'Die Kapelle der Glasmaler' - Seiten 157 - 306

  • Zitat

    Original von Bernard
    Ich meine mich zu erinnern, dass geschildert wurde, dass er inzwischen einige Gaukler getroffen hat, die er schon seit seiner Kindheit trifft, zum Beispiel den kleinen Messerwerfer.


    Stimmt, daran habe ich garnicht mehr gedacht. :bonk Ob die dann wohl in eine andere Stadt weitergezogen sind? Erwähnt werden sie ja nicht mehr.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Zitat

    Original von ottifanta
    Ich glaube, dass Ghislain bei Alix Freundschaft und auch körperliche Nähe sucht.


    Das sehe ich auch so.
    Seine Beziehungen sind immer sehr flüchtiger Art, meist ist er auf sich allein gestellt. Gaukler bleiben ja nie lange an einem Ort. Auch wenn er in Paris alte Bekannte wiedertrifft: Die ziehen eben auch bald weiter.


    Alix ist etwas jünger als Ghislain.
    Jehanne ist deutlich jünger als er. Deshalb bemerkt er wahrscheinlich gar nicht, wie sie ihn anschaut. Ich habe als Vierzehnjährige auch mal einen Zwanzigjährigen angehimmelt. :rolleyes Der Gute hat es mit Fassung getragen. :grin


    Ich möchte auch wieder nach Guédelon.


    Liebe Grüße


    Kirsten

  • Der bisher umfangreichste Abschnitt wirft viele Fragen auf:


    Clement findet zunächst keine Anstellung als Glasmaler, seine Töchter müssen mit Geld für die Familie verdienen und nur durch Edwiges zureden nimmt er die Stelle bei Thomas an. Wird er in seinem Handwerk sein Glück finden in Paris? Bleibt ihm seine Familie so erhalten?


    Thomas, ein verbitterterter, dennoch erfolgreicher Mann, der seine Frustrationen an seinem eigenem Sohn auslässt. Er zeigt ein nicht wirklich gesundes Interesse an Lise , die sich zu ihm hingezogen fühlt, nichts ahnend, das er nur die Gefühle zu Edwige auf sie projiziert. Oder sollte er wirklich an dem Mädchen interessiert sein?


    Wer hat nun die Pläne für Kapelle wirklich gestaltet, Pierre oder der Bettler mit dem entstelltem Gesicht? Verbindet die beiden gar mehr?


    Welche Verbindung besteht zwischen Ghislain und den de Lucy's? Welche Verbindung zu Donatien? Warum soll Ghislain nach so langer Zeit immer noch sterben?


    Eigentlich gehöre ich zu den Menschen mit sehr schlechtem Namensgedächtnis. Aber obwohl die Namen mir eher fremd sind, kann ich sie, durch die bildhafte Darstellung der Personen hier im Buch, gut zuordnen. Mal wieder ein Kompliment an die Autorin!

  • Zitat

    von Bouquineur
    Sucht er in Lise, die ihrer Mutter so ähnlich sieht, nach Edwige oder macht er sich aus reinen Rachegelüsten an sie heran?
    Was mag Lise erwarten, wenn er sie erst mal besitzt? Schläge, Demütigung?


    Ganz meine Gedanken!


    Zitat

    von Charlie
    Ich gebe zu: Thomas war - trotz Protest der Autorin - neben Ghislain im Roman meine Lieblingsfigur. Die Gestalt dieses Mannes, der so gern ein Kuenstler sein moechte, aber im Grunde weiss, dass er nichts anderes als ein guter Handwerker sein kann, der die Kraft, mit seinen geplatzten Traeumen zu arbeiten und weiterzugehen, nicht besitzt und sich deshalb mit aller Kraft an seine verlorene Liebe klammern muss, hat mich sehr beruehrt(….).
    Vielleicht haben ja die meisten von uns zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens einen Funken Thomas in sich.


    Ein Interessanter Gedanke und Hoffnung auf einen Funken Anstand in seinem Innersten!

  • Zitat

    Original von ottifanta


    Hinter seinen Bemühungen um Lise vermute ich auch nichts Gutes. Sie ist viel jünger als er und sehr naiv. Ich frage mich, was sie in ihm sieht. Ob sie so unglücklich ist und sich so ungeliebt fühlt? Sicher ist es nicht einfach, dass der Vater sich mit ihrer jüngeren Schwester besser versteht. Aber dann in die Arme eines Mannes zu laufen, der ihr Vater sein könnte? Bisher ist Lise für mich noch recht blass.


    Am Anfang ist der Grund mE viel trivialer: sie hat Hunger und kann sich bei Thomas den Bauch mit Köstlichkeiten vollschlagen. Damit hat sie auch in der Familie eine gewisse Sondersituation, weil sie satt nach Hause kommt, wo ihre Familienmitglieder von der Hand im Mund leben müssen, was bei ihr aber auch ein schlechtes Gewissen auslöst.


    Daraus entwickelt ich dann mehr. Sie bekommt Aufmerksamkeit und wird als jemand besonderes behandelt, während zu Hause wohl die wirtschaftliche Situation im Vordergrund steht und aufgrund der Interessen Jehanne zu ihrem Vater einen besseren Draht zu haben scheint.


    ---


    Jetzt hab ich den Abschnitt auch endlich fertig. Leider schaffe ich es derzeit nur selten Lesezeit abzuzwacken, hoffe mir heute noch eine Stunde gönnen zu können. Dafür ist es sehr positiv, dass ich trotz der Dichte des Romans immer wieder sofort mitten drinnen bin, wenn ich auch nur kurz lesen kann.

  • Zitat

    Original von taciturus
    Leider schaffe ich es derzeit nur selten Lesezeit abzuzwacken, hoffe mir heute noch eine Stunde gönnen zu können.


    Sind gerade Prüfungen? Ich arbeite ja in einer Fachhochschule und sehe derzeit viele gequälte Gesichter vor mir. Dass Du es trotzdem schaffst weiter zu lesen, freut mich sehr! Was Lise angeht, würde ich Dir zustimmen.


    Joschi
    Danke für das "Namenskompliment". :-)


    Liebe Grüße


    Kirsten

  • Zitat

    Original von Solas


    Sind gerade Prüfungen? Ich arbeite ja in einer Fachhochschule und sehe derzeit viele gequälte Gesichter vor mir. Dass Du es trotzdem schaffst weiter zu lesen, freut mich sehr! Was Lise angeht, würde ich Dir zustimmen.


    Ja, das Semester hat gerade aufgehört und daher ist jetzt wieder Prüfungssaison. Heuer ist bei mir leider erst ein Ende um den 20. August in Sicht.

  • Zitat

    Original von taciturus
    Da kniffle ich grad an der Art des Angebots: warum geht Thomas gleich zu Edwige und spricht nicht mit Clément? Das er sie nur sehen will, wäre mir hier als Erklärung zu plump. Weil er glaubt, Clément würde nie annehmen oder weil er einen Spalt zwischen die Beiden treiben will? Andererseits, wenn es ihm nur um Vergeltung ginge, ist sein Angebot kontraproduktiv.


    Ich denke, Clément würde ablehnen, wenn er allein entscheiden dürfte.
    So kann Thomas 1. Edwige anschauen, 2. sich an ihrer Situation weiden und 3. ihre Not nutzen. Seine Freude daran ist vielleicht der Streit, den er auszulösen hofft, das Unwohlsein der beiden, auf ihn angewiesen zu sein, vielleicht auch Eifersucht, die sein Besuch bei Cléments Frau in diesem auslösen könnte. Auf jeden Fall ist Thomas gerissen.

  • Zitat

    Original von taciturus
    Sie bekommt Aufmerksamkeit und wird als jemand besonderes behandelt, während zu Hause wohl die wirtschaftliche Situation im Vordergrund steht und aufgrund der Interessen Jehanne zu ihrem Vater einen besseren Draht zu haben scheint.


    Das finde ich treffend formuliert.
    Die beiden Mädchen sind so unterschiedlich. Lise trägt als Älteste den Haushalt mit und da Edwige nicht sichtbar Partei ergreift, geht sie zwischen dem kranken jüngeren Kind und der selbstsicheren Jehanne unter. Die Neigung zu Tand und Mode macht die Sache nicht leicher. Sie ist ohne Selbstbewusstsein und ihrer Familie sind keine Lobeshymnen zu entlocken.

  • Nun lernen wir Thomas kennen, und warum sich Edwigebrutal, unsymphatisch, was hat er in Bezug auf Clement vor? Dass er Lise immer mehr für sich einnimmt, scheint mir sehr berechnend, jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass das für Liese gut ausgeht.


    Insgesamt geht es Clements Familie schlecht, er findet nicht sofort einen Job, und dann ist er eher Hilfskraft. Dass ihn dann gerade Thomas beschäftigt, gefällt mir nicht, scheint das doch alles Bestandteil eines bösen Plans zu sein, den er schmiedet.


    Was Ghishlain angeht, hatte ich schon befürchtet, dass die Nachricht, die er überbrachte, ihn betrifft, doch wieso? In welcher Beziehung stehen die Kommunizierenden, insbesondere die de Luzys, zu Donatien? Und warum wollte Donatien Ghishlain damals töten und verfolgt Jahre später noch immer dieses Ziel? Ich bin gespannt, was dahinter steckt.


    Interessant finde ich auch die Geschichte um den Bettler und den Baumeister, ist etwas dran an dem Gerücht, dass eigentlich der Bettler die Kapelle entworfen hat und was ist mit ihm passiert, das ihn so entstellt hat?


    Insgesamt bin ich weiterhin begeistert von dem Buch. Die Figuren empfinde ich gar nicht als schwarz-weiß, im Gegenteil. Auch die "Guten" haben schlechte Eigenschaften, was sie nur menschlich macht.


    Ich freue mich auf den nächsten Abschnitt!

  • Was mir an Lise unsympathisch erscheint, ist dass sie sich bei Thomas vollfuttert und nicht mal heimlich was einsteckt für ihre kleine Schwester. Klar, wenn es zu Hause nicht viel gibt, greift man zu. Zumal Thomas versucht sie zu verführen und für sich einzunehmen (bis er es geschafft hat :bonk ). Aber sie hat scheinbar überhaupt kein schlechtes Gewissen, dass die Schwestern hungern und die Kleine gar krank ist.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Ich hatte schon den Eindruck, dass Lise unter dem Geheimnis leidet, vor allem unter schlechtem Gewissen. Das sie die Quelle nicht teilt kann ich insofern nachvollziehen, dass, wenn einmal ausgeplaudert alles auffliegen würde und ich vermute, Thomas würde seine Zuwendung sofort einstellen. In gewisser Weise erpresst er sie.

  • Ich habe das Buch schon lange durch, komme aber leider kaum zum Posten. :-(


    In diesem Abschnitt begegnen wir Thomas. Inwiefern hier schwarz-weiß-Malerei betrieben worden sein soll, wird mir nicht klar. Muss ein Mensch, der Schlechtes tut, gleich ein zerrissener Charakter sein, damit er glaubhaft ist? Thomas weint, er leidet auf seine Art und liebt Edwige vielleicht sogar noch. Aber er ist auch ein Mensch, der Schwächere drangsaliert, wie im Umgang mit seinem Sohn schnell deutlich wird. Er hat eine Frau geheiratet, die er nicht liebt, auch das ist nicht ungewöhnlich.


    Zitat

    Original von taciturus
    Vll. zeigt sich hier noch die Unterordnung Clements Leben unter die Kunst bzw. seinen Wunsch ein bedeutendes Kunstwerk zu schaffen. Das ist im wichtig, hier geht er kompromisslos seinen Weg ohne Rücksicht auf Verluste. Familienleben dabei zweite Geige. Beim Überfall im Wald sofort der Gedanke an die Werkzeuge, wobei man hier sicher auch nicht zu viel reininterpretieren darf, schließlich sind sie auch Lebensgrundlage für die Familie.


    Dass Clément seinem Traum alles andere unterordnet, auch seine Familie, sehe ich auch so. Aber das mit den Werkzeugen hat ganz sicher allein den Grund, dass sie, wie du sagst, die Lebensgrundlage sind. Werkzeuge waren sicher teuer und schwer zu beschaffen.


    Zitat

    Original von taciturus
    Sein Arbeitsangebot an Clement ist daher auch widersprüchlich. Einerseits die deutlich erkennbare Absicht Edwige in der Nähe zu haben, eine gewisse Macht über Clement zu haben. Andererseits hat man aber auch den Eindruck, dass ihn die Notsituation Edwiges ihn nahe geht. Wenn seine Lösung wohl eher auf eine Abwerbung hinauslaufen dürfte, denn als auf eine wirkliche Hilfe.


    Ich glaube, es geht ihm eher um das Ausspielen seiner Macht und darum, Edwige zu zeigen: "Sieh mal, wie gut es dir an meiner Seite ergangen wäre."


    Ghisslain ist nach wie vor eine meiner Lieblingsfiguren. Die Geschwister Aimon und Alissende sind sehr schön charakterisiert. Sympathisch sind mir beide nicht, wobei ich nicht mal sagen kann, wen ich weniger mag.


    Lise ist sehr blass, aber sie hat auch eine schwere Rolle - die Älteste, die immer Vorbild sein muss, vernünftig sein muss, im Haushalt helfen muss und einfach übersehen wird. Jehanne ist der Liebling ihres Vaters und Magaux erfährt aufgrund ihrer Zerbrechlichkeit die volle Zuwendung ihrer Mutter. Lise hat sicher nicht weniger Träume als Jehanne, aber weil diese so normal für ein Mädchen ihres Alters sind, gehen sie einfach unter.


    Dass sie kein schlechtes Gewissen hat, weil sie sich bei Thomas den Bauch vollschlägt, sehe ich nicht so. Aber sie kann ja schlecht mal eben den Tisch abräumen und sagen: "Das nehme ich dann mal für die anderen mit."

  • Zitat

    Original von Laila
    Lise ist sehr blass, aber sie hat auch eine schwere Rolle - die Älteste, die immer Vorbild sein muss, vernünftig sein muss, im Haushalt helfen muss und einfach übersehen wird. (...) Lise hat sicher nicht weniger Träume als Jehanne, aber weil diese so normal für ein Mädchen ihres Alters sind, gehen sie einfach unter.


    Abgesehen davon, dass ich an solchen Figuren künftig noch genauer arbeiten werde, finde ich die Beschreibung hier sehr treffend.


    Zitat

    Original von Laila
    Aber sie kann ja schlecht mal eben den Tisch abräumen und sagen: "Das nehme ich dann mal für die anderen mit."


    :lache


    Liebe Grüße


    Kirsten

  • Zitat

    Original von Solas


    Abgesehen davon, dass ich an solchen Figuren künftig noch genauer arbeiten werde, finde ich die Beschreibung hier sehr treffend.


    Ich meinte nicht, dass du sie blass gezeichnet hast, sondern dass sie so ein Typ ist. Es gibt ja Menschen, die irgendwie immer übersehen werden.

    Worte sind die mächtigste Droge, welche die Menschheit benutzt. (Rudyard Kipling)

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  • Zitat

    Original von Solas
    Ach so. :grin
    Da sprach wahrscheinlich die Angst aus mir, ich könnte Lise genauso übersehen haben, wie ihre Eltern.


    Du hast überhaupt niemanden übersehen.


    Liebe Grüße,
    Laila

  • Auch dieser Abschnitt hat mir jede Menge Spaß gemacht beim Lesen. Es wirkt alles schön lebendig und zieht einen richtig in die Geschichte hinein. Sehr schön.


    Die Figuren finde ich auch gut ausgearbeitet - jede mit ihren Stärken und Schwächen. Manchmal treibt mich die Wortkargheit mancher Charaktere aber fast in den Wahnsinn - na ja, fast halt. ;-) Das ist keine Kritik an der Ausgestaltung der Charaktere, sondern damit zu vergleichen, wenn man als Leser weiß, dass der Mörder mit erhobener Axt hinter dem ahnungslosen Protagonisten steht und man denkt nur: "Dreh dich um! Dreh dich doch einfach mal um!" Es ist also eher ein Zeichen dafür, dass einem die Geschichte nahe ist und man sich ereifern kann.


    Bei Lise geht es mir so. Ich möchte sie manches Mal gern wachrütteln. Sie ist wirklich äußerst naiv, aber okay, sie ist auch jung und sehr unerfahren. Ich denke wie die meisten hier, dass Thomas nicht gut für sie ist. Und wahrscheinlich wird diese Verbindung nicht nur ihr selbst schaden, sondern ihrer gesamten Familie (zumindest tippe ich darauf). Ihre Geheimnistuerei ist sicherlich nachvollziehbar (daher auch gut entwickelt), aber eben trotzdem dämlich. ;-)

    Bei Clément und Edwige geht mir das zum Beispiel auch so. Beide haben ihre Träume, Sehnsüchte. Sie teilen sie sich aber nicht mit. Für ein Ehepaar reden die beiden insgesamt sehr wenig miteinander. Sie scheinen sich immer mehr zu entfremden. Clément würde ich gern zurufen: "Siehst du nicht, dass deine Frau unglücklich ist? Nimm sie endlich in den Arm, du Tölpel, und hör dir ihre Sorgen an!" Und Edwige erscheint mir einfach sehr passiv. Sie scheint nicht begriffen zu haben, was die Arbeit an der Kapelle ihrem Mann wirklich bedeutet. Klar, sie weiß, dass es ihm wichtig ist, schließlich sind sie extra dafür nach Paris gegangen. Aber sie erkennt meiner Meinung nach nicht das Ausmaß: Dass es für ihn das Lebenswerk ist, dass er unbedingt seinen Anteil beitragen möchte. Für ihn ist es die Erfüllung seines Traumes - wenn auch nicht in der ihm eigentlich zustehenden Position, sondern sogar als Gehilfe seines Feindes (so kann man Thomas jetzt wohl bezeichnen). Aber würde Edwige ihm zur Seite stehen, ihn unterstützen, ihn aufmuntern und ihn motivieren, dann wäre das sicher alles viel leichter für ihn. Das tut sie aber nicht. Auf der anderen Seite teilt sie ihm aber auch nicht deutlich ihre Sorgen mit. Sie leidet so vor sich hin. Dafür würde ich sie gerne durchschütteln. Würden die beiden mehr miteinander reden, wäre vieles sehr viel einfacher.


    An einer Stelle habe ich gestutzt und sie ist mir auch jetzt noch nicht klar. Nahezu das einzige Mal, dass die beiden doch miteinander reden, erschließt sich mir nicht. Auf S. 247, 248 beschäftigt sich Clément mit Entwürfen. Zuvor hat ihn Thomas in die Winterpause entlassen. Edwige macht ihm nun Vorwürfe, er solle das lassen, schließlich sei Pause und außerdem solle er endlich akzeptieren, dass er Gehilfe sei und nicht mehr. Hm. Worin liegt ihr Problem? Im Grunde müsste sie sich über seine Begeisterung für die Arbeit und seinen Ehrgeiz freuen (sag ich mal so). Das tut sie nicht. Okay. Aber trotzdem ist es ja nicht gleich was Schlimmes. Die Alternative ist: Er sitzt rum. Ich glaube nicht, dass Männer damals dann halt Windeln gewechselt und gekocht haben. :grin Für sie ändert sich nicht viel, ob er sich nun mit Entwürfen beschäftigt oder nicht. Oder ist es so, dass er dafür Material anschaffen/kaufen muss und dieses Geld dann der Familie fürs Essen fehlt? Das wäre ein Grund für ihr Verhalten. Ansonsten ist es mir schleierhaft. Und ich gehe eigentlich davon aus, dass dieses Material gestellt wird und er es sich von der Baustelle mitgenommen hat. Liege ich falsch?
    Das war aber die einzige Stelle, an der ich gestrauchelt bin.


    Fazit bis hierher: Eine herrlich farbenfrohe, lebendige Lektüre mit starken Charakteren.

  • Zitat

    Original von katzano
    Das ist keine Kritik an der Ausgestaltung der Charaktere, sondern damit zu vergleichen, wenn man als Leser weiß, dass der Mörder mit erhobener Axt hinter dem ahnungslosen Protagonisten steht und man denkt nur: "Dreh dich um! Dreh dich doch einfach mal um!" Es ist also eher ein Zeichen dafür, dass einem die Geschichte nahe ist und man sich ereifern kann.


    :lache
    Danke schön.


    Die Sprachlosigkeit war mir gar nicht so aufgefallen, aber Deine Beobachtung ist treffend. Ich denke, dass sich viele Probleme lösen ließen - und das betrifft jetzt nicht nur die Welt der Geschichte -, wenn man einfach mal den Mund aufmachen würde. Viel zu oft wird geschwiegen. Das ist eine Sache, die mich häufig beschäftigt.

    Auch bei Edwige hast Du einen wichtigen Punkt getroffen. Sie erkennt wohl tatsächlich nicht das ganze Ausmaß von Cléments Traum, andererseits hat sie auch eher die Kinder vor Augen, sieht, wenn es ihnen schlecht geht und natürlich ist da noch ihr eigener, kleiner Traum von Sicherheit, einem festen Haus und Ansehen.
    Was die Stelle angeht, an der Du gestutzt hast: Edwige reagiert hier einfach über. Cléments Wunsch genau diese Arbeit an dieser Kirche auszuführen, hat sie alle in eine schwierige Lage gebracht. Am liebsten würde sie Zuhause keinen Hinweis auf das sehen, was er tut, noch nicht einmal Entwürfe auf alten Holztafeln (die gute alte Vogel Strauß-Taktik). Indem sie ihm sagt, dass er nur Gehilfe ist, stutzt sie ihn dazu noch zurecht. Dass, was er tut, ist für sie nicht so wichtig, jedenfalls nicht so wichtig, wie die Familie, die er übersieht. Ich bin mir sicher, sie hat sich keine Gedanken darüber gemacht, was er ansonsten tun soll.


    Liebe Grüße


    Kirsten