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Sevillas bittere Orangen
Klappentext
Sevilla, 1500. Wie eine einsame Wacht erhebt sich die prächtige Silhouette der Torre del Oro am Ufer des Guadalquivir, um die aus Indien zurückkehrenden Karavellen zu begrüßen. Jubelnd empfängt die Menge die heimkehrenden Seefahrer und lauscht gespannt ihren Erzählungen von der Entdeckung der "neuen Welt" und ihren Bewohnern: dunkelhäutige Wesen, die keine Kleidung tragen und kannibalischen Neigungen nachgehen.
Als zwei von ihnen - gerade auf die Namen Christobalillo und Catalina getauft - als Sklaven in Sevilla eintreffen, sind sie zunächst befremdet von den Abfallhaufen und den Elendshütten außerhalb der Stadtmauer. Hat man ihnen die neue Heimat doch als kulturelles Vorbild gepriesen.
Und wie sollen sie, die sie überhaupt nicht wissen, was das Wort "Besitz" bedeutet, verstehen, dass sie plötzlich keine freien Menschen mehr sind?
Die Wilden treffen auf die Zivilisation - sollte man meinen.
Doch die Welt der Eroberer ist längst nicht so kultiviert, wie sie zu sein vorgibt, und hält für die Indios noch so manche Überraschung bereit.
Über den Autor
Antonio Sarrabia wurde 1944 in Mexiko geboren und studierte Publizistik.
Er arbeitete als Journalist, bis er sich 1978 entschloss, als Schriftsteller zu arbeiten. Heute lebt er abwechselnd in Paris und in Guadalajara, Mexiko. Seit dem großen Erfolg seines Romans "Die Hüter des Vulkans" (1996) gilt er als einer der bedeutendsten Autoren seines Heimatlandes.
Meine Meinung
Die Geschichte befasst sich mit den realen Geschehnissen der Erobererzeit kurz nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus. Noch ahnen die Europäer nicht, dass die entdeckten und teils eroberten Inseln vor dem Festland die "Neue Welt" sind.
Die Königin und das Volk warten noch immer auf die kostbaren "orientalischen" Schätze: auf Perlen, Elfenbein, Gewürze und das versprochene Gold aus "Indien".
Dementsprechend sieht Kolumbus sich zusehends unter Druck und gibt für seine letzte Reise religiöse Motivation an, um die Finanzierung zu erhalten.
- Aber all das ist lediglich die geschichtliche Kulisse.
Hier dreht sich die fiktive Handlung um die Freunde Alonso und Bartolome.
Alonso, ein belesener und idealistischer Druckerlehrling mit fortschrittlichen und offenen Ansichten und der gottesfürchtige, aber tolerante Bartolome.
Letzterer hat durch eine Eroberungsfahrt, an der sein Vater teilnahm, einen Indio-Sklaven, den er gut behandelt, aber unbedingt zum Christen erziehen will. Dies scheitert jedoch ständig an unüberwindlichen kulturellen Hindernissen.
Christliche Rituale auf der einen, und Götterhuldigung auf der anderen Seite, können auf keinen gemeinsamen Nenner gebracht werden.
Aber was Gottesanbetung und heidnische Bräuche bei den Indios sind, sind Aberglaube, Irrglaube, Phantasien und dumme Voreingenommenheit bei den Spaniern.
Das zeigt sich deutlich, als Catalina, eine Indio-Sklavin, noch ins Spiel kommt.
Die Geschichte lässt sich flüssig lesen, ist aber trotz ihres intellektuellen Anspruchs fesselnd geschrieben.
Der Stil erinnert mich teilweise an Isabel Allende.
Ein spannender zeitgenössischer Einblick in diese aufregende Epoche.
Sehr lesenswert!
Grüße von Anton