Zur Autorin: (lt. Verlag)
Charlotte Thomas war Richterin und Rechtsanwältin, bevor sie sich ganz ihrer Leidenschaft, dem Schreiben, widmete. Fasziniert von der aufregenden Historie Venedigs und dem prächtigen Stadtbild, hat sie mit "Die Madonna von Murano" einen großen historischen Roman geschrieben, der mitreißender und beeindruckender nicht sein könnte. Die Recherche dafür hat viele Jahre in Anspruch genommen, in denen die Autorin sich intensiv mit der Geschichte der venezianischen Renaissance beschäftigt hat. Charlotte Thomas lebt mit ihren Kindern am Rande der Rhön in Hessen.
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Meine Meinung:
Nachdem Charlotte Thomas mit ihrem Debütroman „Die Madonna von Murano“ einen farbenprächtigen historischen Roman vor der Kulisse Venedigs mit allerbesten Schmökerqualitäten vorgelegt hat, war ich natürlich gespannt, womit die Autorin mit ihrem neuen historischen Roman „Die Lagune des Löwen“ aufwartet.
Anfang des 16. Jahrhunderts beginnt am Kai des Riva degli Schiavoni in Venedig für vier Kinder unterschiedlichster Herkunft eine Verbindung, die über Jahrzehnte anhalten wird. Laura, behütete Tochter eines Malers, beobachtet wie ein Sklavenschiff ankommt und der Vater eines afrikanischen Sklavenjungen, der später den Namen Carlo erhält, durch einen Patrizier getötet wird. Auch der Waisenjunge Antonio Bragadin, der sich mit Stehlen und Betteln über Wasser hält und mit der Kinderhure Valeria eine heruntergekommene Kammer teilt, ist am Kai. Das Schicksal hält für die vier Tiefschläge und Erfolge bereit und selbst als Laura sich ihren Lebensunterhalt als Apothekerin verdienen kann und Antonio als aufstrebender Kaufmann einem ehrbaren Beruf nachgeht, gilt es vielen Herausforderungen und Anforderungen gerecht zu werden und die Wege der vier Protagonisten kreuzen sich immer wieder. Die Verbundenheit der Kindheit erweist sich dabei manchmal als Segen, manchmal als Fluch. Laura und Antonio werden zu Liebenden, deren Liebe durch die Wirren von Krieg und Pest, aber auch durch das dunkle Familiengeheimnis von Lauras Herkunft bedroht wird...
Wer bereits „Die Madonna von Murano“ kennt, wird in Charlotte Thomas Roman über die Serenissima „Die Lagune des Löwen“ alle Ingredienzien wieder finden, die ihren Debütroman bereits zum Erfolg werden ließen: Emotionen wie Liebe, Leidenschaft und Hass, sowie Glauben, Macht und Intrigen in allen Extremen. Die erste Hälfte des Romans widmet die Autorin der Ausgestaltung der Charaktere und ihrer Verbindung sowie dem Umfeld der Serenissima, über die sie wieder Neues liebevoll Recherchiertes zu erzählen weiß. Dies geht zu Lasten der Spannung, zumal die Figuren, ihre Schicksale und die Erzählstruktur dem Debütroman von Charlotte Thomas sehr ähnlich sind, und so schleichen sich einige Längen ein. In der zweiten Hälfte wird die Spannung deutlich steigert, bis sie im Finale, fast wie im Show-down eines Thrillers, ihren Höhepunkt findet. Die Schilderungen der politischen Ent- und Verwicklungen weit über die Serenissima hinaus und deren Einbindung in das Geschehen tragen ebenso zur Stärke der zweiten Hälfte des Romans bei wie die interessanten Nebenfiguren und deren Geschichten. Schade finde ich, dass der Handlungsstrang auf einigen reißerischen Szenen und Elemente basiert, die jeder Daily Soap entsprungen sein könnten, zumal die Autorin über weite Teile ihres Romans zeigt, dass ihre Geschichte und ihr Talent dies nicht nötig haben.
Die sprachliche Versiertheit und Leichtigkeit, die Charlotte Thomas bereits in ihrem Erstlingswerk gezeigt hat, kennzeichnet auch ihren neuen Roman. Handlungen, Beziehungen und Emotionen der Charaktere müssen vom Leser nicht auf Basis von Dialogen ermittelt und interpretiert werden, sondern werden zumeist erläutert, so dass sich die 946 Seiten ohne Anstrengung in kürzester Zeit lesen lassen.
Der Lübbe-Verlag hat den gebundenen Roman um ein Glossar und eine Zeittafel ergänzt herausgegeben.
Mit der „Die Lagune des Löwen“ ist Charlotte Thomas wiederum ein farbenprächtiger, üppiger historischer Familien- und Spannungsroman gelungen, der vor den Augen seiner Leser ein Sittenbild des Venedigs im 16. Jahrhundert entfaltet und ihnen einige leichte unterhaltsame Schmökerstunden beschert.