Tage in Burma - George Orwell

  • Hauptcharakter ist der 35-jährige alleinstehende englische Holzhändler Flory, der stark unter der Einsamkeit des Lebens in der Kolonie leidet. In dieser Einsamkeit lebt Flory zu Beginn des Buches schon 10 Jahre und zeigt sich stark gezeichnet von dem Leben zwischen den zahlreichen Ausschweifungen in englischen Clubs und den Zusammenkünften mit einheimischen Huren. Linderung findet er nur in den Gesprächen mit dem indischen Arzt Dr. Veraswami. Dieser ist ein begeisterter Anhänger der englischen Kultur, von der er selbst aber ausgeschlossen wird. Somit bildet Veraswami einen optimistischen Gegenpol zu Florys pessimistischen Ansichten zum Kolonialismus.


    Im Verlaufe des Buches verliebt er sich unglücklich in die snobistische aber mittellose Elizabeth und gerät in die Verstrickungen einer durch den birmanischen Distriktrichter U Po Kyin initiierten Intrige gegen Dr. Veraswami. (Wikipedia)


    Wer erfahren möchte, wie der Kolonialismus wirklich aussah und nicht die verkitschte Version a`la *Tage des Monsuns* (Laila el Omari) und *Himmel über Darjeeling* (Nicole C. Vosseler) ist bei diesem Buch von George Orwell richtig. Deutlich tritt der Rassismus der Engländer hervor, besonders in ihren Gesprächen im Club. Auch der Begriff *Ehre* ist nur ein Wort, mit welchem sich wunderbar gegen andere fechten lässt.
    Die Behandlung der Eingeborenen wird realistisch geschildert, als ein Junge erblindet wird der Weiße z.B. nicht zur Rechenschaft gezogen. Dennoch auch unter den Birmanern gibt es Machtkämpfe und nicht alle Progatonisten unter ihnen sind gute Charaktere.
    Gut beschrieben ist auch der Kampf aller mit dem Klima, wo in den Kitschromanen alle Leute aseptisch rumlaufen, wird in diesem Buch geschwitzt und mit Hitzepickeln gekämpft.


    Und wer sich je gefragt hat, wie die heutigen Machthaber Burmas das Elend der Bevölkerung mit ihrem buddhistischen Glauben vereinbaren, wird in der Person U Ko Kyin fündig, welcher seine Untaten mit Spenden aufzuwiegen versucht.


    Einziges Manko:
    Wirklich Birmaspezifisch wie in *Der Glaspalast* von Ghosh wird das Land nicht geschildert. Die Handlung könnte ebenfalls in Indien spielen, erhält dadurch andererseits eine erschreckende Universalität.

  • Jetzt muß ich aber doch einmal dumm daherfragen. Hier schreibst Du:


    Zitat

    Original von Nomadenseelchen
    Wer erfahren möchte, wie der Kolonialismus wirklich aussah und nicht die verkitschte Version a`la *Tage des Monsuns* (Laila el Omari) und *Himmel über Darjeeling* (Nicole C. Vosseler) ist bei diesem Buch von George Orwell richtig.


    Aber in Deiner Rezi zu "Tage des Monsuns" schriebst Du, ich zitiere:


    Zitat

    Original von Nomadenseelchen
    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, da es die Gesellschaft Indiens zur Kolonialzeit wunderbar ablichtet. Besonders beeindruckt hat mich, wie die Menschen zueinander gestanden haben (in dem Buch), auch wenn die Umstände gegen sie sprachen.


    Mir scheint, Du scheinst Deine Meinung inzwischen geändert zu haben oder wie darf ich Deine beiden einander widersprechenden Postings interpretieren? :gruebel


    Unabhängig davon hört sich "Tage in Burma" allerdings nach einem ebenfalls sehr interessanten Buch an. ;-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Nun ja... ich würde meinen, daß Du hier Äpfel mit Birnen verglichen hast.


    Auch wenn alle genannten Bücher Indien zum Thema haben, bedienen Laila El Omari und Nicole C. Vosseler dennoch ein ganz anderes Genre als George Orwell, das kann man einfach nicht direkt vergleichen.


    Einem belletristischen Roman zum Vorwurf machen, DASS er belletristisch ist und als Vergleich George Orwell heranzuziehen, paßt m.E. nicht. Eigentlich ist doch sonnenklar, daß George Orwell ein Thema ganz anders beschreibt als ein belletristischer Romanautor und das sollte man den belletristischen Autoren nicht zum Vorwurf machen. ;-)


    Ich finde es aber im übrigen sehr spannend, bestimmte Geschehnisse, Orte etc. aus mehreren Perspektiven zu sehen. Also eben erst einen Roman zu einem bestimmten Thema lesen und dann eine Biographie dazu, einen Bildband oder ein Sachbuch. Es gefällt mir, da die verschiedensten Facetten kennen zu lernen.


    So gesehen, wäre der Orwell fast schon wieder interessant für mich. Andererseits verbinde ich mit Orwell wieder erzwungene Schullektüre. :gruebel

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Du kannst z.B. *Tage des Monsus* fast 1:1 in die Alpen versetzen und dann hast du einen Herz-Schmerz-Heimatroman. Bei *Tage in Burma* funktioniert das nicht, da das Land nicht nur als Kulisse dient, und das, obwohl auch hier vordergründig es um eine Liebe in einer Kolonialgesellschaft geht.
    Das ändert nichts daran, das die Bücher durchaus unterhaltsam sind, nur anspruchsvolleren Büchern halten sie im Vergleich absolut nicht stand.

  • Ich verfolge die Diskussion sehr interessiert.


    Zitat

    Original von Batcat
    Ich finde es aber im übrigen sehr spannend, bestimmte Geschehnisse, Orte etc. aus mehreren Perspektiven zu sehen. Also eben erst einen Roman zu einem bestimmten Thema lesen und dann eine Biographie dazu, einen Bildband oder ein Sachbuch. Es gefällt mir, da die verschiedensten Facetten kennen zu lernen.


    :write Genauso ergeht es mir derzeit mit einem ganz anderen Thema, zu dem ich drei Bücher aus verschiedenen Blickwinkeln gelesen habe und einige weitere noch folgen werden.


    Das Buch von Orwell wird nach den Ausführungen hier übrigens eher nicht auf meine Wunschliste wandern.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • @ SiCollier


    Darf ich fragen, welches Thema Dich derzeit so fasziniert, wenn das nicht zu neugierig ist? Antwort vielleicht besser per PN, da es ja mit diesem Thema hier nix zu tun hat und ich den Thread nicht sprengen möchte.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)