Warum mich manche Eulen-Reaktionen auf Texte von Jungautoren traurig machen.

  • Obwohl ich wahrscheinlich immer noch als Neueule gelte, möchte ich zu diesem Thema trotzdem kurz Stellung beziehen.
    Vor ein paar Wochen habe ich (wie sich vielleicht noch manche erinnern können :wave) ein vierzeiliges Gedicht von mir reingestellt. Ich sah damals keinen Grund es nicht zu machen. Was nicht verboten ist, ist schlicht und einfach erlaubt. Zugleich hab ich mich auch an vielen anderen buchrelevanten Diskussionen beteiligt. Dennoch wurde ich von einigen erfahren Eulen sehr heftig kritisiert: Wie konnte ich es wagen nach ein paar Tagen in Forum ein Gedicht reinzustellen? Und dann noch so ein schlechtes? Quck dich doch erstmal um! u.s.w....
    Ich bin zwar nicht mehr böse, aber sehe immer noch kein triftiges Argument, das gegen das Reinstellen eines vierzeiligen Gedichts sprechen würde.
    Ich denke, das ließe sich in Zukunft ganz einfach vermeiden, wenn man ein paar kurze Verhaltenstipps für Neue (als Thread?) einführen würde. Denn nicht jeder hat sich schon mal an einer Diskussion im Internetforum beteiligt. Eine Internetdiskussion verläuft ganz anders als ein normales Gespräch unter vier Augen. Es herrschen hier ganz andere, manchmal auch bizzare , geradezu extreme Bedingungen :ski. Das liegt nicht speziell an diesem Forum, sonder an Foren allgemein. Und das ist mit Sicherheit nicht allen bewusst. V.a. junge Menschen können u.U. ganz schlimm auf die Nase fallen. Außerdem sind Bücherratten aus meiner eigener Erfahrung ganz besonders gefährdet- leben oft in ihrer eigenen Phantasiewelt, ziemlich realitätsfern. Ich selber benutze Internet seitdem ich denken kann, allerdings ist dieses Forum für mich das allererste. Angesichts der Tatsache, dass Forenbeiträge öffentlich gemacht werden, wäre es sinnvoll Frischlinge zu warnen.
    Trotz dieser "Ereignisse" (das hört sich aber schlimm an ;-)) bin ich immer noch aktives Mitglied des Forums und genieße es hier mitmachen zu dürfen. Eins werde ich allerdings nie wieder tun-ein Gedicht reinstellen. Nicht weil ich so beleidigt bin, oder Angst vor Kritik habe. Nein, das ist nicht der Grund. Es gibt ganz einfach Foren , die dafür viel geeigneter sind, für solche Zwecke vorgesehen . Hier dreht sich alles um Bücher, ganz speziell um Bücherrezensionen. Damit hab ich mich abgefunden und find das mittllerweile ganz in Ordnung.

    "Die Bildung kommt nicht vom Lesen, sondern vom Nachdenken über das Gelesene."
    (Carl Hillty)

  • @AliceThierry


    es ist keine Frage davon, ob ein solches Auftreten 'böse' gemeint ist, oder nicht. Es ist die alte Frage des 'Wie man in den Wald hineinruft ...'


    'Zeichen der Zeit' sind nichts Unverrückbares, man kann sie verändern. Es ist sicher unbequem, wenn man als Userin eines Forums einem Neumitglied erstmal Manieren beibringen muß. Aber an mir soll es nicht liegen.
    :grin



    Ich persönlich allerdings sehe bereits im Auftreten die erste Schwierigkeit. Da will jemand eine Rückmeldung zu etwas Geschriebenem. Allein die Vorrede dazu, die Einleitung, die Aufforderung an die anderen, ist weder gut noch höflich formuliert. Dafür nimmt man sich keine Zeit.
    Schon zu diesem Zeitpunkt stelle ich mir die Frage, wieviel Respekt so jemand Sprache und dem Umgang mit ihr entgegenbringt, und mehr noch dem eigenen Text. Geschähe das Ganze nicht allein schriftlich, sondern außerhalb des Internet, müßte ich dann davon ausgehen, daß mir jemand ein loses Blatt hinwirft, auf das zwanzig Sätze gekrakelt sind, die ich dann entziffern darf?


    Es ist wie mit Anschreiben oder Bewerbungsschreiben. Sie gehören zur Selbstrepräsentation. Ihre äußere Form ist sehr wichtig.
    Ich möchte die Lektorin oder den Lektor sehen, gleich, ob in einer Agentur oder einem Verlag, die ein Manuskript auch nur anlesen, das von einem Brief begleitet wird, der vor Schreibfehlern strotzt, mit Mühe ein Anredeformel und schon gar keine Dankesformel enthält.


    Der Mut, den es erfordert, in die Öffentlichkeit zu gehen, sollte auch miteinschließen, daß man für kurze Zeit von sich selbst und der eigenen Leistung absieht, und an das angezielte Gegenüber denkt.


    Grundsätzlich gehe ich im Umgang mit 'Jungautorinnen und - autoren' in diesem Forum inzwischen von den Erfahrungen aus, die ich in mehr als drei Jahren mit ihnen gemacht habe.
    Von daher behaupte ich einfach, daß ich meine Papenheimer inzwischen kenne.
    Dementsprechend gestaltet sich mein Umgang mit ihnen.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Der Ton macht die Musik.


    Ich HASSE diese Phrase. Sie ist schlicht unwahr.


    Damit wird nämlich unterstellt, derjenige, der auf sanftere Art, mit gesetzteren Worten und irgendwie kuscheliger kritisiert wird, wäre ein totaler Depp und würde nicht merken, was man eigentlich zu sagen versucht. Vorausgesetzt, man versucht tatsächlich, das gleiche in solchen Worten zu sagen. Also eine fröhlich-freundliche Umschreibung für "Tonne" zu finden.


    Diese "Ich bin nicht deshalb beleidigt, weil Du mich/meinen Text/meine Geisteshaltung/meine Äußerungen/meine Art, kreativ Klorollen zu klöppeln scheiße findest, sondern wie Du das sagst"-Haltung soll nur eines bewirken: Dass sich der Kritiker für seine Kritik schlecht fühlt. Der Spieß wird einfach umgedreht. Der Kritiker gerät in die Defensive, und plötzlich redet man nicht mehr über das, was kritisiert wurde, sondern über die Kritik. Das ist ein leider übliches Mittel in vielen Auseinandersetzungen, aber irreführend und letztlich an der Sache vorbei. Davon abgesehen: "Hier riecht es aber nicht so wirklich super angenehm" und "Hier stinkt's" sagen dasselbe, aber die erste Formulierung lässt dem Angesprochenen ein Hintertürchen offen, das allzu gerne benutzt wird, um Fahrerflucht zu begehen.


    Dies nur am Rande bemerkt. ;-)

  • @ magali


    Du hast sicherlich Recht mit Deinen Ausführungen und ich unterschreibe Deine Einstellung voll und ganz. Ich möchte Leuten mit schlechten Manieren bestimmt nicht in Schutz nehmen oder rechtfertigen - ganz im Gegenteil. Ich denke nur, dass man nicht alle über einen Kamm scheren darf.
    Meinem Eindruck nach unterscheidet sich die Büchereule schon rein von der Art des Austauschs her deutlich von anderen Foren (hier achtet man sogar auf Orthographie!), aber das müssen die Neulinge erst einmal merken.


    Es liegt wohl vielfach daran, dass sie es einfach nicht besser wissen. Vielleicht wäre es da hilfreich, wenn man bei der Registrierung bzw. deren Bestätigung eine eMail mit ein paar kurzen "Verhaltens-Empfehlungen", also eine Art "Büchereulen-Hausordnung" erhalten würde.


    Was den Zettel angeht: liegenlassen. Das Ausbleiben von Reaktionen ist auch eine Antwort. :wave


    @ Tom


    Etwas mit viel Ironie und Wortgewandtheit zu zerreißen, macht eine Menge Spaß, ist aber letztlich unbefriedigend für alle Beteiligten.


    Es kommt nicht darauf an, ob die Kritik im Kuschel-Ton übermittelt wird, sondern darauf, dass sie fundiert ist, sich ausschließlich auf den Gegenstand und nicht auf die Fähigkeiten seines Schöpfer oder deren Fehlen bezieht und der Kritiker höflich bleibt. Damit zeigt er, dass er sein Gegenüber grundsätzlich achtet und ermöglicht überhaupt erst einen konstruktiven Austausch.
    Wenn Kritik unter diesen Bedingungen geübt wird, wird sie auch angenommen.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Zitat

    Original von Alicja
    Ich denke, das ließe sich in Zukunft ganz einfach vermeiden, wenn man ein paar kurze Verhaltenstipps für Neue (als Thread?) einführen würde. Denn nicht jeder hat sich schon mal an einer Diskussion im Internetforum beteiligt. Eine Internetdiskussion verläuft ganz anders als ein normales Gespräch unter vier Augen. Es herrschen hier ganz andere, manchmal auch bizzare , geradezu extreme Bedingungen :ski. Das liegt nicht speziell an diesem Forum, sonder an Foren allgemein. Und das ist mit Sicherheit nicht allen bewusst.


    Aber diese "Einführung für Neulinge", wird die wirklich gelesen werden? Wird es nicht, wie immer bei Anleitungen, Leute geben, die sich sagen, dass sie das auch so schaffen? :rolleyes


    Aber es wäre besser, wenn man sich wirklich zuerst ein wenig umsehen würde - einer meiner ersten Beiträge war aber allerdings auch ein Gedicht :grin


    Zitat

    V.a. junge Menschen können u.U. ganz schlimm auf die Nase fallen. Außerdem sind Bücherratten aus meiner eigener Erfahrung ganz besonders gefährdet- leben oft in ihrer eigenen Phantasiewelt, ziemlich realitätsfern.


    Das scheint mir doch ein wenig vorurteils- und klischeebehaftet...

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    ... aber das müssen die Neulinge erst einmal merken.


    Ach! :wow Mit einem klein wenig Mühe kriegt man das ganz schnell mit. Wer sich nicht mal diese Mühe gönnt, dem soll die Etikette auf dem Silbertablett hinterher getragen werden? Das halte ich für falsch. Ein Mindestmaß an Eigenverantwortung darf doch wohl auch im Internet erwartet werden. Man muss den Leuten doch nicht überall den Hintern hinterhertragen.

  • Hallo, Alice Thierry.


    Zitat

    Es kommt nicht darauf an, ob die Kritik im Kuschel-Ton übermittelt wird, sondern darauf, dass sie fundiert ist, sich ausschließlich auf den Gegenstand und nicht auf die Fähigkeiten seines Schöpfer oder deren Fehlen bezieht und der Kritiker höflich bleibt.


    Definiere: Höflich.


    Davon abgesehen. Ein Text ist ein Testat über die Fähigkeiten seines Schöpfers. Warum darf man zwar schreiben, dass man Autor XY für den "lustigsten Autor aller Zeiten" hält, aber nicht, dass man Autor AB für offenbar unfähig hält? Es geht doch auch darum, zu positionieren - auch aus Sicht des Kritisierten.


    Zitat

    Damit zeigt er, dass er sein Gegenüber grundsätzlich achtet und ermöglicht überhaupt erst einen konstruktiven Austausch.


    Ach. Man darf nicht persönlich werden, muss sein Gegenüber aber "grundsätzlich achten". Was bitte ist damit gemeint? Und wie soll ein "konstruktiver Austausch" stattfinden, wenn es nichts zum Konstruieren gibt, weil sogar die Fundamente morsch sind?


    Zitat

    Wenn Kritik unter diesen Bedingungen geübt wird, wird sie auch angenommen.


    Mit Verlaub. Wenn mir jemand zu einem Text oder gar einem Buch von mir schreibt: Fand ich scheiße. Dann nehme ich diese Kritik durchaus an. Ich stelle keine Bedingungen.


    Ich weiß schon, warum ich nichts mehr zu den hier geposteten Texten sage. ;-)

  • Zitat

    Original von Alicja
    Außerdem sind Bücherratten aus meiner eigener Erfahrung ganz besonders gefährdet- leben oft in ihrer eigenen Phantasiewelt, ziemlich realitätsfern.


    Ich dachte immer, dieses Vorurteil betrifft jene Leute, die Computer- und Konsolenspiele lieben, aber nun sind es die Leser. Interessant, wieder was gelernt. :lache


    Was Kritik angeht: ich liebe harte Kritik - ich teile ganz schön aus, kann bei eigenen Texten aber genauso auch einstecken. Weil es eben nur um den Text geht, nicht um die Person, die ihn geschrieben hat. Das geht nur leider nicht in die Köpfe der selbsternannten Superautoren rein.

  • @ bartimaeus


    Menschen die extrem viele Bücher lesen, verbringen zwangsläufig sehr viel Zei in ihrer eigenen Phantasiewelt. Bücherlesen ist meiner Meinung nach eine Art "Meditation".
    Und das ist überhaupt nicht negativ gemeint! Ganz im Gegenteil. Bin ja selber so eine. Aber manche sind nun mal in sich gekehrt, sensibeler als die anderen.
    Das tut aber nichts zur Sache.
    Ich wollte hier eher auf das Alter und die damit verbundene Unerfahrenheit hinweisen. Junge Menschen wissen oft nicht, dass Beiträge, Fotos, oder was auch immer sie sonst noch ins Internet reinstellen, Konsequenzen für ihr späteres, auch berufliches Leben haben kann. Deswegen sollte man Streit möglichst meiden. Und ich hätte solche Verhaltenstipps mit Sicherheit gelesen...:wave

    "Die Bildung kommt nicht vom Lesen, sondern vom Nachdenken über das Gelesene."
    (Carl Hillty)

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  • Tom


    Es ist doch ein Unterschied, ob ich zu jemandem sage:


    "Im zweiten Satz stimmt die Zeitform nicht, im dritten Absatz hast du drei Wortwiederholungen drin und der letzte Abschnitt ist redundant..."


    oder:


    "Was du geschrieben hast ist komplette Scheiße!"


    Ersteres ist für mich konstruktive Kritik, mit der der Verfasser was anfangen kann.
    Letzteres ist in meinen Augen blanke Verachtung und entbehrt jeden Respekts - weiterbringen tut es den Autor kein bisschen, er bekommt maximal die Botschaft: Dein Text war es mir nicht wert, mich näher damit zu befassen.
    Bestenfalls geht dem Kritiker dabei einer ab. ;-)

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Hallo, Leserättin.


    Zitat

    Weil es eben nur um den Text geht, nicht um die Person, die ihn geschrieben hat.


    Das ist - neben "Der Ton macht die Musik" - auch eine (hohle) Phrase, die in diesen Diskussionen immer wiederholt wird. Geht es tatsächlich nur um den Text? Ehrlich? Meiner Meinung nach nämlich nicht. Ich halte es sogar für völlig unmöglich, Text und Autor zu trennen, schließlich ist erstens Produkt von zweitens. Da kannst Du noch so oft "Nimm es nicht persönlich" oder ähnliches schreiben. Ich nehme jede Kritik persönlich, weil sie etwas über meine Fähigkeiten als Autor aussagt. Ich will keine schlechten Texte schreiben. Wenn ich es doch tue, liegt das keineswegs an den Texten, verdammich.


    Zitat

    Das geht nur leider nicht in die Köpfe der selbsternannten Superautoren rein.


    Was soll es da auch? ;-)

  • Hallo, Britt.


    Zitat

    "Im zweiten Satz stimmt die Zeitform nicht, im dritten Absatz hast du drei Wortwiederholungen drin und der letzte Abschnitt ist redundant..."


    Bedeutet: Wenn Du das änderst, ist/wird der Text gut.
    Oder?


    Zitat

    "Was du geschrieben hast ist komplette Scheiße!"


    Bedeutet: Mit Verlaub, aber mir fällt nichts ein, das man an diesem Text verbessern könnte. Er hat die Lepra im Endstadium, und das nächste Krankenhaus befindet sich in der Nachbargalaxis.
    Besser?


    Es gibt Texte, die erkennbare Fehler haben, wobei deren Beseitigung tatsächlich dazu führt, dass der Text "okeh" wird. Es gibt aber auch Texte, die erkennen lassen, dass jede Schönheits-OP bestenfalls dazu führen würde, dass sie etwas weniger hässlich sind. So what?


    Aber die Diskussion ist aus meiner Sicht akademisch, ich habe mich schon vor einigen Monaten aus der Besprecherei von Eulentexten zurückgezogen (Ausnahme: Schreibwettbewerb.)


    Zitat

    Ersteres ist für mich konstruktive Kritik, mit der der Verfasser was anfangen kann.


    Konstruktive Kritik. Noch so eine Hassphrase. :grin Konstruktiv kann man nur sein, wenn es etwas "aufzubauen" gibt, aber dafür sind mindestens Fundamente nötig. Wenn ich jemandem dabei helfen soll, auf einer Grasmatte einen Wolkenkratzer hochzuziehen, wobei jeder Einwand, dass das auf einer Grasmatte nicht geht, abgeschmettert wird, kann ich nicht "konstruktiv" sein.

  • Wenn mich etwas stört oder mir nicht gefällt, dann versuche ich das anzusprechen und hoffe dann auf einen Dialog.


    So wie mein Verhalten, meine Meinung, meine Aussagen nicht der Wahrheit/oder der Weisheit letzter Schluss sein können, genauso sind es auch andere Aussagen/Meinungen nicht....hundert Menschen, hundert verschiedene Gedankengänge zu ein und derselben Sache.


    Und manche dieser Dialoge/Auseinandersetzungen wie sie hier in diesem Forum und auch im "realen Leben" stattfinden, haben mich doch schon dazu gebracht, einiges neu zu überdenken.... :wave

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

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  • Zitat

    [QUOTE]"Was du geschrieben hast ist komplette Scheiße![QUOTE]


    Das ist nichts als polemisch und sagt mehr über denjenigen aus, der diesen Satz äußert als über das, was er damit "wertet".


    Konstruktive Kritik bedeutet an erster Stelle: keine destruktive Kritik zu üben, sondern etwas mitzugeben, mit dem der Betreffende etwas anfangen kann. Also nicht wie oben tot hauen, sondern darlegen, aus welchen Gründen das Ganze nicht akzeptabel ist. (siehe Britt) Man muss dem anderen Entwicklungsmöglichkeiten zugestehen. Denn der Erfolg liegt nicht in der Meisterschaft, sondern in den kleinen Schritten, egal was daraus wird. Hier im Forum wimmelt es ja auch nicht von Hemingways, Frischs, Woolfs oder Becketts. Wenn diese Damen und Herren ihre Maßstäbe an den hier vertretenen Damen und Herren der schreibenden Zunft anlegen würden, sähen zweitere auch ganz schön alt aus. Alles nur eine Frage der Relation.


    Und zur Höflichkeit: "Die Höflichkeit ist eine Tugend, deren Folge eine rücksichtsvolle Verhaltensweise ist, die den Respekt vor dem Gegenüber zum Ausdruck bringen soll. Ihr Gegenteil ist die Grobheit (siehe ganz oben, Anmerkung der Zitierenden)." (aus Wikipedia)


    Und gibt es irgendeinen Grund, jemanden deshalb nicht zu respektieren, weil man von seinen schriftstellerischen oder wie auch immer gearteten Fähigkeiten nichts hält?


    Darüber sollten wir doch eigentlich nicht debattieren müssen.


    Und damit wir zum Abschluss - mit Verlaub - noch einmal eine passende Phrase haben: Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. :korken

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    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Zitat

    Original von Seestern
    Hat Dich dieser Dialog bzw. Polylog dazu gebracht, die Dinge neu zu überdenken? Und falls ja, in welcher Hinsicht?


    Selbstverständlich denke ich über die allermeisten Aussagen hier nach.....hinterfrage sie, stelle sie meinen Gedanken gegenüber, hinterfrage meine Haltung dazu.
    In welchem Masse diese Auseinandersetzung mit anderen Meinungen mich verändert, das könnte ich nicht beantworten. Wir sind ja immer in Veränderung, denke ich, es ist ein Prozess, der niemals wirklich endet.... :wave

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  • Hallo, Alice Thierry.


    Zitat

    Das ist nichts als polemisch und sagt mehr über denjenigen aus, der diesen Satz äußert als über das, was er damit "wertet".


    Das ist schlecht, das ist scheiße. Nimmt sich nicht viel. Ist ja nicht so, dass ich selbst schon (häufiger <hüstel>) angemerkt hätte, dass ich einen Text scheiße fand. Und natürlich sagt es etwas über denjenigen aus, der das geäußert hat: Dass er diesen Text scheiße fand nämlich.


    Zitat

    Konstruktive Kritik bedeutet an erster Stelle: keine destruktive Kritik zu üben, sondern etwas mitzugeben, mit dem der Betreffende etwas anfangen kann.


    Es sollte aber schon um den Text gehen, oder? :gruebel


    BTW, und nur am Rande: Wenn man den Text des Autors kritisiert, geht es angeblich nur um diesen Text. Wenn aber die Kritik kritisiert wird, geht es um den Kritiker, richtig? Scheint mir ein wenig paradox zu sein.


    Zitat

    Also nicht wie oben tot hauen, sondern darlegen, aus welchen Gründen das Ganze nicht akzeptabel ist. (siehe Britt) Man muss dem anderen Entwicklungsmöglichkeiten zugestehen. Denn der Erfolg liegt nicht in der Meisterschaft, sondern in den kleinen Schritten, egal was daraus wird. Hier im Forum wimmelt es ja auch nicht von Hemingways, Frischs, Woolfs oder Becketts. Wenn diese Damen und Herren ihre Maßstäbe an den hier vertretenen Damen und Herren der schreibenden Zunft anlegen würden, sähen zweitere auch ganz schön alt aus. Alles nur eine Frage der Relation.


    Klingt gut, ist aber Unsinn. Jede Entwicklung sollte ein Ziel haben. Wenn ich sicher sein kann, dass dieses Ziel niemals erreicht werden wird, ist es durchaus konstruktiv, dem Delinquenten anzuraten, sich ein anderes zu suchen. Manchmal sind eben Hopfen und Schmalz verloren.


    Zitat

    Und zur Höflichkeit: "Die Höflichkeit ist eine Tugend, deren Folge eine rücksichtsvolle Verhaltensweise ist, die den Respekt vor dem Gegenüber zum Ausdruck bringen soll."


    Zuvor hast Du noch behauptet, dass es nur um den Text ginge und niemals um den Autor. Wem oder was gegenüber ist jetzt die Höflichkeit erforderlich? Und wie stellt sich das bei Textkritik dar?


    Zitat

    Und gibt es irgendeinen Grund, jemanden deshalb nicht zu respektieren, weil man von seinen schriftstellerischen oder wie auch immer gearteten Fähigkeiten nichts hält?


    Die Frage stellt sich nicht. Sondern die, ob man seine vermeintlichen schriftstellerischen Fähigkeiten "respektiert" und "höflich" behandelt.


    Zitat

    Und damit wir zum Abschluss - mit Verlaub - noch einmal eine passende Phrase haben: Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil.


    Hau drauf. Mich stört's nicht.

  • Ich freue mich jetzt schon auf Kritiken, sollte ich hier mal etwas veröffentlichen. Mit zuviel Lob kann ich sowieso nichts anfangen. :lache


    Ich fand die Idee von MaryRead, diesen Schreibbereich nur für eingeloggte Mitglieder sichtbar zu machen, sehr gut. Auch wenn einige Registrierte gern nur als Gast hier rumgeistern. Das würde dann auch den Mods nicht so viel Arbeit machen und die, die als Gast schon gierig auf den Autorenbereich schielen, wären erstmal gebannt.


    Nichts gegen Jungautoren, aber es wird sich eingeloggt, ein Gedicht (...) gepostet und die Kritik schlägt ihnen so auf den Magen, dass sie verunsichert aus dem Forum flüchten. Und wer sich hier anmeldet nur um etwas zu veröffentlichen, wird wahrscheinlich auch den Warnungsbeitrag respektvoll übersehen. :gruebel


    Das gilt natürlich nicht für alle.

  • In die Nesseln gesetzt:


    Ich glaube, mit all diesen Formulierungen - "konstruktive Kritik", "Hoeflicher Ausdruck, "Ton macht die Musik" - wolen wir uns davor druecken, zuzugeben, dass wir von manchen Leuten denken:
    "Der kann nicht schreiben." oder zumindest: "Der kann noch nicht schreiben."


    Wenn einer unbedingt schreiben will und dem das massiv entgegenknallt: "Du kannst nicht schreiben", ist das nicht konstruktiv, nicht hoeflich, nicht nett, nicht musikalisch und auch nicht leicht ertraeglich. Es koennte aber wahr sein.


    Und es koennte dem Betreffenden nuetzen. Er kann ja dann trotzdem noch Tagebuch, Gedichte fuer die Verwandten, Hochzeitszeitungen undundund schreiben. Aber er gibt womoeglich nicht den Job auf, blamiert sich nicht als Messe-Hausierer, schmeisst kein zusammengekratztes Vermoegen fuer halsabschneiderische Schreibkurse und Zuschussverlage zum Fenster raus.
    Er koennte auch trotzig beschliessen: Jetzt lern' ich's erst recht. Ich, der ihm: "Du kannst nicht", gesagt hab, muss ja nicht recht behalten. Zumindest hat er aber von mir eine Aussage, die er greifen und an der er sich abarbeiten kann, die er widerlegen, ad absurdum fuehren, mir zum Boomerang machen kann.


    Ehrlich gesagt: Ich hab schon mehrmals von testgelesenen Manuskripten gedacht: Das taugt gar nicht, daran kann ich keinen brauchbaren Ansatz erkennen. Hab versucht, das in hoefliche, konstruktive, ertraeglich Musik machende Worte zu kleiden und zur Antwort bekommen: "Du, ich hab mich unheimlich gefreut, dass du meinen Text so toll fandst - koenntest du dann mal deinen Agenten ...?"
    Ich hab mich dabei gefuehlt wie der schleimige Heuchelhans, der ich war.


    Und noch etwas: Wenn ich einen Text nicht "schlecht" nennen darf, wenn ich auch den schlechtesten Text noch "ja, das ist noch nicht ausgereift, aber wenn du ..." nennen muss - was ist meine Kritik dann wert, wenn sie begeistert ausfaellt?
    Wenn ich jeden Wortdurchfall als "wirklich gute Ansaetze, du muesstest vielleicht nur ..." bezeichne - wieso soll sich dann ein Autor darueber freuen - oder mir auch nur glauben - dessen Text ich " sehr gut" nenne?


    Alles Liebe von Charlie

  • Danke, Tom, danke Charlie.


    Ich werde es mir ausdrucken und über den Schreibtisch hängen. Für die Tage, an denen ich wider besseren Wissens, mal wieder 'nett' sein will.


    :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus