Gebrauchsanweisung für Norwegen
Ebba D. Drolshagen
Kurzbeschreibung
Norwegen hat Fjorde, Berge und Mette-Marit, es hat be trunkene Elche und verschleierte Bauernmädchen. Das Land ist lang, kalt, im Sommer zu hell und im Winter zu dunkel. Und es ist der Liebling der Energiegötter, die ihm Wasser, Öl und Gas geschenkt haben. Die Autorin berichtet aus dem protestantischen Emirat am Golfstrom, wo ein Bier sieben Euro kostet und der Ministerpräsident zu Staatsterminen in seiner heimatlichen Tracht erscheint. Wo qualifizierte Gastarbeiter willkommen sind. Wo die Regierung Kindergartenplätze für alle und die Gleich berechtigung der Frau vorschreibt. Wo die Zahl der Toten in der Literatur überdurchschnittlich hoch ist und Krimis hauptsächlich an Ostern gekauft werden. Sie erzählt von den Menschen im Reich der roten Holz häuschen, der Trolle und Elfen, in dem der Natio nal feiertag vor allem eins ist: ein Fest der Kinder.
Über den Autor
Ebba D. Drolshagen, 1948 geboren, wuchs in Deutschland und Norwegen auf. Sie lebt als Autorin und Übersetzerin in Frankfurt a. M.
Meine Meinung
Aus gegebenem Anlass habe ich mir dieses Buch zugelegt, als Reiselektüre während des Mitternachtssonnenbades. Dann habe ich den Fehler gemacht, es mal durchzublättern, anzulesen und schwubs, kann ich mir nun eine neue Reiselektüre aussuchen, da ich dieses Buch in kürzester Zeit durchgelesen und mich prächtig dabei amüsiert habe.
Zugegeben, Norwegen hatte ich bisher nicht auf dem Schirm, und vielleicht mögen die Geschichten, die Frau Drolshagen erzählt, für gestandene Norwegenreisende ein alter Hut sein. Für mich jedenfalls war das meiste neu.
Erfrischend, dass in diesem Buch kaum die Rede ist von Fjorden, Elchen und Trollen. Die grandiose Landschaft spielt kaum eine Rolle und damit bewegt sie sich wohltuend abseits der gewohnten Klischees, in denen ein Norwergenurlaub nur dann gelungen ist, wenn man in den einsamen Wäldern möglichst wenige Norweger getroffen hat. Nein, in diesem Buch geht es in erster Linie um norwegische Eigenheiten.
Die Autorin, immerhin selbst halbe Norwegerin, lästert ungehemmt und voller Wortwitz drauf los: sei es über Trachten, die scheinbar in Norwegen, wie bei uns allenfalls in Bayern, ein durchaus gesellschaftsfähige Bekleidung sind, sei es über das norwegische Essen („Wenn man richtig Pech hat, kann man zwischen Pizza unter der Wärmelampe und zerschnittenen Spagetti mit Hackfleischbällchen wählen, die in einer dubiosen Tomatensoße vor sich hin gelieren“), obwohl sie eine traditionelle, von Rucola und Mozarella völlig unberührte Hammel-Kohl-Suppe durchaus zu schätzen weiß.
Andererseits erklärt sie klug und ungeheuer kenntnisreich die Macken der Norweger: das ausgeprägte Gleichheitsempfinden, den Pietismus, der auf unterschiedlichste Weise das norwegische Wesen prägte und die Sonderstellung des Königshauses, bei dem die Prinzessinnen die Grundschule an der Ecke besuchen, der Königssohn kein „rehäugiges Schlichtchen“, sondern eine selbstbewusste junge Frau mit Drogenvergangenheit und unehelichem Kind heiratet und Empörung in der Bevölkerung erst dann ausbricht, wenn die königliche Familie zum Vorzugspreis ein Seegrundstück von 800 qm (!) Größe mit einem Sommerhäuschen bebauen will (das ist nämlich ungerecht und verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz). Das Königshaus besteht mangels passender Heiratskandidaten eh zum Großteil aus ursprünglich bürgerlichen Mitgliedern: Die Adelstitel wurden schon vor 150 Jahren vom Parlament abgeschafft.
Und trotzdem lässt sie keinen Zweifel an der Liebenswürdigkeit dieses Volkes mit seinen Eigenheiten, die im Zeitalter des Turbokapitalismus so wunderbar antiquiert wirken. Und auch wenn ich nach der Lektüre immer noch nicht sicher bin, wie ich mich angesichts eines erzürnten Elchbullen verhalten soll, weiß ich aber, dass ich, sollte mir jemand Smalahoved anbieten, mit dem Hinweis, gegen Schafe allergisch zu sein, dankend ablehnen werde.