Das Buch im Nebel - Maren Frank

  • Maren Frank: Das Buch im Nebel – Fantasy; Wangen 2008; Verlag Pia Bächtold; ISBN: 978-3-940951-01-4; 295 Seiten; Taschenbuch; Format 13 x 19 x 1,6 cm; Preis: EUR 18,-.


    Das hat es noch nie gegeben: Das Zauberertreffen, das immer bei Mondwechsel stattfindet, wurde abgesagt! Der Zauberer, Heiler und Gelehrte Arktikus lässt sich jedoch nicht so einfach von grimmigem Wachpersonal nach Hause schicken. Mit seiner Assistentin Sina dringt er bis zum Oberzauberer Antorian vor und verlangt eine Erklärung. Die bekommt er auch: Das große Buch der Zauberer, eine uralte und umfassende Sammlung von Zaubersprüchen, wurde trotz strengster Sicherheitsvorkehrungen gestohlen. Und ein Buch wie dieses möchte man nur ungern in den falschen Händen wissen.


    Da Oberzauberer Antorian zu alt und zu krank ist, um sich selbst auf die Suche nach dem Dieb und seiner unschätzbar wertvollen Beute zu machen, beauftragt er Arktikus damit, den er insgeheim schon als seinen Nachfolger sieht.


    Arktikus und Sina überlassen die Sorge um Antorians angegriffene Gesundheit der kräuterkundigen Hexe Nuria, auch wenn das dem mürrischen alten Herrn überhaupt nicht passt, und machen sich auf den Weg.


    Eine Tatortbegehung unter Verwendung von Zauberpulver zeigt wenigstens ein verschwommenes Bild des Diebes. Und Arktikus ist einmal mehr überrascht von dem großen magischen Potential seiner Assistentin Sina, einer Tochter aus einer kinderreichen Bauernfamilie.


    Die Spur des Diebes führt in eine größere Stadt und von dort auf die Burg. Ein Fremder würde in diesem bunten Völkchen dort kaum auffallen. Also versuchen auch Arktikus und Sina, auf der Burg unterzukommen um mehr zu erfahren.


    Wo wird am meisten geklatscht und getratscht? In der Küche! Also verdingen sich der Zauberer und seine Assistentin als Küchenhilfen und mieten sich in einer kleinen Kammer ein, die sie mit der geheimnisvollen, tief verschleierten Küchenmagd Tarja teilen.


    Tarja ist eine intelligente junge Frau und merkt sehr schnell, dass ihre neuen Kollegen und Mitbewohner noch ganz andere Talente haben als Gemüse zu putzen und Suppe umzurühren. Es bleibt den beiden also nichts anderes übrig, als Tarja bis zu einem gewissen Grad in die wahre Natur ihrer Mission einzuweihen.


    In einer Nerven zerreißend spannenden Aktion, in der Tarjas Verschleierung eine entscheidende Rolle spielt, verschaffen sich Sina und Arktikus Einblick in die Buchführung des Quartiermeisters – und haben nun auch einen Namen für den Dieb: Gilbert. Er arbeitet als Schreiber für den Burgherren. Nur: Wie kommen sie ran den Mann? Und vor allem: Wo hat er sein Diebesgut versteckt?


    Durch einen Zufall, an dem die Köchin der Burg nicht ganz unbeteiligt ist, macht Arktikus die Bekanntschaft Aileens, der schwer erkrankten Tochter des Burgherren. Er gewinnt ihr Vertrauen und das des obersten Beamten Lestat. Bald gehören Arktikus, Sina und auch die Magd Tarja zum inneren Kreis der Burgherrschaft. Wird es ihnen mit vereinten Kräften gelingen, den Dieb Gilbert in eine Falle zu locken? Werden sie das gestohlene Zauberbuch finden? Und werden sie auch wirklich in ihr Heimatdorf zurückkehren? Für einen fähigen Zauberer und Heiler wie Arktikus bietet das Leben auch noch viele andere Möglichkeiten ...


    Zauberer sind auch nur Menschen. Das Oberhaupt der Zauberer, Antorian, porträtiert Maren Frank als einen miesepetrigen, dickköpfigen alten Herrn. Arktikus ist eigentlich mehr Wissenschaftler als Magier und wäre vermutlich glücklicher damit, in Ruhe seinen naturwissenschaftlichen Experimenten nachgehen zu können, als von Abenteuer zu Abenteuer zu hetzen. Seine temperamentvolle, wissbegierige und ehrgeizige Assistentin, die für ihn fast wie eine Tochter ist, sorgt in seinem Alltag schon für genügend Aufregung. Wenn sie zum Beispiel meint, sich mit der Dorfjugend prügeln zu müssen und sich dann mit ihrem zerschundenen Gesicht nicht zu ihrer Familie nach Hause traut.


    Für ihren Hang zum Dorfklatsch muss sie sich von ihrem Chef und Mentor Arktikus ebenso auf den Arm nehmen lassen wie er sich von ihr für seinen – unerwünschten – Erfolg bei den heiratswütigen Damen. Doch Sinas offene und vorwitzige Art öffnet ihnen auch so manche Herzen und Türen. In Rekordzeit gewinnt sie die Freundschaft Tarjas und entlockt ihr sogar das Geheimnis ihrer Verschleierung. Ein Glück für die ihre Mission, denn Tarja erweist sich als wertvolle Verbündete.


    Die Helden wachsen einem so ans Herz, dass man in jeder brenzligen Situation mit ihnen mitfiebert – und sich dabei ertappt, sich beim Lesen gegen die Sessellehne zu pressen und den Atem anzuhalten, wenn Sina bibbernd in einem dunklen Geheimgang steht und sich ängstlich fragt, ob das Zauberpulver sie wirklich für ihren Gegner unsichtbar macht. Aufregende und beklemmende Situationen wie diese gelingen der Autorin immer besonders gut.


    DAS BUCH IM NEBEL ist ein spannendes, unterhaltsames Fantasy-Abenteuer für ein erwachsenes Zielpublikum. Jugendliche Fantasy-Freunde werden sich vielleicht mit der 15-jährigen Zauberer-Assistentin Sina identifizieren und ebenfalls Freude an dem Buch haben. Ein Buch für Kinder, die einen gewissen bebrillten Zauberlehrling in ihr Herz geschlossen haben, ist es definitiv nicht.


    Eine kleine Anmerkung zum Schluss: Wer großen Wert auf die Gestaltung und das äußere Erscheinungsbild eines Buchs legt, könnte sich an vereinzelten Umbruch-Fehlern im Text stören, die wohl auf eine technische Panne im Satz zurückzuführen sind. Nichts Dramatisches, nur hier und da eine unmotivierte Leerzeile, die dem Lese-Abenteuer an sich aber keinen Abbruch tun.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Stimmt es, dass dieses Buch der Nachfolger von diesem hier ist?

    Warum gibt es nicht nur die Berge, sondern auch Wälder und Flüsse und Seen? Alles hat seinen Wert für die Welt - nur ist es manchmal schwer, ihn zu erkennen. (Kai Meyer: Seide und Schwert)


    SuB: 8

  • Zitat

    Original von EskalinaIst es in einem Eigenverlag erschienen? :gruebel


    Nein, ist ein ganz normaler Kleinverlag:
    http://www.beepworld.de/members94/pams8808/


    Das mit dem Layout ist da leider nicht so ganz perfekt, betrifft auch ein paar andere Bücher des Verlages, die ich kenne. Aber der Inhalt ist davon ja nicht betroffen, es stört also nicht beim Lesen. ;-)

  • Es war dieser Satz in Vandams Rezi, der mich aufmerken ließ:

    Zitat

    Vandam
    Ein Buch für Kinder, die einen gewissen bebrillten Zauberlehrling in ihr Herz geschlossen haben, ist es definitiv nicht.


    Das sich das vermutlich um den Zauberlehrling handelt, dessen Initialen die gleichen sind wie die eines bekannten Computerunternehmens, war mir klar: das Buch ist was für mich. Nachdem ich es durchgelesen habe, kann ich nur sagen: richtig vermutet. :-)


    Zur Handlung möchte/brauche ich nichts mehr zu sagen, da hat Vandam schon alles erzählt. Es ist mit Sicherheit ein Buch eher für ein erwachsenes Zielpublikum, weil zu wenig passiert (das ist jetzt nicht negativ gemeint!). Weil alles so wunderbar „normal“, fast könnte man sagen „realistisch“ ist. Solches schreckt mich normalerweise zwar eher ab, doch hier empfand ich es als sehr wohltuend. In der Leserunde zu Thomas Finns „Chroniken der Nebelkriege“ gab es eine ausführliche Diskussion zum Thema „Realismus in der Fantasy“. Dort bin ich mit dem Autor in vielem nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Hier bei diesem Buch wäre das vermutlich ganz anders. So stelle ich mir „Realismus in der Fantasy“ vor. Endlich mal keine Bedrohung der „ganzen Welt“, keine finale Schlacht des absolut Bösen gegen das absolut Gute, sondern ein ganz normaler Vorfall (Diebstahl eines, allerdings extrem wichtigen, Buches), der von ganz normalen Menschen gelöst wird.


    Na ja, nicht ganz normal natürlich. Es gibt richtige Zauberer und Hexen, welche jedoch - man lese und staune - nicht über absolute Macht verfügen, sondern auch gewissen Zwängen unterworfen sind und ihre Grenzen haben, die sich auch mit Magie nicht überschreiten lassen. Es wird nirgendwo richtig ausgeführt, was die Zauberer eigentlich so alles tun, oder welche Macht bzw. Funktion sie haben. Aber daß sie den „normalen“ Menschen nicht ganz geheuer sind, daß es sogar Gegenden gibt, in denen sie unerwünscht sind, in denen sie aufpassen müssen, nicht als Zauberer aufzufallen, macht sie gleich richtig sympathisch, menschlich eben.


    Wobei Arktikus ohnehin ein sehr sympathischer Charakter ist. Den habe ich gleich gemocht. :-) Gut, er sieht wohl so aus, wie man sich einen typischen Zauberer vorstellt. Aber da weiß man gleich, wen man vor sich hat. Übrigens hatte ich ein recht konkretes Bild von ihm vor Augen: für mich sah er so aus wie Schmendrick im Film „Das letzte Einhorn“. Keine Ahnung warum, aber das Bild bekam ich nicht mehr aus dem Kopf. Überhaupt kam ich mir vor wie in einer Art Märchen. Eine Mischung aus „Das letzte Einhorn“ und einem Walt Disney Zeichentrickfilm, ich meine einen von den alten, als die noch richtige Animationsfilme machten. Eine richtig schön gemütliche Welt, in die ich mich gerne mal für eine Weile zurückzöge. Wo ich mich nicht wundern würde, wenn um die Ecke Asterix und Obelix kämen. An deren Abenteuer mußte ich denken, als Arktikus und Sina quasi per Anhalter gereist und von einem Karren auf den nächsten umgestiegen sind. Da konnte ich mir denn ein Grinsen nicht verkneifen.


    Überhaupt habe ich das ganze Buch mit einem inneren Lächeln gelesen. Für mich persönlich gehört es eindeutig mit in die Kategorie „Wohlfühlbuch“, denn genau so habe ich mich die drei Tage, da ich daran las, gefühlt. :-) (Wenngleich es auch ein paar sehr spannende Stellen gibt. Bei der „Einsichtnahme in die Buchführung des Quartiermeisters“ habe ich mich glatt dabei ertappt, ein paar Seiten vorzublättern, um zu wissen, wie das ausgeht. :rolleyes Das habe ich nicht mehr ausgehalten.) Da hat es mich dann nicht sehr gestört, daß vieles relativ reibungs- und problemlos vonstatten ging, oder ich ein paar Mal an Formulierungen hängen geblieben bin. (Das hier etwa: “Ne, wieso sollte ich, du siehst doch total schön aus.“ fiel mir auf, weil es irgendwie nicht in diese Welt passen wollte.) Oder daß in einer Welt, in der vor allem mit Kerzen und Fackeln beleuchtet wurde, bisweilen Petroleumlampen verwendet wurden (woher kommt das Petroleum?). Solches hat mir den Lesegenuß jedoch nicht beeinträchtigt.


    Dafür sorgte schon die etwas, sagen wir, nachlässige herstellerische Betreuung des Buches. Dafür kann die Autorin jedoch nichts, das geht allein aufs Konto des Verlages. Der von Vandam angesprochenen „unmotivierten Leerzeilen“ waren es leider sehr etliche, desgleichen weitere Umbruchfehler. Schade, das Buch hätte sorgfältigere Arbeit verdient. (Ich habe früher selbst Korrektur gelesen und mit einem Drucker zusammengearbeitet, der in solchen Dingen recht penibel war. Vielleicht habe ich davon noch zu viel davon intus und sehe es zu eng.) Aber um es nochmals zu betonen: das liegt außerhalb der Verantwortung der Autorin.


    Alles in allem hat mir das Buch, das mir ohne Vandams Rezi entgangen wäre, gut gefallen. Sehr erfreut habe ich festgestellt, daß es ein weiteres Buch mit Arktikus und seiner Assistentin Sina gibt. Das werde ich mir mit Sicherheit sehr bald besorgen und lesen. :-]

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")