Titel: Don Juan de la Mancha oder Die Erziehung der Lust
Autor: Robert Menasse
Verlag: Suhrkamp
Erschienen: September 2007
Seitenzahl: 274
ISBN-10: 3518419102
ISBN-13: 978-3518419106
Preis: 18.80 EUR
Robert Menasse wurde 1954 in Wien geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft und promovierte 1980 mit dem Thema "Der Typus des Außenseiters im Literaturbetrieb. Am Beispiel Hermann Schürrer". Er ist der Halbbruder der Journalistin und Schriftstellerin Eva Menasse.
So beschreibt der Klappentext das vorgenannte Buch:
"Man kann nur mit der ersten Frau oder mit der letzten glücklich werden", sagt der Vater und faßt so das Dilemma des Verführers zusammen. Auch Nathan, der nie ganz aus seines Vaters Schatten getretene Sohn, ist ein Verführer. Schnell sind wir ihm verfallen, dem melancholischen, tragikomischen Wiederholungstäter im ritterlichen Kampf um die Rettung der Liebe. Und schnell sympathisieren wir mit den unverwechselbaren Frauen, die seinen Weg kreuzen. Nathans Vater suchte sein Glück bei den Frauen, Nathans Mutter fand ihr Unglück bei den Männern. Nathan bricht auf in die Welt, um alles ganz anders zu machen. Was macht er ganz anders? Nichts. Nur die Bedingungen haben sich geändert, die Ansprüche. Nathan, bei seiner Zeitung zuständiger Redakteur für das Ressort "Leben", verkörpert die Generation der Nach-68er. Unter dem Diktat der Emmas und Bettys darf er seine Männlichkeit zwar ausleben, aber nicht mehr genießen.“
Den Klappentext hatte ich erst nach der Lektüre des Buches gelesen, da meine Ausgabe der Büchergilde Gutenberg über keinen Klappentext verfügt – dafür im Nachhinein meinen aufrichtigen Dank. Lieber keinen Klappentext als einen Text, der irgendwie nicht so ganz zum gelesenen Buch passt. Da fragt man sich wirklich, mit welcher Promillezahl der verantwortliche Mitarbeiter des Suhrkamp-Verlages hier tätig geworden ist. Das Buch hat dieser Mensch aber bestimmt nicht gelesen – hätte er es gelesen, so wäre sicher nicht ein derartiger Unsinn aus seiner Feder geflossen.
Das Buch ist nämlich vielmehr als die Rettung der Liebe durch einen tragikomischen Wiederholungstäter der „Nach-68er-Zeit“. Es ist ein Buch über das Scheitern von Beziehungen, nachdem diese Beziehungen mühsam eingerüstet wurden. Es geht auch nicht sehr um Vater und Mutter der Hauptperson Nathan, es geht um das vielschichtige Scheitern des Nathan, auch wenn dieses Scheitern sich fast schon wieder eine tolle Sache umgehrt. Nathan ist auch nicht in die Welt aufgebrochen um alles ganz anders zu machen. Wie konnte man dieses nur aus diesem Buch herauslesen? Hoch lebe die Professionalität! Nathan wollte nämlich eigentlich gar nichts so richtig machen, vielmehr wurden die Dinge mit ihm gemacht. Erstaunlich nur, dass dieser Mensch (irgendwie hatte ich immer Paul Potts vor Augen) die Damen Wiens reihenweise flach gelegt hat, sich quer durch die österreichische Hauptstadt gevögelt hat. Und es verwundert nicht bei diesem Typus Mensch, dass fast alle Beziehungen die „große Liebe“ waren – wenigstens im kopf des Nathan.
Interessant in diesem Zusammenhang sind auch die Meinungen der schreibenden Rezensentenzunft. So entblödet sich die ZEIT in Person ihres Mitarbeiters Jochen Jung (hoffentlich wurde er zwischenzeitlich wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt) zu schreiben, dass bereits der erste Satz des Buches von einem katastrophalen Geschmack des Autors zeugen würde. Der erste Satz lautet: „Die Schönheit und Weisheit des Zölibats verstand ich zum ersten Mal, als Christa Chili-Schotten zwischen den Händen zerrieb, mich danach masturbierte und schließlich wünschte, das ich sie – um es in ihren Worten zu sagen – in den Arsch ficke.“
Die FAZ sieht Robert Menasse sogar als den repräsentativen Autor seiner Generation, was immer damit gemeint ist. Ansonsten sei das Buch „unterhaltsam“ und die Schilderung der verschiedenen Frauenfiguren sei sehr „vielversprechend“. Die FAZ mehr wischiwaschi – konkret wird der kluge Kopf der sich hinter dieser Zeitung verbirgt leider nicht so richtig.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU sieht dagegen gelungene aber auch weniger gelungene Passagen. Für den Rezensenten des ehemaligen linksliberalen Flagschiffes der deutschen Politszene, dem Kollegen Martin Krumbholz, sind die politischen Unkorrektheiten eher störend. Auch scheint ihm der Autor ein wenig zu kalauernd durch die Gegend zu laufen. Welches Buch hat Krumbholz denn nun wieder gelesen?
Am eindrucksvollsten mal wieder Helmut Böttiger von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Im gefällt die sexuelle Sozialisation des Helden Nathan. Für ihn schildert Robert Menasse das Grundproblem der Geschlechterbeziehungen. Ein Mann ein klares Wort! Danke Helmut! Du hast die Rezensentenehre, auch deiner Kollegen, gerettet.
Für die TAZ, die immer an der Insolvenz schrammenden Tageszeitung der Salonlinken, schwankt deren Rezensent Christoph Schröder zwischen Irritation, Amüsement und Enttäuschung. Die Entwicklung des Nathan findet er platt und ist von dieser Schilderung sehr enttäuscht, die wechselnden Abenteuer des Nathan allerdings wiederum findet er komisch, wahrscheinlich wegen deren Plattheiten. Nach seiner Meinung endet das was mit Ironie, Intelligenz und hinreißenden Pointen begann in einer ziemlichen Verkrampfung.
Die NEUE ZÜRICHER ZEITUNG (Andreas Breitenstein) sah den Roman als eine brillante Zeit- und Mileustudie. Recht hat er, der Redakteur dieser schweizerische Weltzeitung.
Und was sagt der Eulen-Rezensent nun zu diesem Buch?
Robert Menasse ist ein sehr schönes Stück zeitgenössischer Literatur gelungen. Mit hintergründigem Humor karrikiert er durchaus auch die Kollegen der schreibenden Medienzunft. Dieses Buch spiegelt das Leben wider, manchmal auch durchaus dadurch, dass es eben überzeichnet. Der Nathan ist ein echter „jedermann“ der von allem ein wenig hat, aber von allem eben auch nicht genug. Und darin liegt auch ein ganz besonderer Reiz dieses Buches. Auch Schwächen können zu Stärken werden, aber man sollte sich darauf dann auch nicht zu sehr verlassen.
Die Beschreibung der Frauen ist ihm in „sexistischer“ Hinsicht ausgezeichnet gelungen. Und auch das Wesen der verschiedenen weiblichen Protagonistinnen wird anschaulich und plastisch beschrieben – was will der Leser mehr?
Menasse wird nie bösartig, aber hinter vielen seiner Sätze steht schon ein leicht fieses Grinsen.
Ein wirklich lesenswertes Buch und eine Literaturinsel in dem riesigen Meer des anspruchslosen Mainstreamgeschreibsels, welches man heute auf so vielen Büchertischen in den Buchläden findet. Danke Robert Manesse für nette anspruchsvolle Unterhaltung.