Ein letztes Märchen für Johanna
Sie schlug die Augen auf
Über sich sah sie blauen Himmel
Nur einzelne weiße Wattebauschwolken zogen langsam über sie hinweg.
Sie wußte nicht wie lange sie so dalag im Gras und den Wolken Namen gab, da war ein Roller, ein Hummer mit langen Scheren, ein Gesicht mit Knollennase und vieles mehr.
Sie atmete tief ein und genoß den Frieden den sie fühlte.
Am Ende des 3. Atemzuges fiel ihr auf, das sie das schon lange nicht mehr getan hatte, zu atmen ohne Qual und ohne Schmerzen. Mit einem Ruck setzte sie sich auf. Wo war sie überhaupt?
Um sie herum war eine Wiese mit kleinen Blumen und Wildkräutern, vereinzelt gab es kleine Büsche in deren Blättern der Wind spielte. Das Geräusch der Blätter war mit dem Gezwitscher vereinzelter Vögel alles was sie hörte.
Vor sich sah sie einen breiten Fluß. Es dauerte eine Weile bis sie das Boot entdeckte das wohl grade vom anderen Ufer abgelegt hatte und nun auf sie zukam. Es schienen Minuten zu vergehen - oder waren es Stunden? spielte Zeit überhaupt eine Rolle? - bis sie die Paddelschläge des Mannes hörte der in dem Boot saß und kräftig ruderte. Er kam tatsächlich direkt auf die Stelle am Ufer zu , wo sie oberhalb auf der Wiese lag. Als er die Mitte des Flusses erreicht hatte, winkte er ihr zu. Daraufhin stand sie auf und ging zu der Stelle am Ufer wo er bald anlegen würde. Irgendwie kam ihr der Mann unheimlich vor. Er war alt, hatte zottlige, weißgraue Haare und sein altmodischer Mantel wirkte ziemlich unpraktisch zum Rudern, so weit wie er war.
Als der Alte das Ufer erreichte sprang er behände aus dem Boot, hielt das Bug fest, zeigte mit der Hand in Richtung Sitzfläche und sagte mit einer etwas heiseren Stimme: "kannst einsteigen, aber erst den Taler bitte schön"
Ihr kam das Alles sehr seltsam vor. "Wer sind sie, und wieso sollte ich einsteigen?" sie tastete aber schon ihre Hosentaschen ab, denn das war das einzige wo irgendetwas drin sein könnte, denn sie merkte erst jetzt, das sie nur T-Shirt und Jeans an hatte und sonst nichts bei sich trug. "Einen Taler? Was für einen Taler, ich habe nichts." " Taler, Florin, Peso, Euro was auch immer" sagte der Alte, irgendwas wirst du doch wohl mit haben, schließlich muß die Überfahrt bezahlt sein." Sie schüttelte ratlos den Kopf. "Ich habe nichts, wieso sollte ich denn ans andere Ufer?" "Alle wollen ans andere Ufer, wieso solltest du da eine Ausnahme sein, und wieso bist du dann hier, wenn du nicht ans andere Ufer willst? Also los, mach schon, ich habe nicht ewig Zeit, andere wollen auch rüber." "Aber ich sage doch, ich habe nichts!"
Auf einmal hörten sie ein Rufen vom anderen Ufer, der alte Mann drehte sich stirnrunzelnd und brummelte in seinen Bart irgendwas wie " oh Mist, der kann aber auch einem den gerechten Lohn verderben, Zeiten sind das"
"Fährmann laß den Quatsch, du weißt genau das schon seit Jahrhunderten die Gebühren abgeschafft wurden" schalte es über den Fluß.
Während das Mädchen sich noch wunderte wieso sie die Gestalt am anderen Ufer nicht nur gut sehen konnte, sondern auch gut hören, brummelte der Alte wieder: "ja,ja,ja, überall werden Gebühren erhöht und wir haben sie abgeschafft. Halte ja nicht viel von neumodischen Kram, aber hier wäre eine Reform angebracht, was immer das auch ist." "Los" sagte er zu dem Mädchen "hast doch gehört, geht auch ohne, sieh zu das du ins Boot kommst"
Irgendetwas drängte sie einzusteigen, obwohl sie nicht sagen konnte warum. Kaum war sie im Boot, da sprang der alte Mann dazu, nahm die Ruder und schon ging es los. Das schwindende Ufer schien auf einmal in Nebel gehüllt. Gesichter erschienen schemenhaft darin, Gesichter die sie kannte. Der Alte Mann sagte auf einmal mit mitfühlender Stimme: " schau nicht zurück, schau vorwärts, irgendwann wirst du sie Alle wiedersehen, diesen Weg beschreitet jeder einmal und schau am anderen Ufer wirst du schon erwartet."
Sie winkte noch einmal in Richtung des Nebels und zögerlich blickte sie erst den alten Mann an, drehte sich dann um und schaute in zum anderen Ufer. Dort sah sie neben der Gestalt auf einmal andere Menschen stehen, vertraute Gesichter, Menschen die sie einmal gekannt hatte, Menschen die ihr lieb und teuer waren. Diese Menschen, die sie aus der Vergangenheit kannte, winkten ihr fröhlich zu.
Sie winkte lachend zurück endlich daheim!