Bitter Frühling. Meine Jugend im Iran der Revolutionszeit
Roya Hakakian
Deutsche Verlags-Anstalt
ISBN 978-3-421-04328-3
Hard Cover, 286 Seiten
Originalausgabe 2004 erschienen unter dem Titel: Journey from a Land of No. A Girlhood caught in Revolutionary Iran, übersetzt von Ria Seuß
Über die Autorin:
Roya Hakakian, geboren 1966, wuchs in einer jüdischen Familie in Teheran auf und erlebte als junges Mädchen die iranische Revolution. Seit 1985 lebt sie in den USA. Sie ist Journalistin und Publizistin und arbeitet für verschiedene amerikanische Fernsehstationen. Auf Persisch veröffentlichte sie zwei Gedichtanthologien.
Klappentext:
Roya Hakakian schildert ihre Kindheit und Jugend im Iran der siebziger und frühen achtziger Jahre. Mit den Augen eines optimistischen jungen Mädchens erzählt sie von der iranischen Revolution, dem Sturz des Schahs und davon, wie die Etablierung des Ajatollah-Regimes ihre Hoffnungen und die einer ganzen Generation junger Iranerinnen und Iraner auf eine bessere und gerechtere Zukunft zunichte macht.
Meine Rezension:
Ich habe mir das Buch ausgesucht, weil ich immer wieder versuche, einen Zusammenhang zwischen dem märchenhaften, poetischen Bild von Persien in meinem Kopf und dem Bild des Iran, das uns die Presse zeigt, finden will. Diesem Buch gelingt das stellenweise sogar.
Es ist eine autobiographische Erzählung von Episoden aus der Kindheit und Jugend der Jüdin Roya Hakakian. Sie beginnt im Iran der 60er Jahre, als die jüdische Gemeinde von Teheran zwar schon eine eigene Gemeinschaft war, aber doch tief verwurzelt und integriert lebte. Insbesondere Royas Vater ist ein Musterbeispiel: auf einem kleinen Dorf in einer armen Familie aufgewachsen, gelingt es ihm, in die Schule zu gehen und sogar zu studieren und angesehener und geachteter Rektor einer Schule zu werden. Er liebt die persischen Dichter und versinkt häufig selbst im Schreiben von Versen. Er kann sich so gar nicht vorstellen, einmal seine Heimat zu verlassen.
Anders sind da schon Royas Geschwister. Ihr Bruder Javid ist schon immer ein „Unruhestifter“ und verlässt früh das Land, um in den USA zu leben. Roya selbst ist als jüngstes Kind der Sonnenschein der Familie und wächst gut behütet auf. Sie geht zur Schule und hat viele Freunde, darunter auch Muslima.
Doch bald ändert sich die Stimmung im Land: das Volk rebelliert gegen der Schah, der letztendlich ins Exil geht. Juden werden plötzlich zu Außenseitern und ihre Zukunft ist wesentlich ungewisser als beim Rest der Bevölkerung. Trotzdem, Roya lässt sich nicht unterkriegen, sie wechselt mehrmals die Schule und wirkt ein wenig wie ein Steh-auf-Männchen. Für sie geht es immer irgendwie weiter und man hat das Gefühl, sie begreift nicht so richtig, was passiert. Erst das Schicksal der Familie ihrer Freundin Zaynab scheint ihr die Augen zu öffnen. Inzwischen leidet die Bevölkerung unter den Repressalien des Regimes. Die Freiheiten werden immer weiter eingeschränkt, sämtliche Vergnügungen werden verboten, überall herrscht die Religionspolizei, die auch vor Gewalt nicht zurück schreckt.
So interessant das Buch teilweise ist, hätte ich mir doch ein wenig mehr Tiefe und Hintergrundinformation gewünscht. Ich habe das Gefühl, das Buch bleibt da sehr an der Oberfläche. Viele einzelne Personen aus dem Freundeskreis und der Familie tauchen in einzelnen Episoden auf, verschwinden aber auch wieder in der Versenkung. Ich hätte mir da mehr den Fokus auf einigen wenigen Personen gewünscht, insbesondere die Gedanken und Gefühle von Mutter und Vater bleiben größtenteils verborgen.
Einige Denkansätze, was das Verhältnis der Religionen untereinander oder das Verhältnis des Islam zu den Frauen angeht, sind interessant aber eigentlich nie so recht zu Ende gedacht, sondern immer nur als Frage aufgeworfen.
Die Sprache ist eher einfach, auch wenn das poetische, welches den Iran so ausmacht, immer wieder hervor kommt und mir dann gut gefällt.
Kurz: Nett, das Buch gelesen zu haben – aber einen tiefen, bleibenden Eindruck wird es eher nicht hinterlassen.
Zum Erscheinungsbild des Buches noch kurz: der äußere Einband in grau und weinrot gefällt mir so gut, dass ich mir vorstellen kann, es ohne Schutzumschlag (da ist nämlich dieses doofe Portrait drauf) in den Schrank zu stellen. Interessant: die vordere innere Umschlagsseite enthält einen Straßenplan von Teheran vor der Revolution, hinten der gleiche Straßenplan nach der Revolution – das Verschwinden von Cafes und Kultureinrichtungen und die umbenannten Straßen sagen schon viel aus!