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'Die Kapelle der Glasmaler' - Seiten 409 - 560
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Wieder ein Abschnitt, in dem so viel auf einen einstürmt, so viele Eindrücke, Geschichten, Personen.
Lise rächt sich offenbar auf ihre Art an Thomas, indem sie in die Werkstätten einbricht und seine Arbeiten zerstört. Es kommt allerdings niemand darauf, das sie dahinter steckt. Clement vermutet kurzzeitig eher Jehanne hinter den Taten. Oder eine unschuldige Katze, deren Fell dann später über der Eingangstür hängt (Für mich als Katzenbesitzerin eine grausige Vorstellung).
Ihre Schwangerschaft kann sie zunächst verbergen. Schlimm was passiert, als sie langsam offensichtlich wird. Ein regelrechter Spießrutenlauf beginnt. Beschimpfungen, Spott, sogar Tätlichkeiten ist sie ausgesetzt. Und von ihrer Familie bekommt sie keinen Rückhalt. Edwige, die mit dem Tod von Margeaux nicht klar kommt, stellt sich in ihrer Trauer und Starre gegen Lise. Lise, die glaubt, ihr Kind wäre ein Dämon, verliert nach der Geburt den Verstand. Ich nehme an, dass sie selbst den Brand in der Werkstatt gelegt hat, bei dem sie schließlich umkommt.
Und erst dann erwacht Edwige aus ihrer Starre. Die Aufgabe, mit der sie Jehanne betraut hat war wohl, den Jungen vor das Kloster zu legen. Irgendwie dachte ich, Jehanne würde ihn großziehen. Mal schauen, was da noch kommt.Ghislaine gerät in eine seltsame Familienfehde. Erst wird er von seinem Halbbruder gefangen genommen, muss eine Nacht mit seinem toten Vater verbringen und wird am nächsten Tag von seiner Mutter, an die er sich nicht erinnern kann gerettet. Mir kommt das allerdings so vor, als hätte er die eine Gefangenschaft gegen eine andere eingetauscht. Seine Mutter hat eine Seite, die mir nicht gefällt. Der tote Fischer und Aimon, der von ihrer rechten Hand mittels Hund ins Jenseits befördert wird, gehen auf ihr Konto, obwohl sich Ghislain ausdrücklich gegen deren Tod ausgesprochen hat.
Ich glaube nicht, dass sich Ghislain in die Rolle des Herrschers zwingen lassen wird. Dafür hat er zu lange zu selbständig und frei gelebt. Die Rolle passt auch nicht zu ihm.
EDIT: Kleine Anmerkung: Wenn ich um diese Zeit noch lese, dann ist das ein untrügliches Zeichen, dass mich ein Buch restlos begeistert
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Ich bin mit dem Abschnitt fast fertig und lese deshalb noch nicht, was Bouquineur geschrieben hat.
Wie in den vorherigen Abschnitten erstaunt mich wieder, auf wie vielfältige und poetische Weise das Glas beschrieben wird. Diesmal ist es ein Gedanke von Lise, als sie ganz am Anfang des Abschnitts in der Werkstatt ist. Sie versucht herauszufinden, was den Vater und die Schwester so am Glas fasziniert. "Im zweiten fanden sich winzige Wellen, als hielte sie ein hart gewordenes Stück Wasser in der Hand,..."
Das Tempo der Erzählung zieht deutlich an. Lise verzweifelt an ihrer Schwangerschaft, ist überzeugt einen Dämon in sich zu tragen. Sie vertraut sich Jehanne an. Wie Jehanne reagiert, wird nicht direkt geschrieben. Aber anscheinend sprechen beide trotzdem nicht mit den Eltern über die Schwangerschaft.
Lise versucht, sich an Thomas zu rächen, indem sie seine Arbeit behindert, immer wieder einiges in seiner Werkstatt zerstört. Arme Lise, selbst noch ein Kind und dann alleine in so einer Situation. Auf Lise als Täterin kommt zum Glück keiner. Stattdessen wird Jehanne von ihrem Vater verdächtig.Ghislain wacht auf einer unbekannten Burg auf, bei seinem Halbbruder Donatien und dessen Mutter. Sein Vater ist tot. Ghislain kann sich weder an Donatien noch an den Vater erinnern. Donatien bringt Ghislain in den Wald, vermutlich um ihn dort umzubringen. Warum tut er das nicht sofort auf der Burg? Wer sind die Unbekannten, die Donatien verwunden? Warum bringen diese Unbekannten nicht Donatien um, warum lassen sie ihn mit Ghislain entkommen? Sie sind doch deutlich in der Überzahl.
Ghislain wacht erneut in unbekannter Umgebung auf. Diesmal bei seiner Mutter, die er aber auch nicht erkennt.
In diesem Kapitel geht es mir ein wenig zu schnell. Mich würde schon interessieren, wie bzw. ob Ghislain und seine Mutter sich annähern. Was seine Mutter ihm über seine Herkunft erzählt. Stattdessen frage ich mich, ob Ghislain sich so einfach gefügt hat und jetzt Schwertkampf und anderes erlernt.Der Tod von Margaux führt zu weiterer Entfremdung zwischen Clément und Edwige. Clément hat seine Arbeit, Edwige verzweifelt daran und ihr Mann kann ihr nicht helfen.
Jetzt werde ich ganz schnell , um herauszufinden, wie es mit Ghislain weitergeht, mit Lise und allen anderen.
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Zitat
Original von ottifanta
Donatien bringt Ghislain in den Wald, vermutlich um ihn dort umzubringen.Donatien würde gern, aber er darf nicht. Er selbst entkommt den Angreifern ja nur recht knapp.
Ansonsten wünsche ich Dir, dass die Antworten auf Deine Fragen noch kommen.Liebe Grüße
Kirsten
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Dieser Abschnitt birgt wirklich viel Stoff. Am mitreißendsten war für mich die Episode um Ghislain. Zeitweise habe ich mir wirklich Sorgen um ihn gemacht.
Traurig fand ich die Diskrepanzen zwischen Clément und Edwige. Im Nachhinein fand ich es aber gar nicht so schlecht, dass eben auch solche Gedanken mitgeteilt werden und eben nicht immer alles Friede-Freude-Eierkuchen ist. Was-wäre-wenn-Spekulationen kamen also auch im Mittelalter schon vor.
Ein Kind von Thomas hätte ich mir in der Familie von Clément auch nicht vorstellen können. Das wäre zu heftig gewesen. Wobei ich mich noch nicht entscheiden kann, ob es dann nicht doch das kleinere Übel gewesen wäre. Nun hat Edwige immerhin in kurzer Zeit zwei Töchter verloren.
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Zitat
Original von Büchersally
Ein Kind von Thomas hätte ich mir in der Familie von Clément auch nicht vorstellen können. Das wäre zu heftig gewesen.Das ist ein interessanter Aspekt. Ich habe bisher nur aus "wirtschaftlicher" Sicht darüber nachgedacht.
Liebe Grüße
Kirsten
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Zitat
Original von Büchersally
Ein Kind von Thomas hätte ich mir in der Familie von Clément auch nicht vorstellen können. Das wäre zu heftig gewesen. Wobei ich mich noch nicht entscheiden kann, ob es dann nicht doch das kleinere Übel gewesen wäre. Nun hat Edwige immerhin in kurzer Zeit zwei Töchter verloren.Ich male mir das gerade aus Das wäre nicht uninteressant gewesen.
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Solas,
ich finde gerade die Ausgestaltung der Beziehung von Clément und Edwige ist Dir wunderbar gelungen. Basis der Beziehung ist Liebe, aber diese Liebe wird über die Jahre hinweg permanent strapaziert und so wird es für beide immer schwieriger ihre Liebe zu erhalten.
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Danke, Pelican. Ich habe die Liebe zwischen den beiden auch noch als etwas gesehen, was wachsen muss. Zuerst einmal ist es ja eine eher wirtschaftliche Verbindung und keine Liebesheirat (das wäre ja auch unpassend für die Zeit). Es war interessant sich mit diesem "wie wächst man zusammen" zu beschäftigen.
LG
Kirsten
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Zitat
Original von Pelican
Solas,ich finde gerade die Ausgestaltung der Beziehung von Clément und Edwige ist Dir wunderbar gelungen. Basis der Beziehung ist Liebe, aber diese Liebe wird über die Jahre hinweg permanent strapaziert und so wird es für beide immer schwieriger ihre Liebe zu erhalten.
Das sehe ich genauso. Die Schilderung dieser besonderen Liebe, die den unterschiedlichsten Belastungen ausgesetzt wird, bis sie fast ganz daran zerbricht, hat mich sehr beeindruckt. Für die damalige Zeit war es aber so etwas wie eine Liebesheirat, ging zumindestens in diese Richtung, oder? Edwige konnte sich für Clément und gegen Thomas entscheiden.
ZitatOriginal von Büchersally
Ein Kind von Thomas hätte ich mir in der Familie von Clément auch nicht vorstellen können. Das wäre zu heftig gewesen.Die Eltern und Jehanne werden ohnehin oft an Lise denken und Schuldgefühle haben. Wie konnte die Schwangerschaft zu Hause unbemerkt bleiben, bis Lise von der Meute nach Hause getrieben wurde? Mich hat es erschreckt, dass beide Eltern nicht zu ihr gehalten haben, auch nach dem ersten Schreck nicht. Arme Lise. Noch wissen sie ja nicht, dass das Kind von Lise ist. Ich glaube, auch Jehanne hat es nicht erfahren. Ob das Kind wohl nochmal auftaucht?
Einige meiner Fragen zu Ghislain wurden beantwortet, dafür habe ich neue. Ghislain ist der jüngere und vermutlich uneheliche Halbbruder von Donatien. Donatien scheint aber auch nicht der offiziell legitimierte Erbe des gemeinsamen Vaters zu sein. Zwei Frauen, deren Kinder zusammen auf der Burg aufwuchsen? Bisher wurde scheinbar auch Raymond und dessen Tod durch Donatien gesprochen.
Eine richtige Annäherung zwischen Ghislain und seiner Mutter scheint nicht stattgefunden zu haben. Josiane will mit ihm nicht über die Vergangenheit sprechen, so tappt Ghislain weiter im Dunkeln und fügt sich (noch). Innerlich wächst sein Widerwille gegen das Verhalten seiner Mutter und ihres Mannes. Ghislain fühlt sich nicht wohl in seiner Rolle als Angehöriger dieser Familie, vor der die gemeine Bevölkerung in Angst und Schrecken lebt. Ich glaube, dass Ghislain sich dem Fischdieb verbundener fühlt als seiner Mutter und er nicht das Werkzeug seiner Mutter sein möchte, durch das sie über Richarde triumphieren kann. So hat er sich seine Rückkehr in seiner Familie sicherlich nicht vorgestellt.
Clément ist vielleicht dauerhaft arbeitsunfähig, hält das aber vor Thomas geheim.
Das wird ein langer Leseabend heute.
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Für mich hat die Geschichte grob zwei Stränge: Clément und seine Familie einerseits und parallel dazu Ghislain und die Oberschicht inklusive Widersacher. Diese Handlungsstränge kreuzen sich innerhalb des Buches immer wieder, verflechten sich aber kaum.
Der Ghislain-Strang setzt in diesem Leseabschnitt für mein Empfinden neu an. Ich frage mich, ob er vielleicht sogar komplett ohne das Vorwissen aus den anderen Leseabschnitten funktioniert hätte: Ein scheinbarer Landstreicher (Ghislain) wird von einem sadistischen Adligen (Donatien) in den Wald gebracht, um dort erhängt zu werden, dann für ihn selbst überraschend befreit und erfährt anschließend über seine Abstammung ... Aber dann wären uns die vielen interessanten Szenen zuvor entgangen.
Mir gefällt das neue Personal gut. Das gilt sowohl für Donatiens Schergen mit dem Riesen und dem einäugigen Bogenschützen als auch für den treuen Kämpen Renaud aus Ghislains Lager. Bei letzterem mag ich, dass er wie ein "echter Krieger" handelt, nicht wie ein verklärter Märchenritter, als er den Feind seiner Herrin gnadenlos umbringt. Er scheint sogar Gefallen an der Furcht seines Feindes zu finden.
Etwas schade finde ich, dass Donatien, Alissende und die anderen "üblen Typen" nur Randfiguren sind. Ich finde sie interessant und hätte gern mehr aus ihrer Sicht gelesen, zum Beispiel auch, wie Donatien und Alissende zueinander stehen. Da haben sich ja zwei Sadisten gefunden. Terrorisieren sie nun mit vereinten Kräften ihre Umgebung, oder machen sie sich lieber gegenseitig das Leben zur Hölle?Im anderen Strang fällt mir auf, dass die Kinder wieder "Clément" und "Edwige" denken statt "Mama" und "Papa". Schade.
Auch hier gibt es viele starke Szenen. Die Eltern mit der kranken Margaux etwa - beide reagieren ganz unterschiedlich, dennoch sind beide Positionen verständlich. Hier zeigt die Autorin ihr Können, indem sie ein und die gleiche Szene aus zwei Blickwinkeln verdeutlicht.
Wenn ich mich an Lises Geschichte erinnere, meine ich, dass es immer nur Frauen sind, die sie wegen ihrer Schwangerschaft schlecht behandeln. Die Männer scheinen das lockerer zu sehen. Überhaupt kommt für mein Empfinden Clément sehr gut weg - er ist der große Sympathieträger in dem Buch. Deswegen erzeugt es auch Spannung, dass ausgerechnet ihm das Ende seiner Karriere droht, als am Schluss des Leseabschnitts die Verwundung seiner Hand beschrieben wird.
Lise hat mit der Geburt ihres Kindes und mit ihrem Selbstmord noch einmal ausgesprochen starke Szenen, danach wird der komplette Erzählfaden inklusive Kind gekappt. Okay, warum nicht? Die Figur wurde wohl ausgereizt und genug offene Fragen für die verbleibenden zwei Leseabschnitte gibt es allemal.ZitatOriginal von ottifanta
Das Tempo der Erzählung zieht deutlich an.
Eine interessante Wahrnehmung, für mich hat es sich umgekehrt angefühlt, als ein eher ruhiger Leseabschnitt. Das liegt wohl auch an dem Eindruck, dass hier in vielen Aspekten neu angesetzt wurde. -
Zitat
Original von Bernard
Mir gefällt das neue Personal gut.Mir Gutmensch hat es mit ihnen auch Spaß gemacht.
Was ihre Rolle als Randfiguren angeht, so hatte ich meine Seitenzahl zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich ausgereizt.ZitatOriginal von Bernard
Er scheint sogar Gefallen an der Furcht seines Feindes zu finden.Oh ja.
ZitatOriginal von Bernard
Wenn ich mich an Lises Geschichte erinnere, meine ich, dass es immer nur Frauen sind, die sie wegen ihrer Schwangerschaft schlecht behandeln.Stimmt. Das ist eine Beobachtung, die ich aus heutigem Klatschverhalten und späteren Berichten heraus entwickelt habe. Meine Vermutung wäre, dass das darauf zurückzuführen ist, dass man fürchtet, dass das Verhalten der betreffenden Frau auf alle Frauen zurückfällt. Männer können das dementsprechend lockerer nehmen, weil es ja immer nur eine Frau oder die Töchter sind, für die sie "Verantwortung" tragen.
Das Lied, an das Lise in diesem Abschnitt denkt, ist übrigens auch aus der Original-Carmina Burana (nicht die von Orff).Dass der Ghislain-Strang neu ansetzt, ist ein interessanter Aspekt. Ich habe das auch so gesehen und zwar ganz, ganz, ganz entfernt angelegt an mittelalterliche Erzählstrukturen.
Mir fällt gerade auf, dass meine Zitathinweise anscheinend nicht im Buch gelandet sind. Hat jemand Interesse daran zu erfahren, wo ich was her habe?
Liebe Grüße
Kirsten
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Ghislain kommt dem Wissen um seine Herkunft sehr viel näher. Donatien, sein Halbbruder, hat ihn nun endlich gefunden, entführt und fast erschlagen. Zu Ende bringen darf er die Tat aber nicht, dies würde die Pläne seiner Mutter durchkreuzen. Durch die Helfer seiner leiblichen Mutter wird Ghislain aus den Fängen Donatiens gerettet. Leider kann er sich an diese nicht mehr erinnern. Dafür kehren langsam andere Erinnerungen an sein vergessenens Leben zurück.
Seine Mutter ist ihm zwar offensichtlich zugetan, aber eine emotionale Bindung ist kaum zu spüren. Es scheint als sei er nur eine Figur in ihrem Spiel. Einen großen Unterschied zwischen Josiane und Richarde kann ich nicht feststellen, beide Frauen sind in ihren Zielen und ihrem Handeln ähnlicher, als sie sich vorstellen können.Zitatvon Bernard
Etwas schade finde ich, dass Donatien, Alissende und die anderen "üblen Typen" nur Randfiguren sind. Ich finde sie interessant und hätte gern mehr aus ihrer Sicht gelesen, zum Beispiel auch, wie Donatien und Alissende zueinander stehen. Da haben sich ja zwei Sadisten gefunden. Terrorisieren sie nun mit vereinten Kräften ihre Umgebung, oder machen sie sich lieber gegenseitig das Leben zur Hölle?Zur selben Zeit in Paris nimmt das Unglück in Clement Familie seinen Lauf. Die kleine Margeaux stirbt und Edwige scheint daran zu zerbrechen. Dabei entgeht ihr als Mutter, das Lise schwanger ist und dringend Hilfe benötigt.
Erst als der Mob Lise drangsaliert, erfährt die Familie von dem Unglück. Hier lässt Edwige ihrer Wut freien Lauf und verprügelt das Kind. Clement weigert sich, ihr das gleich zu tun. Vermutlich will er das Kind nicht noch mehr strafen. Bei all der Fehler, die man Clement vorwerfen könnte, seiner Familie gehört sein Herz. Wie oben schon erwähnt, er ist der Sympathieträger des Romans.
Nachdem das Kind geboren wird, verliert Lise endgültig den Verstand und zündet die Werkstatt von Thomas an, dabei verunglücken sie und ihr Vater. Während Lise stirbt, wird Clement, schwer verletzt. Dieses Drama scheint Edwige wieder in die Realität zurückzubringen (Hoffe ich!). Sie lässt den Jungen vor einem Kloster aussetzen, wohl wissend, das dort gut für ihn gesorgt wird und er nicht den Schatten seiner Vergangeheit ausgesetzt ist. Edwige, ist wieder bereit ihren Mann auf seinem weitern Weg zu begleiten.Aber was ist mit Thomas? Lise hat scheinbar niemandem gesagt, wer der Vater ihres Kindes ist! Geht deren Tod nun spurlos an ihm vorüber? Wer muss die Wut über die Zerstörung der Werkstatt ausbaden? Etienne? Oder Clement?
Da hilft wohl wieder nur baldiges weiterlesen. -
Mit diesem Abschnitt sind wir vom Regionalzug in den Intercity umgestiegen. Die Kapitel sind deutlich kürzer. Es erscheint mit geraffter und kompakter erzählt. Starke Szenen bleiben erhalten. Man fährt aber öfter mal bei einem kleinen Bahnhof vorbei, kann das Namensschild im vorbeifahren aber noch lesen.
Gerade der Erzählstrang um Ghislain kommt mir in diesem Teil etwas skizziert vor. Wie er sich in sein neues Leben einlebt, bleibt in vielen Teilen der Fantasie überlassen. Grundsätzlich mag ich es, wenn mir nicht alles vorgekaut wird, hier hätte ich mir manchmal etwas mehr gewünscht, aber vll. kommt hier auch noch mehr.
Aufgefallen ist mir hier vor allem der Vergleich zwischen Louis und Ghislain. Louis sieht alles im Licht, dass Gott alle Menschen an ihren Platz gestellt hat und daher jeder seinen Plan erfüllen muss. Ghislain, der nicht in diesem Gottesgnadentumgedanken erzogen wurde, kann Zweifel an seiner Rolle als zumindest formaler Herrscher daher nicht mit diesem Konstrukt wegwischen.
Auf die Aufwirrung der Fehde bin ich schon gespannt. Josiane sieht Ghislain nur als Mittel zum Zweck um ihre Ansprüche durchzusetzen.
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Renaud gefällt mir. Ich sehe ihn als Vertreter der Minne, der seiner Angebeteten jeden noch so unmöglichen Wunsch erfüllt und sich mit lobenden Worten begnügt. Er kommt ihr nicht näher, aber soweit ich mich erinnere, ist der Sinn der Minne eben dieser. Anbetung aus der Ferne. Es ist sicherlich selbstgewählt. Ein wenig Mitleid habe ich trotzdem.
Lise wird mir in ihrer Not immer sympathischer, will heißen, ich kann sie besser verstehen als je zuvor. Ihre Wut und Enttäuschung am Glas auszulassen finde ich gut. Ein Symbol für Vater und Geliebten, das Glas hat ihr quasi nie Gutes gewollt. Und es geht an die Existenzgrundlage der beiden Männer. Ich hatte den Eindruck, dass ausser Jehanne niemand Thomas als Vater des Kindes kennt. Ich hatte erwartet, dass Clément den Kleinen aufnimmt. Allerdings, verlorene Kinder zu erstzen ist sicher ein Ding der Unmöglichkeit. Und die Weggabe des Kleinen hat ja zu einer der amüsanten Szenen des Buches geführt.
In der Klosterszene habe ich Humor gefunden. Ich finde es schön, wenn Männern von kleinen Kindern ergriffen sind und musste schmunzeln, dass die Entdeckung des Geschlechts des Kleinen so viel Erleichterung auslöste.
Den Vergleich zwischen Louis und Ghislain finde ich sehr passend, ich wäre von selbst nicht darauf gekommen.
Und über die Szene zwischen Donatien und Alissende habe ich mich amüsiert. Die Frau kommt mir mit ihrem Witz entgegen. Eine forsche Frau, zwischen Richarde und ihr wird es sicher einige heftige Konflikete geben und Donatien wird zwischen den Damen stehen. Ich gönne es ihm.
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Zitat
Original von Liesbett
In der Klosterszene habe ich Humor gefunden.Das freut mich besonders.
Liebe Grüße
Kirsten
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Ja, ich sah sie so vor mir, die drei (?) Brüder in ihren langen Kutten, entzückt über das Kindlein gebeugt, rote Wangen vom Ältesten bis zum Jüngsten, vielleicht befangen und vorsichtig weil die Erfahrung fehlte. In Topfschnitt mit Tonsur.
Natürlich gab es auch traurige Szenen. Der Tod des Lehrlings. In ihrer Eindringlichkeit war es mir die schönste Szene. Sie hat mir am besten gezeigt, das Mitgefühl auch dem letzten Moment des Lebens der geringsten Personen Würde verleiht. Habe ich das nicht schon mal geschrieben? Egal, es ist es wert. Für mich eine der Highlights. Im Film würde ich heillos zerfließen.
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Die Episode um Ghislain hat es in sich. Seine Mutter ist mir unsympathisch, so kalt und berechnend. Ghislain fügt sich augenblicklich in sein neues Schicksal. Das ist bezeichnend für die Art, wie er gelebt hat. Er nimmt das, was das Leben ihm bietet, an. Trotz allem schimmert immer wieder sein alter Freiheitsdrang durch, und er versucht, der ständigen Überwachung durch die Männer seiner Mutter zu entkommen. Auf seine Fragen bekommt er kaum Antwort, und der Versuch, diese zu erzwingen scheitert ebenfalls.
ZitatEinen großen Unterschied zwischen Josiane und Richarde kann ich nicht feststellen, beide Frauen sind in ihren Zielen und ihrem Handeln ähnlicher, als sie sich vorstellen können.
Alissende heiratet also Donatien und schiebt ihm auch noch Ghislains Kind unter. Sie wird also praktisch Ghislains Schwägerin und Donatiens angebliches Kind ist in Wahrheit seine Nichte. In gewisser Weise passen die beiden zusammen.
Dass in Lises Familie niemand ihre Schwangerschaft bemerkt ist bezeichnend dafür, wie sehr man sie übersieht. Margaux' Tod hat die Kluft zwischen Edwige und Clément vertieft, und Edwige scheint völlig den Kontakt zur Realität verloren zu haben. So ist es also weiterhin so, dass Clément sich allein auf Jehanne konzentriert, Edwige auf auch nach deren Tod auf Margaux, und niemand interessiert sich für Lise. Erst nach ihrem Spießrutenlauf erfährt Edwige von der Schwangerschaft und prügelt auf ihre Tochter ein. Als würde es nicht reichen, wie draußen auf sie eingedroschen wurde (sowohl verbal als auch durch Tätlichkeiten), und Mahaut mit vorneweg. Diese Scheinheiligkeit! Gerade von Thomas' Geliebter, die vermutlich ihre Stellung gefährdet gesehen hat und sich auf diese Art rächt. Durch das Einprügeln auf Lise kann sie sich selbst in einem moralisch besseren Licht darstellen.
Mit der Geburt des Kindes verliert Lise endgültig den Verstand und stirbt in einem Feuer in der Glashütte, das sie selbst gelegt hat. Das Kind wird ausgesetzt, so dass Mönche sich seiner annehmen, was angesichts der finanziellen Situation, in der sich Cléments Familie befindet, nachvollziehbar ist.
Sehr schön herausgearbeitet finde ich Edwiges und Cléments Beziehung zueinander, die langsame Entfremdung, die immer größer werdende Kluft, weil keiner den anderen versteht.
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Zitat
von Laila
Dass in Lises Familie niemand ihre Schwangerschaft bemerkt ist bezeichnend dafür, wie sehr man sie übersieht.Ein Schicksal was heute noch junge schwangere Mädchen erleben!
ZitatErst nach ihrem Spießrutenlauf erfährt Edwige von der Schwangerschaft und prügelt auf ihre Tochter ein.
Hier muss ich sagen, kann ich Edwige's Reaktion als Einzige nachvollziehen. Sie hat gerade ihr jüngstes Kind verloren, die finanzielle Situation der Familie ist mehr als angespannt, ebenso die Beziehung zu Clement. Bei all dieser Belastung erfährt sie, das ihre älteste Tochter "Schande" über sie gebracht hat, die Einzige, die sie im Haushalt unterstützt hat. Ich denke, da kann man schon mal ausrasten.