Rich Merritt - Code of Conduct

  • (amerikanische OV - bisher noch keine Übersetzung)


    San Diego, Kalifornien, Januar 1993, Bill Clinton hat gerade das Amt des Präsidenten angetreten.


    Don Hawkins ist Gunnery Sergeant in Camp Pendleton bei San Diego, seit 16 Jahren bei den Marines und hat bei seinen Vorgesetzten einen sehr guten Ruf. Da das Bekanntwerden von Homosexualität unehrenhafte Entlassung zur Folge hat, ist es als "Vorsichtsmaßnahme" durchaus nicht unüblich, dass schwule und lesbische Soldaten Scheinehen eingehen, wie es gerade seine Freunde Karl und Robbi (Roberta) getan haben. Don ist auch verheiratet, seine Ehefrau und deren Freundin dienen auf einem Stützpunkt in Japan. In allem was das Militär betrifft sind Don und seine Freunde sehr vorsichtig wie sie sich verhalten, aber in San Diego gehen sie auch in schwule Bars und Clubs. Dort lernt er Lieutenant Patrick McAbe kennen, der gerade die Ausbildung zum Hubschrauberpiloten abgeschlossen hat und nach Camp Pendleton versetzt wurde, zwischen beiden ist es Anziehung auf den ersten Blick.


    Jay Gared hat einen wahnsinnigen Hass auf Schwule, erst recht auf Schwule beim Militär. Er ist Agent beim NIS (Naval Investigative Service), von seinem Vorgesetzten hat er zwar die Anweisung erhalten sich zurückzuhalten, da sich mit dem neuen Präsidenten eventuell die politischen Gegebenheiten ändern würden, aber Agent Gared sieht es als persönlichen Kreuzzug an, so viele Schwule in der Armee wie möglich zu enttarnen und für ihre Entlassung zu sorgen.


    Zu Beginn besteht das Buch aus mehreren Handlungssträngen, die sich im Laufe der Geschichte verweben. Ein Teil der Geschichte ist die Liebesgeschichte zwischen Don und Patrick, eingebettet in eine Handlung, die, vor einem politischen und gesellschaftlichen Klima, das Homophobie unterstützt, die Situation von Schwulen und Lesben beim Militär zeigt, desweiteren Abhängigkeiten im Militär untereinander, sowie Verknüpfungen in die Politik und die Medien.


    Nicht nur Homosexualität, sondern auch "Fraternization", Freundschaft zwischen Soldaten unterschiedlicher Dienstgrade, wird nicht nur vom Militär nicht gern gesehen, sondern verstößt gegen den "Code of Conduct" und wird bestraft.
    In den USA gibt es eine Berufsarmee. Die Gründe für eine Karriere beim Militär sind vielfältig, Patriotismus oder Familientradition oder Abenteuerlust oder es hat einfach wirtschaftliche Gründe. Für einen Teil der Bevölkerung ist das Militär oft die einzige Chance auf eine Ausbildung und eine feste Arbeitsstelle oder auch eine Collegeausbildung.


    Agent Gared hat (im Buch) die Theorie, dass im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung Schwule beim Militär sogar überproportional stark vertreten seien, Rekrutierungsposter und Werbefilme für die Armee zeigen gutaussehende junge Männer, geworben wird mit markigen Sprüchen wie "Be all that you can be" und "The Few and the Proud". Ein Teil derjenigen, die sich für ein Leben als Berufssoldat entscheiden, waren unsichere Teenager, die sich "anders" fühlten. Als Soldat ist man ein "richtiger Mann", dann kann man nicht schwul sein, bis sie es irgendwann sich selbst gegenüber doch nicht mehr verleugnen können. (Damit hat der Autor seine eigene Biografie zitiert).


    Ein Wahlkampfthema von Präsident Clinton war die Legalisierung von Homosexuellen in der Armee. Clinton hatte 1993 aber nicht genug politische Unterstützung und herausgekommen ist ein Kompromiss, der als "Don’t Ask, Don’t Tell" bekannt wurde und die Situation nicht wirklich verbessert hat.


    "Code of Conduct" von Rich Merritt ist ein Buch, das mich begeistert hat. Eine mitreißende Geschichte mit interessanten, vielschichtigen Charakteren, spannendem Plot über die politischen Zusammenhänge, die Geschichte bringt den Leser zum Lachen und zum Trauern und das wichtigste, sie ist authentisch, der Autor weiß, wovon er schreibt. Ein ganz winziger Kritikpunkt wäre vielleicht, dass der Autor in die 450 Seiten sehr viel Drama reingepackt hat, aber für mich hätte das Buch gerne noch 200 Seiten länger sein können, da ich die Charaktere so sehr mochte.


    Der Autor


    Rich Merritt, geboren 1967 und aufgewachsen im konservativen Süden, besuchte eine streng-fundamentalistisch/konservative Schule. Er war von 1985 bis 1998 bei den Marines und im Rang eines Captains verließ er nach dreizehn Jahren das Militär. Danach hat er Jura studiert und als Anwalt gearbeitet, inzwischen möchte er sich ganz auf das Schreiben konzentrieren. Erst mit Mitte zwanzig hat er sich selbst seine Homosexualität eingestanden. Durch persönliche Erfahrung inspiriert, hatte er "Code of Conduct" begonnen, um zu zeigen, welche menschlichen Auswirkungen die "Jagd" auf Schwule und Lesben hat, wenn durch Entdeckung die Karriere den Bach runtergeht und die Lebensplanung aus den Fugen gerät.


    Konservative betonen, dass die Anwesenheit von Schwulen und Lesben zu Spannungen und Uneinigkeit in der Truppe führen würde. Rich Merritt wollte in seiner Geschichte auch darstellen, dass es gerade das Verstecken eines wesentlichen Teils des Lebens ist, wie ein fester Partner, oder die ständigen kleinen Lügen, um die große Lüge zu ermöglichen, die zu fehlendem Vertrauen und Zusammenhalt untereinander führen.


    Durch seinen persönlichen Lebensverlauf begründet, war sein erstes veröffentlichtes Buch seine Biografie "Secrets of a Gay Marine Porn Star". Was ich über "Secrets" gelesen habe, klingt sehr interessant, das Buch möchte ich auch noch lesen. Ein Artikel mit mehr Biografie über Rich Merritt erschien in der Gay & Lesbian Times zum Erscheinen von "Code of Conduct" im Januar 2008.



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  • :wow Tolles Buch! Ich musste erstmal Nachhilfe nehmen, um die Ränge zu sortieren und den Unterschied zwischen "Enlisted" und "Officer" rausfinden, ich lese ja sonst eher selten Bücher über das Militär (obwohl: "Dress Gray" hat mir auch gut gefallen). Es gibt viele liebenswerte und vielschichtige Figuren, Freundschaft und Loyalität, und das Buch ist politischer als das Cover es vermuten lässt. Es demostriert gut, wie sich die "Don't ask, don't tell"-Politik sich auf das Leben vieler Menschen auswirkt, und ich hoffe, der Autor kann einen Teil dazu beitragen, dass sich etwas ändert. Seine Autobiographie hab ich schon bestellt. :-]


    Homepage des Autors
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  • Danke für die hochinteressante Rezension, liebe Uta! Eine Mischung aus Militär und "Beuteschema", das ist ja eigentlich ohnehin unwiderstehlich. Und Deine Worte haben mich nun auch überzeugt, das eigenartige Cover zu ignorieren. Buch wird in Kürze bestellt werden. Und natürlich gelesen.

  • Und wurde genossen. Ein sehr gutes Buch, thematisch interessant und gerade für jemanden wie mich unverzichtbar (wo ich mich doch so für die US Streitkräfte interessiere), aber auch inhaltlich spannend und mitreißend.
    Don und seine Freunde sind mir sehr schnell sehr stark ans Herz gewachsen. Was die Sache natürlich auch sehr traurig macht. Das Ende ist schon sehr melancholisch.


    Interessant fand ich auch die Bösen. Mit dem Senator hatten wir zwar den klassischen Feind, aber Jay war wieder ein ganz anderer Kaliber.


    Danke für den Tip Uta! Jetzt bin ich natürlich gespannt auf die Autobiographie. Und ob ich mich trauen werde, die in der Öffentlichkeit zu lesen. Ich habe schon bei "Code of conduct" mit diesem dämlichen Cover interessante Blicke von der alten Dame neben mir in der Straßenbahn bekommen. :rofl

  • Das war ja mal a depressing read!! :cry


    Erst dachte ich sogar, ich muss abbrechen. Das Buch fing unglaublich langweilig an, war weder spannend noch interessant noch dramatisch noch humorvoll noch romantisch. Nichts, außer Marines-Gelaber und militärische Ränge und neben den Namen noch die callsigns der Piloten *haarerauf*


    Aber dann kam Kapitel 8 und ich habe mich bei Wikipedia schlau gemacht. Es wurde spannend und interessant und auch romantisch.
    Im zweiten Teil (May Gray) flacht das leider total ab, wird überdramatisch und hat schon was von Soap Opera. Alles war einfach zuviel.


    Für eine sympathische Freundesgruppe in einem überfrachteten Roman gebe ich 8 Punkte.


    Sollte es eine Fortsetzung um Don geben, wäre ich sofort dabei. Aber da Barack Obama ja wohl die Aufhebung von DADT auf das Ende seiner Amtszeit verschoben hat und ich mir vorstellen könnte, dass Rich Merritt um diese Aufhebung einen neuen Roman ansiedeln könnte, müssen wir wohl noch warten. Genug Stoff für Don, Jeanne, Leon und ihr MAG gibt es allemal.


    Parallel zu diesem Buch habe ich dieses beim Umräumen wiedergefundene Schätzchen quer gelesen :zwinker

  • Zitat

    Das war ja mal a depressing read!! :cry


    Also ...



    Zitat

    Nichts, außer Marines-Gelaber und militärische Ränge und neben den Namen noch die callsigns der Piloten *haarerauf*


    Das finde ICH nicht uninteressant, und auch noch mit Beuteschema. Ich hätte gerne mehr davon, aber was finden ... :gruebel


    Zitat

    ... wird überdramatisch und hat schon was von Soap Opera. Alles war einfach zuviel.


    Für eine sympathische Freundesgruppe in einem überfrachteten Roman gebe ich 8 Punkte.


    Überdramatisch ist nicht ganz verkehrt, hatte ich ja auch angemerkt, aber die Charaktere haben das allemal für mich wieder ausgeglichen.


    Zitat

    Sollte es eine Fortsetzung um Don geben, wäre ich sofort dabei. Aber da Barack Obama ja wohl die Aufhebung von DADT auf das Ende seiner Amtszeit verschoben hat und ich mir vorstellen könnte, dass Rich Merritt um diese Aufhebung einen neuen Roman ansiedeln könnte, müssen wir wohl noch warten. Genug Stoff für Don, Jeanne, Leon und ihr MAG gibt es allemal.


    ... und Karl fand ich witztig.


    Warten wir gemeinsam. :-]


    Zitat

    Parallel zu diesem Buch habe ich dieses beim Umräumen wiedergefundene Schätzchen quer gelesen :zwinker


    The Masculine Marine hast Du auch gelesen?
    Beuteschema und Militär, also doppeltes Beuteschema. :grin


    Das Buch habe ich vor (vielen) Jahren gelesen und fand es sehr interessant, das könnte ich irgendwann auch noch mal rausholen (wenn Grisel es gerade liest? :wave :grin). Meiner Meinung nach ist es das interessanteste dieser vier von Steven Zeeland, aber die anderen sind auch nicht schlecht. Kennst Du die auch?


    Barack Buddies
    Sailors and Sexual Identity
    Military Trade

  • Zitat

    Original von Uta


    Also ...






    Zitat

    Original von Uta


    The Masculine Marine hast Du auch gelesen?
    Beuteschema und Militär, also doppeltes Beuteschema. :grin


    Militär ist eigentlich gar nicht so mein Ding, ich kann mich auch gar nicht erinnern, wie das Buch von Zeeland in mein Regal kam :lache Aber schon ein klasse Zufall, dass es mir gerade beim Lesen von CoC beim Ausmisten in die Hände fällt.


    Apropos Zeeland, hab Ihr gemerkt, dass Merritt ihm ein Boot, die USS Zeeland, im Buch sozusagen gewidmet hat? Fand ich ja sehr putzig :zwinker

  • Zitat

    Original von Uta
    Das finde ICH nicht uninteressant, und auch noch mit Beuteschema. Ich hätte gerne mehr davon, aber was finden ... :gruebel


    Wo ist der give-me-five-Smiley, wenn man ihn braucht? Ich lese sowas ja mit Verzückung in erster Linie über Männer, die stockhetero sind. Wobei es interessant ist, daß die einschlägigen Autoren wie mein W.E.B. Griffin das Thema eigentlich nie ansprechen. Nur einmal geht sein McCoy (Marines) an Häftlingen vorbei, die auf dem Weg ins Navygefängnis sind, wo ein paar darunter sind, die wegen diesem Vergehen verurteilt wurde und hat Mitleid mit ihnen.
    Doch, warte, irgendwo in der Serie gibt es auch mal einen, dem sowas nachgesagt wird und da heißt es, ist doch egal, solange er ein guter Sergeant/Whatever ist. Glaube ich mich jetzt zu erinnern.


    Zitat

    ... und Karl fand ich witztig.


    Der war mein Liebling. :-]


    Zitat

    Das Buch habe ich vor (vielen) Jahren gelesen und fand es sehr interessant, das könnte ich irgendwann auch noch mal rausholen (wenn Grisel es gerade liest? :wave :grin).


    Jetzt komme ich nicht dazu, aber vielleicht dann im Herbst oder Spätsommer.