Fairwater oder Die Spiegel des Herrn Bartholomew - Oliver Plaschka

  • Fairwater oder Die Spiegel des Herrn Bartholomew
    von: Oliver Plaschka

    Feder & Schwert; 2007; 12,95€

    ISBN: 978-3867620116


    Klappentext
    Fairwater, das Venedig Marylands mit seinen dunklen Kanälen und steinernen Brücken, ist eine STadt, die Sie auf keiner Karte finden werden. Ihre Bewohner bewahren die Erinnerungen an längst verlorene Zeiten und halten an ihren Träumen fest, doch finstere Kräfte wirken deren Verwirklichung entgegen. Wie ein Hofstaat scharen sich die Hauptfiguren dieses Spiels um den rätselhaften Cosmo van Bergen, den Herrscher über das mysteriöse Netzwerk von Fabriken, die Fairwaters kleinen Talkessel durchwuchern. Birgt seine Tochter Stella, die schlafende Prinzessin, den Schlüsel zum Geheimnis der Stadt - oder ist es Marvin, der in einer von sprechenden Tieren bevölkerten Traumwelt lebt? Der alte Stadtstreicher Sam? Oder gar Lucia, das Kindermädchen? Jeder hat seinen Teil zu erzählen, und jeder hat etwas zu verbergen ... [...]


    Meinung
    Was das Buch charakterisiert, ist die Ratlosigkeit, die es über lange Strecken beim Leser hervorruft - im positiven Sinne. Ratlosigkeit, in welches Genre das Buch gehört - Phantastik? Science Fiction? Oder ist es eine Geschichte voller tabletten- und drogenumnebelter Figuren? Ratlosigkeit, wie all die Spiegelscherben, vor denen man steht, ein Ganzes ergeben sollen.


    Eins ist sicher, das Buch ist keine leichte Fantasylektüre. Egal, wie man es lesen möchte, es stellt Ansprüche an den Leser, vielleicht könnte man es am besten als "literarische Phantastik" bezeichnen, aber das Buch entzieht sich immer wieder der Einordnung in die Genreschubladen.


    Wir befinden uns in einer Stadt, einer Stadt, für die sich nahezu niemand interessiert, und in der so einiges im Argen liegt. Brücken, Fabriken, ein Atomkraftwerk, dass nicht so funktioniert, wie es sollte, ein Magnet für romantisch veranlagte Selbstmörder, Indianersekten und Ufo-Jünger. Eine Stadt ohne vernünftige Verkehrsanbindung und ohne Post, dafür mit haufenweise Fabriken, eigener Sternwarte und einer berüchtigten Irrenanstalt.
    Ein skurriles Gemisch. Aber die Story übertrifft dies noch mehr.


    Die Geschichte beginnt, als eine Außenstehende die Stadt betritt, Gloria, Reporterin, die zur Beerdigung eines Freundes kommt. Über die Morde erfährt, herumschnüffelt. Denn den Fairwaterianern ist eigentlich nicht so viel daran gelegen, irgendetwas zu klären.
    Gloria wittert eine Story. Wer hat Cosmo van Bergen umgebracht? Was ist mit seiner Tochter? Doch die Geschichte ist zu komplex, alles hat man auch am Ende nicht verstanden. Ich danke denjenigen, die eine Zeittafel und ein Personenglossar ans Ende gestellt haben :anbet (Die sollte man sich vor dem Lesen aber besser nicht zu Gemüte führen) Sie vereinfachen das Verständnis ein wenig, auch wenn sie ein wenig auf eine Interpretation hinlaufen. Aber auch ohne sie, ist die Geschichte komplett.


    Durch die episodenhafte Schilderung, die wechselnden Perspektiven - nicht immmer ist ganz klar, wer wer ist und was real und irreal ist - sowie die nur bruckstückhafte Vervollständigung des Gesamtbildes bietet dieses Buch ein außergewöhnliches Lesererlebnis und Fairwater fasziniert den Leser seit Beginn.


    Sprachlich überzeugt das Buch durchgängig, dem Autor gelingt es wunderbar, Humor, Spannung und Mystik mit einander zu vereinen, glänzt durch Anspielungen auf Filme und Bücher und hält die Sprache durchgängig auf einem angenehm hohen Niveau, das so vielen Fantasybüchern leider fehlt.


    Es ist nicht verwunderlich, dass das Buch bei dem eher unbekannten Verlag "Feder und Schwert" erschienen ist, da es keine Fantasymassenware ist. Aufmachung und vor allem die Illustrationen sind wunderbar gelungen, leider hätte es an vereinzelten Stellen (es ist wirklich nicht schlimm, ich bin da recht empfindlich) ein besseres Lektorat/Korrektorat verdient. Man hat sich aber auf jeden Fall viel Mühe damit gegeben.


    Ich bin immer noch begeistert von der Story, den gelungenen Personen sowie dem Schreibstil und puzzle noch ein wenig über dem Buch.
    Ich werde es bestimmt mit den neuen Erkenntnissen noch einmal, auf eine andere Art lesen.


    Fazit
    Bizarr, genial, verwirrend. Sicher nicht für jeden etwas, aber für mich (bis jetzt) das Lesehighlight dieses Jahres und ein Geheimtipp!


    10/10 Punkten


    :wave bartimaeus

  • Fairwater – Oliver Plaschka


    Meine Meinung:
    Fairwater ist ein in mehrerer Hinsicht außergewöhnlicher und faszinierender Roman der urban Fantasy.
    Der Roman ist amerikansich beeinflusst, nicht zuletzt durch viele Zitate und Anspielungen auf Filme, Musik und Literatur. Manches erkennt man, anderes bleibt rätselhaft.


    Gloria, eine Reporterin der Washington Post kehrt nach Jahren in ihre Heimatstadt zurück, um der Beerdiguing ihres Jugendfreundes Marvin beizuwohnen. Es ist unklar, ob Marvin wirklich tot ist. Er sprang von einer Brücke, blieb verschwunden und wurde jetzt für tot erklärt.
    Außerdem gibt es eine Mordserie, ausschließlich an Männern in Fairwater. Zu den Ermordeten gehört auch Cosmo van Bergen, ein einflussreicher und mächtiger Mann. Er hatte einst einen Jungen adoptiert und missbraucht.
    Der Mörder oder jemand der ihn kennt, hinterlässt eine vielzahl an Gedichten, in der Spiegelbilder thematisiert werden. Ein Wechselspiel von Identitäten ist die Folge.


    Der Autor wechslt relativ häufig Stil und Erzählperspektiven. Die komplexe Handlung wird nicht linear erzählt.
    Daraus resultiert ein fast pynchoneskes Lesegefühl, bei dem der Leser immer wieder überrascht wird. Und obwohl man nicht immer das Gefühl hat, der verzweigenden Handlung folgen zu können, lässt einen der Autor nicht im Stich. Erstaunlich, dass bei diesem Feuerwerk an Ideen und Stilwechseln, der Roman doch so unverkrampft und lesbar bleibt. Immer wieder werden Erzählgrenzen aufgebrochen. Diese Freude am Erzählen und an literarischen Experimenten überzeugt und fesselt den Leser bis zum Schluss.

  • Interessant zu hören, dass das Buch mittendrin anspruchsvoller und verworrener wird. Wie seht ihr das? Wirklich positiv und angenehm oder eher nervig, weil man nichz folgen kann?


    Ich habe bisher nur die Leseprobe angelesen und da war ich erstmal enttäuscht, dass alles ziemlich normal wie eine Art Thriller beginnt. Also für Fantasy nicht so typisch, aber ich fragte mich, ob sich bei den Anfang nicht alle aus dem Thriller/Krimi-Genre fast wie "zu Hause" fühlen. Würde es daher spontan als phantastischer Thrilller bezeichnen.