Tanglewreck- Das Haus am Ende der Zeit [12 - 15 Jahre]

  • Tanglewreck- Das Haus am Ende der Zeit


    von Jeanette Winterson



    Klappentext :


    Die Welt ist in großer Gefahr! Zeittornados richten das reinste Chaos an, Menschen und Dinge werden wahllos an andere Orte und in andere Zeiten verschleppt. Es gibt nur einen Weg, das Gleichmaß der Zeit wieder herzustellen: Der schon lange verschollene Zeitwärter muss gefunden werden. Wer auch immer in den besitz dieser magischen Uhr gerät, erhält unbegrenzte Macht über die Zeit. Kein Wunder, dass der skrupellose Abel Darkwater auf der Jagd nach dieser Uhr vor nichts zurückschreckt. Nur die kleine rothaarige Silver bringt den Mut auf, sich gemeinsam mit ihrem Freund Gabriel der bösen Macht entgegenzustellen. Wird es ihenn gelingen den zeitwärter zu finden, bevor alles verloren ist ?



    Ich habe mir endlich mal die Zeit genommen dieses Buch zu lesen, meiner Meinung nach hat es sich doch gelohnt. Die Geschichte erzählt von Silver, einem ziemlich ungewöhnlichen Mädchen, das alleine mit ihrer Tante in dem Haus ihrer Eltern lebt, die seit einiger Zeit verschwunden sind. Teilweise werden viele physikalische Vorgänge, wie die Quantenphysik beschrieben, da musste ich auch oft passen. Ich habe das Buch auf englisch gelesen, der Schreibstil war flüssig und einfach zu verstehen. Die Autorin hatte wirklich gute Ansätze, schade ist es meines Erachtens aber, dass sie viele kindliche Klischees in das Buch eingebaut hat, beispielsweise wie den "Bösen" Abel Darkwater zu nennen, es ist eben doch einfach ein Jugendbuch. Teilweise fand ich die Geschichte auch etwas verwirrend, sowohl durch die komplizierten physikalischen Theorien, und auch, da die Autorin manchmal sehr komisch mit der Zeit umspringt. Sehr schöne Ansätze und manchmal sogar recht tiefsinnig und zum nachdenken anregend, aber leider nicht immer so gut ausgeführt.
    Fazit
    Meiner Meinung nach ein äußerst ungewöhnliches Buch , bei dem es sich dennoch lohnt es zu lesen auch wenn der Klappentext nicht so vielversprechend klingt . Ich gebe 6 Punkte :wave

    I think I still have rain somewhere in my heart.
    Kelwyn Sol

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  • Tanglewreck - Jeanette Winterson (2006)


    Jeanette Winterson gehört zu den bedeutendsten Vertreterinnen der zeitgenössischen Literatur Großbritanniens. Ihr Debütroman Oranges Are Not the Only Fruit von 1985, die Geschichte einer streng evangelikal erzogenen Sechzehnjährigen, die sich in eine Frau verliebt und sich aufmachen muß, einen eigenen Weg im Leben zu finden, brachte einen neuen, eigenwilligen Ton in den klassischen Entwicklungsroman. Ein halbes Dutzend Romane in ebenso eigenwilligem Ton und mit ebenso eigenwilligen Themen später, versucht sich Winterson, experimentierfreudig wie eh und eh, zuerst an einem Bilderbuch für ca. 4jährige und dann an einer Geschichte für etwas ältere Kinder. Herausgekommen ist Tanglewreck.


    Tanglewreck beschäftigt sich mit den Themen, die sich in ihren Romanen immer finden, Ausgegrenztsein und Liebe, die heikle Frage, was richtig, was falsch ist, was Recht und was Unrecht. Die Frage der Macht über andere, die Zerstörung von Natur und Seelen. Und die Frage, was eigentlich Zeit ist.


    Mit der Zeit stimmt etwas nicht mehr in dieser Geschichte. Sie fließt nicht mehr regelmäßig dahin, sondern bleibt manchmal stehen. Schlimmer noch, sie kann sich zusammenballen zu einem so genannten Zeit-Tornado, ein Sturm, in dem alle Zeitalter durcheinanderwirbeln, Gegenstände, Häuser, Menschen mitgerissen werden, quer durch die Epochen, in die Vergangenheit oder die Zukunft. Was steckt dahinter? Oder steckt sogar eine Person dahinter?


    Es beginnt aufregend, mit der Schilderung eines Zeittornados. Danach erfahren wir die Geschichte der elfjährigen Silver, die als Waise zusammen mit ihrer Tante in dem uralten Haus Tanglewreck lebt. Die Tante ist wenig freundlich zu Silver, sie plagt sie, vernachlässigt sie und läßt sie noch dazu durch ein bösartiges Kaninchen bespitzeln. Eines Tages taucht ein seltsamer Mann auf, Abel Darkwater. Er ist auf der Suche nach eine Uhr, die er unbedingt in seinen Besitz bringen will. Merkwürdigerweise ist er fest davon überzeugt, daß ausgerechnet Silver weiß, wo sich die Uhr befindet. Silver versteht das überhaupt nicht, Darkwater aber ist fest entschlossen, sein Ziel zu erreichen. Er lädt Silver und ihre Tante nach London ein. Dort erlebt Silver das größte Abenteuer ihres Lebens, das sie vom unterirdischen London bis ans Ende des Weltalls bringt, ans Ende der Zeit.


    Schon nach wenigen Seiten wird deutlich, was die Hauptmerkmale des ganzen Buchs ausmachen. Altbekannte Versatzstücke aus der Abenteuer - und Jugendliteratur, geheimnisvolle alte Häuser, Waisenkinder, böse Tanten, verdächtige Antiquitätenhändler, Falltüren, Geheimgänge, Reisen auf der Suche nach einem mysteriösen Gegenstand, Freunde und Verbündete von seltsamer Abstammung und seltsamen Aussehen, Flucht und Gefangennahme, ägyptische Tempel, Irrenhäuser des 18. Jahrhunderts, selbst Päpste und Piraten (Silver hat ihren Vornamen nach Long John Silver aus Stevensons ‚Schatzinsel’) werden bunt gemischt mit Versatzstücken aus Esoterik und Science Fiction, Tarotkarten, Zeitreisen, Wurmlöcher, Lichtgeschwindigkeit und Zaubersprüche. Es gibt eine ausgesprochen gruselige Schilderung eines Schwarzen Lochs. Ein Hinweis auf Elfen erweist sich für einige Protagonisten aber als schlichter Lesefehler. Magie und Naturgesetze werden durcheinandergewirbelt wie die Orte, über die ein Zeittornado fegt.


    Das führt beim Lesen unweigerlich dazu, daß man das Gefühl hat, alles schon einmal gehört zu haben. Es verleiht dem Buch einen altmodischen Touch, von dem ich nicht sicher bin, ob er mir zur Gänze gefällt.
    Da ‚Zeit’ aber ein vertracktes physikalisches, psychologisches und philosophisches Problem ist, gibt das Vertraute zugleich eine Art weichen Hintergrund für das ‚harte’ Problem. Die Geschichte ist sehr spannend, wenn man auch öfter innehalten muß und Atem schöpfen, sobald die komplizierten Zusammenhänge von Zeit und Raum geschildert werden. Dabei wird allerdings kein Unterschied gemacht, wo die aktuellen physikalisch-philosophischen Erkenntnisse aufhören (auch Stephen Hawking hat einen Auftritt!) und Science Fiction anfängt. Von daher gesehen ist der Roman vor allem die Geschichte einer aufregenden Verbrecherjagd im Fantasy-Science Fiction-Grenzgebiet.


    Auch die Personen schwanken zwischen reiner Typenzeichnung und lebendigen Gestalten, für die man Zuneigung entwickelt, Wärme oder Abneigung empfinden kann. Wie so oft in guten Büchern, sind die Bösewichte um einiges interessanter als die Helden. Silver ist lieb, aber Regalia Mason hat echte Größe! Ihr ist zuzutrauen, selbst Darth Vader ins Wanken zu brigen.
    Die Autorin hat eine Menge wunderlicher Einfälle bei der Gestaltung von Räumen wie beim Ablauf der Jagd nach dem ‚Timekeeper’ = Zeitwärter und sie läßt ihrer Phantasie ziemlich freien Lauf. Zuweilen wäre es besser gewesen, hätte sie sich ein wenig Zurückhaltung auferlegt. Ich für mein Teil hätte zu gern mehr vom bösartigen Kaninchen gehört als noch eine weitere breite Landschaftsschilderung auf dem fernen Planeten.
    Ein wenig zu moralisch gerät der Aspekt der ökonomischen Ausbeutung der Erde, der angesprochen wird, und eine Spur zu sentimental die Beziehungen unter den ‚Guten’. Auch das rührt wahrscheinlich daher, daß die phantastischen Einfälle auf Kosten der Personenentwicklung zuviel Raum beanspruchen. Zugleich aber hat es seine Grund darin, daß dieses Buch eben altmodisch angelegt ist. Es stammt von einer Autorin mit Überzeugungen. Sie folgt bestimmten Moralvorstellungen und sie steht auch dazu. Auch das macht das Buch zu etwas Besonderem.


    Daß man bei allen Einwänden trotzdem am Ende das Gefühl hat, ein gutes Buch gelesen zu haben, liegt an der Erzählkunst Wintersons. Man muß ihr einfach zuhören, sie schreibt großartig. Es ist einiges an Wortwitz enthalten, aber Bedeutung und Aussage von Wörtern ist ihr immer wichtiger als der bloße Scherz. Sie hat Grundlegendes zu sagen, das Thema der skrupellosen Ausbeutung vieler durch einige wenige ist nicht spaßig.


    Ich habe das Buch auf englisch gelesen, kann also nicht sagen, wie die deutsche Übersetzung gelungen ist. In einer Rezension bin ich aber auf das Wort ‚Unterwürfler’ für die ‚Throwbacks’ gestoßen und gebe zu, daß ich damit nicht glücklich bin. Micah, Gabriel, Eden und ihr ‚Volk’ sind Unterworfene und Ausgestoßene, Throwback ist da deutlicher als ein Wort, das entfernt an ‚unterwürfig’ erinnert.
    Der Text ist aber sicher eine Herausforderung für ÜbersetzerInnen, auch deshalb, weil Winterson stilistisch hervorragend ist.


    Das Buch wird für ein Lesealter zwischen 9 und 12 Jahren empfohlen. Für dieses Alter zugeschnitten ist auf jeden Fall die klassische Darstellung des Abenteuers. Die Szenen aus dem alten Irrenhaus, die Behandlung der Menschen, die von Zeittornados an einen gewissen Ort gewirbelt wurden, die Geschichte der Zwillinge und des Schwarzen Lochs enthalten allerdings einiges an purem Grauen, von dem ich nicht sicher bin, ob es für Kinder unter zehn schon geeignet ist. Auch die Beschreibungen dessen, was Zeit ist und wie man damit umgeht, ist nicht immer leicht zugänglich.


    Alles in allem ein Buch mit einigen Überraschungen, kein Buch zum Verschlingen, aber sehr spannend und schön zu lesen.
    Life is more mystery than history, läßt Winterson jemanden sagen in diesem Roman. Das ist alles andere als falsch und nicht nur, was das Phänomen Zeit betrifft.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Danke für die Rezi!
    Ich glaube, das ist was für mich.

    Versuche zu kriegen, was du liebst, sonst bist du gezwungen, das zu lieben, was du kriegst
    :lesend"Herren der Unterwelt;Schwarzer Kuss" Gena Showalter

  • Ich hab ja nicht schlecht gestaunt, dass sich die Autorin bei einem Quantenphysiker bedankt, der ihr Buch auf wissenschaftliche Richtigkeit überprüft hat. Das hat mich gleich neugierig gemacht und dank "Darwin und die Götter der Scheibenwelt" konnte ich sogar eine ganze Reihe an Anspielungen verstehen (Dinger, der Kater der mal lebt und mal tot ist :lache). Ich vermute fast, dass ich mit besseren Physikkenntnissen noch mehr erkannt hätte. Ich glaub, dieses Buch ist eins von denen, die man ohne jede Vorkenntnisse einfach als spannende Geschichte lesen kann, in dem aber mehr steckt, als man vielleicht von einem Jugendbuch vermutet.