Paul Auster - Stadt aus Glas

  • Hab im Rahmen der SZ-Bibliothek den Band von Paul Auster - Stadt aus Glas gelesen und bin sehr gespalten, was meine Meinung zu dem Buch betrifft...


    Die Story handelt von Daniel Quinn, einem Krimiautor, der eines Nachts einen mysteriösen Anruf erhält und daraufhin in die Rolle eines Privatdetekivs schlüpft. Als solcher beschattet er einen geistesgestörten Wissenschaftler, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde. Auftraggeber ist die Frau des Sohnes des Forschers, die Angst hat, der Vater könnte ihn umbringen wollen. Quinn folgt dem Forscher daraufhin auf Schritt und Tritt. Dieser schafft es jedoch zu verschwinden. Quinn weigert sich jedoch, den Fall danach als Abgeschlossen zu betrachten und beginnt in seiner Besessenheit um den Fall immer mehr zu verwahrlosen.


    Stadt aus Glas ist der erste Teil der New York Trilogie Austers.


    Das Buch hat bei mir einen ganz eigenartigen Effekt ausgelöst: Selten habe ich mich während des Lesens so über die Hauptpersonen und deren Handlungen geärgert: Unlogisch, unverständlich, nicht nachvollziehbar waren sie nur allzu oft. Normalerweise würde ich so ein Buch schnell fertiglesen (ich kann Bücher nicht abbrechen und zur Seite legen) und keinen weiteren Gedanken daran verschwenden. Nicht so aber in diesem Fall. Denn sobald ich das Buch abends oder zwischendurch aus der Hand gelegt hatte, fing es an, mich zu beschäftigen. Immer wieder kamen mir Ausschnitte ins Gedächtnis und ich konnte nicht aufhören, darüber nachzugrübeln.
    Aufgrund dieser Wirkung, die das Buch auf mich ausübte, bin ich trotz des Widerwillens, der mich an manchen Stellen beim Lesen begleitete, froh, das Buch zur Hand genommen zu haben. Ein weiteres von Auster werde ich vermutlich trotzdem nicht lesen.


    ASIN/ISBN: 3937793054

  • Hallo, Azrael.


    Auster schreibt oft sehr experimentell, schwierig nachvollziehbar und sogar willkürlich - in "Die Musik des Zufalls" hat er die Willkür zur Grundlage gemacht, da gibt es fast keinen "richtigen" Zusammenhang. Aber es gibt auch wirklich eingängige, eher konventionelle und schöne Bücher von ihm, etwa "Timbuktu". Und mein Lieblingsbuch von Auster (siehe Link), das allerdings ziemlich verstörend und deprimierend ist:

  • Mir ging es ganz genauso! Ich wollte es oft schon weglegen, war aber dann doch wider Willen fasziniert.
    Doch ich werde mir irgendwann die New York Trilogie fertigkaufen, Auster hat mich neugierig gamacht.


    Wegen der SZ Biblithek will ich gleich mal einen eigenen thread eröffnen, falls es Euch interessiert!


    lg Bea (die im Dachgeschoss beim PC schwimmt) :cry

  • Zitat

    Original von tomliehr
    Aber es gibt auch wirklich eingängige, eher konventionelle und schöne Bücher von ihm, etwa "Timbuktu". Und mein Lieblingsbuch von Auster (siehe Link), das allerdings ziemlich verstörend und deprimierend ist:


    https://www.buechereule.de/wbb/thread/1620&sid=


    Hier mein Beitrag.... habs aber auch hochgepusht....

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Eine verrückte Geschichte!


    Auster betreibt ein kompliziertes Verwirrspiel mit Erzählern und handelnden Personen, mit Realität und Fiktion. Er zieht den Vergleich zu Cervantes „Don Quijote“ – einem Roman, in dem der Autor vorgibt, nicht der Autor zu sein – und treibt dieses Spiel noch weiter, indem er sich selbst zu einem Teil der Handlung macht und behauptet, eine wahre Begebenheit zu Papier zu bringen. Der Erzähler dieser Begebenheit ist allerdings nicht Paul Auster, sondern ein Freund von ihm!


    Ich habe dieses Buch mit einer Mischung aus Faszination und Widerwillen gelesen und mich immer wieder sehr über die Entwicklung der Handlung gewundert. Das Ende ließ mich leider völlig frustriert zurück.


    Faszinierend fand ich die „Kaspar Hauser“-Geschichte und den schier endlosen Monolog von Paul Stillman, der nicht wirklich Paul Stillman hieß. Die Frage, welche Sprache Menschen wohl sprechen würden, wenn sie keine Sprache lernen würden, finde ich hochinteressant (auf diese Frage bin ich nie gekommen!) – was Stillman sen. daraus macht, ist natürlich abscheulich. Die ellenlange Inhaltswiedergabe von Stillmans Buch hat mich sehr gelangweilt. Immer wieder passierten jedoch höchst überraschende Dinge, z. B. dass gleich zwei Stillmans das Bahnhofsgebäude verließen (hatte diese Episode einen tieferen Sinn?) und die Dialoge, die die Figuren führen, sind sehr lebhaft, spannend und grotesk.


    Dieser Roman verstärkt mein gespaltenes Verhältnis zu Paul Auster: Ich mag seine Schreibe, aber seine Geschichten stoßen mich ab.

  • Danke für den Hinweis, BJ. Habe doch gleich mal gelesen, was ihr dazu geschrieben habt und gesehen, du hattest eine Magenverstimmung, als du das Buch gelesen hast. Vielleicht hast du es deshalb in besonders schlechter Erinnerung?


    Als mich die Schwangerschaftsübelkeit befiel, war ich gerade dabei "Schande" von Coetzee zu lesen. Ich konnte es nicht zuende lesen und mag am liebsten gar nicht an dieses Buch denken! :-)

  • Also ich hatte keine Magenverstimmung,als ich das Buch gelesen habe und es hat mir auch nicht gefallen.
    Aber es hat mich schon nachdenklich gemacht.
    Als er die Observation beginnt, sieht er ja zwei Personen,auf die die Beschreibung paßt und ich hatte beim Lesen die Idee,daß er sich für die "Falsche" entscheidet und von da ab die ganze Geschichte nur in seiner Phantasie spielte.
    Schade, Mr. Vertigo hatte mir gut gefallen,deshalb war ich von Stadt aus Glas sehr enttäuscht.

  • Ich habe auch die Ausgabe der SZ-Bibliothek, habe den Roman aber in der New-York-Trilogie gelesen.
    Mich hat das Buch einerseits sehr verwirrt, andererseits wollte ich aber immer wissen, wie es weitergeht. Auster lässt viel Spielraum für eigene Fantasie (in den beiden weiteren Roman wird auch gerne mal Bezug auf diesen ersten genommen), aber trotzdem hat mir der Schreibstil nicht gefallen.
    Ich werde wohl kein weiteres Buch dieses Autors lesen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Also mir hat das Buch total gut gefallen. Eines der besten, das ich in letzter Zeit gelesen habe. Paul Auster ist ein wahrer Glückstreffer der SZ, auf den ich sonst vielleicht nicht aufmerksam geworden wäre.


    Der Erzählstil war gut, flüssig und mitreißend. Ich war sofort in der Geschichte drin und es war sehr spannend.
    Manche finden vielleicht Auster schreibt wirr, aber ich finde ihn unglaublich kreativ und er hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Selbst wenn ich das Buch aus der Hand gelegt habe und vor allem nachdem ich es fertig gelesen habe, haben mich viele Szenen beschäftigt und viele Fragen aufgeworfen.


    Die Sache mit den Buchstaben war z.B. eine tolle Idee oder dass Auster sich selbst in seine Erzähling eingearbeitet hat. Dadurch lässt er dem Leser die Möglichkeit die Geschichte für real zu halten.


    Die Wendung im Buch fand ich auch klasse: Zuerst scheint es wie eine theologisch angehauchte Krimigeschichte, bis sich dann nach dem Verschwinden Peter Stillmans senior herausstellt, dass es um mehr geht. Quinn rückt in den Mittelpunkt.
    Identität spielt eine große Rolle in dem Buch. Die ganzen Spielchen mit den Pseudonymen und den Namen, sogar Don Quijote sowie Paul Auster himself im Buch fand ich super interessant.


    Mit dem Titel bin ich noch am Grübeln... Warum erscheint ihm New York wie aus Glas?


    Auster ist für mich persönlich die Neuentdeckung überhaupt. Die New-YOrk-Trilogie steht schon auf dem Wunschzettel :-]

  • Dieses ganze Verwirrspiel, wer ist wer; was ist real; war schon interessant. Die ständigen Hinweise auf andere Literatur (z.B. Lewis Carroll) fand' ich lustig, hatte aber meist die entsprechenden Stellen noch nicht gelesen. Auch die Hinweise auf die Bibelstellen waren interessant. Insgesamt aber lässt das Buch einen verzweifeln. Nichts ist wie es scheint, und glaub' bloß nicht du hättest irgendwas kapiert. :lache

  • Mich hat "Stadt aus Glas", der Auftakt der hochgelobten New York-Trilogie, enttäuscht. So sehr ich Austers Bücher und seinen Stil normalerweise schätze, so wenig konnte er mich mit diesem Roman erreichen. Mir ist das alles zu rätselhaft, zu erratisch und zu kafkaesk.
    Die beiden übrigen Teile der Trilogie werde ich wohl nicht lesen, obwohl ich einen Sammelband habe.