lässt ihn in dem Glauben.


    Für die Namensschwester sieht es nicht ganz so gut aus. Nachdem das zweite Kind ein Fehlgeburt ist wird sie unter einem Vorwand (Ehebruch mit 5 Kerlen, sogar mit ihrem Bruder!) hingerichtet. Die Ehe wird noch schnell für ungültig erklärt und Henry steht wieder ohne Thronfolger da. Aber ich muss sagen, sie hat es sehr stark getragen und bis zum Schluss ihre Würde gewahrt. Sie hat nicht einmal Henry angegriffen sondern sich makellos gehalten. Meinen Respekt vor einer so großen Frau.


    Die Nachfolgerin ist schon gesichert... die kleine blasse Jane Seymour! Wer hätte gedacht, dass Henry sich dieses Mädchen überhaupt ein zweites mal ansieht. Offenbar bemerkt er, dass sie eine milde und ehrliche Natur ist und er glaubt ihr vertrauen zu können (zumindest am Anfang). Die Hochzeit wird schließlich sogar auf Wulf Hall gefeiert. Sir Johns "Trinkspruch" ist schon etwas eigenartig. Hatte er einfach schon zu viel Wein, oder war er geistig etwas verwirrt?


    Dann brechen im Norden Unruhen aus. Die Landadligen wollen es nicht länger hinnehmen, dass die Klöster geplündert, die Mönche gemeuchelt und unerhörte Steuern erhoben werden. Sie machen sich, zum Teil wie auch Latimer alles andere als freiwillig, auf den Weg nach London, um mit Henry über Cromwell, die Wurzel allen Übels nach ihrer Meinung, zu sprechen. Hier zeigt Henry für den Leser erstmals sein wahres Gesicht. Nach vorne freundlich und nach Janes Bitte zu einer Einigung bereit... doch sobald die Bittsteller aus dem Raum sind geht er in die Luft. Cromwell wird niedergemacht, weil er solches Geschmeiss nicht vom König fern hält, Janie die sich für sie einsetzte sogar fast von ihm geschlagen. Er macht sehr deutlich, was eine Königin ohne Erbe ihm bedeutet, noch dazu eine aus so einem Bauernstall. Kein Wunder, dass Tom explodiert ist. Ich hatte ja schon wirklich befürchtet, dass er Henry niederschlägt. Besonders bliebt hat sich Henry in diesem Abschnitt auf jeden Fall nicht gemacht. Aber leider kann man in ihn auch nicht "hineinschaun" und weiß nicht, warum er sich so verhält. Hoher politischer Druck vielleicht?


    Wieder mal der Wechsel des Lebens, Sir John stirbt in seinem Bett, Anne ist schwanger und genau passend dazu erhält Edward auch noch einen erblichen Titel.


    Fünfte Nacht:
    Es taucht wieder eine Kate auf, eine Freundin von Nan diesmal. Ist sie vielleicht die bewußte Patin (ich gebs nicht auf *g*)? Sogar die kleine Nan will jetzt heiraten und noch ein Veränderung in der Familie: Edwards Sohn, John Seymour II. wird geboren. An der Taufe ist die Familie inkl. schwangerer Königin noch einmal komplett versammelt. Und obwohl alle so glücklich sind und Tom schon vom Seymour-Prinz spricht, der kommen wird, merkt man doch fast so etwas wie Wehmut und Abschiedsstimmung. Etwas lauert da, unter diesem perfekten Glück. Vielleicht die Angst, dass es jetzt nicht mehr besser kommen kann...


    Und so ist es auch. Der kleine John stirbt bereits als Säugling. Alle von Annes Träumen scheinen damit zu zerplatzen. Sie hatte vor, durch diesen Sohn Macht auszuüben, die Führung einer Frau geht nur über einen Mann, wie sie erkannt hat. Edward ist dafür nicht energisch genug. Nun ist ihre große Chance, das was sie mit Toms Ablehnung versöhnt hatte dahin. Und großes Interesse an einem zweiten Sohn scheint sie nicht mehr zu haben. Das zeigt mir, dass sie John wirklich auch als ihr Kind geliebt hat und ihn nicht nur als Mittel zum Zweck sah. Einen Augenblick lang dachte ich ja, Anne würde über Johns Verlust wahnsinnig werden.


    Dafür gibt es im Königshaus, vorläufig noch, gute Nachrichten. Jane Seymour ist die Frau an Henrys Seite, die es endlich geschafft hat ihm den so lange ersehnten männlichen Thronerben zu schenken. Alleine dafür liebt er sie jetzt über alles. Jane wird auch die englische Bibel gewidmet die nun sogar mit offizieller Erlaubnis überall gedruckt. Sie selbst war zwar immer skeptisch gegenüber der "Ketzerbibel", aber ihr mildes Wesen scheint trotz allem großen Einfluss auf Henry gehabt zu haben. Sie schafft es sogar, dass die beiden verstossenen Bastard-Töchter Mary und Elizabeth wieder an den Hof dürfen und wie ihre Stiefkinder aufwachsen. Putzig, wie die kleine Elizabeth an Edward hängt. Aber schon bei der Taufe bemerkt der Leser das etwas nicht stimmt, Jane friert in einem stark geheizten Raum. Und als Catherine es schafft mit ihrem gebrochenen Mann und den Kindern London zu erreichen, zieht gerade der Trauerzug der Königin durch die Straßen. Henry war wohl bis zur letzten Minute bei ihr und hat sehr um sie geweint, das macht immerhin ein paar Dinge wieder gut. Ob er wohl wirklich begriffen hat, was er an ihr hatte?


    Mich haben in diesem Abschnitt vor allem der Tod von John und Jane Seymour sehr gerührt. Bei John das Leid von Edward, Anne und Tom. Bei Jane einfach die Trauer um eine solche Seele von Mensch (Mann bin ich doof, seit Jahrhunderten ist die Dame Tod und ich hock da und flenn fast ^^; ). Ich werde mich im Anschluss an die Leserunde bestimmt noch mehr mit Jane Seymour beschäftigen.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    . Bei Jane einfach die Trauer um eine solche Seele von Mensch (Mann bin ich doof, seit Jahrhunderten ist die Dame Tod und ich hock da und flenn fast ^^; ). .


    Es macht mich sehr gluecklich, dass ich nicht die einzige bin.


    Die leise Jane Seymour, die weder sonderlich intelligent noch sonderlich gebildet war, ist fuer mich einer der wirklich mutigen und konsequenten Menschen der Geschichte.
    Ich bewundere sie sehr.


    Wichtig ist mir, zu sagen: Was immer ich hier erzaehle und was immer ich geschrieben habe, ist MEINE Auslegung und Schlussfolgerung aus dem Material, das mir vorlag. Das Material ist ein Fuellhorn ohne Ende, man kann ebensogut zu ganz anderen Schluessen kommen, ich moechte hier nicht behaupten, meine Version sei die einzige Weisheit der Henry-Forschung.
    Ich persoenlich bin aber der Meinung: Ja, Henry hat mit grosser Zuneigung - in der Form, in der er aufgrund seiner Lebensumstaende dazu faehig war - an Jane Seymour gehangen und intensiv um sie getrauert. Dass er sie auf dem dynastischen Portraet darstellen liess und dass er wuenschte, mit ihr begraben zu sein, waren keine leeren Gesten (meine ich).


    John Seymour litt vor seinem Tod vermutlich an einer starken Form von Demenz.


    Protestanten/Reformer wurden in England zwar, wie Bouquineur schon erklaert hat, zumeist generell als Ketzer (oder auch als Lutherans - selbst wenn sie keine waren) bezeichnet - aber auch haeufig abwertend als "Lollards". Die Lollard-Bewegung, die der Bibeluebersetzung durch Wycliffe nachfolgte, war zu dieser Zeit trotz Verbot und Verbrennung noch am Leben. Lollard-Kreise trafen sich im Verborgenen, lasen gemeinsam kleine Bibel-Extrakte oder Traktate auf Englisch. Zwar waren die "Protestanten" dieser Periode laengst ueber die Lollard-Bewegung hinaus, aber der Begriff wurde auch generell als abwertender Begriff fuer einen Reformer benutzt.


    Vielen Dank fuer Eure schoenen Zusammenfassungen, Bouquineur und Paradise.
    Es macht mir so viel Spass, das zu lesen.


    Die Zeitspruenge mit den Briefen zu loesen ist sicher nicht unbedingt eine Idealloesung. Ich habe versucht, knapp vierzig Jahre Handlung einigermassen sinnvoll zu gewichten und aufzuteilen. Dass das nicht immer richtig gelungen ist, ist sicher richtig - ich werde, da ich ja grundsaetzlich Romane ueber so lange Zeitraeume schreibe - hier sehr gut auf das, was ihr sagt, hoeren und mir notieren, wo es stoerte/verwirrte/veraergerte und wo es glatter funktionierte.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    Aber ich muss sagen, sie hat es sehr stark getragen und bis zum Schluss ihre Würde gewahrt. Sie hat nicht einmal Henry angegriffen sondern sich makellos gehalten. Meinen Respekt vor einer so großen Frau.


    .


    Diese Saetze von Dir ueber Anne Boleyn wollte ich auch gern noch einmal herausstreichen, weil ich hundertprozentig Deiner Ansicht bin.
    Ich hatte nicht viel Platz in meinem Roman fuer Anne, aber sie gehoert zu den interessantesten Frauen der Epoche, und dass sie in der allgemeinen Wahrnehmung haeufig als frivol-sexbesessenes Dummchen erscheint, hat die Anne Boleyn, die mir waehrend meiner Recherchen begegnet ist, nicht im Mindesten verdient.


    Alles Liebe von Charlie

  • Die Rede, die sie kurz vor der Hinrichtung gehalten hat (zu finden bei Wiki) fand ich bemerkenswert. Anstatt Gift und Galle zu spucken - sie hatte ja nichts mehr zu verlieren, hat sie ihre Treue zum König bekundet. Damit dürfte sie die bei der Hinrichtung Anwesenden völlig für sich eingenommen haben.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Das Vater unser als Taktgeber für einen Sexualakt hätte damals schon - wäre irgendjemand dieser Gedanke zu Ohren gekommen- für einen flammenden Abgang gereicht- und zwar nicht im Sinne von petit mort, sondern schlicht mort flambé.


    Das ist ja himmlisch, das entdecke ich erst jetzt!


    Henrys Wankelmuetigkeit in religioesen Fragen ist in der Tat ein wichtiger Punkt. Sie nimmt von jetzt an noch zu (weshalb auch immer wieder darueber spekuliert wird, ob eine Krankheit mit Persoenlichkeitsveraenderungen die Ursache gewesen sein koennte) - Henry wird also fuer die Menschen in seiner Umgebung voellig unberechenbar. Was in einem Moment geduldet oder gar gefoerdert wurde, trug einem im naechsten womoeglich den Tod ein.
    Vor allem wegen dieser Unwaegbarkeit im religioesen Bereich wird Henrys Regierungszeit so haeufig als Musterbeispiel fuer Willkuerherrschaft herangezogen.


    Alles Liebe von Charlie

  • Also bevor ich meinen Senf dazugebe, muß ich grade mal sagen, daß ich Boquineurs Zusammenfassung ganz am Anfang gradezu genial finde, da ich damit nochmal Revue passieren lassen kann, was in diesem Abschnitt geschehen ist.


    Ich fand an diesem Abschnitt jetzt wirklich interessant, wie die Gegner von Henry mobil machen und eigentlich kein Nein dulden. Da stelle ich es mir schwer vor, wie Cathie zwischen den Fronten zu stehen, denn sie spricht ja mit Margret darüber und sagt, sie wäre sowohl für die eine, als auch die andere Seite. Wenn ich das richtig verstanden habe, möchte sie auch eine Bibel in Englisch und mit Gott selbst reden können - was sie schon kann, was sich nur noch nicht im Allgemeinen durchgesetzt hat.


    Latimer behandelt sie gut, aber ich glaube, trotz aller Freiheiten, daß sie sich langweilit.Was hat sie denns chon groß zu tun in diesem Haus, außer, in ihren Bücher zu lesen und Briefe zu schreiben? Aber als es darauf ankommt, als Latimer fort ist, mausert sie sich zur Löwin, die ihr Heim verteidigt, das hat mir doch imponiert.


    Zu Jane und Henry, mir kam es schon so vor, daß Jane sich quasi geopfert hat, ich glaube nicht, daß sie wirklich Gefühle für ihn hatte - zumindest nicht vor der Ehe. Nachher kann ich mir schon vorstellen, daß die beiden sich so zugetan sind, daß sie sich zumindest nicht abgrundtief gehasst haben. Manchmal wächst so eine Liebe ja auch.


    Daß Jane tot ist, tut mir wirklich leid, ich mochte sie, obwohl sie eine graue Maus war, und immerhin hat sie den ersehnten Thronfolger geboren. Da der gute Henry ja 8 Frauen hatte (heißt er nicht darum Henry VIII :lache), bin ich mal neugierig, wie viele wir in diesem Buch noch kennenlernen werden und wer da noch in Betracht kommt. Ich bin da geschichtlich völlig ahnungslos, darum sehr gespannt!


    Da Edward jetzt geboren ist, bekommt Tom den Titel eines Ritters. Der weitere Verlauf zwischen ihm und Cathie ist auch interessant, denn sie treffen sich ja jetzt in London wieder, obwohl Cathie immer noch verheiratet ist.


    Anne und Edward, die beiden tun mir leid, als sie ihr Kind verlieren. Und Anne scheint in ihrer Mutterrolle völlig aufzugehen, während Edward sowohl Anne als auch sein Kind vergöttert hat. Ich glaube, auf seine Weise liebt er Anne sehr, während sie in ihm nur den Titel und das Geld sieht. Auch ein interessanter Erzählstrang, mal sehen, wo es uns hintreibt.


    Zitat

    Original von Charlie
    Ich glaube (wohlgemerkt ist alles, was ich darueber sage, immer nur meine Interpretation, ein Schluss, den ich auf dem Boden meiner Recherche ziehe. Letzten Endes musste ich in allen Einzelpunkten entscheiden, welchen Historikern ich folge und welchen nicht. Andere Schluesse muessen deshalb nicht falsch sein!), man kann durchaus sagen, dass Henry Jane geliebt hat. Nach Art eines Renaissance-Herrschers eben, dem beigebracht wurde, sich ihm zu widersetzen sein Verrat und seine Herrschaft ueber andere sei gottgewollt.


    So habe ich das auch empfunden.


    Zitat

    Original von beowulf
    Die Pilgrimage of Gace wurde ja deutlich nicht als Pilgerfahrt, sondern als echter Aufstand verstanden mit Hinrichtung von allem, was nicht rechtzeitig verduftet war...


    Das ist mir auch sehr heftig in Erinnerung geblieben, ich meine, ich wußte, daß es ein dunkles Zeitalter in England war, aber so dunkel??? Charlie hat das toll beschrieben, vor allem mit der Leiche von Eddas Mann im Kornkeller, da hat es mich richtig gegruselt.


    [quote]Original von Paradise Lost
    Für die Namensschwester sieht es nicht ganz so gut aus. Nachdem das zweite Kind ein Fehlgeburt ist wird sie unter einem Vorwand (Ehebruch mit 5 Kerlen, sogar mit ihrem Bruder!) hingerichtet. Die Ehe wird noch schnell für ungültig erklärt und Henry steht wieder ohne Thronfolger da. Aber ich muss sagen, sie hat es sehr stark getragen und bis zum Schluss ihre Würde gewahrt. Sie hat nicht einmal Henry angegriffen sondern sich makellos gehalten. Meinen Respekt vor einer so großen Frau.
    [quote]


    Ja, mich hat sie auch begeistert, vor allem ihr Abgang, mit erhobenem Haupt und stolz. Ich werde mich mal über Anne Boleyn schlau machen, da seid Euch sicher! Die ist nämlcih fürchterlich interessant.

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Zitat

    Original von Caia
    Da der gute Henry ja 8 Frauen hatte (heißt er nicht darum Henry VIII :lache), bin ich mal neugierig, wie viele wir in diesem Buch noch kennenlernen werden und wer da noch in Betracht kommt. Ich bin da geschichtlich völlig ahnungslos, darum sehr gespannt!


    .


    Den Englaender in Dir hattest Du uns ja schon gezeigt - hier zeigt sich nun der Italiener in Dir.
    Das ist fuer mich eins der lustigsten Phaenomene ueberhaupt: Wenn ich in England oder Deutschland ein Henry-Buch rumliegen lasse, kommt prompt von irgendwem: "Ach - der mit den sechs Frauen."
    In Italien dagegen kann ich auf "Ach - der mit den sieben, acht oder neun Frauen" wetten.


    Wenn's um Frauen geht, neigen die Italiener halt dazu, noch die eine oder andere dazuzulegen.


    Sechs waren's, mehr hat nicht mal der arme Henry zum Altar geschleift bekommen, die anderen zwei verbuergten (Mary Boleyn und Bessy Blount) waren Maetressen - und das, muesst Ihr zugeben, ist fuer einen Renaissance-Herrscher doch sooo viel wieder nicht ...


    (Mich verbluefft auch von je her, dass z.B. der kurze Zeit spaeter regierende russische Iwan durchaus sieben Frauen hatte - aber der heisst nie "der mit den sieben Frauen", sondern eben "der Schreckliche" ...)


    Ja, dass Catherine eine Aufgabe braucht, dass sie sonst unausgefuellt ist, fand ich auch. Von diesem Teil mit Latimer habe ich viele Seiten auf Schloss Sudeley geschrieben und dabei auch immer so aus dem Fenster gestiert und mir ueberlegt, was das fuer ein Leben waere, rundum versorgt und bedienert.
    Irgendwie liegt's mir dann doch mehr, wieder Tueten von Tesco nach Haus zu schleppen.


    Dass zwischen Henry und Jane eine Art von Liebe gewachsen ist, glaube ich unbedingt auch. Auf ihre eigene Weise haben die beiden viel voneinander gehabt.


    Ich finde die Zusammenfassungen von Bouquineur (und von Paradise) auch ganz toll. Ich bin immer ganz verbluefft: Ach stimmt ja, das passiert alles in diesem Abschnitt ...


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie
    Von diesem Teil mit Latimer habe ich viele Seiten auf Schloss Sudeley geschrieben und dabei auch immer so aus dem Fenster gestiert und mir ueberlegt, was das fuer ein Leben waere, rundum versorgt und bedienert.


    Ist das heute ein Hotel?

  • Nein, es ist im Privatbesitz einer Familie, aber da es mit deren Finanzen nicht zum Besten steht, kann man einen Teil besichtigen.
    Wir hatten uns ueber English Heritage (eine der hilfsbereitesten Organisationen, die ich je kennen gelernt habe) an den betreuenden Stab gewandt, und als die hoerten, ich schriebe ueber Catherine Parr, haben sie uns eingeladen, dort zu bleiben, solange wir wollten. Wir konnten mit allen Leuten sprechen, die sich um den Erhalt und der Restauration der Raeume kuemmern (ich glaube, dabei habe ich das einzige Gespraech mit einem Menschen gefuehrt, der voellig zweifelsfrei davon ueberzeugt war, sich taeglich um einen Geist zu kuemmern) und ueberall rumrennen, rumgrabschen, rumriechen.
    Es war eine unvergessliche Zeit - am liebsten wuerde ich behaupten, ich schriebe noch eins, und betteln, dass ich noch mal kommen darf.


    ABER: Es gibt auch noch eine Moeglichkeit, denn zum Besitz Sudeley gehoeren eine Reihe wundervoller Cottages (eines davon das aelteste in ganz Gloucestershire), die man mieten kann. Zwar liegen die momentan ausserhalb meiner finanziellen Moeglichkeiten, aber vielleicht schreib ich ja irgendwann doch noch mal den Knueller, dann miet' ich die alle, und wir feiern da eine Party in Heini-Kostuemen, okay?


    Wer's sich leisten kann, dem moecht' ich's waermstens empfehlen. Winchcombe ist eines der am schoensten erhaltenen mittelalterlichen Doerfer Englands, die Landschaft ist bezaubernd, und Sudeley ist eben Sudeley. (www.sudeleycastle.co.uk )


    Alles Liebe von Charlie

  • Danke für die Infos und den Link :-)


    Da kann man sogar heiraten. Aber auch das kostet wahrscheinlich ein Vermögen (für Liz Hurley dürfte das kein Problem gewesen sein *g*)


    Schon die Website lädt zum Träumen ein :-)


    Edit: Gerade mal geschaut, was so ein Cottage kostet. Zwischen 300 und 400 Pfund pro Woche. Wir können ja alle zusammenschmeißen. Eulentreffen bei Heini *g*

  • Zitat

    Original von Charlie
    Den Englaender in Dir hattest Du uns ja schon gezeigt - hier zeigt sich nun der Italiener in Dir.
    Das ist fuer mich eins der lustigsten Phaenomene ueberhaupt: Wenn ich in England oder Deutschland ein Henry-Buch rumliegen lasse, kommt prompt von irgendwem: "Ach - der mit den sechs Frauen."
    In Italien dagegen kann ich auf "Ach - der mit den sieben, acht oder neun Frauen" wetten.


    :lacht


    Nunja, auf eine mehr oder weniger kommt es bei der Menge ja nicht an...


    [SIZE=7]Sagt eine, die demnächst auch das zweite mal heiratet...[/SIZE]

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Au ja, Bouquineur!!!
    Ich komm als Heini, und ihr alle als seine Frauen.
    Wie Caia schon sagt: Auf eine mehr kommt's nicht an - Heini freut sich!


    Alles Liebe von Charlie

  • Vielleicht liebte Henry Jane ja besonders wegen ihrer Normalität und vielleicht hatte sie auch deshalb eine mässigende Wirkung auf ihn. Ihr Tod erfüllt aber auch alle Umstände, die zu einer späteren Idealisierung beitragen konnten.