Was darf Literatur?

  • Zitat

    Original von gavagai


    Was, wenn er, wie Kehlmann fast durchweg indirekte Rede nimmt, die mich arg störte. Jemand im Forum hier meinte: "Die eigene Freiheit endet bei der Freiheit des anderen. Das gilt auch für Autoren". Das kann so nicht stimmen. Kehlmann beeinträchtigte meine Lesefreude und - freiheit. IMO darf er das aber schon. Ein Autor kann auch, wie z.B. Friedrich Christian Delius: Bildnis der Mutter als junge Frau - meine Besprechung: http://www.lesekost.de/deutsch/de2/HHLD90.htm - auch einen 126-Seiten Roman in einem (in Ziffern: 1) Satz schreiben, obwohl er damit meiner Lesefreude schadete (jemand meinte hier: "Ich würde sagen, Literatur sollte alles dürfen, insoweit es niemandem schadet. ")



    ich glaube, so war das mit dem schaden zufügen nicht gemeint. nur weil du etwas nicht magst, schadet dir das doch nicht. buch weglegen, fertig.
    "schaden" ist wohl eher in dem sinn gemeint, dass der ruf von jemandem geschädigt wird, wenn er in einem buch beschrieben wird...
    aber das sollte doch eigentlich klar sein, oder? oder ist obiges zitat von dir ironisch gemeint? falls ja, sorry, mit ironie in internetforen tu ich mich manchmal etwas schwer...


    wenn du alles, was dir nicht gefällt, unter "schaden zufügen" einordnest, dann würden ziemlich viele bücher darunter fallen...

    In der Einsamkeit wird Liebe entstehen.

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  • Hallo gavagai,


    Das, was Du zum Thema sagst, ist sehr interessant und hat schon philosophischen Charakter.
    Leider kenne ich die von Dir genannten Bücher nicht, kann mich somit leider nicht mit Dir über den Inhalt unterhalten.
    Aber zu dem, wie Du die Dinge siehst, fällt mir grundsätzlich nur ein:
    Der mündige Leser entscheidet selbst, was er lesen will.
    Die Frage 1) lautet also:
    Was darf ein Autor?


    Antwort: Alles.


    oder: Was kann man einem Autor ankreiden?


    Antwort: Alles.


    Warum darf er historische Tatsachen nicht verfälschen? (wir sprechen von Romanen!)
    Und warum darf er keine meterlangen Sätze schreiben? (wir können das Buch ja in die Ecke werfen!


    Und das Diskutieren am Ende des Lesens kann nur im Interesse des Auters und des Lesers sein.

  • Ich finde, die Themen kann sich jeder Autor selbst aussuchen. Allerdings finde ich "Feuchtgebiete" viel zu übertrieben. Das hätte echt nicht sein müssen. Man sollte solche Bücher nicht verbieten, aber evtl mit einer Altersbegrenzung versehen. Ich finde es nämlich schrecklich, dass sich jeder, und sei er erst 11 oder 12, so ein Buch wie das von der Roche kaufen kann.
    Allerdings sollte es keine Tabus geben. Auch Bücher über Tabu-Themen unserer Gesellschaft, wie Krankheiten oder Drogen, gehören dazu und sind wichtig. Allerdings sollten sie eher der Aufklärung dienen als was anderes.
    Verherrlichen darf ein Autor aber solche Dinge, oder auch Gewalt, auf keinen Fall. Da würde man die Literatur wirklich missbrauchen!

  • Zitat

    Original von Glass
    Ich glaube, so war das mit dem schaden zufügen nicht gemeint. nur weil du etwas nicht magst, schadet dir das doch nicht. buch weglegen, fertig.


    So einfach ist es nicht; da könnte ich das Lesen von Belletristik ganz aufgeben, da es kaum ein Buch gibt, dass mich Wort für Wort, Satz für Satz 100-%-ig überzeugt. Ausgenommen, vielleicht John Steinbeck: Of Mice and Men und der Woyzeck und Short-Stories und manche Erzählungen vom Kafka Franz.

    Zitat

    "schaden" ist wohl eher in dem sinn gemeint, dass der ruf von jemandem geschädigt wird, wenn er in einem buch beschrieben wird...
    aber das sollte doch eigentlich klar sein, oder?


    War und ist mir nicht klar.
    Jemand schrieb: Ich würde sagen, Literatur sollte alles dürfen, insoweit es niemandem schadet.
    Jemand anderes schrieb:
    Solange keine offensichtliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten dritter [...] vorliegen, gibt es keine Grenzen für mich.
    Und du meinst, beide meinten dasselbe: Rufschädigung? Aber wie dem auch sei, ist jetzt nicht entscheidend. Thomas Bernhard erhielt zahlreiche Anzeigen (!), da er angeblich den Ruf von Österreich schädigte (also niemand im Besonderen).

  • Zitat

    Original von Anton
    Der mündige Leser entscheidet selbst, was er lesen will.


    Da hast du recht, aber so einfach ist es nicht.
    1) Ich merke ja zunächst nicht, dass ein Autor z.B. ein Loblied auf den Krieg singt.
    2) Wann soll der mündige Leser das entscheiden? Ganz überwiegend entscheiden sich viele und auch ich mich vorher: und lese die meisten der täglich erscheinenden Bücher nicht.
    Dann käme die altbewährte Leser-Forum-Frage: Wann legt ihr ein zum Lesen angefangenes Buch weg? Dann: ich las schon viele Bücher, die mir beim 1. lesen nicht zusagten, beim 2. sehr wohl. Auch schon viele Bücher, wo ich erst nachher merkte, welch gutes Buch das war.
    Ich meine also: im Prinzip hast du recht, doch so einfach ist es nicht. Wenn du recht hättest (das fällt mir jetzt noch ein) würde der mündige Leser nie ein ihm nicht zusagendes Buch lesen: er hätte es vorher schon weggelegt.

    Zitat

    Die Frage 1) lautet also:
    Was darf ein Autor?
    Antwort: Alles.
    oder: Was kann man einem Autor ankreiden?
    Antwort: Alles.

    Das passt, beides antwortete vorgestern mir auch jemand.
    Die erste Antwort habe ich in meinem Posting schon widerlegt. Und einige Poster hier brachten auch schon Gründe dafür, dass ein Autor nicht alles darf (juristisch nicht; moralisch nicht; ..)
    Zur zweiten Antwort: ich fragte, was kann man einem Autor gerechtfertigt (also ernsthaft; gut begründet) ankreiden. Mein Gegenbeispiel war: wer in einer Literaturkritik dem Autor ankreidet, dass dieser auf S. 67 ein Komma nicht gesetzt hat (könnte er laut deiner Antwort), der macht sich als Kritiker einfach lächerlich. Oder wer einem Autor ankreidet, dass er in seinem Roman einen Vater darstellt, der seinem Sohn nach einem Diebstahl eine runter haut, der macht sich als Kritiker einfach lächerlich. Und kann sich kaum darauf berufen, dass man einem Autor berechtigt alles ankreiden kann.

    Zitat

    Warum darf er historische Tatsachen nicht verfälschen? (wir sprechen von Romanen!)

    Auch das hatte ich - so meinte ich wenigstens - begründet.
    Weil z.B. nach der Lektüre von Kehlmanns Vermessung fast alle Leser(innen) einen völlig falschen Eindruck von Gauß und Humboldt hatten und dies als historisch ansahen. Und dies - trotz unseres Gesprächs am Mittwoch darüber und bei aller Einsicht und Redebeiträge - sicher nicht ganz ablegen können. (Kehlmann hat aber immerhin das Gespräch auf diese 2 Gelehrten gerichtet; kein kleines Verdienst).
    Wobei ich zu dieser Frage offen bin: freilich darf der Autor historische Tatsachen verfälschen. Aber vielleicht doch nur begrenzt!?
    Um sich da abzusichern, hatte Kehlmann (laut einem Interview) das Manuskript an Rudolf Taschner (Mathematiker) und Hans Magnus Enzensberger (nun ja, Humboldt-Biograf; ob er wirklich Experte ist, bezweifle ich) gesandt. Die math. und geographischen Daten stimmen ja auch zumeist. Auch Kehlmann ist also der Meinung, dass gewisse Grunddaten seines Romans stimmen sollten.
    BTW gerade deshalb lese ich solch historische Romane um bekannte Persönlichkeiten ungern: man weiß nicht: was ist Fiktion, was Tatsache.

  • gavagai


    Zitat

    1) Ich merke ja zunächst nicht, dass ein Autor z.B. ein Loblied auf den Krieg singt.


    Wieso nicht?


    Zitat

    2) Wann soll der mündige Leser das entscheiden?


    Das ist doch des mündigen Lesers Problem!
    Wenn ich etwas esse, was ich (wie ich dann feststelle) gar nicht mag, esse ich dies nicht mehr weiter. Trotzdem werde ich auch Zukunft mal Dinge essen, von denen ich vorher nicht weiß, ob sie mir schmecken.
    Bei einem Buch hoffe ich zunächst natürlich auch, dass es mir zusagt. Wenn dem nicht so ist, ist es meine Entscheidung, ob oder wann ich es abbreche.


    Ich denke, wir sprechen hier über Romane (Fiktion vor erdachtem oder realem Hintergrund mit erfundenen oder authentischen Figuren). Dies ist ein weites Feld. An Sachbücher oder Biographien hab ich einen völlig anderen Anspruch.


    Also darf ein Roman-Buch-Autor natürlich alles.


    Zitat

    Zur zweiten Antwort: ich fragte, was kann man einem Autor gerechtfertigt (also ernsthaft; gut begründet) ankreiden.


    Was bedeutet denn "gerechtfertigt"?
    Ein Kritiker, der sich wegen eines Kommafehlers aufregt, kritisiert nicht gerechtfertigt. Alles andere ist in der Literaturkritik doch letztendlich subjektiv.


    Also: Konstruktive Kritik, sowohl sachlich, als auch inhaltlich, ist immer erlaubt


    Zitat

    gerade deshalb lese ich solch historische Romane um bekannte Persönlichkeiten ungern: man weiß nicht: was ist Fiktion, was Tatsache.


    Ich lese historische (ob mit bekannten Persönlichkeiten oder ohne) sehr gerne.
    In einem anderen thread gab´s eine Diskussion über "Die Päpstin", einen historische Roman über eine Päpstin, die für kurze Zeit in Rom regiert haben soll. - Auch bis heute noch eine strittige Sache.
    Ja und? Ist mir doch egal! Ich habe diesen Roman genossen. Es gibt aber eine Menge historisch bewanderter Foren-Mitglieder, die sich die Haare bei so was raufen.
    Der mündige Leser macht sich bei Bedarf schlau, oder lässt es.

  • Zitat

    Original von Anton


    Wieso nicht?

    Nun, das ist eine recht naive Frage und sollte für einen Leser eigentlich klar sein. Ein gutes Argument behandelt zuerst/auch Gegenpositionen. Ja, macht sogar zunächst die Gegenposition stark. Ähnlich ein guter Roman:
    Ein Roman kann seine Gesamtaussage (gegen den krieg) zunächst kaschieren.
    Ein guter Roman entwickelt einen Gedanken. Z.B. indem er den charakterlichen Wandel des Protagonisten vom glühenden Kriegsbefürworter zum Pazifisten schildert.
    Ich lese ein Loblied auf den Krieg bin aber gespannt, ob es so bleibt oder ob der Roman auf die andere Seite wechselt.
    Ein Anti-Kriegsroman muss nicht mit der Tür ins Haus fallen (1. Satz: "Jeder Krieg ist bekanntlich Mist") sondern kann, wie einer der besten Anti-Kriegsromane Catch-22, zunächst die angenehmen Seiten schildern...

    Zitat

    Also darf ein Roman-Buch-Autor natürlich alles.

    Dem kann ich nicht zustimmen. Das haben schon viele Forenteilnehmer hier anders gesehen. Juristisch darf ein Roman-Buch-Autor natürlich nicht alles. Auch moralisch darf ein Roman natürlich nicht alles (man kann beispielsweise eine Grenze bei Volksverhetzung ziehen).

    Zitat

    Zur zweiten Antwort: ich fragte, was kann man einem Autor gerechtfertigt (also ernsthaft; gut begründet) ankreiden.


    Zitat

    Original von Anton
    Was bedeutet denn "gerechtfertigt"?

    Genau das versuche ich ja zu ergründen. Jedenfalls bin ich immer noch der Meinung: Der (historische) Roman darf nicht alles ohne sich berechtigter Kritik auszusetzen. Und jetzt (nach einem leichten Schwenk der Thematik): nicht jede Kritik ist gleich berechtigt (und das objektiv, siehe das Folgende).

    Zitat

    Ein Kritiker, der sich wegen eines Kommafehlers aufregt, kritisiert nicht gerechtfertigt. Alles andere ist in der Literaturkritik doch letztendlich subjektiv.


    Das sehen 99 % anders.
    1) Wenn die Kritiker nur subjektive Meinungen austauschen, wäre jede kritik gleich gut und gleich gerechtfertigt. Da dem nicht so ist, kann deinen these: Literaturkritik ist doch letztendlich subjektiv so allgemein nicht stimmen. Ein Teil ist Geschmackssache, ein Teil, aber nicht, sonst gäbe es nicht gute und schlechte Literatur: alle Literatur wäre gleich gut.
    2) Lies mal Hans-Dieter Gelfert: Was ist gute Literatur? Wie man gute Bücher von schlechten unterscheidet. Der bringt objektive Kritierien. Meine Besprechung unter http://www.lesekost.de/varia/HHLV12.htm

    Zitat

    Also: Konstruktive Kritik, sowohl sachlich, als auch inhaltlich, ist immer erlaubt


    Da ist mir "konstruktiv" zu schlagwortartig. Soll ich den Autor aufbauen oder für künftige Werke verbessern? Kannst du mir "konstruktiv" bitte erläutern, vielleicht bringt es sogar was für mein Attribut "gerechtfertigt". Ich schreibe meine Besprechungen (für andere mag das anders sein) im Blick auf den potentiellen Leser und auf andere Leser des Werkes.
    Ein Beispiel zu un/gerechtfertigter Kritik:
    Da steh ich nun, ich armer Tor!
    Und bin so klug als wie zuvor
    (Faust, 1.Teil).
    "als wie" ist grammatikalisch ein Schnitzer. Ist es konstruktive Kritik, wenn ich das am Faust bemängle? Ich meine: nein. Diese Kritik wäre völlig verfehlt, obwohl sachlich einwandfrei. Daraus folgt: Nicht jede sachliche Kritik ist gerechtfertigt.

  • Zitat

    Das sehen 99 % anders.


    Woher weißt Du das?


    Zitat

    Wenn die Kritiker nur subjektive Meinungen austauschen, wäre jede kritik gleich gut und gleich gerechtfertigt. Da dem nicht so ist, kann deinen these: Literaturkritik ist doch letztendlich subjektiv so allgemein nicht stimmen. Ein Teil ist Geschmackssache, ein Teil, aber nicht, sonst gäbe es nicht gute und schlechte Literatur: alle Literatur wäre gleich gut.


    Wer entscheidet denn, was gute und was schlechte Literatur ist?
    Ist das denn nicht der Leser (ganz allein und für sich selbst)?
    Wo liegen die Kriterien bei der Unterhaltungsliteratur, die die Mehrheit der Bücher ausmacht. Muss ich darüber erst das von Dir empfohlene Nachschlagewerk von Gelfert lesen?


    Zitat

    Da ist mir "konstruktiv" zu schlagwortartig.


    Ok, "konstruktiv" ist falsch gewählt. Man könnte auch sagen: Jede Form der Kritik ist angebracht, also jede Kritik (positive, negative, destruktive) ist "gerechtfertigt".
    Dein Beispiel von Faust ist einfach Haarspalterei - das kann nicht Dein Ernst sein! Wie gesagt, ich rede hier über Romane(!!!)


    Zitat

    Dem kann ich nicht zustimmen. Das haben schon viele Forenteilnehmer hier anders gesehen. Juristisch darf ein Roman-Buch-Autor natürlich nicht alles. Auch moralisch darf ein Roman natürlich nicht alles (man kann beispielsweise eine Grenze bei Volksverhetzung ziehen).


    Da gebe ich Dir natürlich völlig recht.
    Ich für meinen Teil lese keine Volksverhetzungs,- oder Schmähschriften, sondern wie schon erwähnt, Romane!

  • Zitat

    Original von Anton


    Woher weißt Du das?


    1) Aus Tausenden von Rezensionen (die überflüssig wären, wenn nur subjektive Ansichten ausgetauscht würden. So wie es überflüssig ist, wenn wir uns darüber unterhalten und austauschen, dass du - sagen wir - Ananaseis bevorzugst, ich aber Schokoladeneis).
    2) Aus: Hans-Dieter Gelfert: Was ist gute Literatur? Wie man gute Bücher von schlechten unterscheidet.
    3) Aus vielen Diskussionen
    4) Aus Verfolgung, Ausführungen und Besprechungen auf http://www.literaturkritik.de/
    5) Aus Seminaren meines Studiums der Amerikanischen Literatur
    6) --- lassen wir's gut sein.


    Zitat

    Wer entscheidet denn, was gute und was schlechte Literatur ist?


    1) die Leserinnen
    2) die Kritiker
    3) das Bibliothekenpersonal
    4) die Literaturwissenschaftler
    5) --- lassen wir's gut sein.

    Zitat

    Ist das denn nicht der Leser (ganz allein und für sich selbst)?


    Nein; siehe obige Liste. Wenn's nur nach dem Leser ginge wären Landserhefte und Ärztehefteromane usw. gute Literatur. Sehr viele lesen sie Woche für Woche und finden sie gut.

    Zitat

    Wo liegen die Kriterien bei der Unterhaltungsliteratur, die die Mehrheit der Bücher ausmacht. Muss ich darüber erst das von Dir empfohlene Nachschlagewerk von Gelfert lesen?

    Wenn du die Antwort nicht weißt auf Fragen die der Gelfert beantwortet (wie du hier durch deine Fragen zu erkennen gibst) und die Antworten kennenlernen willst, dann ist es eine gute Entscheidung, den Gelfert zu lesen (wie ich dir empfohlen habe). Sicher gibt es auch andere Bücher, die deine Frage nach Kriterien guter Literatur beantworten.

    Zitat


    Ok, "konstruktiv" ist falsch gewählt. Man könnte auch sagen: Jede Form der Kritik ist angebracht, also jede Kritik (positive, negative, destruktive) ist "gerechtfertigt".
    Dein Beispiel von Faust ist einfach Haarspalterei - das kann nicht Dein Ernst sein! Wie gesagt, ich rede hier über Romane(!!!)


    Das ist widersprüchlich. Du schreibst:
    (1) Jede Kritik (positive, negative, destruktive) ist "gerechtfertigt".
    (2) Ich erhebe einen sachlich gerechtfertigten Einwand zu Goethe.
    (3) Du schreibst: Haarspalterei - das kann nicht Dein Ernst sein!
    (dass es in einem Drama steht und nicht in einem Roman ist unerheblich; ich habe soeben einen Kurzroman geschrieben. Ich zitiere ihn voll: Ich überlegte ein Problem und kam zu keinem Schluß. Ich war so klug als wie zuvor.).
    Ich folgere: (4) Der sachlich grammatikalische Einwand war eine nicht gerechtfertigte Kritik.
    Jetzt hast du eine Kritik benannt (meine an Goethes Faust), die du nicht als gerechtfertigt ansiehst. Oder ist Haarspalterei bei dir gerechtfertigte Kritik!?
    Ich stimme übrigens der Folgerung (4) völlig zu, da ich der Ansicht bin: Nicht jede Kritik an einem Roman ist gerechtfertigt. Es gibt ungerechtfertigte Kritik. Sie kommt sogar oft vor, beispielsweise wenn jemand meinem Kurzroman (siehe oben) haarspalterisch einen Grammatikfehler vorwirft.
    Man könnte das Beispiel sogar noch steigern.
    Du schreibst:
    (1) Jede Kritik (positive, negative, destruktive) ist "gerechtfertigt".
    (2) Ich kritisiere: in Goethes Wahlverwandtschaften (ist diesmal ein Roman!) wird nicht über Kondome und Pille diskutiert.
    Nach (1) ist die negative Kritik in (2) gerechtfertigt. Ich meine: nein. (2) ist nicht gerechtfertigt, sondern im Gegenteil: diese Kritik ist völlig verfehlt und ungerechtfertigt.
    Das kann ich aber nur behaupten, da ich der These (1) nicht zustimme.

  • Ok. gavagai, lassen wir´s gut sein.
    Deinen Gedankengängen kann ich nicht so ganz folgen.


    Hier meine (natürlich subjektive) Meinung:
    Literatur ist für mich gut, wenn sie meinen persönlichen Ansprüchen gerecht wird.
    Ich habe hier schon einige Bücher, mehr oder weniger laienhaft, vorgestellt und rezensiert. Dabei waren sicherlich Werke dabei, die nach den Kriterien von Gelfert sicherlich als "gute Literatur", bzw. "schlechte Literatur" gesehen werden.
    Das ist aber völlig uninteressant.
    Ich stelle die Bücher immer so vor, dass sie meine "subjektive" Meinung ausdrücken; und das ist der Sinn und Zweck eines solchen Forums. Was nutzt es den potenziellen Lesern, von Gelfert, oder wem auch immer, lesenswerte Bücher vorgestellt zu bekommen? Wenn man etwas länger im Forum stöbert, kennt man seine favourisierten Mitglieder. Und das ist auch gut so.
    Wenn bei einer Buchvorstellung alle subjektiven Anteile gestrichen würden, bliebe nicht mehr viel stehen.
    Auch Du beziehst, wie Du sagst, Deine Quellen aus Diskussionen mit Lesern, also der ersten Instanz für eine Bücherbeurteilung.
    Vielleicht reicht Dir das dann aber nicht und Du ziehst noch die Meinung von Literaturkritikern/wissenschaftlern und Gelehrten, wie Gelfert hinzu?
    Ich begnüge mich meist mit den weltlichen Rezensionen hier im Forum - auch auf die Gefahr hin, dass ich hier nur Trivialliteratur angeboten bekomme...
    siehe Dein Zitat:

    Zitat

    Wenn's nur nach dem Leser ginge wären Landserhefte und Ärztehefteromane usw. gute Literatur. Sehr viele lesen sie Woche für Woche und finden sie gut.

  • Zitat

    Original von Anton
    Hier meine (natürlich subjektive) Meinung:
    Literatur ist für mich gut, wenn sie meinen persönlichen Ansprüchen gerecht wird.
    Ich habe hier schon einige Bücher, mehr oder weniger laienhaft, vorgestellt und rezensiert. Dabei waren sicherlich Werke dabei, die nach den Kriterien von Gelfert sicherlich als "gute Literatur", bzw. "schlechte Literatur" gesehen werden.

    Einverstanden. Jeder Leser hat schon gute, bessere und schlechtere Literatur gelesen. Das wäre ganz ein anderes Thema.

    Zitat

    Original von AntonDas ist aber völlig uninteressant.

    Für mich nicht. Ich interessiere mich sowohl vor der Lektüre als auch danach: Gut? Hervorragend? Warum? Schlecht? Warum?

    Zitat

    Original von Anton
    Ich stelle die Bücher immer so vor, dass sie meine "subjektive" Meinung ausdrücken; und das ist der Sinn und Zweck eines solchen Forums.


    Genau, so soll es sein. Genau das mache ich auf meinen Webseiten auch. Wobei ich sehr wohl auch objektive Kritierien berücksichtige, z.B. schon bei der Lektüreauswahl, weil ich einen Landserheftroman nicht anrühre.

    Zitat

    Original von Anton
    Was nutzt es den potenziellen Lesern, von Gelfert, oder wem auch immer, lesenswerte Bücher vorgestellt zu bekommen?


    Enorm viel.
    1) Wer sagt denn, dass Gelfert lesenswerte Bücher vorstellt? Er gibt Kritierien zur Beurteilung von Literatur an.
    2) Deine Frage stellt den Zweck eines Leserforums, das lesenswerte Bücher vorstellt und vor nicht lesenswerten warnt, in Frage!? Da frage ich mich aber, warum du an so einer für potenzielle Leser nutzlosen Einrichtung mitmachst?
    3) Mir nutzt es als dem potenziellen Leser viel, lesenswerte Bücher vorgestellt zu bekommen!

  • Zitat

    Deine Frage stellt den Zweck eines Leserforums, das lesenswerte Bücher vorstellt und vor nicht lesenswerten warnt, in Frage!? Da frage ich mich aber, warum du an so einer für potenzielle Leser nutzlosen Einrichtung mitmachst?


    Moment! Nicht das Wort im Mund rumdrehen, bitte!
    Ich denke, Du hast ganz gut verstanden, was ich damit sagen wollte.
    Nämlich:
    Das ich nicht glaube, dass es den Foren-Benutzern besser damit ginge"objektiv"- wertvolle- literaturgroßmeisterliche Beurteilungen zu bekommen, als die ehrliche, ungeschönte Meinung von Lesern, die letztendlich am Ende der Beurteilungskette stehen. Ich jedenfalls lege auf deren Meinung mehr Wert; darum mache ich hier auch mit.


  • ok, du hast recht, gleichsetzen kann man das nicht.
    was ich eigentlich meinte, ist aber: du scheinst "schaden" ja so zu definieren, dass ein buch dir auch dann "schadet", wenn dir bestimmte dinge daran nicht gefallen! oder intrepretier ich das falsch?
    falls du es so meint, ist das, finde ich, eine etwas zu weit gefasste definition dafür. ein buch schadet doch nicht, bloß weil hier und da was komisch formuliert ist. selbst ein buch, dass du komplett schwachsinnig findest, richtet meiner meinung nach noch keinen schaden an...


    aaah...irgendwie reden wir ziemlich aneinander vorbei, glaub ich... ?(

  • Zitat

    Original von Glass
    was ich eigentlich meinte, ist aber: du scheinst "schaden" ja so zu definieren, dass ein buch dir auch dann "schadet", wenn dir bestimmte dinge daran nicht gefallen! oder intrepretier ich das falsch?


    Nein, das siehst du richtig.
    Wenn mir ein Autor einen einzigen Satz von 128 Seiten zumutet, so schadet das meinem Lesevergnügen.
    Wenn ich für einen Roman 21,95 Euro bezahle und nach 20 Seiten feststelle: da lese ich nicht mehr weiter, hat mir der Autor geschadet. Da ich selbst für ein gebrauchtes Buch nie über 50% des Neuwerts zahle, biete ich das Buch dann im booklooker für 9,70 (plus 1,30 Euro Porto) an, dh. der Autor hat bei mir einen Schaden von 12,25 Euro bewirkt. Abgesehen vom Ärger, vertane Zeit...
    Der letzte Fall kommt eigentlich nicht vor, weil ich mich vorher recht eingehend informiere und daher extrem selten ein gekauftes Buch nicht zuende lese. Aber nur um meine Interpretation von "schaden" mit einem Beispiel zu belegen.
    Was meinst dann du mit "schaden"?

  • Anton
    Anscheinend habe ich deine Frage
    Original von Anton
    Was nutzt es den potenziellen Lesern, von Gelfert, oder wem auch immer, lesenswerte Bücher vorgestellt zu bekommen?

    falsch verstanden. Ich meinte, du stellst sie als rhetorische Frage und meinst es nützt den potenziellen Lesern nichts lesenswerte Bücher vorgestellt zu bekommen.
    Ich habe sie aber als echt gestellte Frage beantwortet: es nützt - zumindest mir - sehr viel, lesenswerte Bücher vorgestellt zu bekommen.
    Aber da weichen wir jetzt total vom Thema ab.

  • Zur Frage: was darf der Autor eines (historischen) Romans gerechtfertigt oder ohne dafür tadelnswürdig zu werden, fand ich in Wikipedia (das zwar mit Vorsicht zu nutzen ist, aber einen Fingerzeig kann es ja geben) unter Historischer Roman
    Der historische Roman kann wie ein anderer Roman nach allgemeinen Kriterien beurteilt werden: Ist er spannend, werden die Charaktere vertieft, ist die Handlung stimmig? Zusätzlich macht es einen guten historischen Roman aus, wenn die behandelte Epoche nicht nur als Kulisse dient, sondern ihre Eigentümlichkeiten herausgestellt werden.
    Es wird also festgestellt (was ich nie bezweifelte), dass es allgemeine Kriterien gibt. Dann werden Beispiele dafür aufgeführt. Ganz klar:
    - wenn die behandelte Epoche mit ihren Eigentümlichkeiten herausgestellt wird, so ist das normalerweise nicht gerechtfertigt kritisierbar.
    - Man kann kritisieren, dass die Handlung stimmig ist, das ist aber dann eine ungerechtfertigte Kritik.
    - usw. Zumindest interpretiere ich den Wikipedia-Beitrag so.
    [...] kann ein Schriftsteller dazu neigen, von historischen Fakten mitunter stark abzuweichen.
    Die Neigung des Schriftstellers bringt jetzt für die Kritik und Besprechung des Romans wenig.
    Man hätte es sich (nach Meinung anderer) leichter machen können:
    Der historische Roman darf alles. Und er darf für alles kritisiert werden.

  • Zitat

    Original von gavagai


    Was meinst dann du mit "schaden"?


    das beispiel, dass schon einige angeführt haben: verletzung von persönlichkeitsrechten, beleidigung von personen, usw...
    ich hab ja oben schon eingesehen, dass man das nicht gleichsetzen kann. schaden können bücher auch durch andere dinge...mensch, irgendwie bin ich gerade zu müde, um mir beispiele einfallen zu lassen....
    volksverhetzung hat irgendwer noch geschrieben. das ist auch "schaden anrichten".
    zugegeben, ich kann meine vorstellung von "schaden anrichten" nicht so richtig in worte fassen... :gruebel aber es ist schon mehr nötig, als dass ein buch einem nicht gefällt.


    das ganze dreht sich jetzt echt nur noch um diesen begriff. ich denke, ich hab verstanden, was du damit meintest und das ist jetzt geklärt...