Kirschblüten - Hanami

  • Inhalt:
    Nur Trudi (Hannelore Elsner) weiß, dass ihr Mann Rudi (Elmar Wepper) schwer krank ist. Und es liegt an ihr, ob sie es ihm mitteilen will oder nicht. Der Arzt schlägt eine letzte gemeinsame Unternehmung vor, etwas, was sich die beiden vielleicht schon länger vorgenommen, aber nie getan haben. Trudi beschließt, die Erkankung geheim zu halten und den Rat zu befolgen. Sie überredet Rudi, mit ihr die Kinder und Enkelkinder in Berlin zu besuchen. Doch dort angekommen, müssen die beiden feststellen, dass ihre Kinder mit ihrem eigenen Leben viel zu beschäftigt sind, um sich um die Eltern zu kümmern.


    Die beiden beschließen daraufhin, in ein Hotel an die Ostsee zu fahren. Dort stirbt plätzlich Trudi - Rudi ist völlig aus der Bahn geworfen und weiß nicht, wie es weitergehen soll. ... Schließlich reist er nach Tokio, um dort den Lebenstraum seiner Frau nachzuempfinden.


    Quelle: www.kirschblueten-film.de


    Meine Meinung:
    Zu Beginn war ich hin- und hergerissen. Hannelore Elsner als bayrische Hausfrau zu sehen, war nicht die Rolle, in der ich sie gerne sehen wollte. Doch Trudi ist mehr als diese bayrische Hausfrau, die ihrem Mann zu Feierabend die Pantoffeln und die Strickjacke reist. Ihr großer Traum war es, Butoh-Tänzerin zu werden. Und so finden sich in der bayrischen Wohnung neben Bauernmalerei und karierten Vorhängen auch Bilder vom Fujiyama und Japan, nebst Kimono, den Trudi liebt.


    Als sie erfährt, dass ihr Mann sterben wird, versucht sie, die Kontakte zu ihren Kindern aufzufrischen, am liebsten wäre sie auch noch zu Sohn Karl nach Tokio gereist, doch dann kommt ihr Tod - völlig überraschend - dazwischen.


    Ich dachte im ersten Teil, dass so eine Ehe, wie sie hier dargestellt wurde, wie ein bequemer Pantoffel ist, jeder hat sich an den anderen gewöhnt, sie leben harmonisch, aber ziemlich langweilig miteinander - oder nebeneinander?


    Als sie in Berlin bei den Kindern sind, sagte Rudi, dass er seine Kinder nicht mehr kennt und sie ihn ebenso wenig, er wolle nach Hause. Da kam mir der Gedanke, dass es sich oft so entwickelt, dass erwachsene Kinder und ihre Eltern eigene Leben führen und sich auseinander entwickeln, was eigentlich schade ist.


    Und schließlich der zweite Teil, als Rudi in Tokio bei Karl ist. Die Stadt ist grell, Karl muss ständig arbeiten, Rudi kann keine Zeichen lesen und verirrt sich fast. Und hier ist er Trudi fast noch ferner als zu Lebzeiten. Er fühlt sie in sich, kann sie aber nicht fassen. Bis er eine Butoh-Tänzerin trifft, die ihm seine Frau wieder näher bringt.


    Mit der japanischen Kultur konnte ich wenig anfangen, sie ist faszinierend, aber fremd für mich. Als Rudi in den Kleidern seiner Frau unterm Mantel durch Tokio läuft, fühlte ich mich befremdet, fand es fast lächerlich, aber doch konnte ich seine Sehnsucht nach seiner zweiten Hälfte nachvollziehen. Was früher eine Selbstverständlichkeit war, ist nun ein riesiges Loch, was schmerzt.


    Der Film hat mich sehr beeindruckt, manches Mal habe ich die Stirn gerunzelt, weil ich die Darstellung von Rudi überzogen fand, andererseits war das nun mal seine Art zu trauern.


    Ein ruhiger Film, sehr traurig, so empfand ich es zumindest, aber eben nachhallend. Da macht man sich schon Gedanken, was der größte Wunsch ist, was man noch erleben will, bevor man stirbt, wie das Verhältnis zu seinen Eltern ist und ob man seinem Partner immer die Liebe gibt, die er/sie verdient hat, gezeigt zu bekommen.


    Taschentücher mitnehmen, angucken und sich drauf einlassen.

  • Die Filmvorstellung im TV hat mir schon zugesagt und deine Rezi erhöht die Spannung nocheinmal... ich glaub, den schau ich mir auch im Kino an, wenn ich dazu komme :-]


    LG

    :eiskristall ~ Man sollte nicht nach den Sternen greifen, wenn man Blumen pflücken kann ~ :flowers


    Stephen King - Love

  • @ Salonlöwin: An Dich habe ich bei dem Film auch gedacht. :wave


    @ Eli: Nicht alles von DD gefällt mir, aber sie macht eben auch mal was anderes.


    Es gibt noch 2 weitere Filme, die in Japan spielen, die werde ich mir, wenn möglich, auf DVD ausleihen. "Der Fischer und seine Frau" und "Erleuchtung garantiert".

  • Ich habe den Film jetzt auch gesehen. Sehr schön! :cry


    Der Film besteht eigentlich aus drei Teilen, die durch die erste Szene wie eine Klammer zusammengeführt - bzw. gehalten werden.
    Das alte Ehepaar, das nebeneinander herlebt, das den jeweils anderen nicht umfassend zu kennen scheint und das doch glücklich miteinander ist.


    Teil 1 dann die Reise zu den erwachsenen Kindern, die sehr hart aber auch sehr witzig geschildert wird, Teil 2 die Reise nach Tokio, die mir sehr gut gefallen hat und letzlich Teil 3, in dem der Protagonist die 18jährige Butho-Tänzerin Ju kennenlernt.


    Der Film hat zwischendurch einige Längen, die Kameraführung ist meiner Meinung manchmal etwas abgehackt, die Geschichte aber rundum spannend und sehr ergreifend.


    Hannelore Elsner als bayrische Hausfrau, Mutter und passionierte Butho-Tänzerin hat mich - wie immer :lache - völlig beeindruckt. :anbet


    Ein ruhiger Film mit Tiefgang und viel Nachhaltigkeit.

  • @ Eli:
    Wie hat Dir Elmar Wepper in seiner Rolle gefallen? Ich bin immer noch hin- und hergerissen, ob er nun genau richtig oder voll daneben war. Eigentlich passt er zur Rolle, nur im letzten Teil mit Yu fand ich ihn merkwürdig. Wobei wahrscheinlich genau dieser Kontrast gewollt war. :gruebel

  • Danke, liebe Geli, für die Kritik. Ich schwanke schon die ganze Zeit, aber jetzt werde ich reingehen, Taschentücher mitnehmen und mich drauf einlassen.
    Vielleicht gehe ich einfach allein, dann ist das mit dem Heulen nicht so schlimm.
    Liebe Grüße
    Kerstin

  • Zitat

    Original von geli73
    @ Eli:
    Wie hat Dir Elmar Wepper in seiner Rolle gefallen? Ich bin immer noch hin- und hergerissen, ob er nun genau richtig oder voll daneben war. Eigentlich passt er zur Rolle, nur im letzten Teil mit Yu fand ich ihn merkwürdig.


    Genauso habe ich es auch gesehen. Die Rolle als verwöhnter Ehemann, Familienvater und Beamter passt perfekt. Den geheimen Abenteurer hab ich ihm auch nicht ganz abgenommen. Wobei ich glaube, dass hier ein beabsichtiger Bruch stattgefunden hat. Erinnere dich an die erste Szene, als Hannelore Elsner im Gespräch mit den Ärtzen eigentlich ein komplett anderes Bild von ihm zeichnet, als wir ihn dann in Folge erleben.

  • Gestern war es soweit. In einem Kinosaal mit vierhundert Plätzen, von denen 12 besetzt waren, habe ich mir die Kirschblüten angesehen und bin unglaublich beeindruckt von einem Film, der nachwirkt. Der Autorin und Regisseurin Doris Dörrie hat das Unglaubliche geschafft: die große Themen menschliches Lebens (Leben, Liebe, Tod) in einen Film zu fassen, der dem Zuschauer ganz nahe kommt. Durch eine gnadenlose Kameraführung, die immer wieder die Gesichter der Darsteller in den Fokus rückt stellen die Macher des Films eine unglaubliche Intensität zwischen den Figuren und dem Zuschauer her. Verstärkt wird diese Verbindung durch die häufige Verwendung von Symbolen, beispielsweise als Rudi die türkisfarbene Strickjacke und die Perlenkette trägt.
    Den eigentlichen Erfolg verdankt der Film aber der grandiosen schauspielerischen Leistung von Hannelore Elsner und Elmar Wepper. Konnte man sich bei der Filmbeschreibung die Femme fatale Hannelore Elsner noch nicht als bayrische Hausfrau vorstellen, so bewies die Schauspielerin wieder einmal ihre Wandlungsfähigkeit. Als bayrischer Beamter brauchte Elmar Wepper nicht zu überzeugen, da ihm diese volkstümliche Rolle ohnehin abgegenommen wird. Erst als Rudi sich nach Japan aufmacht und die Butoh-Tänzerin Yuh kennenlernt darf der Schauspieler sein Können unter Beweis stellen.
    Bei aller Detailverliebtheit des Films sollten noch ein Wort zu den Nebendarstellern verloren werden, deren schauspielerischem Handwerk es zu verdanken ist, einen stellenweise recht grausamen Film zu sehen. Die Rollen der Kinder sind mit Maximilian Brückner, Felix Eitner und Birgit Minichmayer phantastisch besetzt und halten dem Zuschauer einen Spiegel vor Augen, wie es um das deutsche Familienleben bestellt ist. Einziger Hoffnungsschimmer ist die lesbische Freundin der Tochter, gespielt von Nadja Uhl, die sich ein Familienleben wünscht und sich nach dem Tod von Trudi um Rudi kümmert.


    Mein Fazit: Ein tragikomischer Film, der berührt und beim Zuschauer die Hoffnung hinterlässt, dass es in Deutschland anspruchsvolle Filme gibt.


    Unbedingt empfehlenswert!

  • Bei uns waren es auch nicht viel mehr Kinobesucher, allerdings läuft der Film in einem Mini-Kinosaal. Was heißt, hier rechnet man nicht mit viel mehr Zuschauern. :wow


    @ Rosenstolz
    Kauf dir schnell eine Kinokarte und schau dir den Film an!!! :-)

  • Zitat

    Original von SalonlöwinMein Fazit: Ein tragikomischer Film, der berührt und beim Zuschauer, die Hoffnung hinterlässt, dass es in Deutschland anspruchsvolle Filme gibt.


    Unbedingt empfehlenswert!


    :writeIch habe den Film gestern endlich gesehen und er hat mich voll und ganz überzeugt.


    Elmar Wepper hat mich mit seiner Darstellung des Rudi sehr berührt und eine schauspielerische Glanzleistung dargelegt.
    Er wurde dafür ja mit dem [URL=http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/;art137,2459231]Bayrischen Filmpreis[/URL] ausgezeichnet.


    Ein wunderschöner, trauriger, wahrer und auch hoffnungsvoll stimmender Film. :anbet

  • Ich warte bis der Film auf DVD erscheint und lese so lange das tolle Filmbuch.
    Hoffentlich kommt der Film bald auf DVD raus..... :wave

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

  • Inhalt
    Rudi und Trudi sind seit dreissig Jahren ein Paar. Als Trudi plötzlich stirbt, fliegt Rudi zu Sohn Karl nach Japan, um das zu sehen, was Trudi wichtig war, und was sie zusammen nicht mehr erleben konnten: ihren Sohn in Japan, die legendäre japanische Kirschblüte,den Fujiyama und auch den Butho-Tanz, der früher einmal Trudis Leidenschaft gewesen war.


    Meine Rezension
    Der obige Inhalt ist reichlich dürftig für so einen vielschichtigen Film. Er sagt alles aus – und doch rein gar nichts.


    Rudi ist ein Beamter, der sein vorhersehbares Leben liebt und Überraschungen hasst. Am liebsten steht er jeden Tag zur gleichen Zeit auf, isst Bekanntes und bleibt am selben Ort: zuhause.


    Trudi ist seine Frau. Sie wird mit der Diagnose konfrontiert, dass Rudi nicht mehr lange zu leben hat und weiß nicht, wie sie damit umgehen soll, wie sie es ihm sagen soll. Sie versucht, ihn aus seinem Zuhause wegzulocken, damit er seine Kinder noch einmal sieht. Doch der Besuch verläuft nicht gut: Die Kinder empfinden die Eltern als schwierig und spießig, keiner kann und will sich so recht um sie kümmern, zu sehr sind sie in ihrem Alltag verhaftet, um mit dem überraschenden Besuch der Eltern klarzukommen oder gar so etwas wie Freude zu zeigen.


    Die beiden reisen wieder ab und Trudi gelingt es, Rudi zu einem Aufenthalt an der Ostsee zu bewegen. Doch dort passiert, womit niemand gerechnet hatte: Trudi ist es, die dort ganz plötzlich stirbt. Und Rudi hat seinen Fixstern verloren, er ist untröstlich und weiß nicht, wohin mit sich.


    Rudi muß erkennen, dass seine Trudi Facetten hatte, die sie vor ihm verborgen hielt – oder die er nicht sehen wollte. Also reist er nach Japan, wo einer der Söhne lebt, um ihr post mortem ihren großen Traum zu erfüllen. Doch auch seinem Sohn in Japan scheint er nicht willkommen zu sein.


    Und so macht er sich alleine auf, um in Japan seine Trauer zu verarbeiten, auf Trudis „Gedankenspuren“ zu wandeln und ihren Wunsch zu erfüllen.


    Es fällt mir schwer, diesen leisen und feinfühligen Film zu beschreiben. Elmar Wepper überrascht ungemein in dieser Rolle, kennt man ihn doch als Fernsehkommissar, einer Rolle, von der man eher Handwerk als Kunst erwartet. Und doch schafft er es sehr sensibel, seine Trauer und Verlorenheit so darzustellen, dass er niemals peinlich oder aufgesetzt wirkt, selbst bei den Szenen nicht, in denen er in Trudis Kleidung durch die Stadt läuft, um ihr so Japan nahe zu bringen.


    Interessant fand ich auch die Kinder der beiden: sie führen ihr eigenes Leben und sie sind ihren Eltern fremd geworden. Der Besuch der ältlichen Eltern scheint ihnen eine Last zu sein, sie versuchen gegenseitig, sich die Verpflichtung zuzuschanzen und wälzen es dann doch ab… sie mögen ihre Eltern schon – aber wohl eher aus der Ferne. Und selbst am Schluß dachte ich mir: Ihr habt nichts verstanden … .GAR NICHTS. Die Kinder ließen mich fassungslos zurück – um so überzeugender und stimmiger die Wandlung von Rudi, der durch Trudis Tod so ganz anders ist und sich dennoch immer treu bleibt.


    Ein wunderschöner Film. Ganz großes Kino!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Werde jetzt keine ausführliche Rezi mehr schreiben, da ich mich den Vorschreibern nur anschließen kann: eine feine Perle des deutschen Films!


    Dörrie hat es einfach drauf. Absolut sehenswert!

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Ich kann mich den positiven Rezis nur anschließen: Ein toller Film!
    Manches wirkte auf mich anfangs befremdend, z. B. das schon erwähnte Tragen von den Kleidern der verstorbenen Ehefrau, auch den Zugang zum Tanz und zur japanischen Kultur allgemein fand ich nur zögernd. Aber der Film hat mich sehr berührt!

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)