Titel: Vera
Autorin: Elizabeth von Arnim
Verlag: Insel
Erschienen: Juli 2002
Seitenzahl: 334
ISBN-10: 3458335080
ISBN-13: 978-3458335085
Preis: 9.00 EUR
Immer wieder wurde dieses Buch zur Hand genommen, immer wieder wurde es zugunsten eines anderen Buches zur Seite gelegt. Wie sich jetzt nach der Lektüre herausstellte, wurde diesem Buch mit dem oftmaligen Zurücksetzen ziemlich Unrecht getan. Denn dieses Buch ist wirklich lesenswert. Erstmals erschien dieses Buch im Jahre 1921 und seine Handlung spielt auch zu dieser Zeit.
Plötzlich und völlig erwartet verliert die zweiundzwanzigjährige Lucy ihren Vater. Noch ehe sie den Verlust überhaupt realisieren kann trifft sie auf den gut zwanzig Jahre älteren Everard Wemyss. Schnell schafft er es dem Mädchen die Geborgenheit zu geben, die sie vor dem immer vom Vater bekommen hatte. Aber langsam wird aus der Geborgenheit Bevormundung und weder das junge Mädchen noch die Tante, bei der Lucy nach dem Tode des Vaters Unterschlupf gefunden hat, können dem Wemyss Entscheidendes entgegensetzen. Und so kommt wie es kommen muss, Everard Wemyss heiratet Lucy und macht sich quasi zum absoluten Herrscher über das junge Mädchen. Bei der Titelheldin dieses Buches handelt es sich um die Ex-Frau des Wemyss, die vierzehn Tage vor seinem Kennenlernen mit Lucy einem tödlichen Unfall zum Opfer fiel. Ihr Schatten ist allgegenwärtig, als Lucy zum ersten Mal den Landsitz ihres Gatten besucht.
Die Charakterisierung des Everard Wemyss ist Elizabeth von Arnim meisterhaft gelungen. Er ist der Prototyp des selbstgerechten Egoisten, der genaugenommen nur für sich Interesse hat und der seiner jungen Frau nicht den Hauch einer eigenen Meinung zugesteht.
Die Autorin hat ein sehr anregendes Buch geschrieben. Sehr angenehm zu lesen und offenbar so etwas wie ein Spiegel der damaligen Zeit. Frauen sind mehr oder weniger rechtlos und werden von ihren Ehemännern ganz offen unterdrückt. Die Autorin schildert unaufgeregt aber durchaus engagiert die Rolle der Frau im England der Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts. Auch Lucy muss erfahren, dass sie aus der Sorglosigkeit und aus dem liberalen Elternhaus in einen golden Käfig gewechselt ist. Gewohnt an lebhafte Diskussionen mit dem Vater muss sie sich nun in allen Dingen völlig zurücknehmen.
Das Buch ist auch Plädoyer für die Gleichberechtigung der Frauen und eine Anklage gegen den „Absolutismus“ der Ehemann. Sehr lesenswert.