Jeffrey Eugenides - Air Mail

  • Nachdem ich vor Jahren zufällig auf "The Virgin Suicides" von Jeffrey Eudgenides gestoßen bin, hab ich gewußt, dass ich wohl alles lesen werde, was dieser Typ zu Papier bringt und veröffentlicht. Und auch Middlesex, sein 2. Roman, hat mich nicht enttäuscht.


    Mit Air Mail, einem Erzählband, den ich euch heute vorstellen möchte, ist das so eine Sache.. Er besteht aus 3 Geschichten, die für mich von unterschiedlicher Qualität waren.


    Kurzbeschreibung laut Amazon:
    Das Paradies kann einem ganz schön auf den Magen schlagen. Was nützt schon der schönste Palmenstrand der Welt mit feinstem weißen Sand und blauer Lagune, wenn man von einer lästigen Darminfektion gezwungen wird, den lieben langen Tag in einer schäbigen Schilfhütte vor sich hin zu dösen? Kein Wunder, dass der Alternativ-Tourist und Backpacker Mitchell auf der abgelegenen Insel im Golf von Siam auf recht wundersame Gedanken kommt.
    Die Amöben, die in seinem Gedärm ihr Unwesen treiben, lösen bei dem jungen Amerikaner aus gutem Hause einen Anfall mystischer Sehnsucht aus. So erfüllt Mitchell ein unstillbares Verlangen, die große Harmonie von Leib, Geist und Natur zu erleben, und so die unmittelbaren körperlichen Bedürfnisse ebenso hinter sich zu lassen, wie die unerträgliche Banalität seiner Mitreisenden. Nachdem er sich mit einer rigorosen Fastenkur selbst geheilt hat, geht Mitchell schließlich ins Wasser, um endlich eins zu werden mit dem Paradies, dem Mond und den Amöben.
    Ganz andere Sorgen hat dagegen Wally Mars. Seine ehemalige Affäre und heimliche Liebe Tomasina Genovese wird getrieben vom unerbittlichen Ticken ihrer inneren Uhr, doch geeignete Männer werden für die erfolgreiche TV-Produzentin immer seltener. Da kommt ihr bei der Suche nach dem idealen Vater ihrer zukünftigen Kinder eine geniale Idee, die Wally jedoch ziemlich affig findet. Eine Schwangerschaftsparty der anderen Art, bei der Tomasina die anwesenden Herren, die ihr besonders geeignet erscheinen, um eine kleine genetische Spende bitten will. Wie Wally aus der Not eine Tugend macht und letztlich zum Hecht im Karpfenteich von Tomasinas geplantem Genpool avançiert, soll hier nicht verraten werden.


    Die erste Story kam ganz leichtfüßig daher - nett zu lesen für zwischendurch, aber nicht viel mehr. Die zweite fand ich recht skurril und witzig geschrieben, wohingegen mich die letzte gelangweilt hat.
    Jedenfalls nicht im Vergleich zu seinen anderen beiden grandiosen Romanen. Muß aber fairnesshalber dazusagen, dass ich dicke Romane generell lieber mag als kurze Erzählungen.

  • Dieses Büchlein habe ich heute beim samstäglichen Wochenend-Einkauf im Supermarkt als ME abgegriffen und mich am Nachmittag gleich darauf gestürzt.


    Es enthält drei Kurzgeschichten:


    Air Mail


    Der Backpacker Mitchell befindet sich auf einer Auszeit vom College, nämlich auf einer mehrmonatigen Weltreise, und aktuell im Paradies: auf einer tropischen Insel im Golf von Siam nämlich. Ein Paradies mit einem entscheidenden Makel allerdings, denn der Ort ist von der Amöbenruhr verseucht, unter der Mitchell ebenso leidet wie die anderen Personen der Geschichte: Aussteiger und Hippies wie Mitchell.
    Mitchell beschließt, sich selbst zu heilen - mit einer Fastenkur, mit der er auch glaubt, Gandhis Weg folgen zu können. Gedanken über die anderen Menschen vor Ort, über sein Leben vor dieser Reise, ein Telefonat mit seinen Eltern zuhause und Passagen aus Briefen, die er zwar an seine Eltern geschrieben, aber nie abgeschickt hat, wechseln sich ab.
    Mitchell strebt die Erleuchtung an, die Befreiung von den Fesseln der profanen Welt, blickt dabei voller Arroganz auf all die schwachen und feigen Menschen, die diesen Weg scheuen - und ist entschlossen, diesen bis zur letzten Konsequenz hin zu gehen.


    Die Bratenspritze


    Tomasina Genovese ist vierzig und Single, will aber unbedingt ein Kind. Ihre Freundin Diane hat einen schlauen Plan: drei Männer sollen Samenspender spielen, um Tomasinas Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen.
    Einer davon ist Wally Mars, ein Verflossener Tomasinas, und die Geschichte wechselt nach ein paar Seiten von Tomasinas Perspektive zu der seinen. Er hält Rückschau auf die kurze Beziehung zu Tomasina und macht sich seine Gedanken über den Plan seiner Ex-Freundin - und fasst dann einen folgenschweren Entschluß.


    Timesharing


    Der Erzähler der dritten Geschichte besucht seine Eltern in Daytona Beach, Florida, wo diese gerade ein marodes Motel renovieren - im Versuch, der nach geschäftlichen Fehlinvestitionen drohenden Armut zu entgehen und in der Hoffnung, den zwischen den Fingern hindurchgeronnenen Wohlstand wieder zu fassen zu bekommen. Mit jeder Seite ist der Kampf um eine gesicherte Existenz spürbar, den sich aber die Eltern um keinen Preis anmerken lassen wollen, und gleichzeitig ist diese Geschichte auch eine Erzählung darüber, wie sich das Verhältnis zwischen Kindern und Eltern verändert, wenn Kinder erwachsen sind und die Eltern zu altern beginnen.



    Drei wunderbare Kurzgeschichten - eine sarkastisch-ironisch, eine schräg-witzig, eine bedrückend-berührend, insgesamt ein wunderbares Büchlein. :anbet


    Nur auf das Nachwort von Dennis Scheck hätte verzichtet werden können; das ist furchtbar schwurbelig geschrieben ( "(...) die als Symbol für die letztlich futilen Kommunikationsversuche Mitchells (...)" - was für ein grausamer Anglizismus! :rolleyes ) und kommt als krampfhaft bemühter Versuch eines literaturwissenschaftlichen Exkurses 'rüber, wirkt hochgestochen und super-"intellektüll", bringt aber letztlich wenig Inhalt.
    Ist praktischerweise am Schluß des Buches und kann also einfach ignoriert werden! :grin