Hier kann zu Teil 3, Kapitel 01 - 14 geschrieben werden.
'Anna Karenina' - Teil 3, Kap. 01 - 14
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Also diesen Sergej möchte ich ja nicht als Bruder haben, so anstrengend wie mit ihm zu diskutieren ist - da tut mir Lewin richtig leid, auch wenn ich seine Argumentation nicht nachvollziehen kann und reich sachlich auf Sergejs Seite stehe. Dass Lewin selbst mit anpackt, macht ihn für mich noch sympathischer - ob es allerdings bei den Bauern tatsächlich so gut ankommt, wage ich zu bezweifeln, schließlich ist der mitanpackende Chef ja nicht nur eine Hilfe, sondern auch eine Kontrolle der eigenen Arbeit.
Und Stiwa ist unverbesserlich, von Reue oder zumindest Unterlassen seiner Affären kann nicht die Rede sein. Die arme Dolly! Apropos Dolly, ihre "Rechtfertigung" von Kittys Absage an Lewin hat mir gut gefallen - sie macht noch einmal die unterschiedlichen Stellungen von Männern und Frauen bei der Partnerwahl deutlich (diogenes, S. 414/415).
Und Annas Mann setzt ihr im übertragenen Sinn die Pistole auf die Brust, indem er ihr mitteilt, dass er keine Scheidung will, stattdessen sie auffordert, sofort nach Hause zu kommen und das Leben wie bisher zu leben. Da war wohl der Wunsch Vater des Gedanken, oder ist Karenin tatsächlich so blauäugig, zu glauben, dass man das Geschehene einfach beiseite schieben und vergessen kann?
Nachtrag: Mittlerweile habe ich auch daran gedacht, "Semstwo" nachzuschlagen.
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Annas Mann möchte in erster Linie den gesellschaftlichen Skandal nicht ausweiten, ich denke nicht, dass er davon ausgeht, so weiter leben zu können wie vorher. Für ihn wird es darum gehen, es so aussehen zu lassen, als hätten sie sich wieder zusammengerauft.
Mal ganz davon abgesehen: Man kann Leuten viel besser eins reinwürgen, in dem man freundlich bleibt, als wenn man ausflippt und der andere sich in seiner Ansicht bestätigt sieht. -
Eigentlich tut mir dieser Mann leid, so vertrocknet in seiner Haltung, so überzeugt von sich und seiner Wichtigkeit als Staatsmann und so wenig in der Lage sich einzugestehen, dass er seine Frau liebt und schlicht eifersüchtig am liebsten ausrasten würde, rasen würde und seine Frau verprügeln würde, wenn er auch nur seine Feigheit überwinden könnte würde er Wronski bestimmt beim Duell erschiessen- da er aber zum Schiessen zu feige ist muß er Gründe finden warum das alles nicht geht und er letztlich keine Entscheidung fällt und das vor ich selbst als Entscheidung ausgibt. Selbstbetrug als einzie Losung aus der verzweifelten Lage. Es gibt einfach keine verzweifelte Lage, da es keine verweifelte Lage geben darf.
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Duelle sind meiner Meinung nach das Dümmste, was je (im Namen der Ehre) erfunden worden ist. Was nützt es mir Recht zu haben, wenn ich nicht schiessen kann? Genau die Überlegung stellt er ja auch an.
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Als das "erfunden"wurde war fechten in Mode- und das konte dann jeder- mehr oder weniger gut. Schiessen dagegen war auc noch 1875 mehr oder weniger Glücksache. Ein Schuß mit einer Duellpistole auf zehn Meter ging eher daneben, als zu treffen, wenn mann wirklich töten wollte sollten es also nicht mer als fünf Meter sein. Allerdings waren ja auch Streifschüsse wegen der Folgeerkrankungen unter Umständen tödlich.
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Seeeeehr viel Landleben in diesem Abschnitt. Man kann aus dem Gras mähen schon wirklich eine Philosophie machen. Freilich macht es Lewin sympathisch, dass er vor harter Arbeit nicht zurückschreckt, aber auf der anderen Seite wird die ganze Szene für meinen Geschmack doch etwas sehr ausgebreitet. Dass eine Kontrolle jedoch praktisch ständig nötig ist, hat sich ja schon öfter gezeigt. Zum einen tut ja sowohl sein Verwalter als auch das meiste Personal nicht was man ihm aufträgt (neee, da gehts weiter wie eh und je), man versucht ihn auch um seinen Heuanteil zu betrügen. Die Bauern werden da frei nach dem Motto dargestellt: Versuchen kann mans ja mal.
Von Kitty hört man so gar nichts in diesem Abschnitt, außer dass Lewin sie kurz in der Kutsche vom Bahnhof her sieht (und alle guten Vorsätze zum Teufel jagt).Dolly scheint, nachdem sie ihren eigenen Schrecken auf dem Lande überwunden hat (sie ist also nicht auf und davon, Stiwa hat sie abgeschoben :wow), erst mal als Vermittlerin zwischen Lewin und Kitty tätig werden zu wollen. Einerseits scheint sie da so viel Weitblick zu haben... und auf der anderen Seite ist sie zutiefst entsetzt, weil ihre Kinder sich mal prügeln. Ich glaube sie neigt genau wie Anna etwas dazu, ihre Kinder zu glorifizieren, aber es sind eben keine kleinen Engelchen. Man sollte meinen, mit sechs Kindern hätte sie diese Einsicht schon früher gehabt. Aber vielleicht verdrängt sie das ja auch immer wieder (wie war das mit dem Sand und den Goldkörnchen :lache).
Karenin hat eine Entscheidung getroffen die zum einen seinen guten Ruf wahren soll (aber ob das noch was nützt wo doch hinter seinem Rücken schon ganz Petersburg über Anna und Wronskij tratscht) und zum anderen verhindern soll, dass Anna für ihre Untreue auch noch belohnt wird, indem sie nach einer Scheidung glücklich mit dem Ehebrecher vereint wäre. Den Schmerz, den sie ihm verursacht hat, will er ihr jetzt heimzahlen indem sie im Unglück leben oder wirklich bereuen soll. Aber wie genau will er das umsetzen? Will er Anna einen Anstandswauwau auf Schritt und Tritt folgen lassen, der sie sofort in eine Kutsche stopft sobald Wronskij am Horizont auftaucht? Na mal abwarten...
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Ich fand die Grasmäh-Szenen gelungen, dabekommt man richtig Lust auf's Landleben ... Und alles wirkt so leicht ...
Lewin gefällt mir in seiner schlichten, einfachen und doch sehr emotionalen Art immer besser.
Alexej Karenin ist 'ne Nummer für sich, die Eltern würde ich mal gerne kennenlernen um beurteilen zu können ob das an einer flaschen Erziehung lag. Der Kerl ist doch wirklich noch an seine Frau gebunden, erst wollte er sich nicht eingestehen dass sie ihn betrügt und dann als er zum Handeln gezwungen wird trifft er für sich die einfachste (weil es keine änderung erfordert und sie an ihn gebunden bleibt) und für die aus ihrer Sicht aller schlimmste Entscheidung.
Aber die Frau weiß ihn auch einfach nicht zu nehmen. Die könnte für ihren Mann ein Handbuch gebrauchen. -
Zitat
Original von Kytha
Ich fand die Grasmäh-Szenen gelungen, dabekommt man richtig Lust auf's Landleben ... Und alles wirkt so leicht ...
.Mir hat es auch gut gefallen. Ich bin schon gespannt, ob Lewin und Kitty sich treffen werden.
Dolly tut mir auch leid. Stiwa vernachlässigt sie und die Kinder. Und wie ich versanden hab, sind sie nicht so reich, bzw. sie haben Schulden...
Ich fand sehr süß, als Tanja ihrem Bruder ihre Portion Kuchen gebracht hat. -
Der Abschnitt ist nun auch durch. Das Landleben hat mir auch sehr gut gefallen. Das Mähen des Grases - ich hatte direkt Heugeruch in der Nase und alles erscheint dann so friedlich und ruhig. Dabei ist sensen so anstrengend Lewin's Bruder allerdings mit seinen Diskussionen ist mir auch zu mühsam. Da bekommt man das Gefühl er versucht Lewin total umzustimmen und die Meinung Lewin's zählt nichts oder sei verkehrt. Sowas mag ich gar nicht wenn man jemanden umstimmen möchte
Stiwa und Dolly - die arme Dolly kann ich dazu nur sagen. Wenigstens kann sie sich nun etwas auf dem Land erholen und ich bin gespannt wie es sich weiterentwickelt wenn dann Kitty bei ihr ist. Das sie was ihre Kinder anbelangt ein bisschen verblendet ist und erkennt das es doch nicht die perfekten Kinder sind - die es auch gar nicht gibt - hat mich etwas erschrocken Man sollte ja doch meinen das man das auch vorher mal mitbekommt bei sovielen Kindern. Die Szene zwischen Tanja und ihrem Bruder fand ich auch sehr süß
Wie es zwischen Kitty und Lewin weitergeht - da bin ich übrigens auch schon sehr gespannt darauf.
Und Karenin macht es sich sehr einfach wenn er denkt Anna wieder zurückholen zu können und dann heile Familie spielen zu können während es innen auseinanderbricht Das wird auf Dauer nicht gut gehen auch wenn ich Karenin verstehe wenn er den Schein wahren möchte. Alleine das ganz Petersburg schon darüber tratscht und weiß das zwischen Anna und Wronskij was abläuft - also wie geheim kann das dann noch bleiben?
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Zitat
Original von Skvisa
Und Karenin macht es sich sehr einfach wenn er denkt Anna wieder zurückholen zu können und dann heile Familie spielen zu können während es innen auseinanderbricht Das wird auf Dauer nicht gut gehen auch wenn ich Karenin verstehe wenn er den Schein wahren möchte. Alleine das ganz Petersburg schon darüber tratscht und weiß das zwischen Anna und Wronskij was abläuft - also wie geheim kann das dann noch bleiben?
Genau! Ich glaube, dass es Karenin gar nicht unbedingt darum geht, es TATSÄCHLICH geheim zu halten, sondern es nur nicht offiziell werden zu lassen - also bloß den Schein (und damit auch seinen Stolz?) wahren, völlig egal, wie die Realität inzwischen aussieht... Keine besonders gesunde Einstellung für das eigene Glück... -
Hier geht es zunächst um Konstantin Lewins Verhältnis zu seinem Stiefbruder Sergej Iwanowitsch Kosnyschew. Wenn ich den Gegensatz zwischen den beiden Brüdern richtig verstehe, dann ist Lewin konkret - er denkt an die Lösung der unmittelbar anstehenden Aufgaben, wo eine Wiese gemäht oder landwirtschaftliches Gerät ausgebessert werden muss. Sergej denkt abstrakt, verallgemeinernd - er rät Lewin, sich mehr in den Dienst „des Allgemeinwohls“ und der grundsätzlichen Verbesserung der herrschenden Umstände zu stellen.
Die Methode, unterschiedliche gesellschaftliche oder politische Geisteshaltungen in die Beziehung von Brüdern zu übertragen, scheint mir ein charakteristisches Merkmal russischer Literatur zu sein – mich erinnert das an Iwan, Aljoscha und Dimitri, die Hauptfiguren in Dostojewskijs „Die Brüder Karamasow“. Bei Lewin und Sergej geht es im Kern um die Frage, ob und auf welche Weise das „rückständige“ Leben auf dem Land wohl verbessert werden kann. Sergej tritt für Modernisierung, Fortschritt, den Bau von Schulen und den Ausbau des Gesundheitswesens ein. Lewin vertritt einen Standpunkt, den ich zunächst nicht nachvollziehen konnte: „Brauchen die Bauernkinder eine bessere Bildung?“ fragt er an einer Stelle. Erst später, bei der Schilderung der Grasmähaktion und vor allem der entscheidenden Szene im 12. Kapitel, wurde mir klar, worum es hier geht: für Lewin steht ja nichts weniger auf dem Spiel als die Frage, was wohl das „Glück“ auf Erden bedeutet. Und auch Tolstoj bezieht hier relativ eindeutig Stellung: Sätze wie „alles war in einem Meer der fröhlichen, gemeinsamen Arbeit versunken“ oder „Der ganze lange Arbeitstag hatte nichts als Fröhlichkeit bei ihnen hinterlassen“ (12. Kapitel) stehen eindeutig im Kontrast zu den Schilderungen des Lebens in der Stadt. Was geht wohl in Alexej Alexandrowitsch oder Stepan Arkadjitsch vor, wenn sie abends ihr Büro verlassen? Nichts als Fröhlichkeit? – Es sind wohl Überlegungen dieser Art, die Lewin am Wert von „Bildung“ (auch seiner eigenen übrigens) zweifeln lassen.
Ich glaube übrigens nicht, dass Tolstoj die Landarbeit idealisieren will – er zeigt ja, dass es um harte Arbeit geht und von den „Schattenseiten“ dieses Daseins war auch schon des Öfteren die Rede.
In den Kapiteln 13 und 14 geht es dann mit Alexej Alexandrowitsch weiter – und wer bisher noch nicht restlos verstanden hat, warum Anna ihren Ehemann so tief verabscheut bekommt spätestens jetzt ein wenig Nachhilfe. Das bemerkenswerte an dieser Szene ist m.E., dass Alexej im Konflikt mit seiner Frau nicht anders handelt, als würde es sich um eine Angelegenheit seines Ministeriums handeln. Der Umgang mit Anna, die Unstimmigkeiten im Gouvernement Sarajsk oder das Studium der Iguvinischen(?) Tafeln sind dem emotionslosen Technokraten Alexej einerlei. Man könnte tatsächlich Mitleid mit ihm haben (und glauben, dass es sich nur um eine Art von Selbstschutz handelt) – würde er jetzt nicht zu seinem kleinen Rachefeldzug gegen Anna aufbrechen.Edit: Aufgrund des nachstehenden Hinweises von Paradise Lost musste ich einige Namen korrigieren. Vielen herzlichen Dank! Hoffentlich stimmt´s nun.
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Zitat
Original von John Dowland
Wenn ich den Gegensatz zwischen den beiden Brüdern richtig verstehe, dann ist Iwan konkret - er denkt an die Lösung der unmittelbar anstehenden Aufgaben, wo eine Wiese gemäht oder landwirtschaftliches Gerät ausgebessert werden muss.
Welcher Iwan? Meinst Du Konstantin?Ich muss sagen ich fand Karenins kleinen Rachfeldzug höchst angebracht und schon längst an der Zeit. Endlich unternimmt er mal was und hält nicht nur still.
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Wiederaufnahme der LW ab 5.12.2011
Typisch für Tolstoi ist der Besuch des älteren Bruders bei Lewin. Der Unterschied zwischen den Stadt- und dem Landmenschen wird sehr deutlich, Lewins ganze Liebe zum Land, sein Hang zur Ursprünglichkeit. Lewin hat die Wahl, mit seinen Händen zu arbeiten, mit den Landarbeitern zu frühstücken nach gemeinsam getaner Arbeit , scheut sich aber vor der letzten Konsequenz, wirklich etwas für seine Untergebenen zu tun. Auch das wird in den Gesprächen mit dem Bruder klar.
Trotzdem, Lewin ist immernoch sehr sympathisch.Dolly hat es wirklich schwer mit ihrem Gatten, der sich zwar sehr bemüht, es ihr Recht zu machen und das Sommerhaus umzugsbereit herrichten zu lassen, aber trotzdem der Hallotri bleibt, der sich letztendlich verhält wie ein Junggeselle. Und wieder ist es die Frau aus dem Volke, die Kinderfrau und Mädchen für Alles ist, die alles richtet - Matriona Filimonowna (Ihren Nachnamen erfahren wir nicht.).
Kitty will sie besuchen kommen. Lewin besucht sie, und für ihn wird Dolly mit ihren 6 Kindern ein Anlass, über seine zukünftige, mögliche Familie nachzudenken.Alexej Alexandrowitsch, der Ehemann Annas, hat seine Entscheidung getroffen, und sie ist genau so, wie man es von ihm erwartet: Freigabe Annas oder Scheidung kommen nicht in Frage. Nein, alles soll, zumindest scheinbar, so bleiben, wie es war, vorausgesetzt natürlich, dass Anna, die doch sicher bereut und sich schuldig fühlt, wie er meint, ab sofort untadlig lebt. Alexej A. will Anna strafen, sie soll nicht ohne ihn und mit Wronskij leben dürfen. Nachdem der Gatte Anna das per Brief mitgeteilt hat, stürzt er sich in die Arbeit, und er scheint wirklich zufrieden mit sich.
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Dieser Teil hat auch die fuer mich schoenste Stelle im Buch mit der Heuernte. Und ich liebe dieses Zitat:
"Das alles war in dem Meer der fröhlichen, gemeinsamen Arbeit versunken. Gott hatte diesen Tag gegeben, Gott hatte ihnen Kraft gegeben. Der Tag und die Kraft waren der Arbeit geweiht, und der Lohn bestand in der Arbeit selbst. Für wen war diese Arbeit? Was für Früchte würde sie tragen? Das waren nebensächliche, bedeutungslose Fragen." (Dritter Teil, 12. Kapitel) -
Die Heuernte fand ich auch wunderschön beschrieben und den von Beatrix zitierte Satz habe ich mir auch rausgeschrieben.
Trotzdem bin ich, wie immer wenn ich von Heuernte mit sense lese, froh, dass ich in besitz eines Traktors bin.Von Alexej Alexandrowitsch hatte ich Anna gegenüber eigendlich keine andere Reaktion erwartet, dieses Denken, sie hat mich verraten, also darf sie auf keinen Fall mit ihrem Liebhaber glücklich werden, passt einfach zu ihm, zumal er so ja auch noch den für ihn so wichtigen äußeren Schein wahren kann. Erschreckend finde ich nur, dass er sich wohl auch völlig von seinem Sohn abwendet.
Dolly scheint, nachdem die ersten Probleme des Landlebens bewältigt sind, dort richtig aufzublühen, ihr Mann beweißt bei den Vorbereitungen allerdings mal wieder, dass er völlig unfähig ist, das Haus scheint ja eine ganz schöne Bruchbude gewesen zu sein.
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Zitat
Original von Zwergin
Von Alexej Alexandrowitsch hatte ich Anna gegenüber eigendlich keine andere Reaktion erwartet, dieses Denken, sie hat mich verraten, also darf sie auf keinen Fall mit ihrem Liebhaber glücklich werden, passt einfach zu ihm, ...Mir käme allerdings ein Ehemann, der seine Frau in Frieden mit dem Liebhaber von dannen ziehen läßt, auch seltsam vor. Dass er sich dagegen wehrt, empfinde ich als ganz normale Reaktion des Betrogenen.
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Zitat
Original von Sylli
Mir käme allerdings ein Ehemann, der seine Frau in Frieden mit dem Liebhaber von dannen ziehen läßt, auch seltsam vor. Dass er sich dagegen wehrt, empfinde ich als ganz normale Reaktion des Betrogenen.
Prinzipiell gebe ich dir natürlich Recht. Allerdings muss auch gesagt werden, dass Alexej A. Anna gar nicht liebt. Es ist nicht das Verletztsein, die Enttäuschung auf der emotionalen Ebene, die ihn reagieren lässt, sondern die Kränkung seiner Ehre, der Mangel an Respekt, die Beschädigung seines öffentlichen Ansehens, und das gerade, als er auch dienstlich so viel um die Ohren hat und die Neider nur darauf warten, dass er strauchelt.
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Dieser Abschnitt hat mir sehr gut gefallen.
Die Diskussionen zwischen den beiden Brüdern, fand ich sehr interessant. Auf der einen Seite der ältere Bruder, der zwar auf dem Land augewachsen, nun aber durch und durch zum Städter geworden ist. Er sieht die Bauern und alles, was mit ihrer Arbeit zu tun hat, als Ganzes und aus der Sicht eines Höhergestellten. Lewin sieht das nicht so. Er sieht sich nicht in der Lage das gemeine Volk über "einen Kamm zu scheren". Ich denke, daß daher auch seine Unsicherheit rührt, zu glauben, daß er etwas für seine Untergebenen tun könne. Er selbst glaubt natürlich, er sei nicht gut genug dafür. Der Bruder, der glaubt über ihm zu stehen, hat natürlich auch seinen Anteil daran.
Dennoch geht Lewin unbeirrt seinen eigenen Weg:
Die Heuernte ist wunderschön beschrieben. Man spürt förmlich, wie sehr er sich mit dem Land und seinen Leuten verbunden fühlt. Auch wenn er seinen Stand und die Unterschiede nicht vergessen kann. Der Besuch bei Dolly macht ihm das auch noch einmal deutlich. Er will keine Bäuerin zur Frau, er will eigentlich nur Kity. Ich bin sehr gespannt, ob er es tatsächlich schafft, ihr aus dem Weg zu gehen, wenn sie ihre Schwester auf dem Land besucht.Dolly tut mir leid. Ihr Ehemann hat sie aufs Land abgeschoben und es scheint ihm vollkommen egal zu sein, wie sie und ihre Kinder zurecht kommen. Hauptsache er kann sich mit seiner neuen Geliebten vergnügen. Sie geht aufs Land, um die Ausgaben zu mindern und er führt wahrscheinlich ein ausschweifendes Leben in der Stadt.
ZitatOriginal von Clare
Prinzipiell gebe ich dir natürlich Recht. Allerdings muss auch gesagt werden, dass Alexej A. Anna gar nicht liebt. Es ist nicht das Verletztsein, die Enttäuschung auf der emotionalen Ebene, die ihn reagieren lässt, sondern die Kränkung seiner Ehre, der Mangel an Respekt, die Beschädigung seines öffentlichen Ansehens, und das gerade, als er auch dienstlich so viel um die Ohren hat und die Neider nur darauf warten, dass er strauchelt.Das sehe ich genauso.
Im letzten oder vorletzten Abschnitt hatte ich ja noch Mitleid mit ihm, aufgrund seiner Sprachlosigkeit über die ganze Situation. Das hat sich nun erledigt. Er ist einer dieser Menschen, denen nur Äußerlichkeiten wichtig sind und was die Anderen über ihn und seine Familie denken. Nach außen hin muß immer alles perfekt sein und hierfür ist ihm jedes Mittel recht, fürchte ich.Seine Gedankengänge - von Tolstoi wieder grandios und absolut nachvollziehbar beschrieben - über seine Ehe, seine Frau sind erschreckend klar. Die Hauptsache für ihn ist, er findet für sich und seine Unschuld eine Rechtfertigung. Ihm ist völig egal, ob er sie in der Religion findet, im Umgang Anderer in ähnlichen Situationen oder einfach, weil seine Frau ja schon immer etwas Schlechtes an sich haften hatte. Ihm ist alles recht, um sich seine Lage froh zu reden. Diese Euphorie, in die er sich selbst redet, nutzt er dann für einen beruflichen Gegenschlag gegen seine Konkurrenten und Kritiker. Selbst sein Sohn ist nur noch Mittel zum Zweck.
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Zitat
Original von Saiya
Dolly tut mir leid. Ihr Ehemann hat sie aufs Land abgeschoben und es scheint ihm vollkommen egal zu sein, wie sie und ihre Kinder zurecht kommen. Hauptsache er kann sich mit seiner neuen Geliebten vergnügen. Sie geht aufs Land, um die Ausgaben zu mindern und er führt wahrscheinlich ein ausschweifendes Leben in der Stadt.
Hab ich gar nicht mitbekommen, beim Lesen, dass Dollys Mann eine neue Geliebte hat, aber wundern tut es mich absolut nicht.
Mir tut Dolly hier allerdings nicht leid, einfach weil ich finde, dass ihr der erzwungene Landaufenthalt, nachdem sie die Anfangschwierigkeiten überwunden hat, richtig gut tut.
Dem Ehemann scheinen Frau und Kinder aber wirklich völlig gleichgültig zu sein, da hast du Recht.