'Die Schlafwandler' - Kapitel 18 - Ende

  • Nachdem ich gestern keine Zeit mehr hatte, groß was zu diesem Abschnitt zu posten, hole ich dies heute nach.


    Die Idee mit der Erpressung zum Selbstmord fand ich sehr raffiniert – allerdings hätte ich doch nicht gedacht, dass die beiden so „relativ problemlos“ damit durchkommen. Andererseits schienen sie ja doch umfangreiches Beweismaterial zu haben, so dass ihre Drohung durchaus ernstzunehmen war.


    Die Schuld, die Ferdinands Mutter auf sich geladen hat, ist natürlich schon enorm – aber sie war damals ein Kind und sich der Konsequenz dessen sicher nicht bewusst. Klar hatte sie daran auch in späteren Jahren schwer zu knabbern, wobei dies ja nicht das einzig Schlimme war, das sie in dieser düsteren Zeit miterleben musste.


    Ich fand hier das „Duell“ Noack – Helena auch sehr interessant und ebenso wie milla stellte ich mir hier die Frage: Wem von den beiden darf man wie viel glauben.


    In diesem Buch spielen auch psychische Störungen eine nicht unwichtige Rolle für mich: Ferdinands Mutter, die sich umbringt. Ferdinand und sein Zusammenbruch. Auch Lina hat für mich ganz eindeutig einen Schaden. Helena – möglicherweise. Linas Eltern – ganz sicher.


    Jeder der Beteiligten, egal ob er nun zu den Guten oder den Bösen gehört, hat seine persönlichen kleinen Geheimnisse.


    Dazu passt natürlich, dass wir letztendlich nicht mit Gewissheit sagen können, wer nun der Sandmann war. Aber so ist das nun mal mit vielen Dingen, gerade mit lange zurückliegenden Geheimnissen: Die, die es vielleicht gewusst haben, sind tot.


    Daß mit Dr Rosen etwas nicht stimmt, hatte ich übrigens schon im entsprechenden Abschnitt gedacht. Es war mir zu auffällig, dass Ferdinand nicht in eine andere Klinik verlegt wurde, in der ihm möglicherweise besser geholfen hätte werden können.


    Was mir persönlich im Buch nicht so gefallen hat – aber das ist nur mein persönliches Empfinden! - war dieses personalisierte Verhalten zu den Stoffraben. So etwas ist einfach nicht mein Ding und das kann ich nicht nachvollziehen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • In dem Buch hat wohl wirklich jede der Figuren irgendein Päckchen zu tragen gehabt. Linas völlig Isolation und Abkehrung von der Welt außerhalb ihrerer vier Wände war wirklich bedenklich.


    Das Umgehen der beiden mit den Stoffraben hat mich so ein bisschen an den Hasen Reginald aus den Tante Dimity Büchern erinnert. Vielleicht war ich deshalb nicht so irritiert *g*


    Es mag zwar für die Geschichte nicht von Belang sein, aber ich hätte gerne gewusst, wen Ferdinands Mutter damals im KZ für den Vogel geopfert hat. Irgendwo war doch mal die Rede von der Großmutter, die mit ihr im KZ war. Ob die für den Vogel sterben musste?


    Zu der Sache mit der Erpressung:


    So im Nachhinein finde es auch merkwürdig, dass die Herren in den Freitod gegangen sind, anstatt Helena und Lina zu bekämpfen. Jemand, der sein Leben lang um seinen guten Ruf bedacht ist, darauf bedacht ist, den Schein zu waren, gibt der wirklich so schnell auf und stürzt damit seine Familie "in Schande"?

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    In dem Buch hat wohl wirklich jede der Figuren irgendein Päckchen zu tragen gehabt. Linas völlig Isolation und Abkehrung von der Welt außerhalb ihrerer vier Wände war wirklich bedenklich.


    Stimmt. Andererseits hatte sie ja nach Flossis Tod keine andere Bezugsperson mehr, also wohin hätte sie sich wenden können? :-(


    Zitat

    Original von Bouquineur
    So im Nachhinein finde es auch merkwürdig, dass die Herren in den Freitod gegangen sind, anstatt Helena und Lina zu bekämpfen. Jemand, der sein Leben lang um seinen guten Ruf bedacht ist, darauf bedacht ist, den Schein zu waren, gibt der wirklich so schnell auf und stürzt damit seine Familie "in Schande"?


    Hm, also ich fand das nicht merkwürdig. Ein Suizid ist wohl weniger "Schande" als diese Vergangenheit. Und bei einem Suizid kann man den wahren Grund ja verschleiern - gerade in dem Alter! Also z.B. eine schwere Krankheit vorschieben etc.

  • Nun habe ich meine Antworten. Zwar nicht alle Antworten, aber die meisten.


    Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen. Sehr spannend geschrieben.


    Ich habe mir auch die Frage gestellt, ob nun Noack oder Helena die Wahrheit sagen. Wer von beiden hat recht? Oder hat jeder für sich recht und doch wieder Unrecht?


    Der Plan von Helena fand ich auch sehr gelungen. Und dass sich drei relativ schnell das Leben genommen haben war abzusehen. Sie hatten außer ihren Ruf nichts mehr zu verlieren. Und für die paar Jahre Lebenszeit noch die Schmack miterleben wollten sie nicht. Auf der einen Seite ist es natürlich schade, dass sie dich Täter so feige aus dem Leben verabschiedet haben. So kommt die Wahrheit ja nicht ans Licht. Aber eine gerechte Strafe gäbe es auch nicht. Also war der Selbstmord wohl doch die beste Lösung. Vor allen Dingen schützen sie so ihre Angehörigen und Nachkommen. Die können ja wirklich nichts dafür.


    Die sog. Schuld von Ferdinand ist grausam. Alleine beim Lesen bekam ich eine Gänsehaut. Was muss in einem Kind vorgegangen sein, was sich zwischen Tier und Mensch entscheiden muss? Und dann noch all die Grausamkeiten im KZ selber. Welcher Mensch zerbricht daran nicht, besonders dann, wenn dieser Mensch noch gar nicht "ausgereift" ist.


    Tja Lina ist auch so ein suspekter Charakter. Ich denke sie hat wirklich auch eine Störung. Ganz normal kam sie mir nicht rüber. Ich hätte mich am Ende sogar nicht mehr gewundert, wenn sie die Drahtziehern gewesen wäre oder aber sich die ganze Geschichte ausgedacht hätte. Hätte in meinen Augen zu ihrem Gemütszustand gepasst.

  • Zitat

    Original von hestia2312
    Auf der einen Seite ist es natürlich schade, dass sie dich Täter so feige aus dem Leben verabschiedet haben. So kommt die Wahrheit ja nicht ans Licht. Aber eine gerechte Strafe gäbe es auch nicht. Also war der Selbstmord wohl doch die beste Lösung.


    Letztendlich ist der erzwungene Selbstmord ja so etwas wie "Bezahlen der Schuld" und ich habe diesen fiesen Typen natürlich die Pest an den Hals gewünscht, aber du hast Recht, eine gerechte Strafe gibt es wohl nicht. Dennoch frage ich mich, ob diesen Herren Saubermännern die Bekanntmachung ihrer Vergangenheit nicht viel mehr wehgetan hätte. Aber die Familien wären dann wirklich nicht mehr ihres Lebens froh geworden. Ich habe mich sowieso gefragt, was wohl wäre, wenn die Frauen und Kinder davon gewusst hätten? Was für ein Alptraum, mit einem Mann Jahrzehnte zusammen gelebt zu haben und dann SO etwas zu erfahren, meine Güte, da grausts mich noch mal so stark...

  • Die Fragen habe ich mir auch gestellt. Wenn ich das richtig verstanden habe, waren die "Täter" ja selber Insassen eines KZ - also Opfer. Klar wünsche ich ihnen auch die Pest am Hals, auf der anderen Seite, ist da wieder dieser Opfer-Konflikt.


    Sicherlich hätte es sie härter getroffen, wenn die KZ-Bordelle an die Öffentlichkeit gekommen wäre. Ihr ganzes Leben wäre wie ein Kartenhaus zusammengebrochen. Es wäre härter gewesen wie sich vom Leben zu verabschieden denke ich. Allerdings wären dann wieder Unschuldige mit hinein gezogen worden. Menschen, die nichts für die Verbrechen dieser Menschen können, aber dafür mit bestraft werden. So war der Selbstmord eine elegante Lösung.


    Für die Menschen, die mit diesen Menschen zusammengelebt haben, ihnen vertraut haben, wäre mehr als eine Welt zusammen gebrochen. Durch die Aufdeckung gäbe es nur wieder weitere traumatisierte Menschen, denke ich.


    Ich denke genau dieser Konflikt machte dieses Buch auch so spannend.