Herbstmilch - Anna Wimschneider

  • Bei uns am Land hat das Buch, aber besonders der Film, einen Riesenskandal ausgelöst.


    Hat doch dieses Buch aufgezeigt, was der Schleimtourismus, der schon jahrelang eine heile Berg- und Bauernwelt von damals vorspielt, verbirgt.


    Vergewaltigungen, Inszest, Unterdrückung der Frau, Erziehung mit Schl#ge, Knechte als Leibsklaven, Mägde als Freiwild: Das war der eigentliche Alltag am Land, aber das passt den Tourismuschefs nicht, würde doch die gutgläubigen Urlauber vergraulen.


    Da gibt es Geschichten, wenn man nur bedenkt, dass das erst gut vor zu Zeiten des 2. Weltkriegen noch ganz normal war.


    Ich kenne einen Familienschlag, dessen Vater (schon lange tot) hat sich praktisch durch den gesamten Ort herumgetrieben, und schuf so rund 40 Kinder, viele davon behindert und minderbemittelt vor lauter Inzest. Grauenvoll!


    Um so unerträglicher empfinde ich manche Brauchtumsverantaltung, die nostalgisch auf die gute, alte Zeit zurückblickt ...


    Gruß

  • Da hast du vollkommen Recht, HIs.


    Das gesamte Bauernleben wird gern zwar leicht hart, aber hauptsählich nostalgisch und harmonisch dargestellt. Gut, die Menschen mussten vielleicht schon viel tun, aber alles in allem waren sie ja sicher glücklich mit ihrem einfachen Leben...


    So ein Unsinn!


    Ich bin auf einem alten in ein Dorf integriertem Gut aufgewachsen, davon leben meine Eltern in der alten Bäckerei (und ich früher auch). Jedenfalls war unser Dorf auch ein einziger inzestuöser Haufen und noch heute sind die knapp 500 Einwohner größtenteils irgendwie verwandt / verschwägert.


    Erst neulich haben mir meine Eltern erzählt, dass in unserem alten Bäckereibackofen Neugeborene verbrannt wurden, die durch Vergewaltigungen entstanden sind....

  • "Die gute alte Zeit..."


    Jaja... die Zeiten waren zwar alt, aber noch lange nicht gut. Die Leute waren oft ärmer, das Leben härter usw.


    Warum reden sie trotzdem von der guten, alten Zeit? Ist es, weil die Erinnerung vieles verklärt? Oder waren sie einfach mit weniger zufrieden als wir heute?


    Meine Großeltern hatten nie viel und lebten sehr einfach, obwohl sie zumindest während des Krieges auf dem Land lebten (und von den Früchten der Landwirtschaft zehrten). Trotzdem waren sie glücklich. Warum? Weil sie einander und ihre Kinder hatten - das allein reichte ihnen zum Glücklichsein, alles andere war Nebensache.


    Beneidenswert und für mich irgendwo auch vorbildhaft.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zum einen ist es denke ich schwieriger zu Verzichten als etwas dazuzubekommen und zum anderen verdrängt die Erinnerung (oft zum Glück) schlechte Erinnerungen.

  • Das Buch hat mir auch sehr gut gefallen. Gestört hat mich nur, dass die Autorin immer wieder Zeitsprünge macht und nicht kontinuierlich im chronischen Ablauf bleibt. Man kann die Dinge zwar erfassen, aber manchmal wirkte es verwirrend auf mich, wenn sie vorher als junges Mädchen schreibt, und eine Seite später erzählt sie dann eine Geschichte, wo sie bereits verheiratet ist und Kinder hat. Aber ich denke, das ist einfach Geschmacksache.
    Letztendlich ist der Inhalt ausschlaggebend und den fand ich tief bewegend und sehr beeindruckend.


    Zu diesem Thema habe ich noch zwei andere Bücher gelesen, die mir mindestens genauso gut gefallen haben:
    Dumm und Dick von Buri Rosemarie
    Geh aus mein Herz und suche Freud von Thies Heinrich


    Beide Bücher werde ich, wenn es klappt noch heute vorstellen. :write

  • Zitat

    Original von nic
    Meine Oma hatte sich vor ein paar Jahren das Buch zu Weihnachten gewünscht. Ich habe es mir von ihr ausgeliehen und war ziemlich schockiert über das, was die junge Anna alles erlebt hat. Hochschwanger auf dem Acker arbeiten könnte sich heute kein Mensch mehr vorstellen. Oder das Kind am tisch festbinden usw...Leider sind solche Schwiegermütter aber immer noch nicht ganz aus der Welt.... ich spreche hier aber NICHT von persönlichen Erlebnissen.


    Ich finde es gut, dass dieses Buch mal die falsch-romantischen Vorstellungen etwas gestört hat, die manche Städter so vom Landleben haben! :-)


    Die denken nur an das, was sie mal in den Ferien wo erlebt haben und denken: "Die auf dem Land hams gut! Immer an der frischen Luft und in einer schönen Landschaft!" :pille


    :rofl :wave