AUFBAU-Verlag insolvent

  • Der Aufbau-Verlag ist deshalb wegen "Überschuldung" insolvent, weil der eigene Besitzer indirekt Forderungen stellt, die sich aus der komplizierten Rechtesituation beim zweimaligen (!) Ankauf (einmal Treuhand, einmal Kulturbund) und dem jüngsten Gerichtsurteil ergeben haben. Aufbau ist nicht "pleite" im herkömmlichen Sinne, also weil weniger eingenommen als ausgegeben wurde, ganz im Gegenteil geht es dem Verlag prinzipiell wirtschaftlich ganz gut. Es geht um die Lizenzrechte, die vermeintlich mitgekauft wurden, als Aufbau damals erworben wurde, was sich nunmehr - allerdings noch längst nicht abschließend - als Trugschluss herausgestellt hat.


    Was das für die Hausautoren bedeutet, weiß derzeit so gut wie niemand. Zunächst einmal wird das Verlagsgeschäft ganz normal weiterlaufen, weitgehend jedenfalls. Ob aber geplante Neuauflagen an den Start gehen, die Produktion der Herbst-/Winterprogramme weitergeht usw., das ist derzeit sehr fraglich. Es kann auch dazu führen, dass die Autoren jetzt jahrelang um die Rechte an ihren Titeln kämpfen müssen, also auf lange Zeit Autoren ohne Verlag sind. Aber, wie gesagt - das ist spekulativ und derzeit, vorsichtig ausgedrückt, etwas unklar. Eine "richtige" Insolvenz wäre aus Sicht der Autoren vermutlich einfacher, aber der Begriff hat in diesem seltsamen Ränkespiel nichts zu suchen.

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Oh, ist das eine neue pleite-welle in der buchbranche? Mir fällt das im letzten monat gehäuft auf:
    Zuerst hat mein hauptversorger in englischer literatur dicht gemacht, der Petersen-buchimport, und jetzt ist der Aufbau-verlag insolvent.


    Kann es sein, dass die menschen zu wenig bücher kaufen?
    Aber an uns Eulen kann es ja wohl nicht liegen, oder? :gruebel


    Ich glaube in diesen Fällen handelt es sich eher um zwei unterschiedliche Phänomene.
    Im Fall vom Aufbau Verlag gab es eine sehr spezielle Situation bezüglich der Vergangenheit - und das rächt sich nun scheinbar.


    Im Fall der Buchimporteure wundert es mich kaum, daß die ihre Läden schließen.
    Für Otto-Normal-Kunde und auch für den Buchhändler wird es in den Zeiten des Internets immer einfacher Bücher aus dem englischsprachigen Ausland zu beziehen - und oftmals erheblich billiger, als ein Importeur das leistet.
    Das Besorgungsgeschäft englischsprachiger Titel hat schon zu meinen aktiven Buchhandelsjahren immer mehr nachgelassen, weil viele Kunden nicht bereit waren, die Preise, die von den Importeuren uns Buchhändlern vorgegeben wurden durch die Kosten, zu tragen, wenn sie da Buch für erheblich, erheblich weniger bei den amerikanischen oder englischen Buchhändlern online selbst bestellen konnten.
    Als dann noch LIBRI zum Beispiel größer in das Geschäft eingestiegen ist und auch für die anderen Importeure an der Preisschraube gedreht hat, war das Ende von Petersen schon absehbar.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

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  • Tom, wem gehören jetzt die rechte an den titeln, wenn sie nicht dem verleger gehören?
    Heisst dass, dass etwa klassiker-neuauflagen illegal gedruckt wurden?


    Ist sowas überhaupt möglich?

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • @MagnaMarter: Ich habe keine Ahnung, wem die Rechte gehör(t)en. Es geht um vergebene Lizenzen, nicht um gedruckte Neuauflagen von Klassikern. Und die Rechte z.B. an meinen Titeln (Verwertungsrechte) gehören dem sich jetzt im Insolvenzverfahren befindlichen Aufbau-Verlag, was bedeutet, dass alles passieren kann. Schlimmstenfalls bin ich jetzt so lange vom Markt, bis die Situation geklärt ist und z.B. jemand (einzeln oder im Paket) die neu erworbenen und unstrittigen Rechte des Verlags (ab 1990) gekauft hat - oder eben nicht, und ich sie irgendwann zurückerhalte, um anschließend nach einem neuen Verlag zu suchen. Bestenfalls passiert überhaupt nichts. Es gibt irgendeine Lösung und der Verlag macht - wenigstens mit den Neutiteln - so weiter, als wäre nichts passiert. Aber das ist vermutlich unwahrscheinlich.

  • Zitat

    Original von janda
    Das Besorgungsgeschäft englischsprachiger Titel hat schon zu meinen aktiven Buchhandelsjahren immer mehr nachgelassen, weil viele Kunden nicht bereit waren, die Preise, die von den Importeuren uns Buchhändlern vorgegeben wurden durch die Kosten, zu tragen, wenn sie da Buch für erheblich, erheblich weniger bei den amerikanischen oder englischen Buchhändlern online selbst bestellen konnten.


    Das bereitet mir am meissten kopfzerbrechen, denn wenn man das risiko, das man als privatbesteller eines einzelpostens trägt, mitrechnet, begonnen davon, dass diese auslandsversender alle die kreditkartennummern verlangen und bezahlung im voraus, man hat keinerlei garantie, dass die bank-daten nicht missbraucht werden und ob das gewünschte buch dann auch wirklich unbeschädigt ankommt; das ganze läuft eher nach dem prinzip hoffnung, und der konsumentenschutz bleibt da auf der strecke.

    DC :lesend


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  • Zitat

    Original von MagnaMater


    Das bereitet mir am meissten kopfzerbrechen, denn wenn man das risiko, das man als privatbesteller eines einzelpostens trägt, mitrechnet, begonnen davon, dass diese auslandsbesteller alle die kreditkartennummern verlangen und bezahlung im voraus wo bleibt da der konsumentenschutz?


    Ich weiß ja nicht, wo du so einkaufst.
    Aber ich habe mit amazon.com oder amazon.co.uk noch keine schlechten Erfahrungen gemacht und hatte nie das Gefühl ein Risiko einzugehen.


    Du kannst aber auch das deutschsprachige amazon verwenden - dort gibt es ja zahlreiche Zahlmöglichkeiten. Und hier gibt es sehr viele Anbieter im marketplace, für englischsprachiges.
    Und dadurch, daß du das Geld erst Amazon bezahlst und Amazon auch für dich Ansprechpartner bleibt, wenn es mal Schwierigkeiten geben sollte, hast du auch einen gewissen Schutz.


    Ich habe in den letzten drei Jahren all meine englischsprachigen Bücher auf diesen Wegen bestellt (und das dürfte eine dreistellige Menge sein) - und nie auch nur einmal schlechte Erfahrung gemacht.

    :lesend
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  • Oh, Tom, das kann ja wohl nicht sein, dass du im schlimmsten fall die rechte an deinen büchern am abschluss von einem fremden verlag zurückkaufen musst, weil sie dich nicht mehr verlegen können/wollen?

    DC :lesend


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  • So ganz blicke ich als Nichtjurist da auch nicht durch. Außer, daß anscheinend die Treuhand (also der Staat) bewußt einen gewaltigen Fehler gemacht und von Herrn Lunkewitz Geld kassiert hat, weil die Treuhand sich als Eigentümer eines Unternehmens ausgab, was ihr - wie jetzt gerichtlich festgestellt - zu keinem Zeitpunkt gehört hat. Und jetzt - salopp ausgedrückt - sagt der Staat zu Herrn Lunkewitz "Dein Problem, sieh zu, wie Du zurecht kommst. Das Geld behalten wir auf jeden Fall." Das kommentiere ich lieber nicht.


    @ Tom
    Ich bin in Verlagsrecht nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Aber in den (allerdings älteren) Verlagsverträgen, die ich kenne, findet sich soweit ich mich erinnere der Passus, daß die Autorenrechte bei Insolvenz des Verlages an den Autor zurückfallen. Vielleicht ist in Deinen Verträgen ja auch so ein Passus enthalten? Das sollte Dein Agent aber wissen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • @ Janda, ich bestelle bei amazon.de nicht, denn sie liefern nur gegen vorabbezahlung mit kreditkarte an österreichische kunden, und meine ganze familie hat aus rechtlichen bedenken keine kreditkarten, und die vorabbezahlung verstösst gegen das 14-tägige ansichts-und rückgaberecht, das wir hierzulande einmal hatten, ich weiss nicht, ob dieses recht inzwischen schon in einer novelle aufgehoben wurde.
    Aber meine eltern, die beide juristen sind, sagten mir bestellungen über amazon sind aus der warte vom konsumentenschutz rechtlich äusserst bedenklich.
    Vor allem, da nicht auf papier ausgedruckte rechnungen und verkaufsverträge (die, die man im buchgeschäft bei der übernahme des buchs erhält) ungültig sind.
    Ich bringe gelegentlich bücher zurück und tausche sie ein, weil ich sie doppelt hab, und um dieses recht fällt man bei online-bestellungen um.

    DC :lesend


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  • @ SiCollier, aber ich finde besonders kurios, dass die privatperson an seine juristische person, in die der verlag includiert ist, eine 50mio€ rechnung stellt...
    Das klingt beim oberflächlichen durchlesen fast so: ich bin im garten meines hauses gestolpert und hab mir den fuss gebrochen, jetzt verklag ich den hauseigentümer - mich selbst - auf schadensersatz wegen arbeitsausfall...

    DC :lesend


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  • SiCollier : Die meisten üblichen Verlagsverträge sehen vieles vor, z.B. auch den Umgang mit Rechten bei Erlöschen eines Verlages. Insolvenz aber ist ein vorübergehender Zustand, dem irgendwas folgt - und was, das ist jetzt fraglich. Erworbene Rechte gehören aber zum Bestand des Unternehmens (also des Verlags) und damit zur Masse, die jetzt zur Disposition steht. Insolvenz bedeutet ja nicht notwendigerweise, dass ein Unternehmen zerschlagen wird. Es kann auch passieren, dass alles ganz normal weiterläuft, weil sich ein Käufer findet, ein Investor, eine Auffanggesellschaft oder ähnliches. Generell hat man fast immer bei Verträgen ein Sonderkündigungsrecht, wenn eine Seite ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Das ist zwar prinzipiell im Fall einer Insolvenz gegeben, aber gerade im Insolvenzverfahren wird derlei komplett ausgesetzt - zum Beispiel auch die Pfändung durch ein Finanzamt. Denn es geht darum, alle Gläubiger, zu denen auch die Autoren gehören, aus der noch verfügbaren Masse (zu der die Rechte gehören) zu befriedigen. Aber das ist eine überaus komplizierte Angelegenheit, und im vorliegenden Fall noch mehr, da hinter diesem Insolvenzantrag meiner Lesart nach ja strategische Entscheidungen des Besitzers stehen, der Hauptgläubiger seines eigenen Verlags ist. Oder sich zumindest als solcher sieht.


    Edit: Das Hauptproblem ist, dass jetzt ein tätigkeitsloser Schwebezustand eintritt. Und der kann schlimmstenfalls den Autoren schaden. Noch ist alles lieferbar, was Aufbau publiziert hat, und das wird es auch noch eine Weile sein. Wenn dies aber nicht mehr der Fall ist, weil nicht mehr produziert werden darf, verschwinden Hunderte Autoren für eine nicht absehbare Zeit vom Markt. Bis eine Lösung gefunden ist, wie auch immer die aussieht.

  • @ MagnaMater
    Nun ja, Herr Lunkewitz hat viele Millionen verloren, und will jetzt zumindest einen Teil zurück haben bzw. hat erklärt, keine weiteren Millionen mehr verlieren zu wollen (meine Formulierung). In gewisser Weise kann ich ihn verstehen. Da aber nicht mal Juristen in dem Durcheinander, was die Treuhand angerichtet hat, durchblicken, wie soll das dann ich, der auf Zeitungsartikel angewiesen ist, deren Inhalt ich nicht überprüfen kann? :gruebel


    Für mich persönlich (das ist meine Privatmeinung) stellt es sich so dar, daß sich der Staat ungerechtfertigt bereichert hat, dies zwar juristisch einwandfrei festgestellt ist, der Staat (bzw. dessen Vertreter) aber weder die Verantwortung übernehmen noch den Schaden ausgleichen. Es heißt nur zu Herrn Lunkewitz "Dein Pech, Dein Problem, klag nur gegen uns, Du kannst nicht gewinnen. Wir haben den längeren Atem." Wenn ich das richtig verstanden habe, ist der einzige Weg, wenigstens einen Teil des Schadens ersetzt zu bekommen, der, den Betrag vom Aufbau Verlag zu fordern, der seinerseits Forderungen an die Treuhand (bzw. deren Rechtsnachfolger) stellen kann.


    Wie gesagt: ich kann Herrn Lunkewitz verstehen, daß er "die Schnauze voll hat" (meine Formulierung). Daß viele Menschen leidtragende dieser Situation sind, von Herrn Lunkewitz angefangen, über die Verlagsangestellten bis hin zu den Autoren, ist den Verursachern - der Treuhand - schlicht und ergreifend völlig egal.


    Was man davon halten soll, sei jedem selbst überlassen. Meine Meinung zu so einem Vorgehen ist klar, doch ich werde sie lieber nicht posten.




    Zitat

    Tom
    da hinter diesem Insolvenzantrag meiner Lesart nach ja strategische Entscheidungen des Besitzers stehen


    Das sehe ich auch so. Ich habe mir Dein Post zwei Mal durchgelesen, vermutlich hast Du recht. Tut mir ehrlich leid für Dich und alle anderen Betroffenen. Das ist eine üble Situation, an deren Ende wohl eine Menge Verlierer stehen werden. :-(

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Diese untreue Hand, hat sich beim verkauf einer staatsmasse gsund gestossen, und wo das geld hin ist, steht in den sternen, es kommt deswegen auch nicht mehr retour... :rolleyes


    Aber will der verlagschef dadurch eine 100% eigentümerschaft erwirken, oder zu welchem grund tut er das sonst? Glaubt er, dass er das investierte geld oder zumindest einen teil retour bekommt, wenn er seinen eigenen verlag in insolvenz schickt?
    Das ganze ist ziemlich absurd.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
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  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Aber will der verlagschef dadurch eine 100% eigentümerschaft erwirken, oder zu welchem grund tut er das sonst? Glaubt er, dass er das investierte geld oder zumindest einen teil retour bekommt, wenn er seinen eigenen verlag in insolvenz schickt?
    Das ganze ist ziemlich absurd.



    Deine Eltern die Juristen sind können dir das sicher relativ gut erklären. :)




    Schade um den Verlag. über die ganze Treuhandgeschichte und wie das damals allgemein lief sag ich mal lieber nix :schlaeger

  • Schon erschreckend. Ich wusste gar nichts von diesem Prozess. Und eine Buchhändlerin hat mir vor kurzem einige Bücher vom Aufbau Verlag empfohlen... mal sehen, was daraus nun wird :-(

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • Zitat

    Original von Charlie
    Den Autoren wuensche ich, dass es sehr schnell beruhigende Nachrichten gibt.


    Diesem Wunsch kann ich mich nur anschließen :write


    Von immer mehr Firmen hört man in letzter Zeit, dass sie Pleite gehen :cry
    Mir tun auch die Leute leid, die dort arbeiten und nun bald auf der Straße stehen werden ........

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
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    :kuh:lesend