Kleiner König Kalle Wirsch - Tilde Michels (ab 8)

  • Kurzbeschreibung:
    Kalle Wirsch, der kleine König der Erdmännchen, ist durch die Tücken seines Feindes Zoppo Trump auf die Erde verschlagen worden. Hier verbündet er sich mit den Menschenkindern Max und Jenny. Gemeinsam begeben sie sich auf die Wanderung zum Inneren der Erde, wo aufregende Abenteuer sie erwarten.


    Über die Autorin:
    Tilde Michels, in Frankfurt am Main geboren, studierte Sprachen und arbeitete als Übersetzerin. Später schrieb sie sehr erfolgreiche Kinderbücher und Texte zu Bilderbüchern. „Kleiner König Kalle Wirsch“ wurde mit der Augsburger Puppenkiste verfilmt.


    Meine Rezension:
    Der kleine König Kalle Wirsch herrscht tief unter der Erde über die 5 Erdmännchenvölker und bis auf die Trumpe sind seine Untertanen sehr mit ihm zufrieden. Doch Zoppo Trump plant eine Verschwörung, um Kalle Wirsch zu entthronen und selbst König zu werden. Wie sich Kalle Wirsch dagegen wehren kann, und wie ihm die beiden Menschenkinder Max und Jenny dabei helfen können, erzählt diese Geschichte von Tilde Michels mit viel Liebe zum Detail. Die wundersamen Geschöpfe, denen die Abenteurer begegnen, sind nicht nur dank der Illustrationen von Helga Gebert sehr gut vorstellbar, sondern so gut beschrieben, dass sie schon alleine durch die Fantasie zum Leben erweckt werden. Kalle Wirsch ist nicht gerade ein Fan der Menschen und so gibt es auf dem Weg zur Rettung seiner Königswürde viele Dinge über Menschen und darüber, wie Menschen wohl von anderen Völkern betrachtet und beurteilt werden können, zu diskutieren. Mit einem Augenzwinkern werden hier kindgerecht Überlegungen eingebaut, die das Nachdenken lohnen und trotzdem Spaß machen. Trotz aller Phantastik, vor der die Geschichte nur so sprüht, wirkt sie keineswegs unglaubwürdig, sondern sorgt für vergnügliche Lesestunden beim Vorlesen und Selberlesen. :-]

  • Schade, dass meine Tochter schon zu groß für Kalle-Wirsch ist. Ich kenne ihn nur aus der Augsburger Puppenkiste, kam im Osten aber natürlich nicht an die Bücher ran. Aber ich hab ihn geliebt! :anbet
    Am liebsten würde ich vorübergehend noch mal Kind sein und alles nachholen, was ich damals zwangsläufig zu lesen versäumt habe. :rolleyes

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Nach all den langen Jahren habe ich diesen inzwischen zum Klassiker gewordenen Kinder-Abenteurerroman über einen Erdmännchenkönig endlich gelesen.


    Sprachlich-stilistisch ist er zu einfach geschrieben, um erwachsene LeserInnen fesseln zu können. Der Einfallsreichtum der Autorin macht das aber entschieden wett. Die Handlung ist sehr bald höchst spannend, und was die beiden kindlichen Figuren zusammen mit dem Erdmännchenkönig erleben, ist streckenweise fast atemberaubend. Es treten phantastische Wesen auf, die mit allem mithalten können, was die klassische phantastische Literatur nicht nur für Kinder zu bieten hat. Schattenquellen und Echokugeln, Rubinberge, Wrukas und ein tödlicher Murrumesch. Die Gefahren sind eindringlich genug beschrieben, um Angst auszulösen, ebenso ist es mit dem Schaudern. Beides, Angst und Horror, werden langsam gesteigert und vereinen sich dann im Kampf mit dem Murrumesch, der über eine Macht verfügt, die nicht im Mindesten mehr komisch ist und bei deren Wahl die Autorin für ihre Zeit überraschende Aktualität beweist.
    Der Weg, den die drei zurücklegen, ist kein Sonntagsspaziergang. Die gefährlichen Verräter wirken demgegenüber fast ein wenig blaß, auch wen der Endkampof wieder sehr lebendig geschildert ist.


    Die Fledermaus Tutulla ist spaßig, Kalle Wirsch allerliebst unwirsch mit seinem 'Hii-äckäckäck'-Geschimpfe und 'Beim Feuerkern!'-Fluchen, wenn ihm etwas auf die Nerven geht (ihm geht häufig etwas auf die Nerven), aber auch entschlossen oder gar niedergedrückt, wenn es um die Dinge geht, die ihm wichtig sind. Er ist eine eigenständige phantastische Gestalt, kein Hampelmann.
    Die kindlichen Figuren geraten etwas zu stereotyp, vor allem die Mädchengestalt enttäuscht. Jenny hat meist Angst und weint häufig, das ist für heutige Leserinnen kaum zu ertragen. Sie bekommt ihre Sternstunde, genauer gesagt hat sie zwei, aber insgesamt ist sie nicht befriedigend ausgestaltet. Ihrem Bruder Max geht es nur wenig besser, es dauert gut bis zur Hälfte des Buchs, ehe er mehr wird, als die Funktion, mit deren Hilfe Kalle den Leserinnen und Lesern seine Welt erklärt.


    Trotz der Einwände ist es eine höchst unterhaltsame Geschichte, die Negativa kann man Kindern heutzutage unschwer mit dem Alter des Buchs erklären, es erschien ja zuerst 1969.


    Gelesen habe ich eine Lizenzausgabe des ursprünglichen Hoch-Verlags für die Europäische Buchgemeinschaft (also eine Buchclub-Ausgabe) von 1972 mit attraktive, ein bißchen ins Witzge spielenden schwarz-weiß Illustrationen von Rüdiger Stoye, der auch den Umschlag gestaltet hat. Das Buch ist dunkelblau, im Vordergrund sieht man recht klein Kalle mit Tutulla, weiten hinten lugen Jenny und Max aus einem feuerbeleuchtenden Gang heraus. Schön und stimmig.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus