'Die zwölfte Nacht' - Seiten 365 - 468

  • Und dann muss man auch noch bedenken, was wir heute fuer Massen von Literatur zum Erlernen von Sprachen zur Verfuegung haben.
    Und wie karg die Auswahl damals war.


    Etwas platt koennte man sagen: Dante ist der Lernschmoeker des 16. Jahrhunderts.


    Alles Liebe von Charlie

  • Die achte Nacht
    Anne zeigt zum ersten Mal einem ihrer Kinder gegenüber wieder etwas mehr als Gleichgültigkeit, auch wenn es nur kurz ist. Sie entschuldigt sich bei der Tochter für ein Leben als Frau in einer Zeit, die Frauen nur über ihre Männer definiert und zur Machtlosigkeit verurteilt. Mir kommt Anne wie jemand vor, der seiner Zeit weit voraus war und über die geringen Möglichkeiten die ihr gegeben waren einfach nur frustriert und verbittert wurde. Auch wenn sie zur Giftnudel mutiert, ich kann sie einfach nicht verurteilen.


    Dass die prüde Mary Spielschulden hat und gern mal auf muskulöse Männer setzt hat mich auch schmunzeln lassen. So ist das halt mit der Bigotterie. :grin


    Das erste Mal wird genauer auf Henrys verletztes Bein eingegangen. Keine sehr appetitliche Sache, aber woher stammt dieses Geschwür eigentlich? Sowas kommt doch nicht einfach so. Natürlich kann ich auch verstehen, dass einem solche ständige Schmerzen, verbunden mit der Unpässlichkeit sehr ans Gemüt gehen können. Und wenn man dann eh schon ein wankelmütiger Geist ist...
    Gewundert hat mich Henrys Mahnung, der Königin nichts zu erzählen. Wenn er mit ihr "das Bett teilt" muss ihr das doch auffallen. Oder hat der König sich dafür nur partiell entkleidet? Wenn Henry nun mit seinem Weibi durch den Norden zieht, sollen Cranmer, Edward und Dudley dafür sorgen, dass die Scheiterhaufen nicht kalt werden. Ein erneuter grausamer Einfall des Königs, der einen aber im Zusammenhang mit dem Spruch von Seite 379 nachdenklich macht: "Wer eine Krone erbt, hat keinen Freund, das hat man Uns in zartem Alter eingeschärft." Obwohl er zwar nicht der erste Thronanwärter war hat er diese Nachricht doch sehr wohl mit auf den Weg bekommen. Verlangt Henry deshalb ständig Beweise der Treue auch oder gerade wenn sie den "Freunden" so schlimmes abverlangen? Ich habe das Gefühl, Henry muss ein sehr einsamer Mann gewesen sein und Cranmer hat das wohl als einer der Wenigen verstanden, auch wenn er ihn deshalb nicht weniger gefürchtet hat.


    Katharine Howard geht fremd. Das kann man einer 19-Jährigen die das Bett mit diesem Koloss von König teilen muss zwar nicht verdenken, aber sie macht es zu unvorsichtig. Es wundert mich auch, dass die Familie Howard, die doch sonst nichts dem Zufall überlässt, da nicht strenger drauf geachtet hat. Ihnen hätte klar sein müssen, dass ein solches Verhalten ihren Untergang herbeiführt. In diesem Zusammenhang verschafft sich Cathie das erste Mal Luft im Bezug auf Toms Affären. Sie kann viel ertragen, aber wenn man ihn jetzt für diese Affäre töten würde, hätte sie ihm das nie verziehen. Zum Glück hat Tom sich nicht so weit gewagt.


    Tom hat mich in dieser Szene auch sehr beeindruckt. Obwohl es um eine "Feindin" geht, eine Howard, eine Papistin, sieht er in ihr nur eine kleine dumme Gans (die sie vermutlich auch ist) und weigert sich sie zu opfern im Gegensatz zu Edward. Das bestätigt mir den Eindruck den ich bisher von Tom habe. Er ist kein Mann von Dogmen, ihm ist es eigentlich egal ob Reformer oder Papisten, er ist ein Mann der seinem Gewissen folgt und das lauthals verteidigt was er für richtig und sein Recht hält. Hat er keine Angst vor den Folgen oder denkt er einfach gar nicht erst an sie...?


    Die Szenen mit Elizabeth waren sehr interessant (ich habe vor kurzem den Zweiteiler über ihr Leben mit Helen Mirren in der Hauptrolle gesehen, absolut genial fand ich, DVD hab ich mal unten angehängt). Auf mich machte sie spontan auch den Eindruck eines sehr starken und sturen Geistes der sich selbst verbietet schwach und eigentlich "Kind" zu sein. Durch welche Eingebung auch immer, sie sieht sich als die eigentliche Erbin des Vaters und sehnt sich nach einer Chance ihm das zu beweisen. Sie liebt Edward der sie mit Schriften versorgt, verachtet ihn auf der anderen Seite aber auch manchmal für seine Schwäche und weil er nicht für sie kämpft. Ich war überrascht, dass sie mit 8 schon französisch und griechisch spricht (und übersetzen kann) und hab schon überlegt, ob sie wohl ein hochbegabtes Kind mit hohem IQ war? Oder war das für Königskinder in diesem Alter wirklich normal? :wow


    Ha! Gut, dass ich das Video gestern Abend geguckt hab. Ich hab das Ohrstäbchen entdeckt! *kräh* Und genau das durftest Du mal anfassen Charlie?
    Dafür hab ich aber übrigens beim besten Willen keine melkenden Mädchen in diesem Abschnitt entdeckt. Kann mir da mal jemand auf die Sprünge helfen?


    In Portsmouth hätte Tom es nun beinahe endlich geschafft als Ketzer verhaftet zu werden. Edward hat tatsächlich mal was gesagt und ist dazwischen, aber ohne das Eingreifen von Carew hätten beide wohl alt ausgesehen. Toll von ihm, dass er geholfen hat obwohl ihm das vielleicht auch mal schaden könnte, der Mann hat Courage.


    Es ist wieder Zwölfnacht und es geschieht das, womit so viele seit Jahren rechnen... Lord Latimer ist zu Ende gestorben. Für ihn war es bestimmt auch eine Erlösung. So viele Enttäuschungen in seinem Leben und die letzten Jahre nur noch als Pflegefall vor sich hinvegetiert. Eine glanzlose aber nicht unbedeutende Figur in diesem Roman. Der Weg für Cathie und Tom scheint frei...


    Die neunte Nacht
    Alles scheint sich zum Guten zu wenden. Cathie und Tom sind auf Wulf Hall und warten nur darauf, dass das Trauerjahr endlich vorüber ist. Vor allem Cathie erfreut sich an der Einfachheit des Lebens dort, will von Margery lernen, wie man Toms Lieblingsspeise kocht um ihm und auch sich selbst wirklich ein Heim zu geben. Derweil gesteht Tom ihr, dass er eigentlich gar nicht wirklich an Gott glaubt, denn er kann nur glauben was er auch sehen kann. Sein Kampf gilt nur der Freiheit das denken, lesen und sagen zu dürfen was er will. Cathie erzählt ihm vom ungläubigen Thomas und nimmt Tom schließlich doch mit in ihr Bett, auch auf die Gefahr hin noch im Trauerjahr schwanger zu werden, um ihm zu zeigen, was Liebe wirklich bedeute. Ein schöner Abschnitt, der den Leser umso mehr schmerzt, da er weiß, was kommen muss.


    Als Anne von Dursley von der schon als sicher geltenden Hochzeit zwischen Tom und Cathie erfährt fällt sie aus allen Wolken. Der Gedanke, Tom könnte mit einer anderen wirklich glücklich werden ist ihr unerträglich und sie stellt Edward vor eine grausame Wahl (die ich allerdings schon länger erwartet hatte): Er soll sich entscheiden zwischen ihr und seinem Bruder. Wie wird der schwache Edward sich entscheiden? Der Brief den er Tom schreibt verlangt zwar "keine Unzucht" mehr unter seinem Dach zu treiben, aber das ist vermutlich eher proforma um Anne einstweilen ruhig zu stellen.


    Die neun tanzenden Damen dieses Weihnachtsverses hab ich in den 9 Geistesfrüchten erkannt, über die Elizabeth so angestrengt nachdenkt. Rührend die Szene, als sie Cathie, Tom und Klein-Edward beobachtet und auch so gerne Teil davon wäre. Bereits aus der Ferne fühlt sie eine Verbundenheit zu Cathie.


    Tom nimmt Cathie mit an den Hof um sie immer bei sich zu haben, was für ein fataler Fehler das ist, wird sich ihm erst später erschließen. Als der König Cathie, die ihre Ketzerbibel ständig offen bei sich trägt, und Nan zu sich rufen lässt, befürchtet Letztere schon an das Schlimmste. Jedoch, sie sollen sich lediglich um den Thronfolger kümmern, der zu seinem eigenen Schutz aus der pestverseuchten Hauptstadt nach Wulf Hall gebracht wird. Wie sich herausstellt ist auch diese "Berufung" einer Empfehlung Toms zu verdanken. Wie sehr muss er sich später darüber gegrämt haben. Cathie hat bei diesem Gespräch mit dem König gezeigt wie stark und ruhig sie sein kann. Sie bekennt sich offen zu ihrem Glauben obwohl sie weiß, dass er sie dafür auf den Scheiterhaufen bringen könnte. Offenbar ist es genau diese offene Ehrlichkeit, die Henry beeindruckt. Vielleicht erinnert sie ihn an seine geliebte Janie?


    Als alle schließlich in Wulf Hall sind, nimmt die Geschichte ihren Lauf. Henry beobachtet das gute Verhältnis zwischen Edward und Cathie und hält sie für eine passende Mutter und gute Königin. Er macht ihr unvermutet einen Antrag und den Schwächeanfall den sie darauf erleidet, deutet er als Zustimmung (sie sinkt ihm ja sozusagen in die Arme). Es ist tragisch, dass Cathies Schicksal in diesem Moment besiegelt wurde. Ich glaube auch, dass es ihr nicht möglich gewesen wäre "Nein" zu sagen. Selbst wenn Henry sie danach hätte leben lassen, eine Heiratserlaubnis hätte Tom von ihm dann niemals bekommen (oder schlimmer, bei der Bitte danach hätte er vermutlich Tom töten lassen).


    Cathie fühlt sich wieder in die gleiche Situation versetzt wie in ihren ersten beiden Ehen. Sie ist machtlos und muss ertragen was über sie kommt. Cranmer und Edward versuchen mit ihr zu reden, ihr zu sagen, was sie jetzt alles gutes für sie und ihren Glauben tun könnte. Sicher ist es nicht einfach für Cathie in diesem Moment an das Glück anderer zu denken. Aber da sie ja sowieso keine andere Möglichkeit hat, nimmt sie diese Herausforderung an und versucht das Beste daraus zu machen


    Ich leide mit Tom. Kurz vor der Erfüllung seiner Träume wird ihm die einzige Frau die er je geliebt hat von dem Mann genommen, den er auf der Welt am meisten hasst. Und das schlimmste ist für ihn wohl, dass er sich selbst als den Schuldigen sehen muss. Hätte er Cathie nicht mit an den Hof genommen, hätte er sie nicht dem König als Betreuerin für Edward empfohlen. Hoffentlich treibt ihn das nicht in den Wahnsinn (und noch größere Unvorsichtigkeiten). Denn ich glaube, wenn ihm etwas passiert, ist Cathie nicht mehr in der Lage, ihr Schicksal so zu erdulden.


    Ich freue mich sehr auf die noch folgenden 3 Nächte, da ich hoffe nun noch etwas mehr über Henrys menschliche Seite zu erfahren (das fing ja in dieser "Nacht" schon an), da Cathie ihm ja jetzt so nahe ist. Bisher kannte man ihn nur als den willkürlichen Herrscher aus der Ferne.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Ich koennte immer Deine gesamte Zusammenfassung zitieren und hinter jeden Abschnitt "stimmt", "stimmt", "stimmt" schreiben, so schoen finde ich die und bin platt davon, wie gut Du in meine Figuren kriechen kannst.


    Woher dieses Geschwuer von Henry kam, das uebrigens fuer seine Naechte mit der huebschen jungen Ehefrau sorgfaeltigst umwickelt werden musste (gemerkt hat sie's sicher trotzdem - es stank ja auch), weiss man bis heute nicht. Viele Theorien gibt es. Die Syphillis-Version erscheint mir wenig wahrscheinlich, ich denke eher an eine alte Verletzung mit schlechter Wundheilung durch eine Schilddruesenerkrankung. Auch eine Tumorerkrankung waere denkbar oder eine zum rheumatischen Kreis zaehlende Erkrankung.


    Zu den Milchmaedchen komm' ich am Ende!


    Jaaa, das Ohrenstaebchen durfte ich nach hingerissenem Anstarren in die Hand nehmen. Mein Herz rast immer noch, wenn ich daran denke.


    Alles LIebe von Charlie

  • Ich fühle mich den ganzen Figuren auch irgendwie sehr nahe beim Lesen und bin wirklich begeistert wie Du es schaffst, beim Leser solche Empfindungen zu erzeugen. :anbet


    Dann ist das Bein also eins von Henrys vielen Geheimnissen.


    Bin ja mal gespannt was es mit den Milchmädchen noch auf sich hat. Ich lese gleich eifrig weiter. ^^

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Bouquineur



    Ich bin immer wieder erstaunt, dass das nahe Umfeld der beiden deren Beziehung so selbstverständlich hin nimmt. Keine Empörung, keine Entrüstung. Als wäre es das Selbstverständlichste, dass diese beiden zusammengehören. Die beiden selbst verstecken sich und ihre Gefühle nicht. Haben die keine Angst, dass ihren das zum Verhängnis wird?


    Ich glaube das liegt daran, dass alle aus dem Umfeld immer wieder die Sorge haben, dass sich Tom irgendwann zuweit aus dem Fenster lehnen könnte und sehen Catherine als einen Gegenpart zu ihm, der ihn in Zaum halten kann und daher letztlich die Alternative sich darüber zu empören gefährlicher wäre.
    Wobei ich aber nicht glaube, dass sie es nur aus einem so utilitaristischen Blickwinkel sehen, sondern es den beiden auch gönnen und es sich dabei um eine seit Kindestagen gewachsene Beziehung handelt, die für den Kreis letztlich Normalität wurde.



    Die Lage rund um Katherine Howard:
    Da zeigt sich ein deutlicher Widerspruch zwischen dem unzertrennlichen Brüderpaar. Als Leser waren wir ja schon dabei, als Edward noch zauderte, was er mit der Information machen solle. Wenn ich es jetzt nicht überlesen habe, waren dort aber vor allem Zweifel im Vordergrund, ob dieser Vorwurf nicht auf sie selbst zurückfallen könne, die dem König diese Information zukommen lassen. Die Folgen für Katherine sind der Stein des Anstoßes bei Tom.


    Und Elizabeth tritt auf. Wie eine achtjährige erschien sie mir jetzt nicht unbedingt. Trotzdem war es interessant ihre Gedanken zu den einzlenen Personen zu erfahren und zu sich selbst. Vor allem ihre Gedanken, dass sie jemand anderes für ihre Sache bräuchte, da wenn sie nur auf Edward setzte, dies so sei, als wenn sie ein Schiff im Schilf vertaue.

  • Elizabeth war nachweislich hochbegabt und fruehreif. Sie uebersetzte mit acht Jahren in drei Sprachen und wieder zurueck, verfasste theologische Traktate und Briefe, die wie literarische Erzeugnisse klingen.
    Ein unglaublich begabtes Kind.
    Was mich fasziniert - weil mir die erwachsene Herrscherin Elizabeth nie sonderlich intelligent vorgekommen ist. Relativ clever schon, aber an keiner Stelle so, als sei sie in der Lage, die enorme Bildung, die sie mitbekommen hat, und ihre Lebenserfahrung zusammenzubringen und zu verwerten.
    Das ist aber nur meine subjektive Ansicht, versteht sich.


    Was Du zu Katharine Howard und zum Tolerieren der Beziehung schreibst, unterschreibe ich unbedingt. Es gab zu der Zeit im Umfeld des Hofes uebrigens mehrere solcher Beziehungen, um die praktisch jeder wusste oder zu wissen meinte, die in Gedichten besungen wurden und gegen die niemand einschritt.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie
    Elizabeth war nachweislich hochbegabt und fruehreif. Sie uebersetzte mit acht Jahren in drei Sprachen und wieder zurueck, verfasste theologische Traktate und Briefe, die wie literarische Erzeugnisse klingen.
    Ein unglaublich begabtes Kind.


    Danke für die Info, genau dabei habe ich nämlich auch gestutzt ;-)


    Was ich mich bei Tom immer wieder frage, wenn er so gerade heraus ist und sich nicht darum schert, wer zuhört und ihm im wahrsten Sinne des Wortes einen Strick draus drehen könnte: Ist es ihm egal oder hat er doch ein ganz besonders feines Gespür dafür, wo die äußerste Grenze ist, oder ist er einfach nur dumm (im Sinne von "Mir kann nix passieren")??

  • Diesen Teil habe ich eben auch beendet und nun möchte ich euch meine Eindrücke schildern. Es ist ja wieder so einiges passiert.


    Hui, als raus kam das die fünfte Frau von Henry, sagen wir mal, ein offenes sexuelles Verlangen hatte, wusste ich schon das jetzt Ärger kommt. Und dafür musste sie sterben. Das finde ich wirklich heftig, wenn man bedenkt das seine zweite Frau auch hingerichtet wurde.
    Es war schon richtig, es Henry zu sagen, denn wenn es dann irgendwann zufällig herausgekommen wäre, wären sicher noch mehr Menschen gestorben. Trotzdem finde ich es erschütternd. Sie war noch ein halbes Kind, wenn man es so sieht. Sie hat sich jedenfalls wie eines verhalten. Sie hätte doch damit rechnen müssen, dass das irgendwann auffliegt. Was hat sie sich nur dabei gedacht?


    Das Tom Gewissensbisse hatte, kann ich auch sehr gut nachvollziehen. Schließlich musste er mit seinen Männern in ihr Gemach eindringen und ihr den schmuck abnehmen. Das ging sicher nicht ohne Gewalt.


    Das Edward, Cramner und Dudley den König sozusagen vertreten sollten, fand ich auch nicht ohne. Das wohl eine Überprüfung ihrer Loyalität.
    Aber irre ich mich jetzt, oder stand im Roman dann nichts mehr dazu, wie alles ablief? Ob sie zum Beispiel in seiner Abwesendheit wirklich Hinrichtungen befehligt haben? Irgendwie kann ich mich jetzt nicht mehr daran erinnern, ob etwas dazu stand. *schäm*


    Die kleine Elizabeth erinnert mich ein wenig an Cathie, als sie noch klein war. Und irgendwie auch an Tom. Stur, dickköpfig, wissensdurstig und tapfer. :-) Und sie ist sehr einsam. Sie braucht eine Mutter, die sie liebt und sie unterstützt. Sie hat sich selbst als Hurenkind bezeichnet. Es muss schwer sein, so zu leben.


    Als Henry Cathie einen Antrag gemacht hat, hätte ich am liebsten laut aufgeschrieben und geweint. Nach so langer Zeit ist sie endlich frei und breit dafür ihren Tom zu heiraten – und nun das.
    Sie hat ja nicht einmal ja gesagt. Ich nehme an, ihr ist schwarz vor Augen geworden und ist gegen Henry gefallen, was der als Zustimmung gesehen hat. Ich schätze, er hätte auch ein „Nein“ nicht akzeptiert. Er hätte dann problemlos dafür sorgen können, dass sie hingerichtet wird – immerhin trät sie eine Ketzer- Bibel bei sich. So einfach ist das.


    Allerdings stellt sich mir jetzt eine Frage in mir auf. Ich spoilere sie vorsichtshalber mal, weil ich ja durch Recherchen zu dem Wissen gekommen bin, und niemanden damit eine Nachricht an den Kopf knallen will, die der jenige noch nicht weis…



    Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie es weiter geht.

  • Zitat

    Original von Bouquineur


    Als der König Tom berichtet, dass Catherine Ehefrau Nr. 6 wird, konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten. Die Szene, in der er den Hof verlässt, sich nicht einmal mehr umschaut, brach mir beim Lesen das Herz. Ich hätte zu gerne gewusst, was er in diesem Moment fühlt, aber auch diesmal sehen wir das Erlebte nicht aus seiner Sicht.


    So erging es wohl allen Lesern. Ich hätte Henry am liebsten den Kopf abgerissen. :-(



    Zitat

    Original von Bouquineur


    Vollzieht sich ein Wandel in Edward? Haben Annes Bemühungen nun Früchte getragen? Anne, die verlangt, er solle sich zwischen ihr und seinem Bruder entscheiden? Edward, der die große Sache über das Lebensglück seines Bruders stellt. Wird das die Brüder entzweien?


    Diese Frage stelle ich mir auch. Ich hoffe das die Beiden nicht durch die Missgunst dieser Frau entzweit werden.


    Zitat

    Original von Charlie


    Zum anderen geht aus Catherines Briefen aber eben auch deutlich hervor, dass sie - nach anfaenglicher grosser Verzweiflung - diese Ehe als ihre von Gott gestellte Aufgabe annahm. Sie konnte in diesen Jahren nicht nur etliche Reformerleben und vermutlich mindestens die halbe Universitaet von Cambridge sowie das Fundament ihrer Kirche retten, sondern auch die Erziehung und Ausbildung zweier Thronfolger massgeblich praegen. Ihr Opfer war nicht nutzlos.


    Das stimmt auch wieder. Wer weis, wie unserer welt aussehen würde, wenn es nihct so gekommen wäre.
    Ein Hoch auf Cathie! Die Frau ist so tapfer und mutig. :anbet


  • Da bin ich schon sehr gespannt, wie sich das weiter entwickeln wird. Das Edward sogar einen Brief an Tom geschrieben hat, indem er ihn verbietet auf seinen Länderein Unzucht mit Catherine zu treiben, war für mich ein deutlicher Wendepunkt im Verhältnis der beiden zueinander. Da wird wohl Anne dahinterstehen und Edward scheint vor ihr mehr Angst zu haben als vor Tom.


    Wie schnell Edward und Cranmer das positive in der Ehe Catherines mit Henry in den Vordergrund stellen hat mich auch überrascht. Nicht so sehr bei Cranmer, der auch den Ansatz hat, dadurch Catherine zu helfen, da sie erkennen soll, was sie damit bewegen kann.
    Bei Edward, waren zuletzte die Zweifel Janie geopfert zu haben groß und ständig vorhanden. Plötzlich mit dem Gedanken "Aber Catherine wird nicht sterben" wegzuwischen, gerade wo sich die Willkür Henrys vermehrt hat, finde ich wieder eine Schwäche von Edward.


    Auch Henry war wieder im Bild. Heut hat es mich ja eh schon geschreckt, wo er plötzlich iZm mit den aktuellen Problemen in der anglikanischen Kirche in den Nachrichten erwähnt wurde.
    Seine Reaktion auf die Bibel bei Catherine war interessant. Wobei ich mir nicht sicher bin, wie viel man da hineininterpretieren kann. Vor allem, ob er sie zu dem Zeitpunkt bereits als Frau im Auge hatte, könnte fraglich sein, ob man das wirklich als überraschende Milde in seinem Wesen interpretieren darf, oder ob ihm auch einfach an diesen Verboten gar nicht viel liegt.


    Die Szene des Antrags war wieder göttlich. Wo sich Catherine nicht sicher ist, ob er in Ohnmacht fiel, als er vor ihr auf die Knie geht. :rofl

  • Ja, wenn man hier wohnt, ist Henry ueberhaupt sehr praesent. Man kann nicht fuenfzehn Minuten durch die Stadt gehen, ohne dass er einen von irgendwoher ansieht oder erwaehnt wird oder man auf ein Wort aus seinem Umkreis stoesst. Die Deutschen haben ihn ja mal zum "Gesicht Englands" gewaehlt, und ich finde das treffend - jedenfalls ist enorm, wie er und seine Tochter das Gesicht Englands gepraegt haben.


    Dass Edward versucht, sich schnell etwas schoen oder zumindest ertraeglich zu reden, sehe ich auch so. Er waere sonst gezwungen zu handeln, und das schafft er nicht.
    Der Bruch ist an dieser Stelle vollzogen.


    Leseratte, was Du recherchiert hast, ist richtig!
    Sie schaffen's noch.


    Ja, Katharine Howard war ein halbes Kind, ein Teenager. Es ist ein so sinnloser Tod.


    Alles Liebe von Charlie

  • Katherine Howard muß doch gewußt haben, was passieren kann, wenn sie den König betrügt. Auch wenn ich verstehe, daß ihr neben dem fetten alten Mann im Bett wahrscheinlich schlecht geworden ist.


    Ich habe ja so meine Überlegungen angestellt, ob Elizabeth nicht Toms Kind sein könnte. Nicht nur wegen der roten Haare, auch wegen der Ähnlichkeit im Wesen. Aber Anne Boleyn war Henry sicher immer treu, oder?

  • Die Theorie finde ich jedenfalls spannend - auf die waere ich nicht gekommen.
    Das Rot bei Elizabeth ist aber das beruehmte "Tudor-Rot", das wesentlich karottiger ist. Das in der Seymour-Familie gelegentlich auftauchende Dunkelrot stammt meiner privaten Ansicht nach von bretonisch-keltischen Einkreuzungen, aber wie gesagt, das sind so meine privaten Spielereien, nichts verbuergtes.


    Auch wenn's nicht wahrscheinlich ist, Jane - tolle Idee. Will nicht einer einen Roman darueber schreiben?


    Katharine Howard hat sich in der Tat alles andere als intelligent verhalten. Aber das finde ich so besonders traurig: Sie war nur ein wenig intelligentes, etwas leichtlebiges Maedchen, wie es Tausende gibt. Ich stelle sie mir einigermassen nervtoetend und duemmlich vor - aber dafuer muss man ja nicht sterben.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie


    Leseratte, was Du recherchiert hast, ist richtig!
    Sie schaffen's noch.


    Puh, da bin ich aber froh, dass ich das nicht falsch in Erinnerung hatte.
    Ich wünsche es den beiden von Herzen! :-)

  • Na ja ... stellen wir uns mal nicht samt unserem Licht unter den Scheffel. Das, was wir heute als wissenswert betrachten, ist ein unuebersehbares Feld geworden.
    Zu der Zeit, in der Edward und Elizabeth Petrarca lassen, galt es z.B. noch als voellig in Ordnung, wenn man nicht wusste, dass ausser dem eigenen noch andere Kontinente existierten. Es musste auch niemand wissen, wie man einen Computer bedient. Geschweige denn, dass Krankheiten genetische Ursachen haben koennen, dass Tierarten bereits ausgestorben sind oder dass E das gleiche ist wie m mal c zum Quadrat.


    Alles Liebe von Charlie

  • ich wollte noch meine bunten Zettelchen (ich muss wirklich mal ein Foto machen!) durchgehen und ein paar Eindrücke schildern:


    Seite 370 lässt gut erkennen, wie verbittert Anne ist, dass sie ihre gerade erst geborene Tochter gern ertränken würde, damit diese sich nicht den Männern wird beugen müssen. Ich schwanke zwischen Mitleid und Ekel vor Anne.



    Auf Seite 378 jammert Edward mal wieder. Irgendwie kann ich Henry verstehen, dass er zwar von ihm abhängig war, Tom aber auf seine Art lieber mochte. Ich kann solche weinerlichen Typen auch nicht ausstehen...



    Ab Seite 425 sind Cathie und Tom endlich wieder auf Wulff Hall. Ich fand die Stelle wunderschön, wo beschrieben wird, wie Lady Margery am Herd steht und Pottage kocht: hiervon noch ein bißchen und dieses Gewürz (Wikipedia sagt: Ingwer war im dt. Sprachraum schon im 9. Jh bekannt :wow) und ein wenig Milch... und dann dieser ausgetretene Steinfussboden. Das wirkt so unglaublich gemütlich. Hach, da hätte ich mich auch wohl gefühlt und mich gern mit zu der Küchenrunde gesellt.


    Den Spruch "Wer zwischen zwei Stühlen sitzt, dem geht der Arsch auf Grund." muss ich mir unbedingt merken! :lache



    Auf Seite 438 streiten Tom und Cathie über Anne Stanhope. Sie fragt, warum Anne Tom so hassen würde. Er tut es erst mit deren bösen Art ab aber Cathie bort weiter und errät, dass Anne einmal in Tom verliebt war. Ich glaube, Tom war sich wirklich nie bewusst, was er eigentlich so angerichtet hat, bis zu diesem Moment. Das Cathie ihm das so verzeiht, erstaunt mich immer wieder - aber das schrieb ich ja schon. Ich mag einfach nicht glauben, dass das nun einmal so war und das Frauen das einfach so akzeptierten.

  • Zitat

    Original von Queedin
    Ab Seite 425 sind Cathie und Tom endlich wieder auf Wulff Hall. Ich fand die Stelle wunderschön, wo beschrieben wird, wie Lady Margery am Herd steht und Pottage kocht: hiervon noch ein bißchen und dieses Gewürz (Wikipedia sagt: Ingwer war im dt. Sprachraum schon im 9. Jh bekannt :wow) und ein wenig Milch... und dann dieser ausgetretene Steinfussboden. Das wirkt so unglaublich gemütlich. Hach, da hätte ich mich auch wohl gefühlt und mich gern mit zu der Küchenrunde gesellt.


    .


    Ich auch!


    Dass Frauen des 16. Jahrhunderts die Untreue des Partners (wobei es in diesem Fall ja um eine "Jugendsuende" geht, die mit der Beziehung nichts zu tun hat) einfach hinnehmen, glaube ich auch nicht - und das habe ich auch nicht sagen wollen. Shakespeare haette so intensive, bis heute nachvollziehbare Dramen ueber die Spielarten von Eifersucht schliesslich nicht schreiben koennen, wenn wenige Jahrzehnte zuvor dieses Gefuehl keine Rolle gespielt haette. Auch Texte aus der Zeit behandeln das Thema immer wieder, wenn auch zumeist aus maennlicher Sicht. Anne Boleyn werden eifersuechtige Ausbrueche nachgesagt.


    Ich bin fuer mich aber zu dem Schluss gekommen, dass Catherine irgendwann fand: Es gibt Schlimmeres. Und dass sie die Art von Treue, die Tom ihr hielt (er hat nie geheiratet), annehmen konnte.
    Da das Thema aber mehrfach angesprochen wurde, moecht' ich hier mal was gestehen, und hoffe, ihr moegt mich hinterher noch:
    Ich finde das selbst nicht so schlimm. Mir liegt diese Art von Eifersucht (vermutlich Kind der 68er Generation ...) ein bisschen fern. Vielleicht habe ich mich deshalb mit dieser Seite von Catherines Gefuehlen nicht genug beschaeftigt? Ich halte das durchaus fuer moeglich und werde es im Hinterkopf behalten.


    Euch allen einen schoenen Sonntag!
    Alles Liebe von Charlie