Die Ameise als Tramp - Bernhard Kegel

  • Kurzbeschreibung
    Expansion ist ein Merkmal des Lebens. Überall und zu jeder Zeit versuchen sich Pflanzen und Tiere über die Grenzen ihrer bisherigen Existenz hinauszutasten. Lange Zeit gab es Hindernisse, die sich auch der ausgeprägtesten Reiselust widersetzten. Gebirge, Ozeane, Kontinente, Wüsten bildeten ein unüberwindbares Bis-hierher-und-nicht-weiter.
    Mit dem Erscheinen des modernen Menschen hat sich die Situation grundlegend verändert. Ein immer dichter werdendes Netz von Verkehrswegen, von Kanälen, Straßen, Brücken und Tunnels verbindet, was über Jahrmillionen getrennt war. Bei Warentransporten von einem Kontinent zum anderen reist die Natur mit. Welche Folgen dies für uns und unsere Umwelt zeitigt, wenn auf einmal Piranhas in Frankreichs Flüssen schwimmen oder Ameisen auf Reisen gehen, erzählt der Biologe Bernhard Kegel in diesem Buch.


    Über den Autor
    Bernhard Kegel studierte Chemie und Biologie an der FU Berlin. Nach seinem Studium war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität.[1] 1991 promovierte er mit einer Arbeit über die Wirkung von Herbiziden auf Laufkäfer.


    Meine Meinung
    Dieses Buch hat zwar auch schon fast Jahre auf dem Buckel, ist aber immer noch brandaktuell, wie man deutlich an den Schlagzeilen sehen kann, die die eingeschleppte Ambrosia gerade macht.
    Es geht um biologische Invasionen, also nicht um das eine oder andere Schneeglöckchen, das sich aus dem Garten davonmacht, um im nahen Wald zu siedeln oder die Papageienkolonie im heimischen Park. Nein, es geht hier um Katastrophen, um die massenhafte Eroberung intakter Ökosysteme durch fremde Tier- und Pflanzenarten.
    Oja, wird mancher denken, angesichts städtischer Brachflächen, die lückenlos von der kanadischen Goldrute besiedelt werden oder eben der Aufregung um erwähnte Ambrosia. Und wirklich, auch Europa kennt den einen oder anderen „Fremdling“, der Ärger macht, die Späte Traubenkirsche etwa, der Riesenbärenklau oder der Japanische Staudenknöterich.


    Dies ist aber alles nichts im Vergleich zu den Verheerungen, die europäische „Einwanderer“ insbesondere auf Inseln angerichtet haben.


    Diese Geschichten des Untergangs erzählt Kegel spannend und kenntnisreich. Egal, ob europäische Siedler aus wirtschaftliche Notwendigkeit oder auch Wehmut ihre Flora und Fauna in die neue Heimat mitgebracht haben, oft von der Hybris geblendet, ein australisches Känguruh könne an Anmut und Schönheit keinesfalls mit europäischem Rotwild mithalten. Oder ob die Invasoren heimlich eingereist sind, Schlangen zum Beispiel, die der Vogelwelt einer pazifischen Insel den Garaus gemacht haben. Oder aber ob biologische Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen außer Kontrolle geraten sind, der Teufel sozusagen mit dem Beelzebub ausgetrieben werden sollte. Immer wieder führen solche fremden Organismen zu Veränderungen des ökologischen Gefüges, die unter Umständen katastrophale Ausmaße annehmen können.


    Anhand dieser ökologischen Katastrophen erklärt Kegel, wie Ökologie funktioniert, wie das Drehen an einem einzigen Stellglied ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen kann. Und wie überheblich der Mensch glaubt, kraft seines Verstandes die Natur verbessern zu können, und dabei alles noch viel schlimmer macht.


    Fazit: ein sehr gut geschriebens Buch, das auch ohne große Vorkenntnisse einen guten Überblick über das Wesen der Ökologie bietet.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Danke für den Tipp, Invasionsbiologie ist ein faszinierendes Thema. Schade, dass das Buch bei den amazon-Angeboten nur so teuer zu haben ist.


    Welche Arten werden denn im Bereich der titelgebenden Ameisen behandelt? Vielleicht die berüchtigten Feuerameisen oder Gelbe Spinnerameisen? Oder noch ganz andere?

  • Die Sache mit den Ameisen wird vergleichsweise kurz abgehandelt, wobei zumindest die Feuerameise immer mal wieder auftaucht.
    Allgemein werden mehrere "invasive" Arten erwähnt, Großkopfameisen und Pharaoameisen etwa, aber auch die Spinnerameisen, falls das die "Crazy ants" sein sollten.


    Obwohl Kegel immer wieder interessante "Geschichten" erzählt, geht es in diesem Buch ums Große und Ganze: wie funktionieren Invasionen, wie müssen "Invasor" und "Zielgebiet" beschaffen sein, damit eine Invasion glückt, warum können sich fremde Arten trotzdem so selten etablieren, warum werden nur ganz wenige Arten zum Problem, was kann man tun u.v.m.


    Also ein interessanter Überblick über das Thema, erläutert anhand interessanter Einzelfälle, ohne aber den Anspruch zu erheben, sämtliche Formen und Beispiele für biologische Invasionen im Detail abzuhandeln. Wie Kegel im Nachwort schreibt:
    das würde den Rahmen eines solchen Buches sprengen

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Oh ja, ein sehr gutes Buch! Ich hab es vor 2 Jahren gelesen. Nur ausgeliehen leider...aber es ist schon verdammt teuer.
    Aber wenn man gerne Geld für Bücher ausgibt ist es jeden Cent wert!
    Was ich als biologisch Interessierter gut fand war die Tatsache, dass eben auch Geschichten erwähnt wurden, die ich vorher noch nicht kannte. Beispeile für Invasionen gibt es ja wahrlich viele, aber meist werden doch immer nur eine Hand voll ausgegraben. Hier sind es eben auch mal ein paar andere zusätzlich.



    Wirklich ein ziemlich gutes Buch, kann mich der positiven Rezi nur anschließen