Balzac und die kleine chinesische Schneiderin von Dai Sijie

  • Zitat

    Original von Luthien
    Bin mal gespannt auf den Film. muss ihn mir unbedingt mal ausleihen.


    Ich habe den Film inzwischen gesehen und habe mich wie immer total aufgeregt. Es wurden einige Szenen, die mir sehr gut gefallen haben, weggelassen und einiges wurde anders dargestellt. Doch die Krönung des ganzen ist, dass da wo das Buch aufhört der Film noch weiterläuft.
    D.H. dass die beiden jungen Männer sich in der Zukunft treffen und sich über ihre damaligen Erlebnisse unterhalten (mehr möchte ich nicht verraten). :pille


    Das Buch hat mir wie meistens wesentlich besser gefallen als der Film!
    LG, Aurian

  • Ich fand das Buch eher belanglos.
    Sehr schade, denn ich hatte mich auch sehr darauf gefreut, aber irgendwie hat es mich kein bißchen berührt, begeistert oder irgendwelche Emotionen ausgelöst. Ich hab es runtergelesen, weggelegt und vergessen.

  • schön....
    mehr kann ich das eigentlich nicht sagen.


    Naja, außer, dass ich jetzt Lust habe, den Grafen von Monte Christo wieder zu lesen und einige der anderen Bücher, die dort erwähnt worden sind! Wie hungrig nach Literatur müssen die beiden gewesen sein, unvorstellbar!!

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • Bin jetzt gerade bei der zweiten Hälfte des Buches. Bisher finde ich es eigentlich... nicht schlecht. Aber viel mehr auch nicht. Sprachlich gefällt es mir sehr gut, aber inhaltlich kann ich bisher noch nicht viel sagen. Es hat eine schöne Atmosphäre und es macht mir Spaß, darin zu lesen. Mal schaun, wie es weiter geht :-)

  • Ist ein wenig her, dass ich das Buch gelesen habe. Hat mich erfreut - und ein bisschen an Daniele Varè erinnert...

    "Ich glaube an Vivaldi." A. Gavalda
    :lesend "Zusammen ist man weniger allein" Anna Gavalda

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  • Der vielzitierte und so gern romantisch interpretierte Schlussatz lautet:
    "Sie hat gesagt, sie habe dank Balzac etwas begriffen: dass die Schönheit der Frau ein unbezahlbarer Schatz ist."


    Angesichts der Entwicklung in China schwingt da, meiner Meinung nach, mehr als ein bisschen Zynismus mit.

  • Balzac und die kleine chinesische Schneiderin


    Anfang der 1970iger Jahre werden in China viele Jugendliche im Rahmen der kulturellen Umerziehung in entlegene Bergdörfer geschickt. So auch Luo und sein Freund, die wegen des Arztberufes ihrer Eltern als "Intellektuelle" gelten. Auf dem Berg Phönix-des-Himmels müssen sie unter widrigsten Lebensumständen schwere körperliche Arbeit verrichten. Die einzigen Freuden ihres tristen Daseins sind die Bekanntschaft mit der Tochter des Schneidermeisters und die Aussicht auf einen Koffer voller verbotener Bücher ...


    Für mich war dieser Roman nicht nur eine der schönsten Liebeserklärungen an die Literatur, die ich je gelesen habe, sondern insgesamt ein Genuß von der ersten bis zur letzten Seite. In einer wunderschönen, bildhaften Sprache erzählt der Autor von den Härten der Umerziehung und dem entbehrungsreichen Leben der beiden Freunde, die in jugendlicher Unbekümmertheit so mancher Situation aber auch ihre humorvolle Seite zu entlocken wußten. Ausdrucksstark, doch ohne jede Schwülstigkeit gelingen die Formulierungen, leicht und fließend sind die thematischen Übergänge. Es war, um es mit den Worten des Autors zu sagen, ein Buch zum Lachen und Weinen und Lachen ... In jedem Fall aber war es viel zu kurz, und ich hätte Luo, seinen Freund und die kleine Schneiderin noch gerne länger auf ihrem Weg begleitet.


    Muo und der Pirol im Käfig


    Der schüchterne Muo kehrt aus Frankreich, wo er psychoanalytische Studien betrieben hat, in seine Heimat zurück, um die Freilassung seiner Freundin aus dem Gefängnis zu erwirken. Die Journalistin, die westlichen Reportern heimlich Bilder zukommen ließ, ist seine große Liebe. Mit einem hohen Bestechungsgeld will Muo den Richter gnädig stimmen, doch der Bittsteller hat Pech. Geld besitzt Richter Di schon genug, dafür hat er aber einen anderen, speziellen Wunsch, den Muo ihm vielleicht erfüllen könnte. Und so macht er sich voller Eifer an die Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe.


    Auch in diesem Roman tritt uns der Autor stilistisch als der begabte Erzähler entgegen, den wir bereits kennenlernen durften. Äußerst lebhaft und detailgetreu beschreibt er die Szenen seiner Geschichte, etwa Muos Schlafplatz unter einer Bank in einem schmutzigen Zugabteil. Man meint fast den klebrigen Fußboden vor sich zu sehen und die unterschiedlichen Gerüche im überfüllten Abteil wahrzunehmen.
    Gut habe ich mir den schmächtigen Muo auch auf seinem fahnengeschmückten Fahrrad -unterwegs in seiner heiklen Mission - vorzustellen vermocht. Die halsbrecherische Fahrt mit einem Lastwagen durch eine unwegsame Gebirgsgegend hingegen war mir schon etwas zu fantastisch.
    Und genauso habe ich den gesamten Roman empfunden, als eine Traumgeschichte, von der man sich auch zum Schluß keine allzu konkreten Ergebnisse erhoffen darf. Ich habe überhaupt den Eindruck gewonnen, dass der Autor alle seine Figuren, auch den grausamen Richter Di, der viele Hinrichtungsurteile unterschrieben hat, und einst selber als Scharfschütze in Aktion trat, in einem sehr milden Licht erscheinen läßt, so, als würde ein Fotograf seine Bilder mit einem Weichzeichner bearbeiten. Dai Sijies Botschaft ist meiner Meinung nach deshalb auch keine systemkritische, eher möchte er den Leser mit der Schönheit seiner sprachlichen Ausdruckskraft erfreuen, und die Umsetzung ist ihm auch in diesem Roman vortrefflich gelungen.

  • Der Roman spielt in China zur Zeit der Kulturrevolution Anfang der 1970-er Jahre. Zwei Jungen aus der Mittelschicht sind, wie es damals üblich war, zur Umerziehung in ein abgelegenes Bergdorf geschickt worden.
    Fast alle Bücher sind verboten. Kein Wunder, dass die Menschen sehr empfänglich für Geschichten sind, auch die kleine chinesische Schneiderin. Dann tut sich eine geheime Bücherquelle auf.


    Es geht um Freundschaft, Verzweiflung, Liebe, ein wenig Bauernfängerei, mal ernst oder traurig, aber auch humorvoll oder sogar poetisch erzählt, jedoch niemals überschwänglich.
    Die für mich schönste Stelle des Buches ist eine wunderschöne, gefühlvolle, schwebende, doch dezente Beschreibung einer Liebesszene.


    Am Ende sieht man, was Bücher in Menschen auslösen können, vor allem bei denen, die davon und von der "Außenwelt" abgeschnitten sind. Ob es immer zum Guten ist, bleibt offen.