Die Henkerstochter - Oliver Pötzsch

  • Inhalt:


    Kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg wird in der bayerischen Stadt Schongau ein sterbender Junge aus dem Lech gezogen. Auf seiner Schulter ist ein ungelenkes Zeichen eintätowiert, das den Verdacht auf Hexenwerk aufkommen lässt. Sofort beschuldigen die Schongauer die Hebamme Martha Stechlin, in deren Hütte der Junge zusammen mit anderen Kindern oft zu Besuch war. Die Ratsherren der Stadt würden die Frau lieber heute als morgen hinrichten lassen, um der Aufregung der Bürger Herr zu werden. Der Henker Jakob Kuisl soll ihr mit Hilfe von Folter ein Geständnis abpressen. Doch Jakob Kuisl ist von der Unschuld der Stechlin überzeugt; er ahnt, dass durch die Hinrichtung der Hexe ein Verbrechen vertuscht werden soll. Gemeinsam mit Simon, dem studierten Sohn des Stadtmedicus, und der klugen Henkerstochter Magdalena untersucht er die Umstände des Kindsmords. Weitere Kinder verschwinden und ein Waisenjunge, der ebenfalls das geheimnisvolle Zeichen trägt, wird tot aufgefunden. Die Stimmung in der Stadt steigert sich zu Hysterie; der Henker ist gezwungen, mit der Folterung der Hebamme zu beginnen. Wenn der Henker, seine Tochter und der Medicus nicht schnell die Wahrheit herausfinden, wird die alte Frau sterben.



    Angaben über den Autor:


    Oliver Pötzsch, Jahrgang 1970, arbeitet seit Jahren als Filmautor für den Bayerischen Rundfunk, vor allem für die Kultsendung quer. Er ist selbst ein Nachfahre der Kuisls, die vom 16. bis zum 19. Jahrhundert die berühmteste Henker-Dynastie Bayerns waren. Oliver Pötzsch lebt mit seiner Familie in München.


    Meine Meinung zum Buch:


    zum Buch allgemein: Der Autor Oliver Pötzsch erzählt mit diesem Buch einen Teil der Geschichte seiner Vorfahren, es basiert also auf halbwegs realistischen Personen und Begebenheiten, auch wenn der Autor im Nachwort zugibt, gerne hier und da etwas hinzuempfunden zu haben. ;-)
    Das Buch ist ansprechend gestaltet, der Leser findet bereits auf den ersten Seiten eine Stadtansicht von Schongau aus dem Jahre 1690 sowie einige Seiten weiter die Dramatis Personae.
    Das Cover spricht mich mehr an als der Titel, hier finde ich hätte es ruhig etwas Kreativeres sein können, da die Henkerstochter nicht die alleinige Hauptrolle (ich würde sogar behaupten eher eine Nebenrolle) in der Geschichte spielt, aber gut ...


    zur Story: Ein direkt fesselnder Mittelalterkrimi, der sich unausweichlich seinem dramaturgischen Höhepunkt im letzten Drittel des Buches nähert. Gut geschrieben, schmunzeln musste ich über die bayerischen Ausdrücke und Dialoge, zumal mir dieser Dialekt nicht allzu vertraut ist. ;-)
    Ich fand die Geschichte auch sehr spannend, man vermutete hier und da den Grund für dies und das, lag damit aber meistens daneben. Die klassische "Auflösung" am Ende war daher kaum mehr abzuwarten, auch wenn sie für mich stellenweise etwas enttäuschend war. Da hätte ich mir dann doch ein bisschen mehr erwartet.
    Die Geschichte an sich, Frau wird als Hexe bezichtigt und soll zu Unrecht getötet werden, hat mich schon bewegt. Da wurde damals eben ganz einfach gerechnet: lieber eine Unschuldige umbringen und eine Hystrie vermeiden, oder aber einem Massenmorden ins Auge blicken, siehe Hexenverbrennung. Sehr bewegend und von allen Seiten gut geschildert!
    Dass der Gegenspieler des "netten" Henkers Kuisl lange Zeit im Buch als "der Teufel" genannt wird ist raffiniert und macht die Geschichte zusätzlich spannend.


    Fazit: Ein spannender Mittelalterkrimi, nette Unterhaltung für Zwischendurch, bei der man nicht viele Pausen einrechnen sollte (man kommt einfach nicht zum Aufhören). ;-)
    7/10 Punkten


    * ~ * Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken,
    der wird im Mondschein ungestört von Furcht die Nacht entdecken. * ~ *

  • Das Buch steht schon, seit es heraus gekommen ist, auf meine WL. Es juckt mich dieses Buch zu haben, da es dem Nachbort, wo ich jetzt wohne, spielt. Da ist es wieder ein ganz anderes feeling, wenn man so ein Buch liest was von hier stammt und man in diesem Ort tag täglich durchfährt, als Orte wo man da noch nie war.
    Ist nur die frage der Zeit, wann ich es in den Händen halte :-]

    :oha Lg Bellamissimo
    ~~~~~~~~~~~~~~
    Habent sua fata libelli- Bücher haben ihre Schicksale:pferd
    :lesend Der Fluch der Hebamme- Sabine Ebert
    Mit offenen Karten- Agatha Christie

  • Zitat

    Original von Bellamissimo
    Das Buch steht schon, seit es heraus gekommen ist, auf meine WL.
    (...)
    Ist nur die frage der Zeit, wann ich es in den Händen halte :-]


    Das kann ich nur :write .

  • Selten verirrt sich ein historischer Roman in mein Bücherregal. Wenn er es dann doch tut, dann kann das zwei Gründe haben: die Geschichte hat entweder einen medizinhistorischen Hintergrund oder eine besondere Zeit, ein besonderes Setting oder etwas ähnliches, welches ihn aus der Masse der historischen Romane heraushebt.
    "Die Henkerstochter" von Oliver Pötzsch hat beides. Mit der Hauptperson, dem Henker Jakob Kuisl, hat der Autor einen ganz besonderen und vielschichtigen Charakter erschaffen (oder vielleicht sollte ich besser sagen: beschrieben, denn es handelt sich ja um einen Vorfahren des Autors).


    Über den Beruf des Henkers wusste ich schon einiges (spätestens seit der Lektüre von Michel Folcos "Die rechte Hand Gottes"), aber der Kuisl Jakob ist auch sonst ein ganz Spezieller. Er führt seinen Beruf nach Recht und Gesetz aus und nicht etwa aus Spaß am Quälen oder Töten. Ganz im Gegenteil: vor einer peinlichen Befragung oder einer Hinrichtung betrinkt er sich tagelang, um nicht daran denken zu müssen. Außerdem ist er stur, dickschädelig und kann auch mal ganz schön aus der Haut fahren. Das macht ihn zu einem Menschen mit Schwächen und Fehlern und somit sympathisch. Aber auch der Sohn des Stadtmedicus, Simon Fronwieser, und die Tochter des Henkers, Magdalena, sind gelungene Charaktere.


    Ursprünglich wollte der Autor das Buch wohl "Der Henker von Schongau" nennen- für mich wäre das die besserer Wahl gewesen, da ich den jetzigen Titel etwas unglücklich finde. Magdalena spielt zwar keine unwichtige Rolle, ist aber nur eine von mehreren handelnden Personen.


    Was mir dagegen wirklich gut gefallen hat, ist das Lokalkolorit. Die Personen sprechen eine Art "abgeschwächtes Bayrisch": soviel Dialekt wie nötig, um Atmosphäre zu schaffen und sich die Personen richtig gut vorstellen zu können, aber auch noch so gut verständlich, daß man als Nicht-Bayer folgen kann.


    Mir hat "Die Henkerstochter" wirklich gut gefallen, ich bin sicherlich auch beim nächsten Teil wieder dabei (der soll übrigens im Frühjahr nächsten Jahres erscheinen).

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Ich habe das Buch nun am Wochenende beendet und es hat mir sehr gut gefallen. Der Henker und der Arzt - ein tolles Duo. Ich hoffe doch sehr, dass wir die noch einmal wieder sehen werden.


    Den Titel des Buches finde ich nicht gelungen. Magdalena spielt zwar mit, aber die Hauptrolle fällt doch eher dem oben genannten Duo zu.

  • Ich habe das Buch heute zu ende gelesen und fand es gut. Vorallem aus dieser Gegend zu lesen macht spass, da man es versucht es sich bildlich vorzustellen, wie es damals aussah (ob es damals die bestimmte Orte gab ist mal dahin gestellt). Wie schon von anderen erwähnt, passt der Titel nicht zum Buch. Das Thema wird auf was anderes gerichtet, als wie nur die Henkerstochter. "Pack des Teufels" oder so hätte ich es viell. genannt. Hätte eher dazu gepasst :gruebel
    Trotz alledem ein lesenswertes Buch :anbet

    :oha Lg Bellamissimo
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  • Dass man nicht immer modernste Kriminaltechnik und hochstudierte Ermittler braucht um trotzdem einen spannenden Krimi zu schreiben beweist Oliver Pötzsch mit seinem Buch „die Henkerstochter“. Im bayerischen Ort Schongau wird ein sterbender Junge aus dem Lech gezogen, kurz darauf stirbt ein weiterer Junge. Eine Schuldige ist mit der Hebamme Martha Stechlin schnell gefunden. Ausgerechnet der Henker, Jakob Kuisl, glaubt nicht an die Schuld der Hebamme. Zusammen mit seiner Tochter Magdalena, und dem jungen Medicus Simon macht er sich auf die Suche nach dem wahren Täter.


    Einmal angefangen ist es schwer das Buch wieder loszulassen. Dafür sorgt nicht nur der schöne Schreibstil des Autors sondern auch die gut dargestellten Protagonisten des Buches. Mir gefällt, dass die Protagonisten ihre Stärken aber auch Schwächen haben und nicht nur einseitig dargestellt sind.


    Schmunzeln musste ich immer wieder bei einigen Dialogen und konnte den bayerischen Dialekt fast schon hören. Dies sollte aber niemanden abschrecken das Buch zu lesen, man versteht es auch als Nicht-Bayer.


    Nach der Hälfte des Buches hatte ich eine erste Ahnung wer der „Täter“ ist, welche sich dann am Ende auch bestätigt hat. Meinem Lesevergnügen hat dies jedoch keinen Abbruch getan.


    Insgesamt ein wirklich spannendes Lesevergnügen und über ein Wiedersehen mit Jakob, Magdalena und Simon würde ich mich sehr freuen.

  • Das Buch ist insgesammt sehr gelungen!


    Der Einblick ins damalige Leben ist durchaus realistisch und interessant.
    Die Geschichte ist nicht zu sehr verzweigt und dabei sehr spannend.
    Mich hat das Buch die Zeit vergessen lassen - das Buch kann man so schlecht weglegen!

    Liebe Grüße, Joul
    ~Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück, es kommt nicht darauf an wie lang, sondern wie bunt es ist~

  • Danke für die Rezis! :wave
    Ich bin ja noch mit mir am ringen...... :gruebel
    Hat das Buch Längen?
    Versteht man die Dialoge auch, wenn man keinen großen Hang zu diesem Dialekt hat???
    :help

    Versuche zu kriegen, was du liebst, sonst bist du gezwungen, das zu lieben, was du kriegst
    :lesend"Herren der Unterwelt;Schwarzer Kuss" Gena Showalter

  • Lese Maus :


    Längen hat das Buch keine- zumindest wären mir keine aufgefallen. Die Geschichte ist interessant, flüssig zu lesen (also nicht übertrieben viele altertümliche Ausdrücke, damit es authentischer wirkt) und auch der Dialekt ist gut zu verstehen. Es reden auch nicht alle Figuren so, sondern nur einige wenige.

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  • Danke grottenolm, wenn ich dich nicht hätte...... :knuddel1
    Dann setzte ich das Buch beruhigt auf meine WL.
    Danke nochmal!

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  • Tja, Bellamissimo, dann bleibt mir wohl nichts anderes mehr übrig. :grin

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  • Nein bleibt dir nicht :grin
    Da weisst du wenigstens wo ich wohne. Ist immer schön, wenn man ein Buch liest, wo man täglich ist.

    :oha Lg Bellamissimo
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    Mit offenen Karten- Agatha Christie

  • Ich habe das Buch jetzt vor 2 Tagen begonnen. Bis jetzt gefällt es mir ganz gut. Ich bin gespannt ob die Unschuld der Hebamme bewiesen werden kann.

    Liebe Grüße
    Steffi


    Einen Menschen zu lieben bedeutet, ihn so zu nehmen, wie Gott ihn gemeint hat

  • So, gestern hab ich das Buch beendet.
    Es ist ein sehr schöner Roman der den Leser wirklich fesselt. Spannung von der ersten bis zur letzten Seite. Grandios.
    Ich fand es auch sehr gut, dass die Dialoge in Mundart gehalten wurden. Auch wenn das anfangs für mich gewöhnungsbedürftig war, macht es den Roman glaubwürdiger. Weniger gefallen hat mir, dass lateinische Sätze nicht übersetzt sind. Auch, dass der Titel des Buches meiner Meinung nach unglücklich gewählt wurde. Magdalena, die Henkerstochter, ist nicht die Hauptrolle. Eher eine Nebenrolle.
    Dennoch ist das Buch gelungen und sehr empfehlenswert.
    9/10

    Liebe Grüße
    Steffi


    Einen Menschen zu lieben bedeutet, ihn so zu nehmen, wie Gott ihn gemeint hat

  • Das Buch war überaus spannend zu lesen!


    "Schön" kann man es meiner Ansicht nach nicht nennen, denn die unfassbare Grausamkeit und der engstirnige Aberglaube der Mennschen zur damaligen Zeit wird doch sehr anschaulich und drastisch beschrieben. Stellenweise fand ich es ganz schön hart und es fällt mir auch immer schwer, von Kindern als Opfern zu lesen - geht mir immer besonders an die Nieren.


    Trotzdem habe ich es nur sehr ungern zur Seite gelegt, dafür war es einfach zu fesselnd.


    Von mir gibt es 9 von 10 Punkten. Den Nachfolger werde ich mir wohl irgendwann auch besorgen -

  • so begeistert wie meine vorposter bin ich von diesem gestern gelesenen buch nicht. wie schon gesagt, spielt die henkerstochter magdalena keine derart große rolle, dass das buch diesen titel verdient. wenn, dann wäre "der henker", "simon, der medicus" oder "sophie - auf der flucht vor hexenjägern" angebracht, vor allem das kleine rothaarige mädchen trägt einen teil der story und erweist sich als wahre heldin. aber egal, am titel hängt nicht alles. dann vielleicht schon eher am stil. möglicherweise wären bastian sicks abhandlungen über die dativ/genitiv-problematik hilfreich.
    der dialekt tritt nur dezent auf.
    die story an sich ist spannend, nach meinem dafürhalten wurde diese spannung aber bis ans unerträgliche grenzend in die länge gezogen. immer, wenn man wirklich dachte, jetzt käme endlich mal etwas in sachen lösung der rätsel, spazierte besagte henkerstochter wieder einmal durch den wald oder sonstwohin oder es gab ein neues gespräch zwischen einem geheimnisvollen unbekannten und seinem ebenfalls unbekannten auftraggeber aus schongau. klar, cliffhänger. führte bei mir aber dazu, dass ich mehrere male kurz vor dem abbruch stand und nachher quergelesen habe. wie oben schon angedeutet, erschien die auflösung dann etwas flach/vorhersehbar.
    gewiss kein schlechtes buch, ich habe in der richtung aber schon wesentlich besseres gelesen, etwa von böckl oder auch das verlinkte buch.
    nachfolgebände werde ich höchstwahrscheinlich nicht lesen.


    ps: ich möchte noch nachtragen, dass mich die erklärungen des autors, das personenregister und die karte positiv beeindruckt haben.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von maikaefer ()