Die Ausschweifung – Wilhelm Genazino

  • Gebundene Ausgabe: Bertelsmann, 1981, 254 Seiten
    Neuausgabe von Hanser 2005.
    Taschenbuch: dtv, 294 Seiten


    Handlung Rückseite:
    Die Geschichte eines Mannes von „heute“, eines mittleren Angestellten, der seine frühere gesellschaftliche Rolle verloren hat, sein Verantwortungs-Prestige, seine Vater-Bedeutung, seinen Antrieb. Er hat überall nur noch zu funktionieren und emotionslos zu bezahlen. Es ist eine traurige Geschichte, trotz allem, und das ende von etwas, hinter dem nichts Neues in Sicht ist.


    Zum Autor:
    Wilhelm Genazino, geboren 1943 in Mannheim, veröffentlichte 1965 seinen ersten Roman Laslinstraße. Ein Regenschirm für diesen Tag ist wohl sein bekanntester Roman.
    Er ist mit dem bedeutendsten deutschen Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis, sowie 2007 mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet worden.


    Meine Rezension:
    Im Mittelpunkt dieses Romans steht eine Familie, Eckhard Fuchs, ein Angestellter, seine Frau Ruth und die 8jährige Tochter Anna, die in Bornheim leben.


    Nach 16 Jahren Ehe will Ruth einmal alleine verreisen. Gelegenheit für Eckhard zu der im Titel versprochenen Ausschweifung? Nicht wirklich!


    Es handelt sich um ein Frühwerk Genazinos, nahe der Abschaffel-Trilogie. Ein Vergleich zu neuen Romanen des Autors drängt sich zunächst nicht auf. Doch bald taucht auch hier der bekannte Genazinostil auf, besonders wenn der Autor seinen scharfen Blick auf kleine, unbedeutend erscheinende Details wirft. Das zeigt viel Originelles, zum Beispiel, wie innerhalb der Familie der Kosename Schwälbchen weitergegeben wird.
    Etwas überrascht mich dann aber der Einsatz von Wiederholungen, der Kosename, oder auch die Betonung des Alters des Protagonisten.


    Der Roman wird sehr gleichförmig erzählt. Es passt daher auch, dass es keine Kapitel gibt. Das ganze Buch ist ein einziger Fließtext ohne Unterbrechung.


    Das Leben eines Angestellten und seiner Familie im Alltag beobachtet der Autor genau. Die Unauflöslichkeit des Alltags beschäftigt kaum einen Autor so intensiv wie Wilhelm Genazino und obwohl nichts Spektakuläres im Roman passiert, ist es doch interessant und lohnenswert zu lesen.


    ASIN/ISBN: 3423133139

  • Danke für die Rezi,


    dann weiß ich ja jetzt was mich erwartet,
    ich "muss" es nämlich innerhalb der nächsten Woche auch lesen :-]


    Werde dann Rückmeldung geben, wie es mir gefallen hat!

    Unser Unglück erreicht erst dann seinen Tiefpunkt, wenn die in greifbare Nähe gerückte praktische Möglichkeit des Glücks erblickt worden ist. (Michel Houellebecq, Elementarteilchen)

  • So...


    ...bin jetzt soweit!


    Erzählt wird in diesem Roman eine traurige Wahrheit:
    Der Einfluss, den Zeit und Normalität auf die Liebe haben.


    Der analytische Blick Eckhardts auf sein eigenes Leben und seine wirre Gefühlswelt wirkten auf mich beinah ein wenig romantisch. Obwohl Eckhardt seine Gefühle recht genau erkennt, kann er sie nicht verstehen und er kann erst recht nicht so handeln, dass er mit ihnen im Einklang lebt.
    Das Bild, das sowohl er als auch seine Mitmenschen von ihm haben, kann er nicht zerstören und so befindet er sich beinah in einer Handlungsunmöglichkeit, aus der es, außer dem Tod, scheinbar für ihn keinen Ausweg gibt.


    Für mich war "Die Ausschweifung" eine sehr bewegende Geschichte, die es sich auf jeden Fall geohnt hat, zu lesen!

    Unser Unglück erreicht erst dann seinen Tiefpunkt, wenn die in greifbare Nähe gerückte praktische Möglichkeit des Glücks erblickt worden ist. (Michel Houellebecq, Elementarteilchen)