Donald McCaig - Rhett

  • Originaltitel: Rhett Butler's people


    Rhett Butler - geheimnisvoller, faszinierender Fremder, Liebhaber von Scarlett O'Hara... wer kennt ihn nicht und schwärmt heimlich für diesen Mann?! Vorausgesetzt, sein Charme hat den Leser bei der Lektüre von "Vom Winde verweht" bezirzt.


    Donald McCaig ist von den Erben Margaret Mitchells authorisiert worden, die Lücken in Rhett Butlers Biographie zu füllen. In seinem Roman begegnen wir zuerst dem jugendlichen Rhett, der im Begriff steht, wegen Belle Watling sein erstes Duell auszutragen. Ein schicksalhaftes Erlebnis, das den Rest seines Lebens immens beeinflussen wird.


    In Rückblicken erfährt man dann noch so einiges über seine unglückliche Kindheit und und sein gespanntes verhältnis zu seiner Familie. früh wird klar, dass er ein naturbegeisterter Junge ist, der sich über viele Gepflogenheiten hinweg setzt und mit seinem festen Charakter gegen so manche moralische Mauer läuft. Sein Vater Langston Butler ist tief enttäuscht von seinem Erstgeborenen, in den er viele Hoffnungen gesetzt hat. Rhett dagegen verachtet alles, für das sein Vater steht: seine Habgier ud Geltungssucht, seine Begeisterung für die Sezession ebenso wie seine fehlende Liebe für die anderen Mitglieder seiner Famile und das mangelnde Mitgefühl für seinen "Besitz", die Sklaven seiner Plantage Broughton. Wie zu erwarten, prallen diese zwei starken Charaktere in regelmäßigen Abständen aufeinander.


    Als Langston seinen Sohn als Strafe mit den Reispflanzern arbeiten lässt, erhält Rhett einen schmerzenden Einblick in den Alltag der Sklaven. Wen wundert es, dass einen solchen Freigeist, deren Schicksal nicht kalt lässt und er seine Sympathien eher ihnen zukommenlässt als der Klasse aus der er stammt?
    Nach seinem Rausschmiss aus West Point und dem oben erwähnten Duell ist der Bogen überspannt und sein Vater verstößt ihn - sehr zum Kummer seiner Mutter und heißgeliebten Schwester Rosemary.


    Sein Schicksal führt ihn nach Kuba, in den Wilden Westen und die Aufregung des Goldrausches. Aus dem rastlosen Rhett wird ein erfolgreicher Kaufmann mit festen Prinzipien. Auf einer Geschäftsreise in den Osten erhält er unvermutet eine Einladung auf die Plantage Twelve Oaks, wo er Scarlett O'Hara begegnet und ihrem Temperament verfällt.


    Ab hier ist der Rahmen der Geschichte durch "Vom Winde verweht" vorgegeben, weshalb ich hier nicht weiter inhaltlich ins Detail gehen werde. Abgerundet wird die große Liebesgeschichte durch ein neu erdachtes Ende...



    Ich hatte wenig Erwartungen an diesen Roman und war noch beim Anlesen unsicher, ob ich ihn überhaupt lesen möchte. "Vom Winde verweht" ist einfach wunderbar und wie sollte jemand daran herankommen?


    Aber ich wurde positiv überrascht: Donald McCaig hat darauf verzichtet, den Stil von Margaret Mitchell nachzuahmen und schreibt sehr neutral und gradlinig. In einem Interview äußerte er sinngemäß, dass Margaret Mitchell selten ein Wort nutzte, wenn ihr stattdessen zwei zur Verfügung standen, um den Sachverhalt zu schildern. Da ihm bewusst war, dass er selbst so nicht schreiben könnte, hat er sich entschieden, seinem Stil treu zu bleiben. Mir tat das bei der Lektüre gut gefallen, weil ich eine Distanz hatte und nicht ständig zwischen beiden Romanen verglich. Vielleicht wird aber andere Leser gerade dies abstoßen.


    Man erhält viele zusätzliche Informationen zum Bürgerkrieg und der entsprechenden Zeit. Rhett Butlers Person ist zwar der Aufhänger des Romans, aber zugleich werden auch viele weitere Charaktere eingeführt. Dadurch finde ich den deutschen Titel "Rhett" weniger treffend als den Originaltitel "Rhett Butler's People" (Rhett Butlers Leute). Hoffmann & Campe führt damit meiner Meinung nach seine potentiellen Kunden bewusst in die Irre und hat mit der gesamten Werbekampagne unglaubliche Erwartungen geschürt, die nicht den Tatsachen entsprechen.


    Wer die Fortsetzung "Scarlett" gelesen hat, sollte sich bewusst machen, dass sich "Rhett" auf "Vom Winde verweht" bezieht und dabei "Scarlett" nicht berücksichtigt. Dies wird besonders deutlich bei der Fortschreibung des Endes. Mich hat das nicht gestört, aber ich wusste dies bereits vorher und war darauf vorbereitet.


    Fazit:
    Ein nettes Büchlein für zwischendurch (trotz seiner 600 Seiten), das keine neue Welt erschafft und sicher kein Meisterwerk ist. Für Unterhaltung wird gesorgt, wenn manches vielleicht auch etwas vorhersehbar ist und an emotionalen Stellen oberflächlich bleibt. Ohne "Vom Winde verweht" zu kennen, sollte man "Rhett" nicht lesen, weil dadurch Bekanntes nicht erneut thematisiert wird.


    Die 23€ für das Hardcover wären mir allerdings zu teuer. Ich bin froh, es wieder in die Bibliothek zurückbringen zu können und das Geld für etwas anderes ausgeben zu können.

  • Als ich gelesen habe, dass die Geschichte von Rhett Butler erzählt werden sollte, war ich zuerst wirklich angetan. Als Fan von „Vom Winde verweht“ – sei es das Buch oder der Film – war klar, dass ich das lesen möchte, allerdings ohne allzu viel davon zu erwarten - "Scarlett" ist mir noch als Warnung in Erinnerung.
    Nun habe ich es gelesen und ich bin froh, dass ich für das Buch „nur“ einen Gutschein verbraten habe. Die 23 Euro hätten mir echt weh getan.


    Ganz davon abgesehen, dass es eigentlich kaum wirklich um Rhett selbst geht (entgegen dem, was der Titel vermeintlich verspricht), fand ich das Buch fast hastig hingeschrieben, oberflächlich und wurde in keiner Weise den Charakteren von Margaret Mitchell gerecht. Am allerwenigstens dem verwegenen Rhett Butler, den man aus „Vom Winde verweht“ kennt.
    Einige prägende Ereignisse fehlten gänzlich, andere hat er verändert. Teilweise hatte ich das Gefühl, dass ich „Vom Winde verweht“ nicht wirklich mehrere Male gelesen hatte und war etwas irritiert und leider viel zu oft gelangweilt.


    Schade drum, denn aus der Figur Rhett Butler hätte man etwas mehr machen können. Aber vielleicht hätte das vorausgesetzt, dass man vorher Margaret Mitchells Buch gelesen hätte. :rolleyes



    Nebenbei: Vor Jahren habe ich auch „Scarlett“ gelesen, welches mir nur mäßig gut gefallen hat. Auch hierzu stimmt sehr viel nicht überein. Vielleicht kam auch daher noch zusätzlich meine Verwirrung zustande. Allerdings gewinnt „Scarlett“ nach dieser Lektüre nun doch wieder. Das war im Nachhinein gesehen um Längen besser als „Rhett“.

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • Dieses Buch habe ich vor ein paar Monaten gelesen. Meine Meinung dazu:


    Ich war von diesem Buch nicht begeistert. Die Figur des Rhett ist zwar gut herausgearbeitet und man merkt auch, dass der Autor sich mit dem Sezessionskrieg auskennt, aber...das war es auch schon.
    Wer "Gone with the wind" gelesen hat, wird vermutlich auch der Meinung sein, dass die Beziehung zu Scarlett O´Hara viel zu kurz abgehandelt wird. Einige Teile werden übersprungen oder so kurz behandelt (teilweise nur in Briefen zwischen Melanie Wilkes und Rhetts Schwester Rosemary), dass Fans von Mitchells Roman daran Anstoß nehmen und diejenigen Leser, die den Roman von Mitchell nicht kennen, Schwierigkeiten haben, den Durchblick zu behalten.
    Der Erzählstil gefällt mir stellenweise gar nicht: kurze abgehackte Sätze. Auch die Übersetzerin trifft nicht immer den richtigen Ton: die Prostiuierten im Bordell der Belle Watling werden durchgängig "Metzen" genannt, wobei man eher an einen Roman aus dem europäischen Mittelalter denkt. Mich hat das sehr gestört.
    Der Autor mag gute Bücher geschrieben haben, aber hier bestätigt sich wieder meine Auffassung, dass man sich nicht an solche epochalen Werke wie "Gone with the wind" herantrauen sollte, da es (fast) unmöglich ist, ihnen gerecht zu werden.
    Wer dieses Buch der Vollständigkeit halber lesen will, sollte es eher aus der Bücherei entleihen als es zu kaufen.

  • Ich muß mich Shirat anschließen, dafür dass es um Rhett gehen soll, taucht er eigentlich nur genauso schemenhaft, wenn auch nicht weniger faszinierend auf, wie in Michells Vorlage. Da lernt man seine Schwester oder Belle Watling besser kennen.


    Scarlett finde ich ziemlich schlecht getroffen, die Figur wird wirklich verzerrt, dafür bekommen andere alte Bekannte etwas Politur.


    Dann habe ich einige wichtige Szenen vermisst, wo ich wirklich gern Rhetts Sicht erlebt hätte (der Ball in Atlanta, der Besuch wo er ihr den Hut schenkt, und vor allem Bonnies Tod). Dafür kam dann ne Menge Blabla über einen Jugendfreund von Rhett, der letzterem eigentlich längst fremd geworden ist.


    Ich habe mich jetzt nicht gelangweilt oder so, war ganz nett zu lesen, aber es entsprach nicht meinen Erwartungen.


    Und das Ende war dann sehr dick aufgetragen, das nimmt der alten Geschichte einfach soviel weg :-(

  • Nun ist auch diese Fortsetzung bzw. "Based upon..."- Werk vom Tisch, meinem persönlichen jedenfalls.


    Zunächst muss ich dem Autor mein Kompliment aussprechen, was Erzählstil und Sprache an sich angeht. Auch schafft er es, neue interessante Handlungsstränge in Anlehnung an GWTW zu kreieren. Kein Vergleich jedenfalls zu dem Kitsch von Ripley.


    Das Buch ist in jedem Fall lesenswert, wobei ich finde, dass die völlig neuen Nebenhandlungen, besonders die Geschichte um Rosemary Butler wesentlich besser gelungen sind als Rhetts Geschichte.


    Die neuen Charaktere sind gut gezeichnet und auch Rhett ist halbwegs gut getroffen, kommt allerdings wesentlich weniger zynisch heraus als in Mitchells Roman. Was dagegen völlig daneben gegangen ist, ist die Darstellung von Scarlett und Melanie. Offenbar konnte sich der Autor nicht in diese Figuren hineinversetzen. Sie wirken oberflächlich und klischeehaft nach zeitgenössischen Romanheldinnen gezeichnet. Der psychologische Tiefgang, den Mitchell präsentiert, und die vielschichtigen Züge, mit denen sie ihre beiden Protagonistinnen ausstattet, fehlen jedenfalls zur Gänze. Auch wenn McCaig selbst meinte, Mitchell habe etwas lieber in zwei Sätzen gesagt, das man in einem Satz sagen kann, dann wäre hier mehr doch eben mehr gewesen.


    Leider weist der Roman dazu einige Fehler auf. Zum Beispiel:


    In GWTW ist eindeutig, dass Melanie nichts von Scarletts Schwärmerei für Ashley weiß. Bei McCaig weiß sie über alles Bescheid. Damit nimmt er Melanie ein Stück der ihr typischen Eigenart, das sie in allen das Gute sieht, was aus ihrer unschuldigen Grundhaltung resultiert. Bei McCaig hat sie zudem unschickliche sexuelle Gelüste, die so gar nicht zu ihr passen und unzeitgemäß wirken.


    Des Weiteren lebt in GWTW Rhetts Mutter noch zum Zeitpunkt von Bonnies Tod und besucht die Beerdigung. In McCaigs Buch ist sie bei diesem Ereignis bereits tot.


    Ist die Geschichte auch sonst passabel und bindet einige Originalszenen nett in die Handlung ein, so scheitert McCaig am Ende der Geschichte ebenso wie seine Vorgänger/in. Ich habe den Eindruck, dass jede Fortsetzung vor allem darauf zielt, den Lesern endlich das heißersehnte Happy-End zu geben. Und gerade das ist ein Hauptmanko.


    Der Teil, der beginnt, wo das Originalbuch endet, ist daher leider auch der schwächste des Buchs. Scarlett ist dort plötzlich das arme Frauchen, das nichts auf die Reihe bringt und ganz plötzlich - trotz ihres Geschäftssinnes und klugen Kopfs - ihre Unternehmen in den Sand setzt.
    Was zudem merkwürdig anmutet, ist die allgemeine Harmonie, die plötzlich am Ende des Buches zwischen allen herrscht.


    Daneben kleidet McCaig sein Buch in eine Art Rahmenhandlung, eine Art "Rache-Story", deren Kreis sich am Ende schließt, die aber leider so gar nicht passt. Denn GWTW ist ein Buch über eine Gesellschaft, ihre Menschen und deren Entwicklung. Da ist eine Story, wie oben genannt und von McCaig fabriziert, einfach nur banal, auf Fernsehserien-Niveau und nicht adäquat.


    Fazit: Wer etwas Vergleichbares wie GWTW erwartet, wird das nicht bekommen. Statt dessen aber ein handwerklich solides Buch mit netten Reminisenzen an einen der größten Bucherfolge der Welt. Man darf sich nur nicht an den Ungenauigkeiten und gewissen Oberflächlichkeiten stoßen.


    - Und sollte dort aufhören, wo auch Mitchells Buch endet.


    "Schließlich, morgen ist auch noch ein Tag." (Und wer weiß, welche Fortsetzungen er noch bringt.)

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Ich fand das gerade positiv, ich konnte nie wirklich glauben, dass die ach so belesene Mel so trutschig ist, daß sie das nicht mitbekommt.

  • Vielleicht unglaublich aber wahr. Es gibt solche Menschen tatsächlich, die durch und durch gut - um nicht zu sagen, naiv - sind.


    Und im Grunde halten es doch die meisten Menschen auch so, das sie das, was sie nicht sehen wollen, auch nicht sehen. Eine Art Selbstschutzmechanismus.


    Deshalb kann Melanie in GWTW auch all das Schreckliche, was ihr Rhett Buler nach Scarletts Sturz offenbart und Mammys Erzählungen nach Bonnies Tod kaum fassen. In ihrer Welt gibt es so etwas nicht, auch wenn es real existiert.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Vielleicht zwei Paar Schuhe - die aber gar nicht so weit auseinanderliegen.


    Und oft resultiert wohl aus dem Einen das Andere. Wer lässt schon gerne sein Weltbild erschüttern?


    Dazu kommt, dass Melanie sich literarisch wohl vor allem mit den Klassikern der Literatur und Poesie beschäftigt hat. Die BILD Zeitung oder Marquis de Sade lagen wahrscheinlich nicht auf ihrer geklöppelten Tischdecke.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers