Manchmal sind es die Bücher, die man eigentlich gar nicht kaufen und nur nebenbei lesen wollte, die einen dann Eiskalt erwischen. Bei „Waldos Lied“ ist mir das passiert. Ich habe das Buch für drei Euro aus der Wühlkiste gezogen und so gut wie nichts erwartet. Am Ende war der Roman für mich die Leseentdeckung des vergangenen Jahres. Deswegen hohle ich es jetzt noch nach, eine Rezension zu schreiben.
Kurzbeschreibung aus Amazon
Das berühmte 'Lied vom Sachsenkrieg' und sein Verfasser - ein spannendes Schicksal zwischen Aberglauben, Macht und einer Liebe, die nicht sein darf.
Waldo aus dem Schwarzwaldkloster St. Blasien: Im Dienste Rudolfs von Rheinfelden, des Herzogs von Schwaben, verliert der junge Mönch sein Herz an dessen schöne Gemahlin Adelheid. Und er erlebt hautnah mit, wie Rudolf als Gegenkönig mit Heinrich IV. um die Herrschaft im Reich ringt. Von unschätzbarem Wert ist dabei ein Schwert, in dessen Griff Splitter vom Kreuz Christi verborgen sind. Denn wer diese begehrte Reliquie besitzt, den macht sie umsiegbar . . .
Über den Autor
Petra Gabriel-Boldt ist am Bodensee aufgewachsen und lebt mit ihrer Familie in der kleinen, mittelalterlichen Stadt Laufenburg am Rhein. Über 15 Jahre lang war sie Redakteurin in der Lokalredaktion des SÜDKURIER, einer Lokalzeitung mit Sitz in Konstanz. Seit 2004 arbeitet sie als freiberufliche Journalistin und Schriftstellerin.
Meine Meinung:
Der unscheinbare Titel hat nichts mit dem Buch zu tun. Ein verkrüppelter Mönch erzählt an der Seite des Herzogs die politischen Wirren der Sachsenkriege und des Gangs nach Canossa. Der Roman handelt neben Heinrich IV. vor allem von Rudolf von Rheinfelden (Herzog von Schwaben), dessen Figur von Petra Gabriel sensationell mit Leben erfüllt wird. Bis heute wünsche ich mir nur dieser Schilderung wegen, dass Rudolf von Schwaben sich gegen Heinrich IV. durchgesetzt hätte und nicht in der Schlacht bei Hohenmölsen gestorben wäre.
Petra Gabriel breitet auf guten 400 Seiten ein großartiges erzählerisches Panorama deutscher Geschichte aus. Die Figuren sind plastisch, die Motivationen nachvollziehbar. Ihre Erzählung übte auf mich einen Sog aus, den ich selten bei historischen Romanen erlebt habe.
Wenn man den Roman mit Frederik Bergers „Canossa“ vergleicht, den ich gleich im Anschluss gelesen habe, fällt letzterer unweigerlich ab. Berger erzählt langatmig und ohne Höhepunkte, schert sich nicht um die Fakten, die Personen bleiben blass.
Ein Roman der viel von Politik spricht, dabei nie langweilig wird und eine sensible Liebesgeschichte in der Nebenhandlung anbietet. Grobe historische Fehler habe ich nicht feststellen können.
Eine unbedingte Empfehlung! 10 von 10 Punkten!
Ein Tipp vielleicht noch: Dem Roman war offenkundig kein großer Erfolg beschieden. Das scheint der Grund dafür zu sein, dass im Internet und bei Amazon sämtliche ungelesene Mängelexemplare für 50 Cent kursieren. Zugreifen!