Ronald F. Currie - Gott ist tot

  • Titel: Gott ist tot
    Originaltitel: God Is Dead
    Autor: Ronald F. Currie
    Verlag: Goldmann
    Erschienen: März 2008
    Seitenzahl: 223
    ISBN-10: 3442311527
    ISBN-13: 978-3442311521
    Preis: 14.95 EUR


    Ein provokanter Titel. Dazu die Eingangsfragen: Wozu brauchen wir einen Gott? Eine Welt ohne Gott – der Himmel auf Erden? Ronald F. Currie hat ein wirklich beeindruckendes Buch geschrieben, ein Buch das provoziert und das trotzdem versucht Antworten zu geben.


    Doch worum geht es in diesem Buch?
    Eines Tages nimmt Gott die Gestalt einer jungen Frau vom Volksstamm der Dinka an. Mit letzter Kraft schafft er es in ein Flüchtlingscamp. Als dieses Lager bombardiert wird, kommt auch Gott ums Leben. Die Nachricht das Gott tot ist verbreitet sich wie ein Lauffeuer und nichts ist mehr so wie es war. Bevor er ums Leben kam beneidete Gott die Menschen um die Möglichkeit zu jemanden beten zu können – er hatte diesen jemand nicht, hätte ihn aber gebraucht.


    In verschiedenen Episoden versucht Ronald F. Currie das spirituelle Vakuum zu beschreiben in das die Menschen nach dem Tode Gottes gefallen sind. Ordnungen lösen sich auf, Ersatzgötzen werden in eine Stellvertreterfunktion gerückt, die Perspektiven und Sichtweisen der Menschen rutschen teilweise ab in apokalyptische und groteske Szenarien.


    Ist das jetzt ein Buch Für oder Wider Gott? Eine ehrliche Antwort? Keine Ahnung! Und wahrscheinlich wäre auch der Autor wohl kaum in der Lage diese Frage erschöpfend oder auch nur annähernd zu beantworten. Currie liefert uns verschiedene Szenarien; ihre Einordnung ist ganz allein Sache des Lesers. Und Currie sorgt dafür, dass wir uns immer neue Fragen stellen wie beispielsweise: Braucht die Welt, brauchen die Menschen einen spirituellen Hintergrund? Brauchen auch die vielleicht einen solchen Hintergrund, denen Glauben ansonsten am verlängerten Rückgrat vorbeigeht?


    Currie schreibt kraftvoll, schont seine Leser nicht einmal ansatzweise. Klare Worte ohne Drumherumgerede, manchmal ist sein schwarzer Humor wirklich ziemlich bösartig und er lässt seine Leser einigermaßen ratlos zurück.


    Ein gutes oder ein schlechtes Buch?
    Das mag bitte jeder für sich selbst entscheiden. Für mich war es ein sehr interessantes Buch, weder gut noch schlecht – allein die beschriebene Themenstellung ließ den Denkapparat mal wieder so richtig auf allen vier Pötten laufen.


    Lesenswert, und man kann sicher herrlich über dieses Buch streiten.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Voltaire
    Ein gutes oder ein schlechtes Buch?
    Das mag bitte jeder für sich selbst entscheiden.


    Das werde ich wohl gelegentlich mal tun. Die Thematik scheint mir recht interessant, die Darstellung desgleichen. Danke für die Rezi, das Buch ist erst mal auf die WL gewandert; mal sehen, wie lange es auf das Verschieben in einen Warenkorb warten muß. :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Auf meiner WL ist es auch gelandet - dank deiner Rezi, die mich überzeugt hat, einen zweiten Blick zu wagen (den das Buch nur anhand seines Titels niemals bekommen hätte :lache). Vor allem, dass es keine Antworten zu geben verspricht, scheint mir sympathisch - von der Ankurbelung des Denkapparates ganz zu schweigen :lache Also danke!

  • Das dieses Buch habe ich jetzt auch gelesen, nachdem es schon für die TB-Ausgabe auf meiner Wunschliste stand und arvelle so nett war diese Ausgabe noch günstiger anzubieten.


    Im großen ganzen kann ich mich Voltaires Besprechung anschließen.
    Es ist lesenswert !
    Aber allein die Idee gibt reichlich Stoff zum Nachdenken.
    Allein welcher Gott es nun eigentlich ist, wird eigentlich nicht klar.
    Davon ausgehend, das der christliche gemeint ist, stelle ich in Frage, ob es allerdings wirklich solche eine Auswirkung haben würde, zumindest für den abendländische Kulturkreis. Denn 1. haben die einen ja einen Stellvertreter (ist sehr ironisch gemeint), 2. die meisten eh nicht glauben und 3. wird es viele nicht kümmern. Und ein Teil der Welt scheint eh einen anderen Gott zu haben.


    Aber dass es zwei Richtungen, die schon seit einiger Zeit diskutiert werden, die „Leere“, wenn auch überspitzt, füllen, lässt die Gedanken kreisen - Postmoderne Anthropologen (der Mensch hat einen freien Willen) und die Evolutionsbiologen (der Mensch ist nicht Herr seiner selbst).


    Allein das Kapitel „Vaterunser“, Seite 102-108, hat sich mir nicht erschlossen.


    Insgesamt ein interessantes Gedankenexperiment, bei dem einiges sich heute schon abzeichnet, auch ohne die grundlegende These des Buches


    meint Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Dieses Buch läßt mich einigermaßen ratlos zurück. Die Ausgangsidee ist reizvoll, anfangs sind die mitunter grotesken Szenerien auch noch nachvollziehbar und regen zum Nachdenken an, aber mehr und mehr kippt das Ganze ins Überzeichnete und Absurde - als Gedankenspielerei ganz nett, aber nicht überzeugend ausgearbeitet.