'Die zwölfte Nacht' - Seiten 365 - 468

  • Achte Nacht:


    Edward "steckt" Dem König, dass seine Königin kein so unschuldiges kleines Röslein ist, sondern es Faustdick hinter den Ohren hat. Catherine Howard landet wegen Verrates auf dem Schafott. Ob der König Edward für dessen Ehrlichkeit bestrafen wird?


    In diesem Abschnitt bekommt Elisabeth erstmalig eine Stimme. Ein kleines Mädchen mit einem unbändig starken Willen, eine Kämpfernatur. Ich hoffe, dass ich in den folgenden Abschnitten mehr von ihr lesen werde. Sie wird es sein, die England in die neue Zeit führt. Wer hätte das damals gedacht. Ein "nutzloses" Mädchen, das die Welt das fürchten lehren wird.


    Ich würde gerne Catherines Buch lesen, von dem ich weiß, dass sie es später schreiben wird. Ihre Gebete, ihre Gedanken. Diese Frau fasziniert mich.


    Ich bin immer wieder erstaunt, dass das nahe Umfeld der beiden deren Beziehung so selbstverständlich hin nimmt. Keine Empörung, keine Entrüstung. Als wäre es das Selbstverständlichste, dass diese beiden zusammengehören. Die beiden selbst verstecken sich und ihre Gefühle nicht. Haben die keine Angst, dass ihren das zum Verhängnis wird?


    Und wieder eine Zwölfte-Nacht-Feier, auf der Catherine und Tom sich wiedersehen. Welch wunderschöner Satz, den Charlie hier schreibt: Toms Gesicht, wenn er lachte, war ein erhörtes Gebet.
    Wer von uns sehnt sich nicht nach so einer Liebe?


    Neunte Nacht


    Catherines Mann stirbt und schon während des Trauerjahres macht Tom ihr auf Wulf Hall einen Antrag, den sie annimmt. Das Glück scheint nach so vielen Jahren zum Greifen nahe.
    Warum ist Catherine nicht auf Wulf Hall geblieben? Wäre sie Tom nicht an den Hof gefolgt, wäre der König wahrscheinlich nie auf sie aufmerksam geworden. Nachdem er sieht, wie sie mit Edward umgeht, macht er ihr einen Antrag. Dass sie ablehnen könnte, ist für ihn offenbar undenkbar. Kann man den Antrag eines Königs überhaupt ablehnen?


    Als der König Tom berichtet, dass Catherine Ehefrau Nr. 6 wird, konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten. Die Szene, in der er den Hof verlässt, sich nicht einmal mehr umschaut, brach mir beim Lesen das Herz. Ich hätte zu gerne gewusst, was er in diesem Moment fühlt, aber auch diesmal sehen wir das Erlebte nicht aus seiner Sicht.


    Edward, der sich nicht verziehen hat, seine Schwester für die große Sache geopfert zu haben, sich das immer vorgeworfen hat, hat offenbar keine Bedenken, Catherine der großen Sache zu opfern. Er sieht seine Chance, dass sie die Kinder Elisabeth und Edward nach den neuen Lehren erzieht und den König ebenfalls auf die Seite der neuen Zeit zieht.


    Vollzieht sich ein Wandel in Edward? Haben Annes Bemühungen nun Früchte getragen? Anne, die verlangt, er solle sich zwischen ihr und seinem Bruder entscheiden? Edward, der die große Sache über das Lebensglück seines Bruders stellt. Wird das die Brüder entzweien?


    Ich bin nach diesem Abschnitt genauso erschlagen, zerrissen und erstarrt wie Catherine.

  • Ich habe gerade diesen Abschnitt beendet und bin über das Datum der Hochzeit zwischen Cathie und Henry gestolpert. Die beiden hätten heute ihren 465. Hochzeitstag. :blume


    Eigentlich wusste ich ja, dass Cathie noch die 6. Ehefrau des Königs wird. Trotzdem taten mir Tom und Cathie so leid, als Henry einfach so den Wunsch äußerte, dass er eine Gefährtin braucht und Edward und Elisabeth halt jemanden, der ihre Bildung auswählt. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert.


    Bouquineur :
    Vermutlich wäre ein Ablehnen dem Hochverrat gleichgekommen. Dann wäre Cathrine direkt Anne und "der Dummen" gefolgt.

  • Das ist definitiv moeglich - Henry lehnte man nicht ab.


    Zum anderen geht aus Catherines Briefen aber eben auch deutlich hervor, dass sie - nach anfaenglicher grosser Verzweiflung - diese Ehe als ihre von Gott gestellte Aufgabe annahm. Sie konnte in diesen Jahren nicht nur etliche Reformerleben und vermutlich mindestens die halbe Universitaet von Cambridge sowie das Fundament ihrer Kirche retten, sondern auch die Erziehung und Ausbildung zweier Thronfolger massgeblich praegen. Ihr Opfer war nicht nutzlos.


    Ich schliesse mich Dir also an, Sally und gratuliere Cathie und Heini zum Hochzeitstag, trotz allem.


    Bouquineur, die Texte von Catherines Buechern sind noch erhaeltlich, wenn auch vermutlich nicht ganz einfach. Ich habe eine recht alte Studienausgabe. Wenn du die Texte in Deutschland nicht bekommst, mache ich Dir Kopien!
    Der Charme, den die Texte hatten (Catherines "Prayers and Meditations" darf getrost als Bestseller seiner Zeit betrachtet werden), laesst sich fuer uns heute nur noch schwer nachvollziehen, aber fuer die Zeitgenossen waren sie eine Wohltat, eine Offenbarung: Gebete fuer Menschen. Einfache Bruecken, auf denen jeder, der es wollte, selbst einen Weg zu Gott suchen konnte.


    Alles Liebe von Charlie

  • Ach Charlie, das wäre super lieb von Dir :knuddel1
    Ich hab schon das halbe Web durchforstet, bin aber nicht fündig geworden.


    Zitat

    Zum anderen geht aus Catherines Briefen aber eben auch deutlich hervor, dass sie - nach anfaenglicher grosser Verzweiflung - diese Ehe als ihre von Gott gestellte Aufgabe annahm. Sie konnte in diesen Jahren nicht nur etliche Reformerleben und vermutlich mindestens die halbe Universitaet von Cambridge sowie das Fundament ihrer Kirche retten, sondern auch die Erziehung und Ausbildung zweier Thronfolger massgeblich praegen. Ihr Opfer war nicht nutzlos.


    Da ging mir gerade spontan durch den Kopf: Gott stellt jeden an den für ihn vorgesehenen Platz.


    Cathy muss für all diese Menschen wirklich ein Segen gewesen sein.


    EDIT:


    PS: Du hast jetzt Heini-Status, sehe ich gerade :lache

  • Als "Opfer" habe ich Cathrine gar nicht gesehen. Sie lebte in einer Welt, in der der Frau der Mann zugewiesen wurde. Das konnte man schon an den Sätzen zum ersten und zweiten Ehemann entnehmen. Da trägt einer den Wunsch an sie heran, sie heiraten zu wollen und sie packt ihr Bündel und folgt. Und das, obwohl sie tiefe Gefühle zu einem Mann kennen gelernt hat. Daher scheint es mir, dass Cathie es als ihre gegebene Aufgabe ansah, nun den König zu heiraten.


    Vermutlich ist es Cathies Intelligenz zuzuschreiben, dass die beiden jüngsten Kinder in diese Richtung geprägt wurden, sodass sie dann später die reformierte Kirche durchgesetzt haben.

  • Toll! Ihr duerft mich jetzt King Heini nennen.


    Ja, Sally, ich sehe das auch so: Die Art, wie Edward und Elizabeth ihre Regierungszeit angingen, die geistigen Ressourcen, die sie zur Verfuegung hatten, das alles war massgeblich von Catherine gepraegt.


    WIR gehen jetzt schlafen.
    Und freuen uns auf morgen.


    Alles Liebe vom
    Moechtegern-Heini

  • Zitat

    Original von Büchersally
    Vermutlich ist es Cathies Intelligenz zuzuschreiben, dass die beiden jüngsten Kinder in diese Richtung geprägt wurden, sodass sie dann später die reformierte Kirche durchgesetzt haben.


    Wow, toller Gedankengang. :wow
    In diese Richtung habe ich bislang gar nicht gedacht. Aber das ist durchaus einleuchtend. Elisabeth hat ja Catherines gelebten Glauben tagtäglich mitbekommen.

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Elisabeth hat ja Catherines gelebten Glauben tagtäglich mitbekommen.


    Vor allem war sie mit zehn Jahren alt genug, um auch schon ein wenig eigene Gedanken dazu zu machen. Die vier Jahre, die ihr Vater dann mit Cathrine verheiratet war, waren bestimmt im Hinsicht mit Bildung sehr intensiv für sie. Außerdem habe ich mal irgendwo gelesen, dass Elisabeth Cathrine als ihre liebste Stiefmutter bezeichnet haben soll. Zuneigung gibt ja auch manchmal den Anstoß in eine Richtung.

  • Zitat

    Original von Büchersally
    Müsste es nicht heißen "Ihr dürft euch jetzt zurückziehen.


    Na ja - aber Wir wollten ja, dass ihr hier noch ein wenig weiterschuftet. Was ihr auch sehr folgsam gemacht habt, Wir sind zufrieden!


    Das mit der liebsten Stiefmutter entspricht unbedingt den Tatsachen! Viele erhaltene Briefe sprechen fuer sich.


    Alles Liebe von Charlie

  • Auch diesen Abschnitt habe ich jetzt gelesen.


    Viel ist passiert, die Howard-Catherine ist als Ehebrecherin hingerichtet worden, während Cathie weiterhin ihren Mann pflegt. Als dieser endlich stirbt, scheint der Weg für Tom und Cathie frei zu sein - und dann meint der dicke Henry, er müsse sich neu verheiraten und das ausgerechnet mit Cathie, ich könnt ja heulen...


    Geh ich eigentlich recht in der Annahme, daß Elisabeth die ist, die die erste werden wird??? Wie gesagt, meine Kenntnisse der englischen Geschichte sind eher mager, aber was passiert denn mit Edward??


    Mensch, ich bin total gelähmt, das hat mich jetzt echt niedergemacht, daß Henry Cathie heiratet. Und einem König schlägt man diese Bitte nicht ab, bei Heini könnte es sonst passieren, daß man selbst auf einmal ziemlich kopflos ist...

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Zitat

    Original von Caia
    Geh ich eigentlich recht in der Annahme, daß Elisabeth die ist, die die erste werden wird??? Wie gesagt, meine Kenntnisse der englischen Geschichte sind eher mager, aber was passiert denn mit Edward??


    Ja, Du gehst recht in der Annahme.
    Und was mit Edward passiert, mag ich gar nicht schreiben, so traurig ist's. So schade! Er waere ein sehr besonderer Koenig gewesen, haette er Zeit dazu gehabt.
    Zumindest glaube ich das.


    Leider hatte er nur so wenig Zeit, dass auch hier drueben bei uns viele Leute ganz vergessen, dass er fuer eine Handvoll Jahre Koenig von England gewesen ist.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Ich bin immer wieder erstaunt, dass das nahe Umfeld der beiden deren Beziehung so selbstverständlich hin nimmt. Keine Empörung, keine Entrüstung. Als wäre es das Selbstverständlichste, dass diese beiden zusammengehören. Die beiden selbst verstecken sich und ihre Gefühle nicht. Haben die keine Angst, dass ihren das zum Verhängnis wird?


    Darüber habe ich mich auch sehr gewundert. Wie selbstverständlich alle damit umgehen.


    Sehr schön finde ich, daß Catherine in Kate eine gute Freundin gewonnen hat. Überhaupt: dieser Gänsekreis (heute würde man ja wohl sagen "Salon" :-)) hat Catherine sicher sehr gutgetan und ihr viel Kraft gegeben.


    Mary Tudor spielt gerne Karten und hat auch schon Schulden angehäuft. Ich lach mich weg. Scheint ja den Engländern schon damals im Blut gelegen zu haben. Spielen und Wetten. Hatte nicht auch Queenmum Spielschulden? :grin


    Als Edward in der Schänke in Portsmouth für Tom eintritt, benimmt er sich zum ersten Mal nicht wie ein Feigling. Ich gestehe, zu meinen Lieblingsfiguren im Roman gehört er nicht.


    Tom ist doch eigentlich immer noch nicht für die Ehe geschaffen. Wie sagt er zu Edward: "Manches, das man festhält, geht davon entzwei." Das kann man auch gut auf seine Beziehung zu Cathie anwenden. Was die beiden auf Wulf Hall mieinander haben, ist etwas besonderes. Hier können sie ungestört ihre Liebe leben. Aber ob das alltagstauglich ist?


    Jetzt habe ich noch 200 Seiten vor mir und frage mich, was denn alles noch passieren soll. Wann wird Tom erwachsen oder wann wird er bestraft für sein loses Mundwerk.


    Henry heiratet Catherine. Aus seiner Sicht sicher eine kluge Entscheidung. Auch wenn der Spruch von Queen Victoria stammt, gilt er sicher schon hier: "Schließ die Augen und denk an England."

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    [Mary Tudor spielt gerne Karten und hat auch schon Schulden angehäuft. Ich lach mich weg. Scheint ja den Engländern schon damals im Blut gelegen zu haben. Spielen und Wetten. Hatte nicht auch Queenmum Spielschulden? :"


    Ich lach mich weg!
    Zwar weiss ich's nicht, aber zutrauen wuerde ich es ihr hundertprozentig - jedenfalls liebte sie Wetten und Spiele aller Art.
    Ein koestlicher Vergleich!


    Alles Liebe von Charlie

  • Wer jemals die Parodie von Sue Townsend auf die Königsfamilie gelesen hat, wird sich bestimmt an die zockende Großmutter mit dem Hang zum Likörgläschen erinnern. :lache


    edit: ISBN nachgetragen

    aktuelles Buch: Die Henkerstochter und der Rat der Zwölf von Oliver Pötzsch
    A Killer Closet von Paula Paul

    Bingo 2017

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  • Es mag nicht besonders glaubhaft sein, entspricht aber den Tatsachen. Ich habe nur Texte genannt, die von beiden Kindern (Edward und Elizabeth) in den genannten Altersstufen nachweislich gelesen und uebersetzt wurden.


    Edward war - wie Elizabeth - nachweislich extrem begabt, aber so ungewoehnlich war diese Lektuere nicht.
    Sie war fuer die gebildeten Menschen der Epoche auch bei weitem nicht so schwer zu lesen wie fuer Menschen unserer Zeit - schliesslich war sie nicht sechs bis siebenhundert Jahre alt.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie
    Sie war fuer die gebildeten Menschen der Epoche auch bei weitem nicht so schwer zu lesen wie fuer Menschen unserer Zeit - schliesslich war sie nicht sechs bis siebenhundert Jahre alt.


    so isch nau au wiedr.