Hörbuch Trilogie (13 CDs) von Kai Meyer - leicht gekürzte Lesung von Nina Petri, und Katharina Thalbach
Kurzbeschreibung
Aus der hr2-Hörbuch-Bestenliste: »Höchste Spannung für Klein und Groß« (Hamburger Abendblatt). Kai Meyers fantastische Trilogie um das Waisenkind Merle wurde bereits in 20 Sprachen übersetzt. Merles Welt ist voller Magie. In einem Venedig, in dem die Zauberei nie gestorben ist, flüstert jeder von der Fließenden Königin. Als die Mächte des Bösen das fantastische Wesen jagen, entbrennt im Labyrinth der Gassen und Kanäle ein abenteuerlicher Kampf. Meerjungfrauen und geflügelte Löwen, Meisterdiebe und Zauberspiegelmacher - sie alle haben ihr eigenes Interesse an der Königin... Nina Petri und Katharina Thalbach lesen die Trilogie: · Die Fließende Königin · Das Steinerne Licht · Das Gläserne Wort. 13 CDs, Gesamtspieldauer ca. 16 Stunden 49 Minuten.
kamelin meint
Venedig ist in Gefahr: Der wiedergeborene Pharao steht vor der Tür und ist im Begriff die Lagune einzunehmen, einer der letzten Orte, der ihm beharrlich Widerstand leistet. Einzig die Macht der Fließenden Königin hat die Ägypter bisher davon abgehalten, die Lagune einzunehmen.
Merle wird durch Zufall Zeugin des Verrats an ihrer Stadt, denn eine Handvoll Ratsherrn hat mit Hilfe ägyptischer Alchimisten die Fließende Königin in ihre Gewalt gebracht. Nun steht dem Einmarsch des Pharaos nichts mehr im Weg. Merle kann zwar die Mumienkrieger nicht daran hindern in ihre Stadt einzubrechen, aber sie beschliesst zumindest die Königin zu retten, und mit ihr zu flüchten. Hier endet im Grunde der erste Teil (Die Fließende Königin).
Der 2. Teil (Das Steinerne Licht) handelt von ihrer Flucht und den Irrungen und Wirrungen der Reise, angefangen von ihrem Versuch den Teufel, Lord Licht, um Hilfe vor den Ägyptern zu bitten, bishin zu der Einsicht, das dies keine so gute Idee war.
Im 3. Teil (Das Gläserne Wort) flüchten Merle, die Fließende Königin und ihre Freunde nach Ägypten, um die Auferstehung des 'Sohns der Mutter' zu verhindern - denn diesem Giganten kann sich nur einer stellen: seine Mutter, die Fließende Königin. Dazu muss sie allerdings ihre ursprüngliche Gestalt annehmen, die einer uralten Göttin, die von einer Statur verkörpert wird. Leider wird ausgerechnet dieses Standbild von keinem geringeren als dem 'Sohn der Mutter' bewacht - der kurz vor dem Eintreffen der Gefährten von den Sphinxen zum Leben erweckt wurde. Nun bleibt nur noch der offene Kampf, doch dafür muss zuvor jemand sterben, denn damit die Königin ihre eigentliche Gestalt annehmen kann braucht sie neue Lebenskraft, und einer ihrer Freunde muss sich für sie opfern.
Der erste Teil der Trilogie beginnt vielversprechend. Ich fand die Geschichte gut erzählt und spannend gemacht. Auch die beiden Sprecherinnen Nina Petri und Katharina Thalbach haben die Handlung mit angenehm warmer Stimme vorgetragen, wobei Letztere den Part der Fließenden Königin übernommen hat.
Ab dem 2. Teil wurde es dann für mein Empfinden schräg und auch nicht mehr ganz kinderfreundlich:
Die Reisegesellschaft begibt sich auf Betreiben der Fließenden Königin in die Hölle, um Lord Licht um Unterstützung zu bitten. Lord Licht ist niemand anderes als ein durchgeknallter Professor, der versessen auf Maschinen und Experimente ist. Dazu passt sein Kompagnon, der eine Art Pendant zu Dr. Mengele ist, denn seine Aufgabe (und zugleich Freude) ist es, Menschen das Herz herauszuschneiden, und ihnen statt dessen einen Stein einzusetzen. Wer sich jetzt noch nicht ekelt, braucht sich keine Sorgen zu machen, denn es kommt noch besser, denn Herr Luzifer beklagt sich bei Merle darüber, dass seine Helfer in der Hölle leider nur eine ordinäre Doppelnaht beherrschen, die sie nicht nur bei Operationen anwenden, sondern auch zum Schneidern seiner Anzüge, was sehr aus der Mode gekommen- und nicht besonders schick ist.
Was mich im 2.Teil als Zuhörerin irgendwann verwirrt hat, war das unaufhörliche Einbringen neuer wie gleichermassen skurriler Szenen, Personen und Figuren, deren Sinn und Relevanz sich mir nicht immer erschlossen, zumal im 1. Teil die Charaktere langsam eingeführt werden, wie Arcimboldo (der Zauberspiegelmacher), Serafin (der Meisterdieb), Juniper (das Mädchen mit den Spiegelaugen) oder Unke (die Meerjungfrau ohne Flossen). Es folgen Vermithrax (der fliegende Löwe, der Merle auf ihrer Reise begleitet) , die Horuspriester (die sie jagen, allen voran und Seth, ihr Oberhaupt), sowie der Pharao und seine Mumienkrieger, die Sphinxe, die ihn verraten, Lord Licht mit seinen seltsam verunstalteten Helfern, den Lilith sowie Spionen aus dem Zarenreich. Und irgendwann, als ich bereits Gefahr lief den Überblickt zu verlieren, betritt dann noch Winter höchst persönlich die Bühne, auf der Suche nach Frau Sommer. Sollte man an dieser Stelle zu der Meinung gelangen, dass das eingentlich keinen Sinn macht, muss man wissen, dass Winter urplötzlich eingefallen ist, dass er sich in den Sommer verliebt hat, und aus heiterem Himmel beschliesst sich ausgerechnet jetzt auf die Suche nach ihr zu machen, und versetzt dadurch die ägyptische Wüste in eine Eislandschaft.
Irgendwann habe ich dann tatsächlich die Übersicht verloren - und auch den roten Faden. Denn plötzlich läuft alles darauf hinaus, dass die Welt nur dann gerettet werden kann, wenn Sommer gefunden wird, die von den Sphinxen entführt wurde, um ihre Sonnenbarken (und anderen technischen Schnickschnack) mit ihrer Wärme zu beleben.
Also: nun sind auf einmal nicht mehr der Pharao das Problem oder die Horuspriester - nicht einmal mehr Lord Licht oder die Sphinxe, denn im 3. Teil wird ein neues, weiteres Feindbild eingeführt, der 'Sohn der Mutter'. Nun ist er der neue Bösewicht, angestiftet vom Steinernen Licht, und seine Leute waren es auch, die Frau Sommer gestohlen haben ...
Das Ganze hat mich über kurz oder lang an eine Mischung aus 'Winterschmied' von Terry Pratchett und 'Matrix' erinnert, garniert mit dem Wahrzeichen Venedigs (dem geflügelten Löwen) und Figuren aus der ägyptischen Mythologie. Meiner Ansicht nach hat dieses Sammelsurium aus phantastischem Sagenallerlei der Geschichte nicht gut getan, denn die Aussage kam hierbei zu kurz: Welches Symbol verkörpern denn die fliegenden Löwen und wofür stehen die Sphinxe? Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Wahl auf diese Figuren beliebig war, denn einen tieferen Sinn oder eine grössere Symbolik dahinter konnte ich nicht erkennen.
Womit ich ebenfalls ein Problem hatte war die Darstellung der Fließenden Königin. Was ich den Dialogen entnehmen konnte, lässt mich darauf schliessen, dass die Gute die Weisheit meines neunjährigen Neffen besitzt . Allerdings ist der nicht so von sich eingenommen und muss nicht ständig alles und jeden bewerten. Und wenn man bedenkt, dass die Königin einige Tausend Jahre hinter sich hat, muss man sich über ihre Aussprüche schon ein wenig wundern (übrigens herrlich komisch von Anna Thalbach rübergebracht, denn Frau Königin ist nicht selten etwas zickig). Zudem stellt sich am Ende heraus, dass die Dame eine berechnende Lügnerin ist, denn sie hat Merle von Anfang an weder die Wahrheit über ihre Mission gesagt, noch über die Konsequenzen für Merle! Zielbewusst hat sie Merle und ihre Begleiter durch die Gegend gescheucht, sie für ihre Zwecke benutzt und ihren Tod billigend in Kauf genommen. Von daher taugt die Fließende Königin meiner Ansicht nach für eine Vorbildfunktion wenig.
War der erste Teil noch spannend, und hat mir Lust auf mehr gemacht, hätte ich den den 2. Teil der Trilogie ersatzlos gestrichen, denn der bringt weder die Geschichte weiter noch steigert er die Spannung - im Gegenteil. Die wenigen Informationen über Merles Herkunft und dem Spiegellabyrinth hätte man auch an anderer Stelle unterbringen können. Die zahlreichen Nebenhandlungen verwässern meiner Meinung nach die Geschichte und lenken vom eigentlichen Handlungskern ab, der sich immer mehr in verliert.
Das wird auch im dritten Teil nicht viel besser, obwohl sich die Geschichte anfangs zunächst wieder etwas lichtet. Doch das Ende des Romans fand ich dann sehr ernüchternd, und leider auch ausgesprochen flach.
Die Bewertung im Einzelnen:
Teil 1 (3 CDs) - Die Fließende Königin * * * * * *
Teil 2 (5 CDs) - Das Steinerne Licht *
Teil 3 (5 CDs) - Das Gläserne Wort * * *
Fazit: 3 Punkte für eine Geschichte, die mich weder begeistern noch mitreissen konnte. Statt eine Unmenge an Charakteren, hätte ich mir mehr Charakter gewünscht, und: Tiefe. Denn was ist die Aussage des Ganzen? Welche Konsequenzen zieht Merle aus den Geschehnissen - oder die Bewohner Venedigs? Was geschieht mit den versklavten Kreaturen aus der Hölle? Was ändert sich für die Menschen, denn immerhin existiert das Steinerne Licht nach wie vor, und kann jederzeit erneut einen Machtübergriff planen. Was ganz genau ist das Steinerne Licht überhaut? Entweder wurde die Beantwortung dieser Frage vergessen oder nicht für wichtig gehalten.
Am Ende werden die Kinder Piraten, und Merle sucht ihren Vater, der sie und ihre Mutter verraten und verlassen hat. Irgendwie befremdend diese Idee, zumal Merle gerade eben ihre Mutter wiedergefunden hat.
Wie bei jeder Geschichte muss jeder sich selber ein Bild davon machen, ich gebe hier meinen persönlichen Eindruck wieder. Wenn ich allerdigs diesen Dreiteiler mit der 'Wellenläufer-Trilogie' vergleiche, liegen für mein Gefühl Welten dazwischen. Möglicherweise rührt auch daher meine Ernüchterung über Merles Geschichte, denn 'Die Wellenläufer' habe ich schon drei Mal gehört, und kann mich jedes Mal wieder neu dafür begeistern, wohingegen ich mich während der Merle-Trilogie oft gefragt habe, was diese Geschichte eigentlich sagen will. Bis zum Schluss konnte ich diese Frage für mich nicht beantworten.