'Anna Karenina' - Teil 4, Kap. 01 - 12

  • Vielleicht liegt es auch daran, daß es für Stiwa wirklich "nur" Affären sind und er aber dennoch seine Dolly zu lieben scheint, während Anna sich richtig verliebt hat und sich von ihrem Mann deshalb trennen will. Klar, dann kommt natürlich noch dazu, daß sie es in der Öffentlichkeit tut. Manchmal habe ich beim lesen den Eindruck, daß Affären an und für sich nicht verpönt sind ( ob für Männer oder Frauen ), solange daraus kein Skandal entsteht.

  • Diskretion ist hier wohl das Stichwort. Solange alles diskret geschieht, schert sich niemand was drum. Egal um was es geht.


    Ist ja im Prinzip nicht viel anders wie Wronskis Ueberlegungen mit seiner finanziellen Situation. Die Dienstboten nicht zu bezahlen ist ok, da das ganze ja ganz diskret geschieht und niemand in der Gesellschaft das mitbekommt. Spielschulen nicht zu bezahlen, das geht einfach nicht, weil der Gläubiger schliesslich eine in der Gesellschaft prominente Person ist und Diskretion somit nicht gewaehrleistet ist.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Zitat

    Original von -Christine-
    Vielleicht liegt es auch daran, daß es für Stiwa wirklich "nur" Affären sind und er aber dennoch seine Dolly zu lieben scheint, während Anna sich richtig verliebt hat und sich von ihrem Mann deshalb trennen will. Klar, dann kommt natürlich noch dazu, daß sie es in der Öffentlichkeit tut. Manchmal habe ich beim lesen den Eindruck, daß Affären an und für sich nicht verpönt sind ( ob für Männer oder Frauen ), solange daraus kein Skandal entsteht.


    Den Eindruck hatte ich beim Lesen auch. Scheinbar waren Affären in diesen gesellschaftlichen Kreisen an der Tagesordnung, eigendlich kein Wunder, bei lauter Vernunftehen, und so lange der äußere Schein gewahrt bleibt ist alles in bester Ordnung.

  • Anna ist aber auch selten dämlich. Einige Zeit scheint die Einigung ja gut zu gehen, Anna trifft Wronski nur außerhalb und alle können mehr oder weniger damit leben. Und dann bestellt Anna Wronski zu sich nach Hause, nur weil ihr Mann nicht da ist. Super, das ging ja dann auch voll daneben.
    Nun möchte ihr Mann verständlicherweise die Scheidung. Etwas ins Grübeln hat mich der Anwalt gebracht. Warum freut er sich oder zieht alles ins Lächerliche? Weil er sich von dem "bekannten" Klient viel Geld verspricht? Oder weil ihm Hörner aufgesetzt worden sind? Bei dem Verhalten hätte ich mir an seiner Stelle einen anderen Anwalt gesucht.


    Anna und Wronski, die große Liebe ist es auch nicht mehr. Zumindest Wronski sieht Anna nicht mehr durch die rosarote Brille, merkt das sie dicker geworden ist ( naja, eine Schwangerschaft verändert nun einmal die Figur ) und das ihre Gesichtszüge hässlich geworden sind. Irgendwie kommt sie mir auch wie eine eifersüchtige Ehefrau vor, kann aber schlecht einschätzen ob es aus der Situation heraus kommt, oder ob die Hormone das Verhalten so beeinflußen.


    Lewin und Kitty treffen bei Stiwa wieder zusammen. Und sie verstehen sich gleich prächtig, ich hoffe da geht noch was. :-]

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von Macska
    Nun möchte ihr Mann verständlicherweise die Scheidung. Etwas ins Grübeln hat mich der Anwalt gebracht. Warum freut er sich oder zieht alles ins Lächerliche? Weil er sich von dem "bekannten" Klient viel Geld verspricht? Oder weil ihm Hörner aufgesetzt worden sind? Bei dem Verhalten hätte ich mir an seiner Stelle einen anderen Anwalt gesucht.


    Ich hatte den Eindruck, daß es den Anwalt insgeheim gefreut hat, daß einem gesellschaftlich so hohem Tier wie Karenin Hörner aufgesetzt wurden. Karenin merkt dies sehr wohl und warum er sich keinen anderen Anwalt gesucht hat, hat mich auch gewundert. Vielleicht gab es damals nicht so viele Scheidungsanwälte ? :gruebel

  • Zitat

    Original von Zwergin


    Den Eindruck hatte ich beim Lesen auch. Scheinbar waren Affären in diesen gesellschaftlichen Kreisen an der Tagesordnung, eigendlich kein Wunder, bei lauter Vernunftehen, und so lange der äußere Schein gewahrt bleibt ist alles in bester Ordnung.


    Solange es der Mann ist, der die Affäre hat... :rolleyes


    Es wäre von Anna bestimmt besonnener gewesen, die Abmachung einzuhalten... aber nun ist sie eben gebrochen und Karenin zieht Konsequenzen...


    Interessant in dem Kapitel fand ich das Gespräch über Frauenrechte an der Tischrunde der Schtscherbazkis. Und darüber, dass Kitty und Lewin nun endlich zueinander gefunden haben, bin ich schon sehr glücklich.

  • Ja, solange es Affären sind und alles unter dem Deckmantel der Diskretion geschieht.


    Anna steht ja anscheinend kurz vor der Niederkunft und ist sich sicher, dass sie nicht mehr lange zu leben hat.
    Wronski ist nicht mehr so verliebt in seine Anna, auch wenn er was anderes sagt. Als Anna den Schein nicht mehr wahrt, will sich ihr Mann scheiden lassen. Der erträgt es zwar, aber scheint auch sehr unter all dem zu leiden, oder?


    Kitty und Lewin haben zu einander gefunden, sehr schön.

  • Sehr interessanter Abschnitt! Hab ihn gestern geradezu verschlungen.


    Auch ich finde Annas Aktion, Wronski zu sich nach Hause einzuladen irgendwie selten dämlich... Die Reaktion ihres Mannes ist dann ja sehr verständlich. Das Ganze konnte ja nicht ohne Konsequenzen, sprich der Scheidung, ausgehen...


    Gefreut hat mich allerdings, dass Kitty und Lewin zusammengefunden haben - schön! Ich hoffe, dass das auch so bleibt. :-)

  • Kitty und Lewin endlich wieder zusammen-wie schön :-)


    Karenin hat mir in diesem Abschnitt zum ersten Mal Leid getan. Blöd finde ich, dass Serjosha in die Streitigkeiten zwischen seinen Eltern gerät. Das beste für ihn wäre es sicher, bei seiner Mutter zu bleiben. Mit seinem Vater kommt er doch gar nicht zurecht.


    Annas Eifersucht wirkt auf mich erschreckend. Sie war mal so eine hübsche, stolze Person und ist nun gefühlsmäßig so abhängig von Wronskij. Auch wenn wahrscheinlich die Hormone ihren Teil dazu beitragen :gruebel



    Zitat

    Original von -Christine-


    Ich hatte den Eindruck, daß es den Anwalt insgeheim gefreut hat, daß einem gesellschaftlich so hohem Tier wie Karenin Hörner aufgesetzt wurden. Karenin merkt dies sehr wohl und warum er sich keinen anderen Anwalt gesucht hat, hat mich auch gewundert. Vielleicht gab es damals nicht so viele Scheidungsanwälte ? :gruebel


    darüber, dass Karenin sich keinen anderen Anwalt gesucht hat, habe ich mich auch gewundert. Vielleicht will er auch einfach nur die Sache hinter sich bringen und sich nicht auch noch über die Suche nach dem passenden Anwalt den Kopf zerbrechen. Dieser scheint ja einen guten Ruf zu genießen.
    Übrigens glaube ich auch, dass beides stimmt: der Anwalt belächelt Karenin und freut sich gleichzeitig darüber, an ihm Geld zu verdienen (am Ende des Kapitels denkt er darüber nach, bald seine Stühle mit Samt zu beziehen)

  • Zitat

    Original von Mia08
    ... Blöd finde ich, dass Serjosha in die Streitigkeiten zwischen seinen Eltern gerät. ...


    Da geht es ihm wie zig anderen Kindern, deren Eltern sich trennen bzw. nicht im Guten auseinandergehen.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von Macska


    Da geht es ihm wie zig anderen Kindern, deren Eltern sich trennen bzw. nicht im Guten auseinandergehen.


    :write und auch da zeigt sich wieder einmal warum dieses Buch ein Klassiker ist - die Themen sind auch heute noch und auch jenseits von Russland absolut aktuel !!

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Ich habe diesen Abschnitt heute auch beendet und es ist alles schon von euch gesagt worden, was ich mir auch aufgeschrieben habe.
    Nur: Mein geliebter Fürst kam wieder vor. Seine Sichtweise von der Bildung der Frauen, das geht ja gar nicht! :fetch
    Warum kann Tolstoi das nicht irgendjamand anderen sagen lassen? :hau
    Über dieses Gespräch habe ich mich köstlich amüsiert.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    ...
    Nur: Mein geliebter Fürst kam wieder vor. Seine Sichtweise von der Bildung der Frauen, das geht ja gar nicht! :fetch
    Warum kann Tolstoi das nicht irgendjamand anderen sagen lassen? :hau
    ...


    Aber es passt doch trotz allem zu ihm, seiner Erziehung, seinem Leben...
    So war das halt ;-)