Andrew Kaufman - Alle meine Freunde sind Superhelden

  • Originaltitel: All my friends are superheroes! (2003)


    Die Geschichte lässt sich in 5 Sätzen zusammenfassen:


    Tom und die Perfektionistin lieben sich. Bei ihrer Hochzeitfeier wird der Perfektionistin von ihrem Ex-Freund dem Hypnotiseur suggeriert, dass Tom sie verlassen hat und so wird er für sie unsichtbar. Nach Monaten des Wartens entscheidet sich Perf (die Perfektionistin) ihr Leben neu zu ordnen. Sie verlässt Toronto inkl. aller Erinnerungen und fliegt nach Vancouver, um ein neues Leben zu beginnen. Der Flug dorthin ist Toms letzte Chance, seine Ehe zu retten.


    Was hat diese Liebesgeschichte nun aber mit dem Titel zu tun? Wo sind die erwähnten Superhelden (im Klappentext ist von 249 in Toronto ansässigen Superhelden die Rede)?


    Zwei treten schon in der Kurzbeschreibung auf (zu erkennen an den Einleitungen „die“ und „dem“). Aber Toms Bekanntenkreis bietet noch eine Menge mehr: so z. B. den Amphibienmenschen, den Tom vor dem Ertrinken rettet. Oder Ohr, der die Intrige des Hypnotiseurs belauscht, aber nicht verhindern kann. Auch der Couchsurfer, das Stresshäschen, die Froschküsserin, das Faultier, der Moodswinger, Mrs. Stetsadrett u.v.a. bereichern Toms Leben.
    Wie sich einige von euch nun sicher denken können, handelt es sich hier nicht um geheime Identitäten oder Menschen mit Fähigkeiten, die ihnen immense Vorteile bringen. Nur die wenigsten von ihnen tragen Kostüme und viele sind selbst nicht glücklich mit der Art ihrer besonderen Fähigkeiten…


    Davon wie es ist, "Superhelden" zu lieben, erzählt der viel zu kurze Roman auf 107 Seiten. Außerdem davon, wie Superhelden gebrochene Herzen behandeln und davon, wie man für seine Liebe kämpft.


    Meine Meinung:


    Der Kauf dieses Romans war eine meiner seltenen Spontanentscheidungen. Der knuffig-spillerige Mann und die nostalgische Färbung auf dem Cover haben mich ebenso fasziniert wie der Titel. Mit dem Gedanken entweder werde die Lektüre „Top oder Flop“ habe ich es zur Kasse getragen und innerhalb zweier Abende durchgelesen. Und ich bin froh über den Kauf! Für mich hielt die Geschichte das, was mir der Klappentext versprach – eine warmherzige, komplett irrwitzige Geschichte für zwischendurch, bei der man wenig nachdenken muss, aber sehr gut unterhalten wird. Driften die Gedanken dann doch mal ab, dann sicher um zu überlegen, welche Superhelden im eigenen Umfeld ihr Dasein fristen.


    Denke ich über die eigentliche Handlung nach, hätte ich mir sehr viel mehr gewünscht:
    mehr Details, weniger Zeitdruck, ausgereiftere Personen. Aber komischerweise stört mich das Fehlen dieser eigentlich essentiellen Punkte in diesem Roman nicht wirklich. Die Atmosphäre ist sehr dicht; Toms und Perfs Leiden stark komprimiert, aber doch direkt greifbar. Kaufman baut viele Abschweifungen bezüglich verschiedener Superhelden ein, die mit der Geschichte an sich selten etwas zu tun haben. Er widmet ihnen mehrzeilige Absätze und reißt so die wenige Handlung, die da ist, auseinander. Insbesondere, wenn die Rede von den Superhelden ist, klingt ein klar ironischer Unterton durch. Es ist, als halte Kaufman der Welt den Spiegel vor, um zu sagen: „Nehmt euch nicht so ernst!“


    Also: meinen Geschmack traf das Gesamtkonzept.


    „Alle meine Freunde sind Superhelden“ ist ein bizarrer Roman, der sicher ebenso viele Fans finden wird wie gelangweilte und entnervte Leser. Ein roter Faden existiert, ihn nicht aus den Augen zu verlieren, ist hier die Kunst. Und das Dauergrinsen, das mir die humorvolle Art des Autoren auf das Gesicht gezaubert hat, ist unbezahlbar!


    Zum Autoren:
    Andrew Kaufman ist ein kanadischer Autor, Filmemacher und Radioproduzent. „Alle meine Superhelden“ ist sein erster Roman. (Dem Buchumschlag entnommen).

  • Oh schön, zu diesem Buch gibt es ja schon eine Eulen-Rezi :-)


    Mir hat "Alle meine Freunde sind Superhelden" wirklich sehr gut gefallen.
    Toms Freunde sind alle Superhelden, in ihrem Kreis wurde er aufgenommen, weil alle so fasziniert davon sind, jemanden zu kennen, der keine Superfähigkeit hat. Toms Freundin ist ebenfalls eine Superheldin , die Perfektionistin. Diese wird am Tag ihrer Hochzeit von ihrem Ex-Freund dem Hypnotiseur, hypnotisiert, und Tom kann machen, was er will, er ist für sie unsichtbar.
    Ihm bleibt nur noch der Flug der Vancouver, um Perf (als Perfektionistin nimmt sie schließlich ihr Leben in die Hand und will einen Neuanfang fern von alten Erinnerungen) doch noch von seiner Existenz zu überzeugen.
    (Da nur Perf Tom nicht sieht, ist diese Unsichtbarkeit übrigens keine Superfähigkeit.)


    Mich hat gerade die Kürze dieses Buches sehr übrzeugt, auf 400 Seiten ausgewalzt hätte sich die Geschichte vermutlich irgendwann tot gelaufen.
    108 Seiten, auf denen man sich glänzend amüsiert über Torontos 249 Superhelden (oder doch nur 42? Buch und Kalppentext sind sich nicht ganz einig, und das ist definitiv kein Buch, dass ich Strichliste führend lesen will...). Man fiebert mit Tom und dem Kampf um seine Perf mit und kann bei Bedarf auch das ein oder andere Tränchen verdrücken.


    Schuld am Kauf war übrigens mal wieder ein Podcast-Tipp, spontan hätte mich wohl weder Cover noch Titel zum Kauf verführt, und das wäre ausgesprochen schade gewesen ;-)

  • Verlag: Sammlung Luchterhand


    Originaltitel: All my friends are superheroes


    Übersetzt aus dem Kanadischen Englisch von Chris Hirte


    Handlung:
    Alle Leute, die Tom mag, sind Superhelden. Da ist zum Beispiel „Die Kopistin“, die jeden Gesichtsausdruck problemlos imitieren kann, oder „Die Froschküsserin“, die aus jedem Deppen einen strahlenden Sieger macht – und noch 40 weitere. Tom ist sogar mit einer Superheldin verheiratet. Leider haben die Feinde von Tom, der ein ganz normaler, liebenswerter Typ ist, auch Superheldenkräfte. Und so hat der Hypnotiseur Toms Frau am Hochzeitstag hypnotisiert. Seit sechs Monaten ist sie nun nicht mehr in der Lage, Tom zu sehen, er ist einfach unsichtbar für sie ...


    Über den Autor:
    Andrew Kaufman ist Autor, Filmemacher und Radioproduzent. "Alle meine Freunde sind Superhelden" ist sein erster Roman.


    Rezension:
    Für das Herausgeben dieses schmalen Buches, dass ungewöhnlich und wohl nicht Massengeschmackstauglich ist, muss ich den Verlag Luchterhand sehr loben, da sie das witzige Cover der englischen Originalfassung übernommen haben und das Buch auch ansonsten gut gestaltet ist. Der Verlag hat sogar extra noch ein Video mit Musiktitel zum Buch aufgenommen und auf youtube zur Verfügung gestellt. So viel Engagement überträgt sich auch aufs Lesen.


    Der Autor hat einen kurzen Roman geschrieben, der eigentlich nur den Flug der beiden Hauptpersonen Tom und Perf von Toronto bis nach Vancouver umfasst, aber es gibt umfassende Rückblicke. Stilistisch arbeitet der Autor mit starken Bildern, viel Wortwitz, auch Wortspiele und einer großen Empathie zu den Figuren.


    Tom als einzig normaler unter seinen Freunden, die eigentlich auch normal sind, aber zusätzlich mit wenigstens einer ungewöhnlichen Superkraft ausgestattet, iverliebt in „Die Perfektionistin“ (kurz Perf), die er auch heiratet. Der eifersüchtige Exfreund Hypno belegt Perf aber mit einer Hypnose, so dass Tom für sie unsichtbar wird. Sie nimmt Tom nicht mehr wahr und fühlt sich verlassen und beschließt nach Vancouver zu ziehen. Tom kämpft die ganze Zeit gegen diese Unsichtbarkeit an, doch es gelingt ihm nicht, zu ihr durchzudringen. Dabei erinnert er sich zurück, wie er sie kennen lernte und sie sich verliebten.


    Geschickt bringt der Autor in den eigentlich witzigen und leichten Plot interessante Themen ein: Die Schwierigkeit von Beziehungen, wie sei enden, wie sie innerlich überdauern. Das Verlassen werden und die Trauer und Melancholie über eine gescheiterte Beziehung.
    Das ist großartig gemacht.


    Der Roman ist eigentlich so kurz, dass es sich eher um eine Novelle handelt. Dabei sind die angedeuteten Themen so wichtig, dass ich sie eigentlich gerne ausführlicher in einen kompletten Roman gesehen hätte.
    Am auffälligsten sind die wirklich kurzen Einschübe in denen ein Superheld nach dem anderen mit seiner ganz persönlichen Geschichte und speziellen Superfähigkeit vorgestellt werden.
    Bei allem Respekt vor der Meisterschaft in der kurzen Form, hätten es einige Figuren verdient nicht ganz so nebenbei abgehakt zu werden.


    So bleibt am Schluss bei mir ein positiver Eindruck eines originellen nordamerikanischen Romans zurück, in einem Stil den ich mag, doch wegen dem Gefühl, etwas fehlt, bleibt der letzte Überschwang dann doch aus.
    Nur einige Szenen bleiben unvergesslich, z.B. die Operation am Herzen, das Schrumpfen einer Superheldin (Irgendwann) bis zum Staubkorn, die Tränen in Form von Fernsehern bei TV-Girl und vor allem die fast perfekte Liebesgeschichte.

  • "Alle meine Freunde sind Superhelden" ist ein Roman der wie David-Lynch-Filme abläuft, man versteht nach dem ersten Schauen des Filmes die Handlung nicht, nur nach mehrmaligem Ansehen versteht man immer mehr... so ist es auch mit den Superhelden. In der Leserunde wurde das Buch gemeinsam gelesen und jeder hatte andere Eindrücke.


    Ich bin zwiegespalten, habe das Buch "noch" nicht richtig verstanden und werde es zu seiner Zeit noch einmal zur Hand nehmen.


    Ich vergebe 7 von 10 Punkte, die ist es auf jeden Fall wert. Es kann nur besser werden.

  • Meine Meinung
    Ich bin hin- und hergerissen, was dieses schmale Büchlein angeht.


    Auf der einen Seite war es nett zu lesen und es hatte durchaus seinen Reiz. Auf der anderen Seite bin ich aber nicht so recht hinter den tieferen Sinn gestiegen. Möglicherweise gibt es den aber auch nicht?


    Die Geschichte einer scheinbar verlorenen Geschichte ist nett und mysteriös aufbereitet, aber sie hat mich mit vielen Fragezeichen zurückgelassen, die sich mir einfach nicht erschließen wollen.


    So war es für mich zwar kurzweilige Unterhaltung, aber mit einfach zu vielen offenen Fragen, um mir wirklich gut zu gefallen.


    Das ergibt auch 7 Punkte von mir!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Man müßte dieses Buch schon kennen, bevor man es liest, damit man sich darauf einstellen kann. Natürlich ist das Unsinn - andererseits denke ich dieses Buch würde mehr Menschen gefallen, wenn sie wüssten was auf sie zukommt und nicht darüber nachdenken würden: "Was will mir der Autor damit sagen?" Denn um in das Buch "reinzukommen" ist es zu kurz. Auf jeden Fall sollte man beim lesen nicht über das Gelesene nachdenken sondern die Geschichte einfach auf sich wirken lassen. Denn es ist eine sehr schöne Geschichte, eine Liebesgeschichte wie man sie selten in die Hände bekommt. Erst nach Beendigung des Buches kann man, wenn man aus diesem Traum erwacht ist, darüber nachdenken, welche Bedeutung das alles hat.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Ich hab es mir heute aussuchen dürfen und werde es bestimmt sehr bald lesen und die Leserunde beglücken.


    Bin auf Deine Meinung gespannt... :-]

  • Ich beginne... werde auch noch mal in der Leserunde rumsenfen... :wave


    Edit:
    Und ich bin fertig.
    Ein super schönes Buch, wenn man sich auf die Absurdendinge einläßt. Allein die Szene mit den Kartons "Freund" und "Geliebter" war einfach herrlich schön und am Ende hatte ich ein Tränchen im Auge.
    übrigens bin ich fest davon überzeugt, daß ich Irgendwann bin. Ich verschieb auch immer alles und klein bin ich auch, das wäre die Erklärung! :anbet
    Kurz ein wirklich famoses Büchlein, ein absolutes Highlight noch kurz vor Jahresende... :anbet

  • Zitat

    Original von Eskalina
    :sonnenbrille Warum muss ich jetzt hier reinsehen?
    Ok, überredet, ich habe noch 20 Euro bei amazon gut...


    Ich glaube, das könnte dir wirklich sehr gut gefallen... :-] :lache

  • Meine Rezension:


    In der Kürze liegt die Würze. Andrew Kaufman beweist mit seinem Buch, dass 108 Seiten ausreichen, um eine ganz zauberhafte Geschichte zu erzählen: Die Geschichte von Tom (KEIN Superheld) und seiner Superheldin-Freundin, für die er leider seit der Hochzeit unsichtbar ist und den 40 anderen Superhelden Torontos, deren Superfähigkeiten ebenso skurril wie praktisch oder aber kompliziert, offensichtlich oder aber verborgen sind. Die gesamte Geschichte spielt auf einem einzigen mehrstündigen Flug, auf dem Tom sein Leben und seine Beziehung zu der "Perfektionistin" Revue passieren lässt. In dieser Rückschau, die fast schon fragmentartig anmutet und dennoch so liebevoll und mit unzähligen kleinen wunderbaren Details gespickt erzählt ist, taucht der Leser ein in eine andere Welt, in der übermenschliche Fähigkeiten völlig normal und Normalos wie Tom exotisch erscheinen. Wer einen ausgefeilten Roman erwartet, wird vermutlich enttäuscht werden, wer aber die verborgenen Schätze in diesem Buch entdeckt, sich auf die vielen phantastischen Ideen einlässt und diese weiterspinnt, dem bereitet die Lektüre ganz sicher ein ganz besonderes und trotz der Kürze nachhaltiges Vergnügen.


    9 Punkte von mir!

  • Zunächst einmal ist festzustellen, daß das Cover dieses Buches in seiner Schrägheit einfach nur genial ist; ich krieg mich gar nicht mehr ein. Das Buch selbst ist sehr interessant, warmherzig und intelligent gemacht und bringt den Leser mit der bildhaften Sprache und den Metaphern immer wieder zum Nachdenken und enthält sowohl witzige als auch tragische Elemente. Meine beiden Lieblingsszenen sind zum einen die Herzoperation, zum anderen die beiden beschrifteten Schachteln und die Art und Weise, wie sich Tom bei der geforderten Wahl zwischen Freund und Geliebter entscheidet. Schade nur, daß sich der Autor nicht die Mühe gemacht hat, einen "richtigen" Roman aus seinem großartigen Stoff zu machen; so hatte ich zwar das Gefühl, die Gefühle der beiden Hauptfiguren nachspüren zu können, vieles andere allerdings, das eine weitere Erwähnung wert gewesen wäre, fällt unter den Tisch bzw. wird nur angedeutet.
    Auf jeden Fall ist das ein Buch zum immer wieder einmal-Lesen, sodaß man jedesmal ein weiteres kleines Detail schätzen lernen kann.
    8 Punkte.

  • "Alle meine Freunde sind Superhelden" ist ein zwar kurzer aber dafür sehr außergewöhnlicher Roman. Und damit meine ich nicht nur die originellen Charaktere, die schließlich Superhelden sind (aber nicht im klassischen Sinne) und die phantastischen Ideen, sondern vor allem die Art und Weise wie Kaufmann es auf so wenigen Seiten schafft, eine so dichte Atmosphäre und so viele Emotionen hervorzurufen.


    Eine wirklich besondere Geschichte über die Liebe und ihre Tücken, sowie andere alltägliche Probleme von Superhelden, die eigentlich genauso gestrickt sind wie du und ich. Die vorherrschende Stimmung ist dabei sehr melancholisch und dennoch beinhaltet die Geschichte ziemlich tiefgehenden Humor.


    Ich würde es am liebsten gleich noch einmal von vorne lesen, um die ganzen kleinen Details und Dialoge noch tiefer zu ergründen.


    Meiner Meinung nach ist das ein wundervolles Buch, das aus der Masse heraus sticht. Ich werde mir auf jeden Fall auch die anderen Bücher von Kaufmann ansehen.


    Von mir gibt's 10/10 Punkten. :-]


    PS: Ich empfehle es im Original zu lesen. Namen und Wortspiele wirken einfach viel besser.