Hier kann zu Teil 5, Kapitel 18 - 33 geschrieben werden.
'Anna Karenina' - Teil 5, Kap. 18 - 33
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Es ist schon auffällig, das Tolstoi sich ellenlang darüber auslassen kann, was für ein Tabuthema das Sterben sei und sich im Detail in der Schilderung des Sterbevorgangs verlieren kann, während die Tatsache, dass am Ende des Hochzeitstages eine Hochzeitsnacht oder in der Ehe Sexualität existiert, nicht erwähnt wird und man selbst die Andeutungen sehr suchen muß - und die Schwangerschaft Kittys hätte auch durch Luftbestäubung hervorgerufen worden sein.
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Ich bin jetzt Kapitel 28 und bemühe mich bis Mitternacht mit diesem Abschnitt fertig zu werden, da ich dann für die Spionin LR wieder unterbreche- noch niemand sonst hier?
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Zitat
Original von beowulf
Ich bin jetzt Kapitel 28 und bemühe mich bis Mitternacht mit diesem Abschnitt fertig zu werden, da ich dann für die Spionin LR wieder unterbreche- noch niemand sonst hier?
Wie kannst du bloß so schnell lesen? -
Heisse ich Herr Palomar? Lese ich schnell???
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Zu meinem Berufsleben heute gehört die Leidensgeschichte der Väter, die ihre Kinder nicht mehr sehen können, weil die Mütter nach der Trennung das verhindern- aber wie schwer muß das für eine Frau sein, die in einer Gesellschaft(-schicht) lebt, in der Mutter sein (oder sollte man bösartig Zuchtstute sagen?) der wesentliche, wenn nicht der einzige Lebenszweck ist? Ich finde Tolstoi bewältigt diese Darstellung mit einer auch 130 Jahre später noch tief bewegenden Sprache und Eindringlichkeit.So tief de Liebe der Eltern verletzt sein mag, die Schande und Schmach dafür, dass die Gefühle durch eine Frau ausgelebt wurden, so wahnsinnig ist diese Zerschneidung des Bandes zum Kind.
Übrigens sieht man am Verhalten der Gesellschaft den Unterschied zwischen Stepan Arkadjewitsch und Wronski - der eine geht fremd, zu leichten Mädchen, das darf er in den Augen der Gesellschaft, den er würde solch eine Frau nie mitbringen in diese Gesellschaft, der andere lebt offen seine Liebe zu einer verheirateten Frau- das geht natürlich überhaupt nicht- da kann man ja gar nicht wegsehen.
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Zitat
Original von beowulf
Heisse ich Herr Palomar? Lese ich schnell???
Kann Herr Palomar etwa noch schneller lesen? -
Das weiss ich nicht, wer schneller liest, aber Anna Karenina habe ich ziemlich langsam gelesen.
Aber oft lese ich schnell, weil ich unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Sonst wird man ja auch nie fertig.
Ein Kapitel lesen und dann das Buch weglegen funktioniert bei mir nicht! Ist wohl zwanghaft, Therapie lehne ich aber ab!PS: Spannend, was ihr zur Leserunde schreibt. Der Roman Anna Karenia besitzt viele gut ausgebildete Charaktere. Tolstoi möchte ich auch unbedingt mal wieder lesen.
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Leonae, Vergleiche einfach mal die Monats- bzw. Jahresleseleistung von dir, mir und Herrn Palomar, dann verstehst du was ich meine.
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Die Krankheit und das Sterben von Nikolaj fand ich sehr beeindruckend beschrieben und Lewins Schwierigkeiten im Umgang mit ihm kann ich sehr gut nachvollziehen. Und Kitty dagegen weiß sofort, was zu tun ist - da hat ihr der eigene Kuraufenthalt und ihr "Ausflug" als Krankenschwester nicht nur eine reifere Persönlichkeit beschert, sondern ihr womöglich auch praktisch genutzt!
Die absolute Nervensäge in diesem Teil war für mich Gräfin Lydia Iwanowa - so eine überflüssige Person! Andererseits schafft es Tolstoi auch ihr Gegenüber ein Mindestmaß an Mitgefühl heraufzubeschwören, wenn er kurz ihre Geschichte zusammenfasst.
Das Wiedersehen zwischen Anna und Seriosha ist auch sehr berührend - warum tut sie ihrem Sohn das alles nur an? Und sich selbst (siehe Szene im Theater)... Aber so langsam scheint sie selbst zu zweifeln. Nur kann sie nicht so einfach wieder zurück, dann müsste sie sich, ihrem Mann, der Gesellschaft ja eingestehen einen Fehler gemacht zu haben. Und vor allem sich selbst gegenüber ist fast nichts schwerer. Dann lieber Ausharren und sich an dem Festklammern, was man hat, und sich das Schönreden.
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Zitat
Original von beowulf
Zu meinem Berufsleben heute gehört die Leidensgeschichte der Väter, die ihre Kinder nicht mehr sehen können, weil die Mütter nach der Trennung das verhindern- aber wie schwer muß das für eine Frau sein, die in einer Gesellschaft(-schicht) lebt, in der Mutter sein (oder sollte man bösartig Zuchtstute sagen?) der wesentliche, wenn nicht der einzige Lebenszweck ist? Ich finde Tolstoi bewältigt diese Darstellung mit einer auch 130 Jahre später noch tief bewegenden Sprache und Eindringlichkeit.So tief de Liebe der Eltern verletzt sein mag, die Schande und Schmach dafür, dass die Gefühle durch eine Frau ausgelebt wurden, so wahnsinnig ist diese Zerschneidung des Bandes zum Kind.Karenin hat ihr sämtliche Brücken gebaut, die man nur bauen kann:
- Sie kann scheinbar ehrbar mit ihm leben (und bricht die einzige Forderung, nämlich das der Liebhaber das Haus nicht betritt)
- Als sie an Kindbettfieber leidet holt er ihren Liebhaber
- Er akzeptiert die (fremde) Tochter
- Er zieht aus religösen gründen die Scheidung zurückDer Mann benimmt sich wie ein Heiliger und bekommt nur Hass zurück. Ich mochte ihn vorher auch nicht, inzwischen mag ich Anna nicht mehr.
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Zitat
Original von Herr Palomar
PS: Spannend, was ihr zur Leserunde schreibt. Der Roman Anna Karenia besitzt viele gut ausgebildete Charaktere. Tolstoi möchte ich auch unbedingt mal wieder lesen.
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Zitat
Original von Nomadenseelchen
Karenin hat ihr sämtliche Brücken gebaut, die man nur bauen kann:
- Sie kann scheinbar ehrbar mit ihm leben (und bricht die einzige Forderung, nämlich das der Liebhaber das Haus nicht betritt)
- Als sie an Kindbettfieber leidet holt er ihren Liebhaber
- Er akzeptiert die (fremde) Tochter
- Er zieht aus religösen gründen die Scheidung zurückDer Mann benimmt sich wie ein Heiliger und bekommt nur Hass zurück. Ich mochte ihn vorher auch nicht, inzwischen mag ich Anna nicht mehr.
Naja, ich würde eher sagen, Karenin hat ihr sämtliche Brücken gebaut, die ER ihr nur bauen kann - letztendlich geht es ihm nämlich nur um die "Außenwirkung" bzw. kommuniziert er es ihr gegenüber so. Er drückt nie seine Gefühle ihr gegenüber aus oder versucht zu ergründen, wie es soweit kommen konnte."- Als sie an Kindbettfieber leidet holt er ihren Liebhaber" - als er ankommt, ist Wronskij doch schon da?
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Zitat
Original von milla
Naja, ich würde eher sagen, Karenin hat ihr sämtliche Brücken gebaut, die ER ihr nur bauen kann - letztendlich geht es ihm nämlich nur um die "Außenwirkung" bzw. kommuniziert er es ihr gegenüber so. Er drückt nie seine Gefühle ihr gegenüber aus oder versucht zu ergründen, wie es soweit kommen konnte."- Als sie an Kindbettfieber leidet holt er ihren Liebhaber" - als er ankommt, ist Wronskij doch schon da?
Als alle glaube, dass sie stirbt, holt er ihn noch einmal.
Ich bleibe dabei: Karenin ist viel zu gut für sie. -
Zitat
Original von Nomadenseelchen
Als alle glaube, dass sie stirbt, holt er ihn noch einmal.
Ich bleibe dabei: Karenin ist viel zu gut für sie.
Viel zu gut! -
Ich fand es interessant dass in meiner Ausgabe über dem Kapitel, in dem Nikolaj starb, der Titel "Der Tod" stand. sonst sind keine Kapitel betitelt.
Und dann wird am Ende dessen auch noch Kittys Schwangerschaft erwähnt.Ich stimme Nomadenseelchen zu: Karenin ist zu gut für Anna, wobei es ihn damit nicht für den besten Partner für ihre Person macht !!
Natürlich konnte er nur die Brücken bauen, die ihm möglich sind, aber ich denke man merkt ihm an dass er es nicht nur macht um den Schein zu wahren, er ist verletzt, und dass merkt man gerade dann als sie ihn wirklich verlässt. ER ist nicht mehr er selbst und flüchtet sich sogar in zwielichtige Religionsströme.
Die Gräfin finde ich jetzt nicht überflüssig. Sie war notwendig um Karenin wieder Boden unter den Füßen zu geben. Dass sie nun die Situation zwischen Anna und Karenin noch verschlimmert und ihr sogar den SOhn missgönnt ist die schlimmste aller Nebenwirkungen.
Mal schauen wie weit _sie_ sich in ihrer Schwärmerei hinreißen lässt ... -
Das zwischen Anna und Karenin ist eine sehr komplizierte Geschichte. Man erfährt ja nun auch, dass er damals wohl von ihrer Tante mehr oder weniger zum Heiratsantrag genötigt wurde (war wohl eine Ähnliche Situation wie zwischen Wronskij und Kitty, nur ist Karenin eben kein solcher Bruder Leichtfuß wie Wronskij) und da er eine gute Partie war haben die Eltern zugestimmt und Anna, die von Liebe damals wohl auch keine genaue Vorstellung hatte, dachte sich auch gut versorgt. Sie war ja auch zufrieden, bis Wronskij kam und sie merkte, dass es da noch etwas anderes gibt. Ich werfe Anna nicht vor, dass sie sich in einen anderen Mann verliebt und mit diesem zusammen sein möchte, das ist verständlich. Was ich ihr vorwerfe ist ihr absolut irrationales und widersprüchliches Verhalten mit dem sie alle (mich inklusive) in den Wahnsinn treibt!!!
Trotzdem hat die Szene, als sie zu Serioschas Geburtstag plötzlich an seinem Bett steht mich gerührt und ich habe Mitleid empfunden, aber vermutlich eher mit dem Jungen. Der versteht doch die Welt nicht mehr. Der Vater, der nur ein Schattenbild dessen wahrnimmt wer sein Sohn wirklich ist soll der Gute sein, die geliebte Mutter die immer so zärtlich war ist böse (ja wird gar für tot erklärt) und darf ihn nicht sehen. Hier wird das erste mal auch ausführlicher aus der Sicht des völlig verunsicherten Kindes geschildert und das finde ich sehr gut. Ich frage mich, wie Serioscha einmal von seiner Mutter denken wird, wenn er erfährt, dass sie ihn verließ um mit Wronkij zusammen zu sein?
Karenin tat mir auch furchtbar leid, als die Gräfin bei ihm war und er ihr seinen ganzen Kummer in einem wahren Gefühlsausbruch ausgeschüttet hat. "Ich bin zerschlagen, ich bin vernichtet, ich bin kein Mensch mehr!" Er kann die Fassade nicht mehr länger aufrecht halten, auch er hat Gefühle und die melden sich jetzt immer lauter zu Wort. Die Gräfin gibt ihm etwas mit dem er diese Emotionen betäuben kann, das sog. "Opium des Volkes", die Religion und es scheint für ihn zu wirken. Bin gespannt ob wir noch eine Reaktion von ihm erfahren, nachdem er seine Frau aus dem Zimmer seines Sohnes kommen sah.
Das Kapitel mit der Überschrift "Der Tod" fiel mir auch auf. Bisher das einzige im ganzen Buch, das überhaupt eine Überschrift hat. Es ist auch wirklich sehr eindringlich. Ein langsames dahinsiechen bis zu einem gewissen Grad der Peinlichkeit, als alle sich nur noch wünschen, er möge doch endlich sterben! Kitty hat sich genau so verhalten wie ich es vorausgeahnt habe. Sie wächst über sich hinaus und gibt die gute Krankenschwester wie Warenka (apropos... wollte die nicht zu Kittys Hochzeit kommen? Sie wurde dann aber gar nicht mehr erwähnt). Im Gegensatz zu Kostja, der mit der Situation völlig überfordert ist und gar nicht weiß, was er machen soll, packt sie sofort an, verschafft dem Kranken ein angenehmes und wohlriechendes Ambiente, sorgt dafür dass er es möglichst bequem hat und richtet auch noch die eigene Kammer wie zu Hause ein. Sogar der Wirt muss ihr gehorchen. Schön fand ich hier wieder den dargestellten Kreislauf des Lebens: Nikolaj stirbt, Kitty ist schwanger (@beo das mit der Luftbestäubung ist gut :lache). Jetzt haben wir ja schon eine Menge an sozialen Veränderungen in russischen Familien miterleben dürfen.
Anna Karenina ist wirklich kein Buch, das einen groß durch Spannung fesselt. Vielmehr entspringt das Interesse aus den genauen historischen Schilderungen des Alltagslebens der etwas gehobeneren Schicht Russlands. Ich kann es nicht ständig am Stück lesen aber jeden Tag etwas weiter, und so arbeitet man sich schneller als man sichs versieht vorwärts. Sehr angenehmes Lesen finde ich.
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Zitat
Original von Paradise Lost
Sie wächst über sich hinaus und gibt die gute Krankenschwester wie Warenka (apropos... wollte die nicht zu Kittys Hochzeit kommen? Sie wurde dann aber gar nicht mehr erwähnt)Warenka sagt ich besuche dich, wenn du verheiratet bist...und du hast noch viele, viele interesannte Seiten vor dir
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@beo
Dann haben wir wohl unterschiedliche Übersetzungen.
Zitat Diogenes-Ausgabe Seite 361: "Ich komme zu Ihrer Hochzeit", sagte Warenka.Zum Rest
Hab den Anfang des nächsten Abschnittes mittlerweile gelesen und weiß jetzt, dass Warenka wie auf mein Stichwort wieder auftaucht. :lache -
Ich fühl mich von Anna gar nicht so sehr in den Wahnsinn getrieben wie alle in dem Buch oder auch hier im Forum. Eigenartig *gg* Sie weiß oder hat einfach nicht gelernt was sie wirklich will und zu dem dann auch zu stehen, egal welche Konsequenzen das mit sich bringt. Oder aber sie will Wronskij und ihren Sohn sowie auch die Gesellschaft wieder aber eben ohne Karenin. Das alles zusammen ist nur nicht vereinbar und daher fetzt es sie auch immer hin und her. So seh ich das grade. Vielleicht sehr oberflächlich aber es erleichtert mir das lesen nicht noch tiefer da hineinzublicken.
Karenin tut mir natürlich leid nur auch er sollte konsequenter sein und weniger auf die Stellung achten. Es würde ihm garantiert dann auch besser gehen. So spielt er mindestens genauso ein Hin und Herspiel wie Anna auch. Das kann nicht gut gehen. Für keinen der beiden.
Serjosha's Freude darüber seine Mutter zu sehen fand ich sehr ergreifend und wunderschön beschrieben. Ich habe mich sehr für ihn mitgefreut!
Ich weiß gar nicht ob bei mir eine Überschrift mit "Der Tod" war - glaube aber nicht. Mir wäre es jedenfalls nicht aufgefallen. Dieses Kapitel hätte ich am liebsten aber schnell übersprungen - es war mir zu genau beschrieben und nachdem ich derzeit selbst nicht sehr gerne an den Tod denke fand ichs einfach nur gruselig das zu lesen.
Insgesamt hat das Buch teilweise auch was tröstendes ansich. Die Gesellschaft lebt doch immer, auch heute, immer nur nach einem gewissen Muster und genau so muss es sein. Kaum weicht etwas ab wird er verpönt oder schief angesehen. Ich versteh den ersten Satz dieses Buches immer mehr und mehr. Er zieht sich wie ein roter Faden durchs Buch und durch das Leben, denn nichts ist perfekt.