Historische Romane und die wahren Hintergründe

  • ich lese grade von Kai Meyer - Herrin der Lüge
    es geht um einen Jungfrauenkreuzzug der in Wirklichkeit nie stattgefunden hat. Im Nachwort schreibt Kai Meyer das auch, aber eine seiner Heldinnen ist Beatrix von Schwaben, wobei er dazu schreibt das sie ein trauriges Kapittel des Mittelalters ist, sie heiratete Otto IV (?) einen Welfen und starb ein paar Jahre nach der Hochzeit, so Kai Meyer.
    die Figur wollte ich mir genauer ansehen und finde nun eine ganz andere Geschichte. wobei sehr wenig und widersprüchliches im Net zu finden ist.
    Lt. wiki starb sie 14 jährig 3 Wochen nach ihrer Hochzeit mit Otto. Lt anderen Quellen starb sie auch 14 jährig, aber die Hochzeit mit Otto hat nie stattgefunden, die Verlobung wurde gelöst.
    weiß jemand etwas näheres? eine 14 jährige die nach nur 3 Wochen Ehe stirbt, das weckt meine Neugier, wieso und warum. und war sie überhaupt verheiratet? sie soll im Dom zu Braunschweig beerdigt sein?
    Kai Meyer hat eine liebenswerte Heldin in seiner Geschichte aus ihr gemacht, neben einigen anderen.


    Caitlyn

  • Bei historischen Romanen bin ich zu 99% mißtrauisch, was den Wahrheitsgehalt betrifft. Der Abschuß: Die Templerin von Berling, zwar noch nicht gelesen, aber die Tempelritter dürften als Männerorden nicht einmal Putzfrauen gehabt haben.


    Die einzigen Autoren, denen ich in der Hinsicht vertraue sind Umberto Eco und Michael Schneider (Das Geheimnis des Caligastro). Gerade Schneider als Professor für historische Theologie sollte wissen, was er schreibt.

  • Du wirst bei belegten historischen Persönlichkeiten immer verschiedene Versionen ihres Lebens finden. Guck Dir alleine an, in wie vielen Fassungen Kleopatras Leben existiert. ;-)


    Und selbst ein Geschichtsprofessor kann nicht 100 % korrekt schreiben; weil er halt nicht dabei gewesen ist. Möglich, dass er der Wahrheit sehr, sehr nahe kommt (und vor allem alle Fakten und Hintergründe korrekt beschreibt), aber ein "so war das damals wirklich" wirst du in keinem Buch finden.

  • Zitat

    Original von Leserättin
    Du wirst bei belegten historischen Persönlichkeiten immer verschiedene Versionen ihres Lebens finden. Guck Dir alleine an, in wie vielen Fassungen Kleopatras Leben existiert. ;-)


    Und selbst ein Geschichtsprofessor kann nicht 100 % korrekt schreiben; weil er halt nicht dabei gewesen ist. Möglich, dass er der Wahrheit sehr, sehr nahe kommt (und vor allem alle Fakten und Hintergründe korrekt beschreibt), aber ein "so war das damals wirklich" wirst du in keinem Buch finden.


    Das es nie zu 100% stimmt, ist klar. Nur wenn ich mich beruflich (z.B. als Wissenschaftler / Lehrer) mit einer Epoche beschäftige, gelingt die bestmögliche Annäherung - alleine schon wegen der böse Kollegen :lache.


    Wenn man in einer Buchhandlung geht und nur die Titel ansieht, kann man die Krise bekommen: Lauter Emanzen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, was dem Geschmack der Leserinnen sehr entgegenkommen dürfte. Nur kommt da halt sehr oft Quatsch raus, man sehe *Die Malerin des Feuersturms* von Guggenheim.

  • Hallo Caitlyn,


    deine Frage im Text ist sehr speziell, leider habe ich darauf keine Antwort. In dem Titel wirfst Du die Frage ganz allgemein auf und dazu möchte ich ein paar Anmerkungen machen.


    Ich bin der Meinung, historische Romane müssen nicht 100% wahr sein. Zum einen ist das gar nicht möglich, weil die meisten Wahrheiten eh im Dunkel der Vergangenheit verloren ist. Zum Anderen sollte ein Anliegen historischer Romane sein, dem Leser die Vergangenheit möglichst eindrucksvoll nahe zu bringen. Im Vergleich zu einer wissenschaftlichen Publikation haben Romane die Freiheit, Figuren zu ändern, hinuzufügen, Charaktere zu erfinden, Abläufe zurechtzubiegen und so weiter, wenn es im Sinne der Handlung sinnvol erscheint.


    Der gute historische Roman ist immer eine Gratwanderung zwischen Authentizität und Imagination. Manchmal schlägt das Pendel zugunsten der Authentizität aus - solche Werke wirken oft trocken und langweilig. Manchmal zugunsten der Imagination- dann driftet das Ganze in Richtung Fantasy ab.


    Ein Beispiel wie es genau perfekt funktioniert ist für mich Rebecce Gablé. Wenn sie Figuren erfindet, wirken diese doch authentisch. Den realistischen Persönlichkeiten verleiht sie einen glaubhaften Charakter. Die Handlungsabläufe sind meist korrekt und wenn sie zugunsten der Handlung etwas abändert wird das auch faiererweise im Nachwort zugegeben.


    Eco als Musterbeispiel der Authentizität darzustellen, ist für nicht korrekt. Eco liebt das Fabulieren und davon macht er auch in historischen Romanen reichlich Gebrauch. Die Fakten stimmen zwar, aber seine Ausschmückungen sind doch oft an der Grenze zur Fantasy. Aber das ist für micht bei ihm gar nicht negativ behaftet.

  • Auf einer meiner Lieblingsseiten steht auch nicht viel mehr als das über sie:


    http://www.genealogie-mittelal…sche_koenigin_+_1212.html


    Eine schöne Sammlung einiger Quelleninformationen über sie.


    Wobei da natürlich die Gefahr besteht, daß vielleicht ein Historiker mal ein Gerücht/Mißverständnis in die Welt gesetzt hat, und die anderen brav abschreiben.
    Trotzdem denke ich, kann man hier davon ausgehen, daß sie Otto IV geheiratet und dies nicht lange überlebt hat.

  • Zitat

    Original von Nomadenseelchen
    Bei historischen Romanen bin ich zu 99% mißtrauisch, was den Wahrheitsgehalt betrifft. Der Abschuß: Die Templerin von Berling, zwar noch nicht gelesen, aber die Tempelritter dürften als Männerorden nicht einmal Putzfrauen gehabt haben.


    Öh, wen meinst Du jetzt, "Die Ketzerin" von Berling oder "Die Templerin" von Hohlbein? Nicht ganz das gleiche ...

  • Ich habe beide Autoren durcheinandergeschmissen :-( . Ich meinte aber *Die Templerin* von Hohlbein, als Beispiel für einen (vermutlich) historisch sehr wüsten Roman. Nur springt es in dem Fall sofort ins Auge, da ich dabei bleibe, dass sie vermutlich nicht einmal Putzfrauen hatten. Die ganzen Emanzen in den Romanen nerven wirklich sehr. Rebecca Gable dagegen ist für mich ein Beispiel, wie man relativ niveauvoll eine Geschichte in historische Gegebenheiten einbetten kann - wie schon geschrieben werden Zurechtbiegungen benannt.
    Ich finde es immer ein wenig schade, wenn historische Romane als Geschichtsunterricht genommen werden. Ich habe zugegebenermaßen das Problem, dass ich Geschichte studiert habe, ich Fehler also eher erkenne und sie mich nerven, wenn es wieder zu hanebüchen-emazipatorisch werden.