Hanser, 2007, 192 Seiten
Handlung:
Auf dem Fernsehschirm in der Kneipe flimmert ein Fußballspiel, auf dem Fußboden liegt ein Ohr. Dieter Rotmund weiß sofort: Das kann nur seines sein. Hat jemand etwas bemerkt? Und wie findet man durch den Alltag, wenn die Körperteile abhanden kommen? Wilhelm Genazino erzählt die Geschichte eines Mannes, der neben seinem Ohr noch weitere Verluste erleiden muss. Und der davor erschrickt, dass selbst seine Gefühle nur noch mittelmäßig sind.
Zum Autor laut Verlag:
Biografie:
Wilhelm Genazino, geboren 1943 in Mannheim, arbeitete nach dem Gymnasium zunächst als freier Jounalist, später als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften (u.a. für "Pardon"). Seit 1971 arbeitet er als freier Schriftsteller und war von 1980 -1986 Mitherausgeber der Zeitschrift "Lesezeichen". Wilhelm Genazino lebt in Frankfurt.
Meine Rezension:
Der Protagonist sitzt in der Kneipe und schaut sich gemeinsam mit anderen Gästen ein Fussballspiel an, als er plötzlich sein linkes Ohr verliert.
Das kann passieren, das kommt vor. Es entspricht den plötzlichen aus der Welt fallen, eine Distanziertheit zur Umgebung, die einen Menschen schnell befallen kann.
Er lebt getrennt von Frau und Tochter, die Ehe ist nahezu am Ende. Auch im Büro ist er seinen Kollegen nicht wirklich nahe. Durch die Behandlung des Angestellten-Milieus fühlt man sich an Genazinos ältere Romane (zum Beispiel Die Ausschweifung) erinnert.
Mit einigen Frankfurter Bordellszenen wird die Handlung aufgemotzt.
Dann gibt es auch noch eine Beziehung mit seiner Vormieterin, die rätselhafte Sonja Schweitzer.
Der Protagonist ist ein typischer Genazino ich-Erzähler, soweit nicht neues.
Das Thema Einsamkeit ist ebenso eindringlich wie gewohnt bei Genazino zu spüren.
Mittelmäßiges Heimweh ist nicht weit entfernt von Ein Regenschirm für diesen Tag oder die Liebesblödigkeit, ohne mich gleichermaßen begeistern zu können, da Melancholie den Humor diesmal deutlich überlagert. Auch die genauen Beobachtungen alltäglicher Skurrilitäten erscheinen mir bei aller Ironie zu grimmig und verbissen.
Dafür fehlt dem Roman auch die Harmlosigkeit, der Held trauert um die Mittelmäßigkeit seines Lebens, die Wirkung ist umso größer.
Ein lesenswerter Roman ist also auch dieser Genazino, da die Mittelmäßigkeit des Lebens zu bekämpfen immer lohnenswert ist und bemerkenswert geschrieben ist Mittelmäßiges Heimweh alle Male.
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ASIN/ISBN: 3446208186 |